Assassin's Creed 4: Black Flag - Test
Es sind nicht die Seeschlachten und nicht der Rum, es sind nicht die Shantys und auch nicht die Karibik. Es ist alles.
Ist doch schön, wenn man bekommt, was man will. Beim letzten Creed sagte ich noch so im Spaß bei den Vorabpräsentationen, dass ich einen „Pirates!“-artigen Ableger mit dieser Schifffahrts-Engine haben will. Und siehe da: Black Flag ist ein Open-World-Pirates! Mehr oder weniger. Da erfüllte Wünsche aber oft den Ruf haben, nicht ganz so zu enden, wie man sich das erhoffte, ist nun die Frage, ob ich mit Assassin's Creed 4 auch glücklich bin.
Ja, bin ich! Erstaunlich glücklich sogar.
Nach dem Dritten und seinem in der Gesamtheit durchwachsenen Washington-DLC fühlte ich mich von der Serie geradezu ausgebrannt. Ich habe mich wirklich nicht auf diesen Test gefreut, selbst mit den Dingen, die ich im Vorfeld sah und spielte, selbst mit dem Gedanken, dass Ubisoft ja eigentlich nur lieferte, was ich im Geiste bestellt hatte. Aber ja, nach kürzester Zeit legte sich das Gefühl und ich tauchte in die bunte, einladende, manchmal schmuddelige, immer wieder stürmische und durchweg abenteuerliche Welt der Karibik ein. Und als wäre die frische Brise über Deck real, wischte sie meine Zurückhaltung davon. Ich hatte entgegen allem, was ich mir unterbewusst vornahm, nämlich dieses Spiel innerlich abzulehnen, einfach 30 oder mehr Stunden richtig viel Spaß.
Dazu ist natürlich mehr nötig als nur ein neuer Anstrich und ein paar Wellen. Black Flag versteht es, dass wir durch nicht weniger als fünf Spiele plus diverses Download-Zubehör hüpften, rannten und meuchelten und dass die aufwendiger werdenden Geschichten allein an dieser inzwischen viel zu eingeschliffenen Routine nichts ändern. Gleichzeitig wusste man bei Ubisoft auch, dass sie nicht alles über Bord werfen konnten, was die Serie bei mehreren Millionen Käufern im Jahr scheinbar doch extrem in der Gunst hält. Also nahm man diesmal einfach alles, was man hatte, baute die Segelei massiv aus und versuchte die richtige Mischung zu finden. Und Junge, das ist ihnen das gelungen!
Ein Spiel, das in seinem Umfang mit GTA 5 konkurriert - auch wenn es nicht ganz so viel Zeugs am Rand versteckt, aber das ist in diesem Fall eine sehr relative Einschränkung - muss man ein wenig in seine Teile aufsplitten, um genau zu beleuchten, was es richtig macht, um dann zu sagen, warum alles zusammen auch hier größer ist, als die Summe der Teile. Fangen wir also bei dem an, was die Serie bisher bot und was weitestgehend bekannt ist. Dem Leben an Land.
Schleichen ist das neue Rennen
Es hat sich auf den ersten Blick nicht viel geändert. Die Lauf- und Kletterbewegungen sind von Assassine zu Assassine die bekannten, selbst wenn sie hier noch etwas mehr verfeinert wurden. Der Kampf um die Deutungshoheit der Bewegungsrichtung ist dabei immer noch nicht ganz entschieden und nach wie vor wird jeder diese Momente haben, in denen die Figur sinnlos auf einen Baumstamm hüpft, an einer Wand hängt oder in eine Richtung wechselt, aus der man nichts Gutes zu erwarten hat und in die man auch nie wollte. Es fällt aber sogar noch weniger ins Gewicht, als es beim dritten Teil der Fall war, da zum einen die Gebiete der Karibikstädtchen wie dort auch wieder großzügiger angelegt sind, als es bei den dichtbebauten Renaissance-Sprawls der Fall war. Und zum anderen wurde gehörig das Tempo gedrosselt.
