Battlefield 4 - Test (Mehrspieler und Wertung)
Mehr eine logische Erweiterung denn ein großer Wurf - trifft aber trotzdem ins Schwarze!
Während die Kampagne von Battlefield 4 ziemlich abstinkt, bietet der Mehrspielermodus gewohnt hohes Niveau - mit Betonung auf "gewohnt", denn allzu viel Neues darf man nicht erwarten. Im Gegenteil. Die kreativen Köpfe bei DICE haben sich hauptsächlich von den Vorgängern inspirieren lassen - warum Risiken eingehen? Die Konkurrenz liefert Innovationen schließlich auch nur in homöopathischen Dosen und verdient ganz gut Geld.
Folglich wird in BF4 die Spielumgebung zerbröselt wie seit 'Battlefield: Bad Company 2' nicht mehr; Panzer, Helis, Jets und vor allem Boote warten auf kompetente Piloten; der Commander-Modus aus Battlefield 2142 feiert seine Wiederauferstehung; Squads aus fünf Teammitgliedern und schnelle Spawns nahe den Kollegen sorgen für Dynamik; Waffen und Fahrzeuge kann man jetzt auf einem Testgelände ausprobieren; die Maps wurden ein Stück weit größer und die maximale Spielerzahl pro Karte liegt auf PC und Next Gen bei 64, auf Xbox 360 und PS3 bei 24. Sieben Spielmodi und reichlich Anpassungsmöglichkeiten für Serverbetreiber sind außerdem mit an Bord.
Auf praktisch allen zehn veröffentlichten Maps gibt es zerstörbare Highlights oder besondere Features. Auf 'Lancang Damm' bricht zum Beispiel der namensgebende Damm spektakulär zusammen und begräbt Freund und Feind unter Wassermassen und Trümmern; auf 'Fehlerhafte Übertragung' kappt ihr Stahlseile und bringt eine riesige Beton-Antenne zum Einsturz; Bei 'Operation Spind' segnet ein Wachturm das Zeitliche; 'Belagerung von Shanghai' kann mit der beliebten Wolkenkratzer-Sprengung punkten; bei 'Sturm auf Paracel' wird ein Windrad zerdeppert, woraufhin ein Kriegsschiff zu Bruch geht; in 'Flutgebiet' setzt ihr eine Innenstadt unter Wasser, indem ihr deren Mauer sprengt; eine Brücke geht auf 'Morgendämmerer' zu Bruch, sobald die flankierenden Gasrohre zerstört werden und auf 'Zavod 311' wird ein Fabrikturm gefällt.
Doch damit nicht genug. Oft verlocken Schalter und Gegenstände im Level zu interaktiven Sperenzchen. Da werden Fenstergitter heruntergelassen, Öl und Fässer in Brand gesetzt, Türen verriegelt, Aufzüge benutzt, Poller gegen Fahrzeuge in Stellung gebracht, Autoalarme gehen plärrend los oder hydraulische Pressen zerquetschen Konkurrenten. Einer der Eroberungspunkte auf der Karte 'Golmud-Bahn' befindet sich auf einem bewaffneten Zug, der zentral über die Map rollt. Eindrucksvoll auch die Wetterwechsel - bestes Beispiel hier sind 'Sturm auf Parcel', wo sich strahlender Sonnenschein und tobender Taifun die Klinke in die Hand drücken oder 'Operation "Spind"', wo außerhalb des Gefängnisses gelegentlich ein Schneesturm wütet und die Sicht erschwert.
Diese Liste mag sich großartig anhören, doch die Kehrseite der 'Levolution', wie DICE das Feature nennt, wird in der Praxis schnell deutlich. Viele Spieler konzentrieren sich derzeit noch auf das Auslösen dieser Spektakel, ohne auf ihr Team Rücksicht zu nehmen. Die Flüche im Chat auf 'Flutgebiet', wenn eine spannende Straßenschlacht vom Wasser erstickt wird, oder wenn auf 'Fehlerhafte Übertragung' sämtliche Fahrzeuge unter der zerstörten Sat-Antenne wegfallen, möchte ich hier lieber nicht wiedergeben. Klar kann man argumentieren, dass Flexibilität im Kampf alles ist, aber das Faktum, dass derartige Verwüstungen häufig am Anfang einer einstündigen Schlacht passieren, lässt sich nicht unter den Teppich fegen.
Macht kaputt, was auch kaputt geht!
Viel sinniger ist die dynamische Zerstörung abseits dieser (gescripteten) Fixpunkte. Mein Adrenalin stieg bis in die Haarspitzen, als ich auf 'Zavod 311' von einem Panzer in einem Holzhaus festgenagelt wurde. Der Tank zog Kreise um das Gebäude, hielt voll drauf und dezimierte Wand für Wand, während ich hilflos am Boden lag und in Richtung Ausgang robbte, nur um dann von der nächsten Druckwelle zerfetzt zu werden. Unbezahlbar auch das Chaos, als ich dank einer wohlplatzierten Granate auf 'Morgendämmerer' durch eine Wand brach und die überraschten Soldaten dahinter Rambo-like mit dem leichten Maschinengewehr niedermähte. Nicht zu vergessen die Klassiker "Keine-Deckung-ist-sicher" und "Begrab-sie-unter-dem-Vordach". Hier dürften die Leveldesigner bei DICE ruhig großzügiger mit den zerstörbaren Objekten sein - oft wird die Vernichtungswut zu früh gebremst von unzerbrechlichen Pfeilern oder Mauern, damit die Karten nicht irgendwann zu Parkplätzen mutieren.
