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The Order 1886 - Test

Konservative Schönheit. How very British.

Eurogamer.de - Empfehlenswert Badge
Atemberaubende Technik, brillantes Artdesign, eine Spielwelt zum Niederknien. Da darf der Rest auch mal etwas konservativ sein.

Spielzeit ist nichts, Timing ist alles. Okay, das ist überzogen, schließlich sind die drei Stunden von Kane & Lynch 2 ein ungesühntes Vergehen und wirklich etwas heftig, aber die sieben bis acht von The Order 1886 - wer sagt, dass es vier sind, hat es nicht gespielt oder lügt - sind für sich genommen keine große Besonderheit. Unterer Durchschnitt im Shooter-Action-Adventure-Feld, würde ich sagen. Aber wie gesagt, solange es nicht zu sehr nach unten ausreißt, ist Timing wichtiger als die reine Laufzeit und darin ist The Order geradezu ein Meister.

Es balanciert seine verschiedenen Gameplay-Aspekte, seine Erzählpassagen, seine Handlungsentwicklung mit einer seltenen Eleganz. Jeder einzelne Abschnitt weiß, wie lange er gefragt ist, wann er sich zurückziehen muss, um dann später wieder eine Aufwartung zu machen. Keines der Szenarien ist so lange auf dem Screen, dass Abnutzungserscheinungen drohen, keine war nur so kurz da, dass man sich fragte, warum es überhaupt sein musste. Timing und Pacing, zwei wichtige Kennzahlen eines guten Action-Adventures, stellen sich als die zweitgrößten Stärken von The Order 1886 heraus. Diese sieben bis acht Stunden wissen genau, wann sie Gas geben müssen, wann es Zeit zum Durchatmen ist. Dieses Spiel hat einen Plan und setzt ihn Minute für Minute in seinem eigenen, wohl gewählten Tempo um.

Der Detailgrad ist genau wie das vermittelte Gefühl für die Größe eines Szenarios umwerfend. Egal ob der Blick in die Ferne schweift oder an Kleinigkeiten hängenbleibt, The Order gibt sich keine Blöße.

Aber, und das ist ganz persönlich und obwohl ich denke, dass auch hier das Timing stimmt, The Order beendet seine Geschichte für meinen Geschmack ein klein wenig zu früh. Es entscheidet sich für einen dramaturgisch idealen „Licht aus"-Moment und lässt die Credits laufen. Visuell, inhaltlich und sogar in seinem kleinen interaktiven Element meisterlich umgesetzt. Es dürfte die Wahl zwischen diesem Ende und dem „Aufräumen" einiger loser Fäden gewesen sein. Ich hätte gerne noch ein wenig mehr über ein paar der verbleibenden Figuren erfahren, ein paar Zeilen und Szenen, wie es danach nun weitergeht. Das hätte dann aber den Effekt der finalen Szene ruiniert, also werde ich das nicht zu sehr gegen das Spiel rechnen. Einen guten Moment zu haben kann mitunter auch mehr wert sein, als eine Stunde weiteres Spiel anzuhängen.

Bei dieser Geschichte selbst muss man ganz klar zwischen der eigentlichen Handlung und dem Setting trennen. Während ich Erstere als solide, nicht übertrieben ambitioniert, aber auch ohne echte Fehltritte bezeichnen würde, fasziniert die Spielwelt selbst weit mehr, als ich es erwartet hätte. Im Grunde ist es ein verloren gegangenes White-Wolf-Crossover-Setting, in dem sich Mage, Vampire und Werewolf versammelt wiederfinden. Im Mittelalter - und wohl auch schon davor - gab es Monster in menschlicher Form, Werwölfe, Vampire und wohl auch noch mehr, die mit den Menschen um die Vorherrschaft im nördlichen Europa, vor allem England, rangen.

Sein 18er-Rating hat es sich auch redlich verdient. Ein kurzer Blick zurück auf eure erste Aufgabe im Prolog.