Statt wild zu rennen, springen und von Dach zu Dach zu fliegen steht nun Schleichen und Heimlichkeit viel höher im Kurs, als es je zuvor der Fall war. Angesichts dessen gibt es eine Sache, die nach wie vor verblüfft und erstaunt: Auch Piraten gehen zum Schleichen nicht in die Hocke. Jedenfalls nicht von sich aus. Wie bereits im letzten Teil eingeführt, gibt es hier dichtes Unterholz, Felder und Büsche, in denen euch keiner sieht, sobald ihr drin seid. Hier könnt ihr euch komplett sicher bewegen, solange ihr nicht durchrennt. Feinde lockt ihr durch leise Pfiffe heran, um sie hinterrücks zu erledigen und könnt, da diese Breitengrade dicht bewachsen sind, sehr zuverlässig auf solche Taktiken zurückgreifen. Grob über den Daumen gepeilt würde ich sagen, dass 60 Prozent des Spielverlaufs an Land während der Story-Missionen auf leisen Sohlen basierte. Und wie schon gesagt, gerade weil das so ist und weil man das automatische In-Deckung-gehen an Häuser- und anderen Ecken perfektionierte, verblüfft es, dass man nicht gleich den Sam Fisher machte und all seine Bewegungen übernahm.
Schlimm ist das für den Ablauf nicht. Die Areale sind klug aufgebaut, nicht zu leicht zu durchschauen und dadurch, dass ihr diesen Moment der Sichtbarkeit zwischen zwei Sträuchern einkalkulieren müsst, meist spannend. Dabei hilft, dass die Aufmerksamkeit der Wachen deutlich differenzierter ausgespielt werden kann. Sie gerade so neugierig zu machen, dass sie gucken kommen, was los ist aber keinen Alarm schlagen und vor allem die Wächter-Kollegen davon nicht mitbekommen kann zu einer kleinen Kunst ausgebaut werden. Muss es teilweise auch, denn Gespräche zu belauschen, die bei einer Wanderung über eine recht gut überschaubare Plantage geführt werden, kann euch schon einiges abfordern. Dementsprechend ist die Zahl der Mission, in denen ihr keinen Alarm auslösen dürft, ebenfalls nach oben gegangen, ohne dabei zu übertreiben. Das ist die Kunst dieses Spiels. Alles in der richtigen Dosis.
"Die Zahl der Mission, in denen ihr keinen Alarm auslösen dürft, ist nach oben gegangen, ohne dabei zu übertreiben."
Zwischen den Schleichereien nämlich gibt es immer wieder Missionen, wo es ganz allein euch überlassen bleibt, wie ihr vorgeht. Klar lässt sich das Fort erobern, ohne gesehen zu werden, aber die optionalen Ziele, um die begehrten Hundert Prozent einer Mission zu erreichen, geben euch nur drei Luft-Attentate als Hausaufgabe. Wenn euch danach ist, brüllt ihr „Harhar!! Und ne Buddel voll Rum!“ und stürmt die Festung säbelschwingend und mit irrem Blick. Just do it, habt Spaß, das Spiel gönnt euch diese Momente der Freiheit, in denen ihr mal ordentlich und ungestraft die Sau rauslassen könnt, immer wieder genau dann, wenn man denkt, dass es Zeit dafür wäre.
Diese Kämpfe sind einer der echten Kritikpunkte insoweit, dass sich nicht viel tat und sie auch früher nie wirklich interessant oder gut waren, sondern nur immer in der Bewegung so wirkten. Bleibt in der Mitte eines Pulks stehen und wartet auf das Pünktchen, das einen Angriff signalisiert. Konter-Taste gedrückt, einer weniger. Ein Schütze nimmt Maß, kurz vorher einen Gegner als Deckung gegriffen, wieder einer weniger. Sechs Konter und einen Angriff auf den Schützen später liegen sie im Dreck und alles lief spätestens nach fünf oder zehn solcher Runden im geistigen Autopiloten. Es ist gut, dass euch das Spiel oft aufträgt oder zumindest ermutigt, nicht in Kämpfe verwickelt zu werden, wahrscheinlich, weil es weiß, dass es nicht viel dort zu bieten hat. Der eine, einsame Bosskampf zwischendurch ist sogar derart vergurkt, dass man froh ist, dass die eigentlichen Attentate weit interessanter gestaltet sind, weil ihr wieder selbst mitbestimmt, wie spektakulär es werden soll. Hinrennen und abstechen ist immer eine Version, aber den Verräter am höchsten Mast aufzuknüpfen, kommt doch viel angemessener. Vor allem, weil eine direkte Konfrontation eh nur in zwei halb automatischen Kontern ebenso siegreich wie schal enden würde.
