World of Warplanes - Test
Über den Wolken wartet keine grenzenlose Freiheit, aber sorgenfreier Spaß.
Wargaming.net hat sich relativ viel Zeit genommen für die Betaphase von World of Warplanes. Kann ich auch verstehen - mit all den Lorbeeren auf dem Haupt möchte sich die weißrussische Spieleschmiede natürlich keine Blöße geben. Nach dem grandiosen Erfolg von World of Tanks, das kräftig Free-to-play-Millionen in die Kassen spülte, soll sich das Wunder dank zahlungsfreudiger Himmelsstürmer in 115 fliegenden Kisten wiederholen - so viele Flugzeuge lassen sich erforschen, kaufen und nach Herzenslust pimpen.
Was da so im Hangar steht, kann sich sehen lassen. Neben Maschinen aus dem Zweiten Weltkrieg und dem folgenden Jahrzehnt finden Kenner auch zahlreiche Prototypen, die es nie bis zur Serienreife geschafft haben. Zur Wahl stehen Flieger aus den USA, Russland, Deutschland, Japan und Großbritannien. Leichte und schwere Jagdmaschinen sind dabei und natürlich Bomber.
Interface und Steuerung sind quasi identisch zu World of Tanks - nur dass man mit dem Flugzeug natürlich drei Dimensionen meistern muss. Den Joystick könnt dabei getrost im Schrank lassen (ich habe ihn nur kurz zu Testzwecken noch mal auf den Tisch gestellt). Mit Maus und Tastatur fliegt es sich so intuitiv, dass auch Nachwuchspiloten den Traum vom Fliegen problemlos erleben.
Das liegt freilich auch an der Arcadelastigkeit des Titels. World of Warplanes will unterhalten, nicht simulieren. Die Flugphysik würde vermutlich jedem Aerodynamiker die Zornesröte ins Gesicht treiben - wer nach Realismus sucht, muss seine Erwartungen also etwas zurückschrauben. Dafür ist der Titel extrem zugänglich. Die Kämpfe fühlen sich außerdem sehr dynamisch an, das Interface ist hochsolide - hier merkt Wargamings lange Erfahrung mit ihrem "Panzer-MMO".
Kaum Neues am Firmament
Die Grafik wurde seit meiner Beta-Vorschau gehörig aufpoliert - die Wasseroberflächen und Landschaften wirken jetzt detaillierter, die Explosions- und Raucheffekte schauen besser aus. Der Sound hat sich subjektiv kaum verändert - die Kanonen könnten ein wenig satter knattern und die Motoren klingen ein wenig mickrig.
Im Hangar wird - wie schon in der Panzergarage - reichlich geforscht und Module aufgerüstet. Das ging schon in der Beta. Eine willkommene Neuerung ist die Möglichkeit, Piloten auszubilden und beim Flugzeugwechsel in Baracken auf Vorrat zu halten. Mit der Zeit sammeln die Burschen im Einsatz Erfahrung und erhalten passive Boni - ein Feature, das sich bereits in World of Tanks gut bewährt hat.
Beim Stichwort "Bewährtes" sind wir auch schon beim Thema Spielmodus. Singular ist Absicht, denn Wargaming bleibt sich in diesem Punkt treu und liefert bloß einen "Standardmodus" zum Release. Ein kurzer Klick auf den Button "Gefecht" und das Matchmaking teilt euch einer zufälligen Partie mit bis zu 15 Spielern pro Seite zu. Gewonnen hat das Team, das die Gegenseite komplett vom Himmel pustet oder als Erstes die "Luftherrschaft" erringt.
Dafür muss man diverse Bodenziele zerstören, damit die eigene Seite Punkte gutgeschrieben bekommt. Ansonsten bietet World of Warplanes ein dreiteiliges Tutorial und einen Modus namens "Team-Übung", in dem man die elf bislang zur Verfügung stehenden Karten alleine gegen Bots oder mit Freunden ausprobieren kann.
Fair finanziert aber nicht länger konkurrenzlos
Der Cashshop ist quasi identisch zu seinem Pendant mit den Panzern: Mit der Echtgeldwährung Gold könnt ihr euch Premium-Flieger kaufen (bieten aber nur geringe Vorteile, soweit ich das ausprobieren konnte). Dazu könnt ihr Spezialausrüstung wie automatische Feuerlöscher oder Erste-Hilfe-Päckchen erwerben, Lackierungen dauerhaft freischalten, Die Erfahrungspunkte mit einem Flugzeug in globale Erfahrungspunkte für alle umwandeln oder das Gold in Spielwährung umtauschen. Ein Premiumaccount für mehr Erfahrung und Spielgeld ist ebenfalls zu haben. Wie im Vorgänger gilt: Ihr könnt Geld ausgeben und Zeit sparen, müsst es aber nicht, um Erfolg zu haben.
Im Grunde könnte Wargaming.net sich jetzt zurücklehnen und dem Kontoticker beim Steigen zuschauen, würde ihnen nicht ein russischer Entwickler in die Parade fahren - pardon, 'fliegen'. Die Rede ist von Gaijin Entertainment und ihrem War Thunder. Ehemals hieß das Spiel "War of Planes" - dreimal dürft ihr raten, weshalb es umbenannt werden musste. Der Free-to-play-Titel befindet sich jedenfalls gerade in der offenen Betaphase und könnte allein schon aufgrund seiner Featureliste für einiges Kopfzerbrechen in Weißrussland sorgen. Optisch, akustisch und spielerisch macht der Titel ebenfalls viel her - ich werde euch demnächst einmal ausführlicher aus dem Konkurrenz-Cockpit berichten. So oder so: Ein Spazierflug wird das für Wargaming nicht.
Auch wenn den Weißrussen in ihren Weltkriegsfliegern ein rauer Wind entgegen bläst, den sie mit ihren konkurrenzlosen Panzern so nicht kannten, sollte man World of Warplanes nicht unterschätzen. Dank ihrer Erfahrung haben Wargaming.net aus dem Dogfight-MMO eine Referenz in Sachen zuverlässigen Matchmakings und intuitiver Steuerung gemacht. Ob mit Joystick, Gamepad oder Maus-Tastatur-Kombi - klappt alles tadellos. Wer Spaß mit Hunderten historisch liebevoll modellierten Fliegern haben will und keine Simulation erwartet, sondern die schnelle, unkomplizierte Action - der bekommt hier ein gelungenes Gesamtpaket mit fairem Geschäftsmodell.
Allerdings gibt es auch Grund zu meckern: Die Macher haben hier nur das Minimum abgeliefert, was man angesichts des Vorgängers an Features erwarten durfte. Die Devise: 'Flugzeuge statt Panzer. Sonst ändert sich nix.' Frische Inhalte oder gar neuen Ideen bleiben Mangelware. Es gibt nur einen Spielmodus und die Kartenvielfalt ist auch nicht überragend. Da dürfen die Entwickler gerne noch mal ihre Ärmel hochkrempeln. Angesichts der Pläne, die Wargaming mit ihrer Reihe verfolgen (Stichwort: Seeschlachten und Clankriege), bin ich gespannt, wie es weitergeht. Am Boden und in der Luft haben sie solide Spiele am Start. Doch wie gesagt: Die Konkurrenz schläft nicht!