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Sir, You Are Being Hunted - Test

Dark Lolz.

Ein wenig zu kurz und substanzlos, aber der trockene britische Humor und das brillante Art-Design retten das eigenwillige Spiel.

Es ist eine der ältesten Spielideen der Welt: Einer läuft weg, die anderen versuchen, ihn zu finden. Was als Dreikäsehoch schon spannend, aber vor allem irgendwo lustig ist, wandelt sich, sobald man ein paar Variablen verändert. Es wird spannender und noch mal lustiger.

Die anderen, das sind in diesem Fall Tweed tragende, Pfeife rauchende und sich sehr gewählt ausdrückende Roboter mit Schrotgewehren und mechanischen Rottweilern. Der Eine, das seid ihr, ein Sir, bei Gefallen oder durch höhere Gewalt auch eine Madam. Euer nicht näher beschriebenes Experiment schlug schrecklich fehl, verrät euch euer nach Bill Nighy klingender elektronischer Gehilfe im Intro. Jetzt müsst ihr die auf den fünf erzbritisch wirkenden Inseln verstreuten Teile der „Maschine" wiederfinden und zum Miniatur-Stonehenge in der Mitte der Karte zurücktragen.

Drückt die Alt-Taste und der Sir oder die Madam bewegt den Kopf unabhängig von der Laufrichtung - super!

Für die hochwohlgeborenen Metallherrschaften, die euch im Nacken sitzen, scheint diese Jagd das Normalste auf der Welt. Noch eine gute Stufe unterhalb eines Sports, mehr ein fabelhaft erholsamer Zeitvertreib, während sie mit gut sichtbaren, engen Sichtkegeln in Reihe durch die klamme Landschaft spazieren. Hockt ihr in ihrer Nähe beim Schleichen reglos und unentdeckt zwischen schulterhohen Halmen, lauscht ihr, wie sie einander süffisante Plattitüden zuwerfen. Manchmal halten sie den präparierten Schädel ihres letzten Opfers prahlend in die Höhe, auf dass der Rest der Jagdgesellschaft sich daran ergötzen möge. Die Stimmung dieses Quasi-Roguelikes mit nur wenigen Speicherpunkten ist betont surreal, bisweilen arg schaurig, nur um sich dann ab und an in schallendem Gelächter zu entladen.

Halbrechts über den Grashalmen zu erahnen: der Qualm eines Maschinenteils. Jetzt ist Vorsicht angesagt.

Das passiert meist, wenn ihr mal wieder einen der Blechkameraden hinter euch übersehen habt und auf einmal eine Ladung Schrot in eure Richtung fliegt. Oder wenn euer Plan fehlschlägt, die Bewacher eines der qualmenden Maschinenteile - zu erkennen am weißen Rauch oder den Glühwürmchen, die durch die Lande streifen, um schließlich einen der Krater zu umschwirren - wegzulocken. Dann ist echte und ehrliche Panik angesagt, bei der man vor explosionsartig gelöster Abspannung kaum an sich halten kann. Mit dem Knallen der Mordwerkzeuge, dem robotischen Bellen der Killer-Aibos und dem wilden Durcheinanderplappern und -lachen eurer Verfolger im toten Winkel hinter euch geht es kopflos ins Dickicht, hakenschlagend wie ein menschliches Karnickel. Habt ihr die Sichtlinie unterbrochen, schnauft ihr tief durch. Es ist Zeit für einen neuen Plan und sobald ihr euch den zurechtgelegt habt, zieht die Spannung aufs Neue an.

"Echte und ehrliche Panik ist angesagt, bei der man vor explosionsartig gelöster Abspannung kaum an sich halten kann."

Mittel und Wege, diese Pläne durchzusetzen, gibt es einige. Wer versprengte Landhäuser, Siedlungen oder alte Kirchen auf Beute abklopft, findet hinter ihren Türen neben sehr, sehr viel Müll und totem Ungeziefer auch hilfreiche Gegenstände, die die Schnitzeljagd erleichtern. Eine Flasche englischen Stout-Schwarzbiers stärkt nicht nur das Energiekonto und damit die natürliche Heilkraft des Sirs. Das in einem Zug geleerte Gefäß darf zur scheppernden Ablenkung auch geworfen werden. Eine Taschenlampe wirft im beschleunigten Tag-Nacht-Zyklus der frei begehbaren Handvoll Inseln nicht nur abwechselnd schmeichelhaftes oder gruseliges Licht auf die Flora, sie lockt auch Patrouillen von ihrer angestammten Route. Ein Wecker, der nach der gewünschten Zeitperiode eure Feinde in zuvor aufgestellte scharfzahnige Bärenfallen lockt, verschiebt das Kräfteverhältnis ebenfalls zu euren Gunsten. Zwar könnt auch ihr Schießeisen finden, doch die Munition ist immer knapp, ihr Knall verräterisch.

