King´s Bounty: Warriors of the North - Test
Hier waren wir schon: Eine Serie auf dem Weg zurück in den Franchise-Limbo
Die erste Wiederbelebung von King´s Bounty liegt mittlerweile fast 5 Jahre zurückt, wie die Zeit doch verfliegt. Inzwischen ist es fast so historisch wie sein eigenes Vorbild. Fast: Das Original entstammt dem Ende der 80er. Und seitdem? Hat sich nicht viel getan. Die Engine wurde vor etwa 5 Jahren entwickelt, brachte einen sehr guten zweiten Teil hervor - Armored Princess - und eigentlich hätte dann mit Crossworlds Schluss sein sollen. Schließlich wurde damit praktisch die Bastel-Engine freigegeben, Zeit für Neues im King´s-Bounty-Land. Sollte man meinen, aber für eine Runde reicht es wohl doch noch.
Warriors of the North basiert hundertprozentig auf der inzwischen wirklich nicht mehr ganz zeitgemäßen Engine. Selbst im Vergleich zum technisch nun auch nicht überschwänglich eindrucksvollen Konkurrenten Heroes of Might and Magic wird hier nichts mehr gerissen. Das an sich ist nicht einmal so wild, um Grafikpracht ging es eh nie wirklich, aber das Spiel ist noch einmal das gleiche, das ihr schon zwei- bis dreimal spieltet, je nachdem, ob man Crossworlds dazuzählt oder nicht. Alle Spielelemente sind gleich geblieben, das Konzept wurde nicht auch nur einen Millimeter verrutscht, das hier ist King's Bounty, im Guten wie im Schlechten. Und das Schlechte heißt ganz einfach, dass die Abwechslung im Spiel selbst nicht sonderlich groß geschrieben wird. Über drei Spiele hinweg, in nahezu identischer Ausführung … das ist dann langsam wirklich kritisches Terrain.
Sollte jemand weder King´s Bounty noch das recht artverwandte Heroes of Might and Magic kennen, hier das Prinzip im Schnelldurchlauf. Böses passiert im Königreich, Held zieht los und rekrutiert Truppen für übersichtliche Rundenkämpfe, erledigt nebenbei Quests und heuert mehr Truppen für mehr Rundenkämpfe an. Mehr Wandern, mehr Quests, mehr Heuern, mehr Rundenkämpfe. Und natürlich immer schön Hochleveln, das dürfte dann das Lebenselixier dieser Konstellation sein. Ihr seht hier ein gewisses Potenzial für Abnutzung über die Zeit.
Das neue Element von Warriors of the North sind nun Walküren statt Babydrachen - Armored Princess -, die natürlich viel besser zum aktuell eh angesagten Nord-Mythos-Szenario voller Langboote und Wikinger passen. Damit nichts ausgelassen wird, kommen die Untoten als die große Bedrohung des Königreiches zur Rettung, denn ohne Zombies geht heute nichts mehr. Und das plus Ausflüge in vier Dimensionen und jede Menge Verweise auf und direkte Referenzen an die Vorgänger. Zum Spielverständnis muss man diese nicht verstehen, aber es ist nett, wenn man es tut.
Die Handlung entwickelt sich trotz aller Klischees und bekannter Mystik zu einer der starken Seiten von Warriors of the North, was weniger am großen Überbau, sondern den kleineren Randbegegnungen liegt. Es mag mitunter etwas platter und manchmal sogar infantiler Humor sein, stelleweise wird mehr Dramatik bemüht, als die Situation aufbringen kann, aber die Quests haben größtenteils einfach einen eigenen Charme. Lesefaul solltet ihr nicht sein, das sind alles nur Textfenster, aber auch das kennt ihr ja nun seit Jahren nicht anders von King´s Bounty.
Die Kämpfe selbst sollten Profis zumindest gleich auf dem dritten der vier Härtegrade bestreiten, um eine langfristige Herausforderung zu finden. Das oder ihr ignoriert, dass ihr mit den Walküren wie damals schon mit den Drachen eine praktisch unbegrenzte - wenn auch über die SPieldauer etwas an Kraft verlierende - Smartbomb zur Verfügung habt. Die sonst Monster gegen Monster auch auf Mittel ausgewogenen Kleinkämpfe - nie mehr als fünf je nach eurem Level unterschiedlich große Einheiten bei euch, beim Gegner meist auch nicht mehr - verlieren schneller an Reiz, wenn ihr die Reihen gegenüber schon in den ersten zwei Runden ganz gut dezimiert. Und das ohne den Magier der drei verschiedenen Startklassen zu spielen, mit dem wird natürlich noch einmal mehr gewildert. Es ist schade, dass die Balance auch im dritten Spiel noch etwas wild gemischt wurde, aber wenn ihr euren Level findet, lässt es sich ganz gut damit leben.
Wie immer erscheint das Austarieren der Truppe, der Fertigkeiten des Helden, das richtige Hochleveln und natürlich die Kampfstrategie, wer wann wie vorstürmt und welche Specials man sich aufhebt, am Anfang ein Kinderspiel. Es dauert wie immer Stunden, bis es dann wirklich anspruchsvoll wird - spätestens beim ersten Bosskampf - und ich wünschte ich müsste nicht so oft "wie immer" sagen. Aber seien es eben die Kämpfe oder das Erkunden der wie immer umfangreichen Weltkarte mit wie immer immenser Spieldauer - Preis/Leistung war in dem Genre selten ein Thema -, es ist halt ein "wie immer"-Spiel.
Vertraut zu sein, ist eine Sache, konstante Qualität zu liefern, eine andere und praktisch das dritte Mal das gleiche Spiel mit den gleichen Features - Walküren statt Drachen zählen nicht - abzuliefern eine ganz eigene Nummer. Ich will mich nicht zu sehr beschweren, denn ich hatte über Stunden meine Freude beim Leveln und Kundschaften und für knapp 25 Euro gibt es hier wirklich enorm viele dieser Stunden. Aber wenn wir schon bei ehrlich sind, dann muss man anmerken, dass ziemlich viel davon auch an der bequemen Routine und dem Wohlfühlfaktor der gut bekannten Nische lag. King´s Bounty war zuletzt auf dem Mega Drive ein aufregendes Konzept, das erste Remake 2008 schon eine Art Retro-Vergnügen der moderneren Art und das jetzt zum dritten Mal durchexerziert? Es wird definitiv Zeit, die Komplexität anzuziehen, die Engine aufzufrischen und King´s Bounty fit für eine eigene Strategie-Zukunft zu machen. Das hier ist nämlich der Weg in die wohlig-warme Belanglosigkeit und ultimativ zum Vergessen, bis dann zwanzig Jahre später wieder jemand das Franchise entdeckt.