Das Spiel hält seinen Expositionsdrang im Zaum, deutet viel an und hält sich nicht mit exakten Erklärungen auf, die zwischen Charakteren ausgetauscht werden, die all das eigentlich längst wissen sollten. Das hält die Dialoge glaubwürdiger und schafft nebenbei noch eine Atmosphäre des Mystischen, bei dem man nie ganz sicher sein kann, ob man alles über diese Welt weiß. Ein paar zu findende Tonbänder verraten euch mehr, wenn ihr es hören möchtet. Ich entschied mich, diese erst nach dem Spiel anzuhören, und ich denke, dass es die richtige Wahl war.

So oder so, die Menschen lagen in diesem Rennen schnell zurück, bis König Artus einen Wundertrank, eingeschenkt aus dem heiligen Gral selbst, fand: das Blackwater (Indy-3-Referenz hier einfügen). Hier wird fröhlich Gralslegende und Tafelrunde gemischt, denn der König gründete seinen Orden der Ritter der Tafelrunde, verabreichte ihnen das Zeug und sie erhielten dadurch übernatürliche Selbstheilungskräfte und ein extrem verlängertes Leben. So gelang es ihnen, gegen die physisch überlegenen Wechselbälger zu bestehen und sie zurückzudrängen. Dieser Orden besteht 1886 immer noch, nur dass sich die Ritter moderner Steampunk-Bewaffnung bedienen, statt nur Schwerter zu schwingen. Einige haben seit der Zeit Artus' überlebt, andere rückten nach, um leere Stühle neu zu besetzen. Ich mag die Idee, dass die Namen der ursprünglichen Ritter zu Ehrenbezeichnungen wurden, die dann weitergereicht werden, wenn der vorherige Namensträger stirbt. Die Namen Lancelot, Igraine und Galahad stehen also in direkter, kurzer Reihe zu den ursprünglichen Gralsrittern. Sorry, dass ich ein wenig vor mich hin plappere, aber das hier ist in Verbindung mit einem viktorianischen London im Umbruch perfekter Stoff für ein Pen-&-Paper-Rollenspiel. Es ist eine Welt, in der man gerne änger bleiben würde, die es wert sein kann, in weiteren Spielen erkundet zu werden. Sie hat viel Potenzial und schon der erste Einblick in The Order nimmt einen gefangen.

Immer wieder tauchen anachronistische Steampunk-Waffen auf, dominieren tut aber klar die althergebrachte Mischung aus Pistole, Shotgun und Karabiner oder MG.

Aber wie gesagt, es ist das Setting und weniger die Handlung selbst. Was diese auszeichnet, sind die gut geschriebenen Dialoge. Sie wirken nur selten aufgesetzt, sind gut gesprochen - sowohl in Deutsch wie auch Englisch -, es hat fast Filmqualität. Actionfilmqualität, aber immerhin. Ich war eigentlich nie gelangweilt oder verließ das Zimmer, um Getränke zu holen, wenn eine Erzählpassage des Weges kam. Stattdessen drückte ich brav Pause, weil ich diese Szenen nicht verpassen wollte. Bei mir ist das nicht unbedingt immer die Regel bei Action-Adventures. Nur der Ablauf der Ereignisse ist dann doch sehr vorhersehbar. Ich werde hier nichts spoilern, aber alle wichtigen Wendungen und Schlüsselszenen sah man von weitem kommen, teilweise wurden sie mit dem Holzhammer angedeutet und ich hoffe, dass sich bei den Autoren keiner schlau vorkam, als sie diesen speziellen Figuren ihre Namen gaben. Es ergeben sich immer wieder nette Momente, in denen der Spieler emotional ein wenig eingefangen wird - zumindest ging es mir an einigen Stellen so -, aber eine Kurzfassung der Ereignisse würde ich als Abenteuerentwurf für einen Vampire-P&P-Abend in fünf Minuten zusammenkloppen und mich anschließend ein wenig für meine Faulheit schämen. Vielleicht habe ich manche Geschichten im Leben auch einfach schon zu oft gehört.

