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Diablo 3 - Test

Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Blizzard hat ein tolles Spiel abgeliefert, das viele Versprechen einlöst, aber ist es das perfekte Hack´n´Slay?

In ein paar Wochen werden Mediziner und Pharmavertreter die Welt vermutlich mit einem neuen Zipperlein bereichern: dem Diablo-3-Launch-Syndrom. Einer exquisiten Mischung aus trockenen Augen, Sehnenscheiden-Entzündung, steifem Nacken, chronischer Übermüdung und zahlreichen Hämatomen über den Augenbrauen.

Die ersten vier Symptome gehören für passionierte Computerspieler quasi zum Alltag. Die blaue Stirn hingegen ist erst seit kurzem dokumentiert und kommt vom wiederholten Dotzen auf die Schreibtischplatte, weil mitten in einem Boss-Kampf die Verbindung zum Battle.net unterbrochen wurde oder man wegen ausgelasteter Server erst gar kein Spiel starten konnte. Seit dem Release am Dienstag saß ich mehr als einmal vor dem Bildschirm, rieb meine wunde Stirn, schüttelte die Faust gen Zimmerdecke und verfluchte Blizzard für den Onlinezwang in Diablo 3.

Ja, die Charaktere sind jetzt sicher vor Manipulation. Ja, ich kann eine Einzelspieler-Runde jederzeit für Freunde oder Fremde öffnen. Ja, ich darf alle Gegenstände für echtes Geld im Auktionshaus kaufen und verkaufen. Ja, einer Mehrspieler-Partie beizutreten ist leichter als einen Purzelbaum zu schlagen und gemeinsam macht die Monsterjagd tierischen Spaß. Aber trotzdem. Die obligatorische Verbindung zum Battle.net bleibt eine Kröte, die nicht jeder gerne schluckt. Verbindungen können abbrechen, Server können streiken und müssen zudem regelmäßig gewartet werden. Vieles kann schiefgehen und Murphy lauert überall. Mittlerweile sind die meisten Engpässe vom Erscheinungstag entschärft worden und Blizzard hat sich offiziell für das Server-Desaster entschuldigt. Nebenbei hat man allerdings auch den Start des Echtgeld-Auktionshauses auf unbestimmte Zeit nach hinten verschoben. Ein reibungsloser Einstieg sieht anders aus.

Diablo 3 - Animierter Kurzfilm

Doch der ganze Ärger über solche Kinderkrankheiten verpufft, wenn das Hack-and-Slay im regulären Betrieb zur Hochform aufläuft und ihr völlig im Flow gefangen seid. Wenn ihr euch so souverän durch tausende Monster, Elite-Gegner und Bosse schnetzelt wie einst vor zwölf Jahren in Diablo 2. Wenn euer Inventar überquillt von magischer Beute, die man jetzt komfortabel mit seiner aktuellen Ausrüstung vergleichen kann. Wenn eure Skills ein leuchtendes Spektakel auf dem Bildschirm entfesseln und jeder Levelaufstieg dem Feuerwerk aus Fertigkeiten eine noch eindrucksvollere Facette per Rune hinzufügt.

Oder die wenigen beschaulichen Minuten, wenn ihr einen witzigen Dialog zweier Stadtbewohner belauscht, die von hochkarätigen Sprechern Hollywood-tauglich auf deutsch vertont wurden. Oder wenn euer Schmied endlich ein neues Rezept gelernt hat und ihr mit angehaltenem Atem die zufälligen Attribute eures frisch gebastelten Schwertes inspiziert. Oder wenn ihr im heftigsten Kampfgetümmel am liebsten kurz stehen bleiben würdet, um noch mehr von den unzähligen Details und Anspielungen in eurer Umgebung zu begutachten ("Bin ich grad echt über Warrivs Leiche gestolpert?").

In Akt Drei queste ich zum Beispiel auf der Mauer der Barbarenfestung am Fuße des Berges Arreat. Links und rechts von mir werden Bogenschützen von geflügelten Echsen im Sturzflug gepackt und verschleppt, titanische Bestien krallen sich an den Zinnen der Burg fest und spucken mir bewaffnete Dämonenkrieger entgegen, Pfeile sirren durch die Luft, Brandgeschosse der feindlichen Artillerie schlagen krachend ein paar Meter entfernt von mir in den Stein und reißen dutzende Soldaten in den Tod. Einmal schaue ich hinunter aufs Schlachtfeld, wo gerade die Streitkräfte der Dämonen erbittert mit den menschlichen Verteidigern kämpfen, was stark an Helms Klamm aus Peter Jacksons "Herr der Ringe"-Verfilmung erinnert. In solchen Momenten ist Diablo 3 unbestritten die aktuelle Genre-Referenz.

Auf der anderen Seite wundere ich mich, wie austauschbar viele Innen-Bereiche wirken. Man streift ständig durch graue oder erdfarbene Verließe, Keller oder Höhlen, doch denkwürdige Ereignisse oder ein bemerkenswertes Design sind in diesen Dungeons selten. Anders die großen Areale unter freiem Himmel und die verschachtelten Gebiete gegen Ende des dritten und vierten Akts. Beim Anblick der gigantischen Treppen und wahnwitzigen Bögen geht nicht nur Architekten das Herz auf.