Oft greift ihr zur Axt oder - besser noch - versteift euch über die komplette Dauer auf Ablenkungstaktiken. An versprengten Lagerfeuern bratet ihr nicht nur gejagtes oder gefundenes Fleisch zur Heilung, ihr Licht ist auch der wohl anziehendste Lockruf für diejenigen, die euch auf den Fersen sind. Passiert einem das zum ersten Mal, weil man nur eben für etwas zum Beißen sorgen wollte, ist das die Sorte "Oh, Sch****!"-Moment, die einen daran erinnern, warum Videospiele das Medium sind, mit dem man einen Großteil seiner Freizeit verplempert. Überhaupt mangelt es Sir, you are being hunted nicht an großen Augenblicken. Bei allem insulanischen Düsterhumor, der einen regelmäßig an Monty Python denken lässt, erzeugt die gespenstisch-andersweltliche Klangkulisse eine erdrückende und häufig sehr unheimliche Stimmung. Wenn der gewaltige Gutsbesitzer-Roboter mit Siebenmeilenstiefeln die Landschaft zum Beben bringt und unmenschliche Töne von sich gibt, erinnert man sich daran, wie man das erste Mal in Half-Life 2 Stridern begegnete. Man will gar nicht wissen, was er mit einem macht, wird man erwischt. Ist er in der Nähe, zieht man vor dem Monitor den Kopf unweigerlich ein bisschen ein.

Technisch spartanisch, in der Gestaltung top. Art-Design und Ausleuchtung schlagen mal wieder Effekte und Texturqualität.

Die Atmosphäre und das allgemeine Gefühl, hier einen schönen Schleichsandkasten vor sich zu haben, sind somit durch die Bank äußerst gelungen. In den besten Phasen bekommt man fast Nackenstarre und muss trotzdem oft genug grinsen. Sei es, weil einem etwas besonders gut gelungen ist oder weil es in die Hose ging. Umso bedauernswerter ist es, dass im letzten Drittel ein wenig die Routine einsetzt, die man ob der zufallsgenerierten Landschaften und immer neuer MacGuffin-Verteilung im Leben nicht erwartet hätte. Man durchschaut die Muster der Roboter, weiß genau, wie weit sie sehen können, und bewegt sich somit ein bisschen zu selbstsicheren Fußes durch die Pampa. Die Taktik "Bärenfallen, anlocken, Axt" funktioniert so gut, dass man kaum noch etwas anderes versucht. Und tut man das doch, bleibt es oft beim Weglocken, denn zu viel mehr sind die meisten anderen Gegenstände nicht zu gebrauchen. So strauchelt der Sir letzten Endes doch noch beim zuvor so bravourös gehaltenen Spagat zwischen Beklemmung und Schadenfreude, die sich zu gleichen Teilen gegen seine Verfolger und sich selbst richtet.

Kurz darauf ist das Spiel dann auf einmal vorbei und endet mit einer Beiläufigkeit, die den Spieler ein bisschen hängen lässt. Die Welt war so charakterstark - dass einem auf dem Weg nach draußen dermaßen die Tür im Rücken zugeschlagen wird, nimmt man Big Robot fast ein bisschen übel. Nach dem ersten Durchgang wird es eine ganze Weile dauern, bis man sich ein weiteres Mal durch die englische Marsch schlagen wird. Trotzdem nimmt man einen Sack erzählenswerter Erinnerungen mit nach Hause, denn wie so oft war der Weg das Ziel. Jedermann, für den das Konzept eines modernen Fangspiels vor tiefschwarzhumoriger Kulisse nach einer guten Idee klingt, wird das ähnlich sehen. Also, stellt Tee und Kekse bereit und lasst die Jagd beginnen!

7 / 10

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Sir, You are Being Hunted

PC, Mac

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