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Randal's Monday - Test

Tell me why? I don't like Randal's Monday, I want to shoot oo-hoo-oo the whole game down!

Zu viel sinnlose Reminiszenzen, zu viel Hipster zu wenig echter Humor, zu wenig gute Rätsel. Das helfen auch gute Ansätze wenig.

Nachdem Bill Murray die Stadt und den Staat New York vor einem riesigen Marshmallow gerettet hatte und lange bevor er von einem Clown zu Tode gefrühstückt wurde, erlebte er ein und denselben Murmeltiertag wieder und wieder, bis ihn Sonny und Cher daraus erlösten. Ähnliches widerfährt nun Randal in Randal's Monday, dem ersten Point-n-Geek-Adventure, wie es Publisher Daedalic bezeichnet. Was darunter zu verstehen ist? Nun... Ähnlich viele Anspielungen, wie sie im ersten Satz enthalten sind, im gnadenlosen Dauerfeuer auf den Spieler zu verschießen, bis dieser um Gnade winselnd am Boden liegt.

Eine Woche voller Montage

Randal ist der typische Tunichtgut. Ein Müßiggänger, der seine Abende mit dem besten Freund und einer Monatsration Bier verbringt. Abende, an die er sich für gewöhnlich am nächsten Tag eh nicht mehr erinnert. Besser so, denn meistens enden sie mit einer Eselshow, dem Raub eines kettenrauchenden Äffchens, Brandstiftung oder Kotzwettbewerben, bei denen die Fontäne eines Vulkans imitiert wird. Also etwa wie in Hangover, nur eben täglich.

Aber an diesem Montag ist alles anders. Randal hat den Verlobungsring seines besten Freundes zuerst geklaut und dann verhökert und sich so einen Fluch aufgehalst, der ihn wie ehedem Bill Murray in einer Zeitschleife aufhängt. Der Ring muss also schleunigst wieder her, um den Fluch zu brechen. Dafür müssen wir denselben Tag, der dennoch nicht der gleiche ist, wieder und wieder durchleben.

Denn während sich zwar außer Randal keine der Personen an den vorigen Tag erinnern kann, werden alle Taten Randals in die nächste Schleife quasi mit übernommen - eingesammelte Gegenstände bleiben verschwunden und zerstörte Dinge wie die Feuerleiter bleiben kaputt und verändern entsprechend das Raum-Zeit-Kontinuum.

Alkohol, Science-Fiction, Videospiele, Streiche, Faulenzerei und noch mehr Alkohol: Randals Leben ist Müßiggang in hochkonzentrierter Form.

So weit, so gut. Die Ausgangslage ist interessant, ebenso der Grundgedanke der Entwickler, das Geschehen als Humus für eine Hommage an die Nerd-Kultur zu streuen. Randal's Monday ist von oben bis unten gespickt mit popkulturellen Anspielungen auf Filme, Serien und Spiele, speziell der 80er- und 90er-Jahre, auf Star Wars, Ghostbusters, Zurück in die Zukunft, die großen Lucas-Arts-Klassiker und so weiter - die Zeit eben, in der die Thirtysomethings von heute mit den Adventures der goldenen Ära aufgewachsen sind.

Anspielstationen

„Gespickt" allerdings nicht wie der Weihnachtsbraten mit nuancierten Nelken, sondern wie ein Igel mit einem Stahlgewitter aus Stacheln. Der Spieler sieht sich einem popkulturellen Dauerfeuer ausgesetzt, gegen das Charlie Sheens Amoklauf in Hot Shots wie eine Schneeballschlacht wirkt. Jede Location ist wie ein Wimmelbild bis oben hin pickepackevoll mit Nerd-Utensilien: Filmposter an den Wänden, Actionfiguren im Regal, Spielkonsolen, die aus Schubladen quellen.

Jeder Satz in jedem Dialog zitiert irgendetwas. Alle Straßen sind nach bekannten Adventure-Klassikern benannt. Es scheint, als hätten die spanischen Entwickler von Nexus Game Studios eine Wette abgeschlossen, alles, aber wirklich ALLES, was sie in ihrer Jugend gesehen und gespielt haben, in dieses Spiel zu pressen. Vermutlich wollten sie den Spieler in einen Dauerzustand des nostalgisch verträumten Seufzens versetzen oder ihn zum heiteren Retro-Quiz herausfordern.