Nur du, die See und alle anderen
Die Landgänge sind ein Teil des Spiels, der andere ist dem Szenario angemessen die Seefahrt und gute Güte, macht sie Spaß! Die Wellen rollen noch majestätischer als im letzten Teil und vor allem ist es nun die ganze Karibik, nicht nur ein kleines Areal mit wenig Spielraum. Ok, es ist eine gestauchte, geografisch alles andere als akkurate Karibik, die den Eindruck macht, als wäre sie nach einer der ersten Karten entworfen, die Kolumbus noch persönlich zeichnete. Aber das spielt keine so große Rolle, ihr werdet viel zu viel Freude daran haben, an idyllischen Eilanden vorbeizuziehen, einen Blick auf bedrohliche Küstenforts zu erheischen und natürlich jeden zweiten Spanier zu entern, der euren Weg kreuzt. Oder Engländer. Oder Piratenjäger. Oder wen auch immer ihr sonst noch trefft.
"Sowohl innerhalb auch außerhalb der Handlung ist die See das zweite Zuhause des Spiels und ihr werdet immer wieder dorthin zurück wollen."
Sowohl innerhalb auch außerhalb der Handlung ist die See das zweite Zuhause des Spiels und ihr werdet immer wieder dorthin zurück wollen. Das Kreuzen im Meer ist dabei ungefähr so realistisch wie die Karte. Selbst wenn es seit Teil drei etwas an Tiefe zulegte, reduziert es sich auf drei Geschwindigkeiten, die Windrichtung ist egal und beschleunigt und gebremst wird auf den Punkt, als wäre dies ein schwimmendes Gokart. Es wäre natürlich reizvoll gewesen, auf seemännischen Realismus zu beharren und jeden zu überfordern, aber das ist einfach nicht die Intention dieses Spiels. Es fehlt zwar die Anker-Wende-Bremse aus Piraten der Karibik, aber das ist schon das Flair, wo es hin wollte und auch ankam. Heroisch Breitseiten verteilen und durch mitunter gewaltige Wellenberge pflügen. Wen interessiert es, dass es jedes reale Schiff dabei zerfetzen würde, wir sind Piraten, Ho, Ho, Ho und ein Fass voller Rum.
Mit ähnlichem Elan laufen die Schlachten ab. Wenn ich dem Spiel dabei etwas ankreide, dann, dass es auf See mitunter zugeht wie bei einer venezianischen Regatta. Links zwei Briggs, rechts zwei Fregatten und vor und hinter euch all der Kleinkram, der dazugehört. Dabei wolltet ihr doch nur einen Händler aufbringen, der Rest kam irgendwie von irgendwo dazu. Das kann gerade zu Beginn des Spiels sehr frustrierend sein, wenn euer Schiff noch klein und dürftig ist und auch so aussieht. Da ist man froh, endlich mal eine Brigg mit wertvollen Ressourcen an Bord fast enterreif bekommen zu haben und das taucht plötzlich ein majestätisches Kriegsschiff auf, das euch mit zwei Breitseiten auf den Grund schickt. Solches Schiffs-Mobbing kommt nicht zu häufig vor und vor allem sieht man es mit einem hochgerüsteten Schiff schon gelassener, aber auch vom Gefühl her ist der Horizont mitunter etwas überbevölkert.
Nicht, dass es nicht immer wieder trotzdem jede Menge Spaß bringen würde. Mitten in einem Sturm zwei Fregatten zu zerlegen, immer wieder in den Wellen geschickt abzutauchen und im richtigen Moment elegante Manöver zu drehen während Regen und Gischt cineastisch wertvoll über Deck prasseln lässt die richtige Stimmung nie vermissen. Es ist immer wieder etwas, dem man sich gerne ergibt und wie alles in diesem Spiel wird es in den richtigen Dosen gereicht. So viel ihr möchtet, aber nie mehr als das, bevor ihr euch wieder einer anderen Beschäftigung zuwendet.