Kommen wir stattdessen zu Punkt zwei der imaginären Negativliste, dem Korridor-Vorwurf. Nun, er ist durchaus akkurat. The Order 1886 ist ein durchgehender Levelschlauch ohne die Möglichkeit, vom Weg abzuweichen, ausgeliefert in 16 Kapiteln. Selbst über die paar verstreuten Sammelobjekte, die Tonbänder, stolpert ihr relativ einfach entlang des Weges. Da hatte sogar ein Uncharted ein ganz klein wenig mehr Herumwanderpotenzial. Die Frage, die sich stellt, ist jedoch, ob das automatisch schlimm ist. Dem letzten Call of Duty, Advanced Warfare, geht es nicht anders, aber was ich diesem ankreide, ist, dass es die spielerischen Möglichkeiten seiner Waffen dem Spieler vorenthält. Dass es seine Schienen abfährt, stört kaum. Dass ich auf den Schienen nicht bestimmen kann, wie ich ballern möchte, das war sein Fehler. Diesen begeht The Order nicht und es zeigt vor allem, warum es eine gute Entscheidung sein kann, linear auf der Schiene zu laufen.

Je enger der Raum, desto besser funktioniert das Zusammenspiel der verschiedenen Gegnertypen.

Das gilt sicher nicht für jedes Spiel, aber hier, wo eine Handlung mit einem bestimmten, wohl abgestimmten Timing laufen soll, in der eine Geschichte erzählt und eine Spannungskurve aufgebaut werden soll, ist es sogar fast unumgänglich. Open-World-Spiele erzählen inzwischen auch ganz nette Geschichten, aber dieses gewollte Vorwärtstreiben des Spielers, dieser Eindruck artifizieller Dringlichkeit - ein echtes Zeitlimit gibt es ja nicht -, das funktioniert nur im Level-"Schlauch". Wie schon bereits gesagt, The Order ist ein Meister dieses Timings und auch darin, wie es seine spielerischen Elemente über diese Zeit verteilt. Was aber sind diese Elemente?

Zuerst wären da natürlich die Shoot-outs. Erstaunlicherweise ist das Spiel keineswegs ein Dauerfeuerwettlauf mit kurzen Dialogen dazwischen. Ich würde grob schätzen, dass das Ballern etwa ein Drittel bis maximal die Hälfte des Spiels ausmacht und es gibt immer wieder einen längeren Abschnitt ohne heftigere Kugelwechsel. Wird aber geballert, dann habt ihr einen sehr klassischen Deckungs-Shooter vor euch. Gegen zwei oder drei Gegner ist es auch auf Hart noch möglich, Kurt Russels Wyatt Earp zu spielen und aus der Hüfte feuernd voranzuschreiten, aber sobald es mehr Feinde sind, bleibt ihr hinter der hüfthohen Mauer, dem inoffiziellen Maskottchen des Third-Person-Genres. Das geht so weit, dass ihr im letzten Drittel sogar auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad ohne Übertreibung in ein bis zwei Sekunden die Beine hochreißt, wenn ihr unvorsichtig oder nicht schnell genug seid. Da hilft auch kein mystischer Heilsaft, zweimal die doppelläufige Shotgun in schneller Folge hat gesprochen. Das hat mich mehrfach überrascht und erfreut, denn dieses Spiel gewinnt sich nicht von alleine. Wer sich jenseits von Easy wie ein Möchtegern-Rambo aufführt, wird schnell und brutal bestraft. Gut so.

Die Kämpfe gegen übermenschliche Gegner laufen als Mischung aus Quick-Time-Events und normalen Bewegungen ab. Funktioniert erstaunlich gut.