Doch statt mich mitzunehmen aufs sanfte Wellenreiten in die Kindheit, spült mich Randal mit der Wucht eines Tsunamis vom Brett. Reines Namedropping ist eben noch lange kein gelungener Witz, erst recht keine Parodie, und in dieser geballten Masse ist es kein Fest für Nerds mehr, sondern einfach nur UN...ER...TRÄGLICH!!!

Suchbild: Wie viele Anspielungen auf die Nerd-Kultur sind in diesem Screenshot versteckt?

"In Randal's Monday geschieht nichts, absolut NICHTS, ohne Anspielung."

Hin und wieder sind die Anspielungen tatsächlich halbwegs lustig, etwa wenn der Columbo-gestylte Kommissar im Verhör den Replikanten-Test aus Blade Runner zitiert oder ein Abschiedsbrief in den Schlussmonolog von Breakfast Club übergeht, und beim Anblick des Verkehrsschildes, das darauf hinweist, Mütter sollten ihre Kinder an die Hand nehmen, und dabei wie Ico und Yorda aussieht, musste ich in der Tat schmunzeln. Wirklich gelungen war auch das absurde Star-Wars-Quiz, das der Computer aus 2001: Odyssee im Weltraum mit mir veranstaltet, damit ich ein Wonder-Woman-Heft von ihm erhalte.

Aber allein an letzterem Satz erkennt ihr bereits: In Randal's Monday geschieht nichts, absolut NICHTS, ohne Anspielung. Das NERVT nach einer Weile in einem Ausmaß, dass man es nicht anders als in Großbuchstaben schreiben kann. Allein in der Szene auf der Comic-Convention sind in einem einzigen Bild Zitate aus Star Wars, Simpsons, Pulp Fiction, Clockwork Orange, Half-Life, Taxi Driver, Der Gigant aus dem All, Star Trek, Portal, Superman, Zurück in die Zukunft und möglicherweise noch dem einen oder anderen, das mir entgangen ist, „versteckt" - die Anspielungen in den Dialogen noch gar nicht mitgezählt. Irgendwann klickt man diese nur noch schnell weg in der Hoffnung, die nächste fremdschämige Panne, die glaubt, Pointe zu sein, überhören zu können.

Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet

Merkwürdigerweise ist Randal's Monday immer dann, wenn es mal für ein paar Sekunden die Narrenkappe des Geektums absetzt, erstaunlich witzig, clever, hintersinnig und auf eine Weise zynisch und bissig, wie es die meist weichgespült betulichen Comedy-Adventures in der Regel nicht sind. Beinahe wirkt es, als seien bei Randal's Monday zwei komplett unterschiedliche Autoren am Werk gewesen: ein durchaus talentierter Satiriker in der Tradition großer Slacker-Komödien wie Clerks auf der einen, ein infantiler Brachial-Nerd und Fan mieser Genre-Parodien wie „Meine Frau, die Spartaner und ich" auf der anderen Seite.

Speziell ab der Hälfte, wenn der Dauerbeschuss aus der Nerd-Kanone plötzlich weitgehend eingestellt wird, erreicht der satirische Humor schon beinahe konstant die Klasse, wie man sie sonst nur von den Eigenproduktionen bei Daedalic gewohnt ist. Tatsächlich offenbart sich Randal in diesen Szenen sogar gegenüber dem nicht unähnlichen Rufus aus Deponia als der in seinem Müßiggang, Anarchismus und Zynismus interessantere und besser ausgearbeitete Charakter.

"Speziell ab der Hälfte, wenn der Dauerbeschuss aus der Nerd-Kanone plötzlich weitgehend eingestellt wird, erreicht der satirische Humor schon beinahe konstant die Klasse, wie man sie sonst nur von den Eigenproduktionen bei Daedalic gewohnt ist."

Verantwortlich dafür ist auch eine Vertonung, die unter anderem mit den deutschen Synchronsprechern von Samuel L. Jackson und Sean Penn ein Niveau erreicht, das selbst die ohnehin schon sehr hohen Standards von Daedalic noch einmal übertrifft.

Besonderes Lob gebührt dabei Randal-Sprecher Asad Schwarz, der die in Spielesynchros häufig vorherrschende Theatralik geschickt vermeidet und seiner Figur genau die Schnoddrigkeit verleiht, die authentische Charaktere von lediglich eingesprochenen unterscheidet. Da stört es auch nur wenig, dass Randal's Monday unglaublich, UNGLAUBLICH geschwätzig ist und aus dem Quasseln kaum mehr rauskommt. Manche Dialogsequenzen dauern gefühlt länger als alle Teile von Metal Gear Solid zusammen.