Die Fahrzeuge in Battlefield 4 sind seit jeher eine Referenz für sich und vor allem die Bedienung der Fluggefährte wurde ein Stück weit entschärft. Nun bin ich persönlich noch immer ein lausiger Battlefield-Pilot und staune heute noch in Ehrfurcht über das Husarenstück eines Kollegen, der seinen Helicopter in (!) einer Fabrikhalle schweben ließ, um den dortigen Basispunkt zu erobern. Doch in den letzten Tagen gelang auch mir endlich der eine oder andere Rundflug, ohne dass irgendwelche befreundete Knochen oder Rotoren zu Bruch gingen. Glaubt mir - das will was heißen!
"Boote sind auf vielen Karten überlebenswichtig (ich sag nur geflutete Innenstädte)"
Boote sind auf vielen Karten überlebenswichtig (ich sag nur geflutete Innenstädte) und kommen in vielfältigeren Geschmacksrichtungen daher als noch in Battlefield 3. Der neue Fokus auf Seegefechte dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass DICE offensichtlich sehr stolz auf das Verhalten der Schiffe bei starkem Wellengang ist. Da kommen Miami-Vice-Assoziationen hoch, wenn ein Schnellboot elegant über die Wellenkämme hüpft, während das Team an Bord aus allen Rohren ballert und feindliche Jetskis versenkt. Manchmal schienen mir die Geschütze der Pötte fast ein bisschen zu potent - da wird wohl noch am Balancing geschraubt werden.
Dass man seine Soldaten und Fahrzeuge nach Belieben feinjustieren darf, ist auf dem Markt der Militärshooter kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Ihr steigt im Rang, sammelt Erfahrungspunkte mit euren Klassen oder Waffen und schaltet dadurch nach und nach neue Ausrüstung und Lackierungen frei. Dazu gibt es gelegentlich 'Battlepacks', in denen zufällige Goodies schlummern. Ein paar Ballermänner werden durch hohe Abschüsse in der Kampagne freigeschaltet, manches bleibt Premium-Kunden vorbehalten.
Ein nettes Feature ist der Commander-Modus. Hier schlüpft ein Spieler ab Stufe 10 in die Rolle des "Allsehenden Auges" und hilft den Kollegen auf der Übersichtskarte. Der Commander wirft Vorräte oder Fahrzeuge ab, koordiniert Angriffe und markiert feindliche Spieler als Sonderziele, wodurch diese für alle sichtbar werden, dafür aber auch selbst mehr Punkte kassieren. Ebenfalls zum Repertoire des Kommandanten gehören Luftschläge. Das Feature ist zwar nicht unbedingt spielentscheidend, aber ein nettes Detail.
More Modus more Mehrspieler
Bei den Spielvarianten darf der Conquest-Modus nicht fehlen - hat sich ja bereits in Battlefield 3 bewährt. Ihr erobert und verteidigt Flaggenpunkte, dezimiert dadurch langsam die Tickets des Feindes gen Null und beschleunigt den Vorgang durch Abschüsse. Domination ist ähnlich, allerdings kleiner, schneller und ohne Fahrzeuge. Team-Deathmatch (zwei 10er-Teams) und Squad-Deathmatch (vier 5er-Teams) sind ziemlich selbsterklärend. Rush ist für Kenner auch nichts Neues: Drei Abschnitte mit jeweils zwei Zielen werden von einem Team angegriffen, während die Gegenseite diese verteidigt. Die Offensive gewinnt, wenn alle sechs Ziele zerstört wurden, die Defensive, wenn die Respawns der Angreifer aufgebraucht sind.
Neu hinzugekommen sind Obliteration und Defuse. Letzteres wird mit fünf Spielern pro Seite bestritten, die ein festgelegtes Ziel zerstören oder die Konkurrenz eliminieren müssen. Klein und kuschelig, aber nicht unbedingt das, was ich von Battlefield erwarte. Obliteration macht hingegen mächtig Laune: Hier erscheint eine Bombe irgendwo auf der Karte, mit der sich dann eines von drei Zielen sprengen lässt. Zwei Teams beharken sich um den Böller. Am besten lässt sich das Spektakel während so einer Runde als Tauziehen mit Knarren beschreiben. Oder als schwer bewaffnetes Football. Nennt es wie ihr wollt - es geht nichts über den Adrenalinkick, den Bombenträger der Gegenseite Zentimeter vor dem Ziel über den Haufen zu schießen, sich die Bombe zu schnappen und - tja - selbst wenige Meter vor dem Sprengziel eine Kugel einzufangen.
