Halo: Reach
Ein würdiger Abschluss?
Halo: Reach soll der große Schwanengesang auf die Halo-Serie sein. Die letzte Fanfare von Serien-Erfinder Bungie in einer großen Symphonie. Ein Finale, das bei Inszenierung, Leveldesign und Grafik einen wichtigen Schritt nach vorne macht. Aber dem es als Prequel schwer fällt, diesem gewaltigen Epos gerecht zu werden.
Denn das Ende ist jedem Halo-Fan bekannt. Der Planet Reach stirbt. 700 Millionen Menschen werden im atomaren Feuer der Plasma-Geschosse in Staub verwandelt. Hunderte Spartaner-Supersoldaten verlieren bei der Verteidigung dieses wichtigen Außenpostens ihr Leben. Das Schicksal der Hauptdarsteller, des Noble Teams, lässt sich also nur schwer abwenden.
Und so fehlt dem Titel trotz dieses verzweifelten Überlebenskampfes das Gefühl von Spannung und manchmal auch von Größe. Dabei ist eine epische Story bei den Halo-Kampagnen schon immer ein tragender Bestandteil. Mal abgesehen von Halo 3: ODST, das ja eher als Spin-Off funktionierte, sorgt der Kampf des Master Chiefs um das Überleben der Menschheit für eine Antriebskraft, die einen sogar die Flood überleben ließ. Die ersten Schritte auf dem Ringplaneten, die Entdeckung seiner Funktion und der Angriff auf die Erde. Alles großes Kino.
Solche erzählerischen Höhepunkte und echte Überraschungen sind im Rahmen einer Vorgeschichte eben nur schwer zu kreieren. Hier überprüft man im erwarteten Rahmen Anlagen, aktiviert Generatoren, zerlegt Flak-Türme und birgt geheimes Material.
Es gibt während der sechs bis acht Stunden langen Kampagne (je nach Schwierigkeitsgrad) nur wenig Situationen, die ihr in anderen Teilen nicht schon einmal erlebt habt. Gerade zu Beginn kämpft ihr euch ewig durch die gleiche Landschaft. Berge, Wiesen und Wälder so weit das Auge reicht. Reach ist fast zu erdähnlich, um wirklich Neues zu bieten.
Auch wenn es Bungie gelingt, beim Leveldesign mit den großen, herrlich offenen Arealen an alte Zeiten anzuknüpfen, fehlt mir trotz Spezialkräften (dazu später mehr) eine zündende Idee. Vielleicht habe ich schon zu oft Plasmaenergie in den Schutzschild eines Elite gejagt, bin zu oft mit dem Warthog durch Gegnermassen gefahren und habe mit dem Scorpion-Panzer zu viele feindliche Wraith zerlegt. Es gibt im gesamten Spiel nur zwei der zehn Level, die sich wirklich erfrischend anders spielen. Und nur einer davon bietet genug Herausforderung, um länger im Gedächtnis zu bleiben.
Es ist dieses Wiederholen der gleichen Gegner, der gleichen Waffen und gleichen Situationen, das mich immer wieder aus der Kampagne reißt, mich trotz der vorhandenen Qualitäten oft seltsam leer zurücklässt. Ich vermisse sogar die Flood und die Abschnitte als Elite-Krieger. Ja, selbst die vorher gepriesenen Charaktere des Spartaner-Teams sind mir zu zweidimensional und berühren mich kaum.
Dabei sorgen erstklassige Animationen und ein deutlich dichteres Skript für packend inszenierte Zwischensequenzen, die zumindest ab und an ein paar große Momente auf den Bildschirm zaubern. Insbesondere weil erstmals auch Zivilisten dargestellt werden. Immer wieder trefft ihr auf Tote und Überlebende, müsst Verletzte retten und die hilflosen Opfer aus der Umklammerung der Allianz befreien. Das sind kleine Geschichten in einer großen Tragödie. Einfache Menschen, die um ihr nacktes Überleben kämpfen.
Die Atmosphäre wird dabei durch deutlich mehr Spezialeffekte getragen. Hier zieht dichter Nebel über die morgendliche Landschaft, ihr fliegt nachts durch eine brennende Stadt, erlebt immer wieder beeindruckende Skyboxen mit abgestürzten Raumschiffen und gewaltigen Anlagen.
Noch dazu glänzen die Charaktere mit deutlich mehr Polygonen und die Innenräume wirken endlich nicht mehr steril. Alles sieht stimmiger, authentischer und ein wenig düsterer aus. Das Spiel hat zwar nicht ganz seine Farblichkeit verloren, aber ihr werdet nicht mehr in einem Meer von Grün, Blau und Gelb ertränkt. Halo: Reach wirkt dadurch irgendwie erwachsener, auch wenn einige Texturschwächen, mageres Anti-Aliasing und Pop-Ups die grafische Qualität immer wieder trüben.