"Leider ist die Schlacht zwischen den beiden Schiffen nur die eine Seite der Medaille, geentert werden müssen die Dinger ja auch noch, wenn ihr was davon haben wollt."
Leider ist die Schlacht zwischen den beiden Schiffen nur die eine Seite der Medaille, geentert werden müssen die Dinger ja auch noch, wenn ihr was davon haben wollt. Es läuft immer gleich ab und nach einer Weile wird das ein wenig zu sehr Routine. Ihr holt euch das Wrack heran und eure Mannen springen an Bord. Je nach Größe des Gegners müssen eine bestimmte Zahl an Soldaten erledigt und ein paar Zusatzziele erfüllt werden. Das Spannendste davon ist noch, die feindliche Flagge einzuholen, der Rest ist meist ein paar glorifiziert benannte, aber letztlich doch luschige Gegner extra abzuservieren. Gegnerische Kapitäne sind auch nur schlechte Schwertkämpfer. Das größte Problem ist jedoch die zu nah am Geschehen platzierte Kamera und das allgemeine Gewusel.
Ersterer habt ihr es immer wieder zu verdanken, dass ihr einen Angriff gereicht bekommt, den ihr nicht kommen saht, weil er außerhalb des Sichtbereiches startete. Frustrierend. Schlimmer ist jedoch, dass es nach wie vor schwer ist, an einem Gegner dranzubleiben, wenn drei weitere direkt um euch herum aktiv sind. Gerade die harten und sonst geschätzten schweren Gegner, die ihr erst kontern und dann manuell attackieren müsst, machen insoweit Probleme, als dass der einleitende Konter einfach ist, aber euer Pirat sich lieber einem neuen Feind zuwendet, statt den Job zu beenden. So verliert man schon mal die eine oder andere Schlacht aus den falschen Gründen. Ihr lernt, damit umzugehen und entwickelt Strategien dagegen, aber diese sollten sich eigentlich nie darum drehen, dem Zorn einer ungünstigen Kamera zu entgehen.
Was auf das erfolgreiche Entermanöver folgt, ist etwas, das jeder selbst mit der Großzügigkeit seiner eigenen willentlichen Aussetzung der Ungläubigkeit ausmachen muss. Sobald ihr das Entermanöver startet, hören andere Schiffe auf, euch zu beschießen. Seltsam, aber von mir aus! Habt ihr den Angriff erfolgreich beendet, könnt ihr befehlen, dass das erbeutete Schiff dazu benutzt werden kann, die Schäden am eigenen zu reparieren. Ok, das ist sicher möglich. Aber doch nicht mitten im Kampf? Wählt ihr diese Option, ist euer Schiff "geheilt" und der restliche Seekampf geht weiter. Nett, dass alle gewartet haben, bis die Handwerker fertig waren. Ich muss zugeben, dass es mich nicht wirklich störte. Es ist halt eine unrealistische, aber sinnvolle Spielmechanik. Ich hinterfragte es immer nur als leichtes Grübeln in den hinteren Teilen meiner bewussten Wahrnehmung. Andere werden sich weit mehr daran stoßen. Das müsst ihr mit euch selbst klären.
Die Beute, die ihr euch durch solche Eroberungen heranholt, sind die Ressourcen wie Holz, Stoffe oder Metalle, die ihr dringend braucht, um euer Schiff auszubauen. War dies in Teil drei noch etwas für Leute mit zu viel Freizeit, ist es nun lebenswichtig, einen hochgezüchteten Pott zu haben, und so bestückt ihr ihn nach und nach mit neuen Waffen wie Mörsern oder einem Rammsporn und verwandelt den Rumpf von seepockenzerfressenem Treibholz in den unbezwingbaren Terror der sieben Meere. Aufrüsten ist immer toll und selten war es befriedigender als hier, da die Auswirkungen so unmittelbar sind. Waren Fregatten eben noch schwimmende Gefahrenzonen für euch sind sie nun plötzlich legitime Beute und die Eroberung einer Galeone scheint auch nicht mehr so weit. Da ein Schiff nichts ohne einen Hafen ist, bekommt ihr natürlich auch bald wie inzwischen üblich eine eigene kleine Piratenstadt. Es ist weit unterhaltsamer als im viel zu ernsten dritten Creed, wo beim Aufbau immer nur praktisch gedacht wurde. Piraten brauchen viel eher eine Kneipe und ein Freudenhaus. Am Ende habt ihr euer eigenes kleines Tortuga.