Sicherlich wird die Grafikengine keine Preise abräumen - wäre ja auch geradezu ein Traditionsbruch gewesen, wenn es beim dritten Teil der Diablo-Reihe anders aussähe als bei den optisch schon sehr zweckmäßigen Urahnen. Dafür läuft das Spiel klaglos auf flachbrüstigen Maschinen, wenn man ein paar Details reduziert. Verglichen mit anderen Hack-and-Slays schaut Diablo 3 zudem noch sehr gut aus und nötigt einem so manches anerkennende Nicken ab. Das liegt erstens an den fantasievollen Charakter- und Monsterdesigns, zweitens kommen ein Ragdoll-System und eine Physikengine zum Einsatz, die sogar zerstörbare Umgebungselemente erlaubt. Hier hätte es allerdings ruhig mehr sein dürfen - allzu viele Wände und Säulen bleiben von meinen Hieben unbeeindruckt. Das Grafikdesign erinnert auf den ersten Blick frappierend an World of Warcraft und Konsorten, ist also etwas kantig und tendiert stilistisch in Richtung Comicbuch. Andererseits gibt es derart viele düstere und vor allem blutige Akzente, dass sich selbst abgebrühten Teufeln das Fell aufstellt.

Was ist Diablo 3?

Zum fröhlichen Splatter-Repertoire gehören beispielsweise gepfählte Leichen, brennende Kadaver, explodierende Schleimmonster, matschige Insekteneier sowie blutgetränkte Folterkammern, in denen noch Gebeine auf der Streckbank liegen und durch einen unschuldigen Klick von Stachelwalzen knirschend zermalmt werden. Nicht weniger drastisch ist das Ergebnis eurer Attacken, bei denen schon mal Köpfe durch die Pampa fliegen und Körper mit lautem "Flatsch" zerplatzen. Diablo ist nichts für Kinder und will es auch nicht sein. Die USK-Freigabe in Deutschland ist ab 16.

Blizzard schafft es, in jedem Gebiet der vier Akte neue Monstertypen einzuführen. Klar gibt es auch im dritten Diablo noch die typischen Copy-Paste-Viecher in allen Farben des Regenbogens, aber im Vergleich zum Vorgänger ist die Fauna und Flora trotzdem sehr viel abwechslungsreicher geraten. Riesige Bäume schlagen nach euch, Höllenbullen walzen euch nieder, hunderte Schatten kriechen aus allen Richtungen um eure Beine, Sandwürmer schießen aus dem Boden und verschlingen euch für ein paar schmerzhafte Sekunden. So viele Gegner es gibt, so unterschiedlich sind auch deren Angriffsmanöver. Viele Feinde gehen auf Abstand und greifen aus der Distanz an, manche können sich tarnen und tauchen Zentimeter vor eurer Nase auf, wieder andere schicken Helfer vor und beschränken sich auf Buffs und Heilzauber. Daneben trefft ihr viele alte Bekannte: Zombies, Skelette, Gefallene, Geier, Ziegenmenschen, Spinnen, Mückenschwärme, Katzenfrauen oder Sukkubi. Je höher der Schwierigkeitsgrad (Normal, Alptraum, Hölle, Inferno), desto mehr Tricks beherrschen die Bösewichte und desto mehr Treffer stecken sie weg.

Diablo 3 - Verbindungsabbruch-Video

Überraschend viel Abwechslung ist bei den Haupt- und Nebenquests (sogenannten Ereignissen) geboten. Mal folgt ihr Fußspuren im Sand, um einen Schlupfwinkel von bösen Kuttenheinis zu finden, dann bringt ihr Zivilisten in Sicherheit vor einem Artillerie-Bombardement, später wehrt ihr eine aggressive Geister-Invasion ab, beschützt einen fleißigen Schmied vor angreifenden Dämonen, entzündet Leuchtfeuer oder helft dabei, Geschütze in Stellung zu bringen. Vor allem die Missionen in Akt drei sind sehr stimmig geraten und bieten in meinen Augen die beste Kombination aus Missionsvielfalt, Handlung und Atmosphäre. Während die Hauptquests eng mit der Hintergrundgeschichte verwebt wurden und bei jedem Durchgang identisch ablaufen, tauchen die Nebenquests zufällig in bestimmten Gebieten auf, wenn ihr ein Spiel neu startet.

Eine epische Story war noch nie das entscheidende Kriterium für den Erfolg der Diablo-Reihe - schließlich geht es den meisten Spielern eh bloß ums pure Schnetzeln und Sammeln. Diablo 3 macht hier keine Ausnahme, wenngleich sich die Macher offensichtlich viel Mühe gegeben haben, der Handlung einige überraschende Wendungen und Höhepunkte zu verpassen. Vor jedem Akt wird die Story in einem aufwändigen Video weiter erzählt, den Rest erfahrt ihr über Zwischensequenzen direkt in der Engine, durch Dialoge mit NPCs sowie über verstreute Tagebücher. Alles deutsch vertont, versteht sich. Außerdem plaudern unterwegs die computergesteuerten Kampfgefährten aus dem Nähkästchen oder hauen sich in der Stadt gegenseitig ein paar Sprüche um die Ohren, was für einige breite Schmunzler taugt. Schurke Lyndon ist wirklich ein echter Klassenclown, den ihr im Ohr behalten solltet.

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Frank Erik Walter: Tagsüber arbeitet Frank als freier Journalist. Nachts jagt er seit 2010 flüchtige MMOs für Eurogamer.de und die MMO PRO. Skittles und Tetris sind sein Kryptonit.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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