And now for something completely different...

In einem er Ladebildschirme geben die Entwickler folgende Hilfestellung: „Auch wenn einige der Rätsel extravagant scheinen, basieren die meisten doch auf einfacher Logik." Dem kann man eigentlich nur eines entgegnen: NEIN, TUN SIE NICHT!!!!!!! So groß können die Buchstaben gar nicht sein, wie ich sie schrei(b)en möchte. Randal's Monday hat das schlimmste Rätseldesign, das ich jemals in meinem Leben gesehen habe. Nichts ergibt hier Sinn, kaum etwas kann mit Logik erschlossen werden. Wer Randal's Monday ohne Komplettlösung spielt, kann unmöglich Spaß daran haben, und wer es mit Komplettlösung spielt, hat am Ende kein Spiel mehr, sondern befolgt nur noch Anweisungen.

Rap-Battle mit Jay (und Silent Bob): In der englischen Version wird Randal von Clerks-Darsteller Jeff Anderson und Jay von Jason Mewes persönlich gesprochen.

"Nur an das Rätseldesign zu denken, das bringt mein Blut vor Wut wieder zum Kochen..."

Dass ich einem Cocktail mit Rattengift (!) zu etwas mehr Wumms verhelfe, darauf bin ich gerade noch so selber gekommen. Dass ich aber noch eine Batterie (!!) und eine Rasierklinge (!!!!!!) beimischen muss - wie soll ich darauf kommen???? Aus einem Plastiktrichter und Klebeband baue ich einen Schalldämpfer?????? Und um einen Verkäufer abzulenken, bringe ich ein Gefäß voll Wasser auf einem Campingkocher zum Sprudeln, womit ich über einen Schlauch aus einer Bier-Bong eine Kuckucksuhr zum Druckluftgeschoss umbaue, um eine Billardkugel in einen Cola-Automaten zu schießen. Meine Fresse, nur daran zu denken, das bringt mein Blut vor Wut wieder zum Kochen...

Die Ecken, um die hier gedacht wird, sind selbst mit einem Navi nicht mehr auffindbar. Ich gebe zu: Drei Viertel von Randal's Monday habe ich mit einer Komplettlösung gespielt, weil mir das Spiel jede Lust am Selberprobieren verleidet hat. Irgendwann wollte ich einfach nur noch fertig werden, weil ich mit den Nerven schon längst fix und fertig war. Nie zuvor habe ich einen solchen Hass auf ein Spiel entwickelt, weil es mir nahezu jede Chance genommen hat, mit ihm Spaß zu haben.

Randal's Monday hat einen Eintrag in meinem persönlichen Buch der Rekorde sicher. Geschätzte 200 Stunden Spielzeit kann man damit locker verbringen - vorausgesetzt, man benutzt keine Komplettlösung. Und selbst wenn man eine solche zurate zieht, kommt das Spiel auf den bemerkenswerten Umfang von etwa 15 bis 20 Stunden. Die Dauer, die ich wirklich Spaß damit hatte, lässt sich hingegen nur in Minuten bemessen.

Schuld daran ist das mit Abstand schlimmste Rätseldesign, das ich jemals in einem Adventure erlebt habe. Die völlig abstruse Logik, das Fehlen von bitter nötigen Hinweisen und der nicht erkennbare Sinn ganzer Ereignisketten machen es nahezu unmöglich, über längere Zeit nicht von diesem Spiel genervt zu sein. Hinzu kommt ein postmoderner Dauerbeschuss aus der Zitate-Kanone, der meilenweit nach hinten losgeht. Statt auf eine nostalgische Reise in die eigene Nerd-Jugend mitzunehmen, führt Randal's Monday lediglich in den Keller mieser Genre-Parodien, in dem es nichts mehr zu lachen gibt.

Schade ist das vor allem deshalb, weil es in den Momenten, in denen es das Zitatebuch popkultureller Anspielungen mal beiseite legt, einen Humor entwickelt, der erfreulich nahe an den freigeistigen Anarchismus eines „Harveys neue Augen", die Rotzigkeit eines Deponia oder die satirische Bissigkeit von South Park heranreicht. Schade ist das auch um die eigentlich hübsche Plot-Prämisse der Raum-Zeit-Schleife und ihres intelligent geschriebenen Bohemian-Ensembles. Denn all diese Punkte veranschaulichen schmerzhaft, dass Randal's Monday nicht nur zu retten gewesen wäre, sondern gar ein richtig gutes Spiel hätte werden können.

4 / 10

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