Von dort aus gibt das Spiel euch unendlich Zeugs zu tun. Um die Karte freizuschalten, müssen Forts erobert werden. Diese wiederum schalten Spezialmissionen für alle möglichen Parteien frei. Daneben warten Schatzkarten und Maya-Rätsel auf mutige Kapitäne. Neue Shantys für eure Seeleute, die sie bei Fahrten ausdauernd und schaurig schön trällern - jederzeit mit einem Kommando abwürgbar -, sind atmosphärisches Gold. Daneben wollen exotische Tiere gefunden und gejagt werden, um die eigene Ausrüstung zu verbessern. Es gibt in der riesigen Fläche der See und der Inseln immer etwas zu tun.
Assassine? Templer? Pirat!
Und dann ist da natürlich noch die eigentliche Geschichte. Die Frage stand im Raum, wie es nach Desmond weitergeht. Nun, die Antwort ist so einfach wie effizient, so kurzweilig wie kurz gehalten und voller ironischer Anspielungen auf Ubisoft selbst wie auf ein paar andere Dinge unserer Welt. Vor allem die Piraten der Karibik kriegen ihren Teil weg und es passt alles so stimmig wie unterhaltsam in den vorhandenen Kosmos, ohne darin viel zu bewegen.
Die eigentliche Handlung ist natürlich wie immer die innerhalb des Animus. Ich muss gestehen, die Geschichte des Captain Kenway und seiner Crew, vor allem aber aller um ihn herum, ist meiner ganz subjektiven Ansicht nach die bisher beste, die bisher in einem Assassin's Creed erzählt wurde. Sie ist bei Weitem nicht so bedeutungsschwanger, wie es zuletzt der Fall war, aber persönlich für die Charaktere tiefgehender und so für die meisten Zuschauer emotional spannender. Es ist viel positiver Genre-Kitsch dabei - auch wenn es Punktabzüge dafür geben muss, dass ich im ganzen Spiel keinen einzigen Papagei auf einer Schulter sah. Es fügt sich bittersüß in den großen Überbau ein und lässt seinen Figuren Zeit und Raum, sich zu entwickeln. Zumindest ein wenig. Genug für ein Spiel dieser Art. Es schließt mit einem wundervoll inszenierten Ende und ich war bei keinem der anderen Creed-Titel, nicht einmal beim Dritten so durchgehend gut von der Geschichte unterhalten. Von Abenteuern in dunklen Dschungeln und Sümpfen über gewagte Einbrüche in Gouverneurspaläste bis hin zu großen Seeschlachten wird alles abgehandelt. Vor allem aber befreit es sich zumindest teilweise aus dem inzwischen abgenutzten Assassinen vs. Templer-Korsett ohne die moralischen Fronten zu sehr zu verschieben. Es ist wieder faszinierend, wie sehr sich das Spiel der Wichtigkeit der richtigen Balance bewusst ist und sich daran hält. Über 20 Stunden durch 13 Kapitel hindurch habe ich mir nie einen Vorspul-Button gewünscht oder gedacht, dass die Erzähler doch mal nun bitte auf den Punkt kommen mögen.
"Ein nahezu perfektes Ensemble deutscher Synchronstimmen."