Leider taugen die Maps nicht für alle Modi gleich gut. Mal sind die Flaschenhälse zu eng, als dass zum Beispiel Rush wirklich Freude macht (Sturm auf Paracel), Mal sind die Karten schlicht zu groß für Obliteration oder Deathmatches (Golmud-Bahn). Aber insgesamt muss man DICE bescheinigen, dass sie hier wirklich ein Glanzstück abgeliefert haben - natürlich kann man immer nach "Mehr" schreien, aber hinsichtlich der Maps und Modi wird solide Kost für Veteranen und Neulinge geboten - zudem ist der Titel ja gerade erst erschienen und die ersten Erweiterungen stehen am Horizont.
"Während meines Tests bekam ich die ganze Bandbreite an Ungemach zu spüren, das derzeit auch die offiziellen Foren umtreibt."
Dazu gehört hoffentlich auch das Ausmerzen der diversen Probleme und Macken, die sowohl PC- als auch Konsolenspieler plagen. Seit dem Day-One-Patch sind die Entwickler jedenfalls eifrig am Ausbessern. Während meines Tests bekam ich die ganze Bandbreite an Ungemach zu spüren, das derzeit auch die offiziellen Foren umtreibt. Soundaussetzer ließen mich stellenweise nur meine eigenen Schritte hören. Meine Waffen-Loadouts verschwanden im Nirvana und mussten zigmal neu eingestellt werden. Lag, Rubberbanding und Freezes kosteten mich mehr als einmal vorzeitig das Leben oder einen sicher geglaubten Abschuss.
Abstürze verdarben mir mehrfach das Vergnügen: Da spielt man ein Match über 70 Minuten ohne Probleme, nur um beim nächsten Anlauf gen Desktop zu crashen. Die Empfehlungen in den Foren halfen alle nicht. Weder Punkbuster neu zu installieren, an diversen Config-Dateien herumzuwurschteln noch das Spiel unter Origin reparieren zu lassen. Die Auflösung zu reduzieren brachte auch nicht den gewünschten Erfolg. Die Ladezeiten bleiben ebenso jenseits von Gut und Böse. Manchmal logge ich mich in einer vermeintlich frischen Partie ein, muss aber auf dem Ladebildschirm derart lange warten, dass die Kollegen das Match fast gewonnen haben, wenn ich endlich dazustoße. Wieso, weshalb, warum? Liegt es an meinem System? Den Servern? Dem Programmcode? Ungünstigen Stern-Konstellationen? Ist der Yeti schuld oder die Euro-Krise? Keine Ahnung.
Nun mögen das alles Kinderkrankheiten sein. Dass Bugs und Performance-Engpässe leider bei Triple-A-Releases zur Regel gehören, ist eine alte Leier, die wir Spieljournalisten regelmäßig anstimmen. Ich erhebe meinen Zeigefinger, DICE. Die Startprobleme sind ärgerlich, aber in ein, zwei Wochen erwartungsgemäß kein Thema mehr. Dennoch hätte das nicht sein müssen. Was ich mir ansonsten gewünscht hätte, wären mehrere Loadout-Varianten, die man für verschiedene Maps zurechtlegen kann. Das Battlelog mag noch so zugänglich und nützlich sein, aber der Wechsel der Ausrüstung während einer laufenden Partie kostet für meinen Geschmack zu viel Zeit - zumal das Zusammenspiel zwischen Browser, Tablet und Client längst nicht immer zuverlässig läuft. In solchen Fällen fände ich ein Loadout-Menü außerhalb der Kämpfe aber innerhalb des Client sinnvoll. Das Testgelände fürs ungestörte Schrauben an der Ausrüstung zu verwenden ist in meinen Augen keine Dauerlösung. Aber mei - ich picke Rosinen.
Battlefield 4 ist ein sichere Bank für Fans - solange sie nicht mehr erwarten als eine gelungene, jedoch innovationsarme, Erweiterung des Altbekannten. Grafisch ist der Titel top, da beißt die Maus keinen Faden ab. Die Steuerung ist eingängig wie eh und je, wurde sogar stellenweise verbessert (um die Ecken gucken). Auch haben die Entwickler bei den Karten so manches Ass aus dem Ärmel gezogen und tolle Ideen eingebaut - Stichwort Levolution. Allerdings müssen sich die Damen und Herren bei DICE die Frage gefallen lassen, ob derartige Trippelschritte einen neue Ziffer im Titel rechtfertigen. Zum Vollpreis.
Die Kampagne ist zudem lausig - schon wieder. Da hätte man ruhig etwas mehr Finesse investieren dürfen, auch wenn die Fans eher dem Mehrspielermodus zugeneigt sind. Einzelspieler werden anderswo jedenfalls besser bedient. Im Multiplayer macht BF4 erwartungsgemäß wieder saumäßig Spaß. Die Fahrzeuge, die großen Karten, die packende Action - alles drin, solide und unbestritten. Aber ich hätte mir mehr Mut zu größeren Sprüngen gewünscht. Nicht zuletzt auch mit Blick auf die Next Gen und ihren Möglichkeiten. Die Richtung stimmt, DICE. Jetzt heißt es Laufschuhe auspacken, sonst steht der Pokal demnächst bei der Konkurrenz.