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R.U.S.E.

Und es funktioniert doch

R.U.S.E. ist in vielen Punkten der Gegenentwurf zu Starcraft II. Wo Blizzards Fortsetzung des PC-Klassikers auf bewährte, wenn nicht gar ausgelutschte Spielelemente, blitzschnelles Micro-Managment, Science-Fiction-Szenario und eine aufwändige Präsentation setzt, versucht sich R.U.S.E. an der Quadratur des Kreises. Innovativ, einfach zu steuern, strategisch anspruchsvoll und Joypad-freundlich.

Weg vom taktischen Einsatz einzelner Soldaten, hin zu globalen Strategien, die euren Kopf zum Rauchen bringen. Ein Echtzeitstrategie-Spiel, das sich anschickt, endgültig zu beweisen, dass Strategiespiele auf Konsolen funktionieren.

Nur in einem Punkt geht das französische Entwicklerteam auf Nummer sicher: Zum hunderttausendsten Mal greifen sie auf den Zweiten Weltkrieg als Szenario zurück. Dazu passend präsentieren sie eine austauschbare Story und liefern höchstens zweitklassige Zwischensequenzen. Kein kluger Schachzug. Denn trotz all der frischen Ideen wirkt die Echtzeitstrategie-Erfahrung durch diesen anachronistischen Schritt immer mal wieder etwas altbacken und die Geschichte austauschbar.

Dabei gibt sich Eugen Systems Mühe, eben keinen Allerwelts-Schlachtenbrei zu bieten. Ihr spielt in den 23 Kampagnen-Missionen die Geschichte des Offiziers Joe Sheridan nach. Ein aufstrebender Kommandeur, der sich im Kampf gegen die Nazis seine Sporen verdient. Es wird mit dem deutschen General Von Richter sogar ein waschechter Antagonist aufgebaut, der euch von Afrika über Italien, bis nach Deutschland begleitet.

Konfus wird es erst, als dem Kriegsgeschehen eine Agentengeschichte aufgepfropft wird. Zu vorhersehbar und schlicht langweilig seid ihr auf der Jagd nach Prometheus, einem Super-Duper-Doppelagenten, der euch immer wieder in die Suppe spuckt. 

Doch so austauschbar sich am Ende die Geschichte präsentiert, so intelligent wurde das Gameplay gestaltet. Um auch auf Konsolen zu funktionieren und einen leichten Einstieg zu bieten, spielt sich R.U.S.E. zumindest auf den ersten Blick deutlich gemütlicher, als vergleichbare Titel. Drei Elemente fallen dabei besonders schwer ins Gewicht: Erstens sind die Karten deutlich größer, als bei Starcraft II und Co., denn die frei zoombare IRISZOOM-Engine präsentiert mehrere Quadratkilometer Schlachtfeld, Berge, Städte und Wälder. Optisch gelungen, etwas detailarm, aber vor allem strategisch äußerst wertvoll.

Die beiden anderen Elemente betreffen die Einheiten selbst. Zum Einen gibt es keine Energieleiste, die euch den Zustand der Einheit anzeigt. Bei Beschuss verfärbt sie sich langsam dunkel, fängt dann an zu brennen und zieht sich automatisch zurück. Wenn sie rechtzeitig flüchtet, regeneriert sie nach einer Weile automatisch ihre Lebenspunkte.

Gekonnt wird in der höchsten Zoomstufe Brettspielatmosphäre vermittelt.

Wer also nicht nachsetzt, riskiert, dass ihn der gleiche Gegner eine Minute später wieder das Leben schwer macht. Was unrealistisch klingt, funktioniert als Spielregel hervorragend. Das Gameplay bekommt so eine komplett neue Richtung, Micro-Managment wird unwichtig, vielmehr gilt es, starke, überlappende Verteidigungslinien aufzubauen und beim Angriff geschickt das Stein-Schere-Papier-Prinzip zu nutzen.

Ein kleines Beispiel: Ein Dorf wird durch drei schwere Panzer und zwei Infanterieeinheiten geschützt. Ihr selbst besitzt nur zwei leichte Panzer, einen Aufklärer und zwei Panzerabwehrgeschütze. Ein Frontalangriff würde das Ende eurer Einheiten bedeuten. Also schickt ihr den Aufklärer nach vorne, erledigt die Panzer dank der extremen Reichweite der AT-Geschütze aus sicherer Entfernung und überrollt anschließend die Infanterie mit euren leichten Panzern.

Im Laufe der Zeit kommen noch viele weitere Regeln hinzu, die am Ende ein unverwechselbares Spielgeschehen ergeben. Wälder und Städte machen Fußsoldaten ohne Aufklärung nahezu unbezwingbar, Panzerabwehrwaffen können keine Infanterie bekämpfen und Kampfflugzeuge keine unidentifizierten Gegner angreifen. Nicht alles ist realistisch, doch im Rahmen der Spiellogik absolut nachvollziehbar.