Mit dafür verantwortlich ist ein nahezu perfektes Ensemble deutscher Synchronstimmen. Die Originalstimmen befinden sich auch mit auf der Disc und sie sind sehr gut, aber die deutschen stehen ihnen kaum nach. Im Gegenteil, ich würde sagen, dass einzelne Rollen sogar charakterstärker interpretiert werden. Normalerweise spiele ich für eine Weile auf Deutsch, um die Stimmen bewerten zu können und schalte dann um. Hier war es genau andersherum. Zwischendurch wechselte ich mal zu den Englischen, befand sie für gut und ging dann wieder zurück. Das ist mir noch nie passiert. Klar, eine Menge des Piratenslangs funktioniert in den englischen Formulierungen besser, aber damit kann man leben, es ist immer noch wirklich gut geschrieben und noch viel besser gesprochen. Kudos! Musikalisch bleibt man dabei bei einer Art minimal subtileren Hans-Zimmer-tum der Bruckheimer-Piraten, ohne groß aufzufallen. Die wirklichen Highlights sind Dutzende von englischen Seemanns-Shantys, die eure Fahrten begleiten und die Stimmung heben. Am Ruder durch die See zu pflügen, die Wellen, die sich am Rumpf brechen und die Crew mit einem fröhlichen, aber eigentlich bittersüßen Lied auf den Lippen … Man meint glatt, das Salz in der Luft zu schmecken.
Dabei spielt die restliche Technik natürlich auch eine große Rolle und hier laufen sogar die beiden Saurier Xbox 360 und der PS3 noch einmal zu Hochform auf. Ja, sie haben gelegentlich auch wie zum Beispiel bei GTA 5 ganz schön zu knabbern und fallen gerade bei extremer Weitsicht in den Städten auch mal unter alles, was noch flüssig ist. Zum allergrößten Teil jedoch schlagen sie sich ordentlich und liefern ein Fest für die Augen, ohne zusammenzubrechen. Wer mehr möchte, muss noch ein paar Wochen warten, PS4, Xbox One und PC können hier noch mehr, das hat man schon deutlich gesehen. Wie viel besser es wird, wird dann der Test zum Release zeigen, aber so oder so: Wer sich noch nicht aus dieser Generation verabschieden will, muss keine Trauer tragen. Assassin's Creed 4 gehört zu den Besten auf diesen Systemen. Das komplett in sich stimmige Art-Design hat daran natürlich auch seinen Anteil und ja, es passt alles zusammen.
Es passt alles zusammen. Es weiß immer, was wann und wie lange willkommen ist. Es nutzt sich in seiner umfangreichen Spielzeit nie ab. Seine Geschichte erkannte, dass es Zeit für ein wenig Abwechslung wurde, und bietet sie. Black Flag ist das bisher beste Assassin's Creed. Für mich wird Brotherhood überholt, der inhaltlich starke Teil Drei wird überboten. Ich hatte bei keinem anderen Spiel der Serie so viel Freude und eigentlich schon nicht mehr gedacht, dass mir ein Spiel dieser Reihe noch so viel Spaß machen könnte, wie jetzt Black Flag. Ausgerechnet der Teil, den ich abgeschrieben hatte, innerlich wie auch in Artikeln, versöhnt mich nun wieder mit dem Franchise.
Natürlich hat es sich längst nicht von all seinen Sünden reingewaschen. Die Kämpfe beim Entern bringen mich immer noch oft genug auf die Palme. Wenn Edward mal wieder wie ein Idiot sonst wohin hüpft, weil er eine minimale Stick-Bewegung falsch interpretiert, will ich in das Pad beißen. Die immer noch extreme Eintönigkeit des Nahkampfs kann man nicht ignorieren. Aber es lässt sich alles gut verschmerzen, weil keines dieser Elemente so bestimmend ist, dass es eine ganz große Rolle spielen würde. 'Mehr' ist nicht immer gleich besser, aber hier ist dieses 'Mehr' genug, um die bei jedem der Vorgänger irgendwann einsetzende Monotonie fernzuhalten. Es hat eine ganze Weile gedauert, aber endlich hat Assassin's Creed es geschafft, dass ich vom Anfang bis zum Ende durchgehend gut unterhalten, gespannt und mit Freude am Pad saß. Ich freue mich sogar darauf, zum Start der neuen Konsolen schon bald erneut in die Karibik zurückzukehren. Das hätte ich über keinen der Vorgänger gesagt. Assassin's Creed 4: Black Flag ist der perfekte Abschluss für die Reihe auf dieser Konsolengeneration und der ideale Anfang für die Nächste.