Entsprechend intensiv laufen auch die Gefechte ab, insbesondere die in engeren Räumlichkeiten. Gegen eine horrende Überzahl wird es dadurch spannend, dass sich das Spiel bewusst scheint, keine gute KI zu haben, aber es dachte sich einen Trick aus, das zu kompensieren. Jeder Gegnertyp hat ein bestimmtes Muster. Die einfachen Pistolen/Gewehr-Gegner hopsen hinten von Deckung zu Deckung und halten euren Kopf mit gut gezielten Schüssen unten. Aus der Ferne mischt der eine oder andere Sniper mit, den perfekten Mix ergeben jedoch die Shotgun- und Spezialwaffenkämpfer. Die Schrotflintenjungs bleiben immer in Bewegung, gehen nicht in Deckung, schlagen aber Haken und wollen auch wirklich zu euch. Lasst ihr das zu, seid ihr so gut wie tot. Sie gucken hinter eure Deckung, legen die Flinte an und das war es dann auch meist schon. Mit den Spezialwaffen ist das Steampunk-Arsenal aus Tesla-Kanonen und frühen Napalm-Werfern gemeint. Diese Typen sind massiv gepanzert, laufen selbstbewusst in der richtigen Entfernung für ihre Arbeitsmittel hin und her und halten euch so auf Trab. Wie gesagt, jeder Einzelne hat eine für sich genommen unterirdische KI, die nur wenige Tricks auf Lager hat. The Order jedoch choreografiert die Kämpfe, indem es die Gegnergruppen aus diese Bestandteilen mischt und euch so mitunter gar nicht die Zeit lässt, die Dummheit der Turing-Test-Versager auszunutzen. Dafür sind das Tempo und der ausgeteilte Schaden zu hoch.

Unfair wird es nie, es ist einfach nur eine dem gewählten Schwierigkeitsgrad angemessene Herausforderung. Und es hilft auch durchaus, dass die Mischung nicht zufällig ist und ihr so den Ablauf selbst eines schweren Kampfes lernen könnt. Ansonsten erinnert alles ein wenig an die vergangene Spielgeneration. Die Waffen sind zum großen Teil Standard, die Spezialwaffen eher rar gesät und auch nicht das Material, das man noch nie sah. Vor allem aber die Bewegungen wirken etwas langsam. Es passt zu dem Deckungsspiel, doch die Rolle aus der Deckung heraus wirkt leicht arthritisch und dient damit auch nur der verzweifelten Flucht vor einer Granate. Ansonsten sind die Mechaniken, angefangen beim Feedback der Waffen oder beim Blickwinkel über die Deckung hinweg bis zum Abtauchen in derselben, solide, ohne aufzufallen. Hat man alles schon mal gespielt, funktioniert, wird keinen beeindrucken.

Ein bisschen Stealth mal zwischendurch.

Ins Spiel hat sich dann noch eine kleine Stealth-Einlage verirrt, die für etwas Abwechslung sorgt. Nicht gerade Solid Galahad, aber für das kurze Intermezzo des Auswendiglernens der Wachenwege unterhaltsam genug. Immer wieder wandert und rennt ihr auf euer nächstes Ziel zu, genießt dabei das Setting und findet viele Objekte, mit denen ihr zwar nicht per se etwas anstellt, die ihr euch aber einiges über das Geschehen in dieser Welt und über die Figuren in ihr verraten. Schließlich gibt es da noch die zahlreichen Quick-Time-Events. Obwohl, so zahlreich sind sie am Ende gar nicht. Stealth-Kills erfordern einen richtig getimten Tastendruck, das ist in anderen Spielen nicht anders. Ein paar Sequenzen sind was zum Schnellreagieren oder Auswendiglernen, das kennt man seit God of War, es funktioniert und lockert manche ansonsten komplett passive Szene etwas auf. Ausgesprochen gut funktionierten die Kämpfe gegen übernatürliche Gegner. Statt einfach im normalen Modus Operandi draufzuhalten, ist es ein kleiner Tanz der Reflexe, der insoweit geschickt choreografiert wird, als dass die Tastendrücke Sinn haben. In der Attacke wie der Verteidigung reagiert ihr nach nachvollziehbaren Mustern, ohne es zu einem willkürlichen Reaktionstest verkommen zu lassen. Ich ziehe Dark Souls ohne Frage vor, aber das ist auch eine valide Variante und sie passt wohl am Ende besser zu diesem Spiel.

Diese Abschnitte in Verbindung mit den Dialogen sorgen für viel Stimmung und Atmosphäre und das Spiel lebt vor allem in ihnen auf. Wiederum, das Timing ist alles, der Schlauch wird irrelevant, sofern ihr euch nicht darauf versteift habt, jedes Schlauchspiel zu hassen. Sollte das der Fall sein, dann ist hier nichts zu holen, aber wer dem eine faire Chance gibt, wird merken, dass das Spiel zwar nur einen Weg kennt, euch diesen aber elegant gehen lässt und die unsichtbaren Wände sehr gut versteckt. Schlechtes lineares Leveldesign kann ein Spiel töten, aber gutes kann genauso das richtige Tempo und die Dramaturgie bestimmen, ohne euch das Gefühl zu geben, dass ihr eingemauert seid. Es ist eine kleine Kunst und The Order 1886 beherrscht sie erstaunlich gut.

Immer wieder findet ihr Fotos, Zeitungsartikel und ähnliches, die euch ein wenig mehr Hintergrundinfos bieten. Auch hier wurde mit unglaublicher Liebe zum Detail gearbeitet.

Kommen wir zum letzten Punkt, den 30fps. Es ist erstaunlich, dass sich ein Entwickler, der ein Spiel wie The Order abgeliefert hat, sich nun rechtfertigen muss, dass es „nur" in 30fps läuft. Persönlich halte ich es für ein mittleres Wunder, dass es diese dermaßen stabil und ohne Aussetzer hält. Es zeigt vor allem, wie weit manch anderer Entwickler noch davon entfernt ist, das Potenzial der neuen Hardware zu erkunden. Was hier rein technisch und visuell passiert, haut derzeit alles andere auf den Konsolen aus dem Wasser. In Verbindung mit einem absurd detailverliebten, stimmigen, nahtlos perfekt Artdesign gibt es derzeit kein Spiel, das The Order hier echte Konkurrenz entgegenstellt. Ja, der PC und seine Grafikkarten, die teilweise mehr kosten als eine ganze Spielkonsole, bieten auf der Seite der technischen Spielereien noch mehr, da gibt es ein mehr Lichteffekte und Anti-Aliasing-Techniken und vor allem noch weit höhere Auflösungen. Aber was nützt das, wenn kaum ein Spiel sich so sehr mit seiner Spielwelt auseinandersetzt und seine technischen Leistungen in ein dermaßen stimmiges Gesamtbild einbettet, angefangen beim großen Ganzen bis hinunter zu den Details und jeder einzelnen Animation. Ich würde so weit gehen zu sagen, dass The Order 1886 derzeit das bestaussehende Spiel überhaupt ist.

Der Preis dafür sind die 30fps und die schwarzen Balken oben und unten. Diese jedoch sind nicht anders als die bei einem Film. Die erste Viertelstunde fallen sie noch auf. Danach merkt ihr gar nicht mehr, dass sie da sind. Ich würde nicht damit argumentieren, dass es eine künstlerische Entscheidung ist. Ich hätte gerne den Bildausschnitt groß gezogen und noch mehr von dieser faszinierenden Welt gesehen, so wie ich das gerne mit 60fps erlebt hätte. Ich denke auch, dass der Entwickler hier außerordentlich ungeschickt argumentiert und alles als „künstlerische Entscheidung" hinstellt. Die Technik der neuen Konsolen ist noch jung. Für etwas, das so dermaßen brillant vollendet genial aussieht, muss ein Preis gezahlt werden und ich finde, dass es angesichts der visuellen Gewalt von The Order ein denkbar kleiner und am Ende irrelevanter war.

Bei Räumen wie diesen kommt man in Grübeln: Es ist ein Raum, durch den man einfach schnell durchgeht, wenn man spielt. Aber jemand saß da und hat sich das alles ausgedacht. Danach haben eine Reihe von Leuten all diese Details umgesetzt. Dieses Schiff in dem Kasten, die Polsterung der Couch, das Bild, die Wandtäfelung. Wie lang hat das wohl gedauert? Fragten sich diese Entwickler auch, ob das jemals gewürdigt werden wird? Alles ist so fein ausgearbeitet, dass es eine Schande wäre, es gar nicht zu beachten. Nehmt euch immer wieder mal ein wenig Zeit und lasst es etwas langsamer angehen. Hier ist vieles einfach zu schön und es wurde zu hart daran gearbeitet, um schnell daran vorbeizuflitzen.

Einer großartigen Spielwelt, einer restlos beeindruckenden Technik in Verbindung mit dem dazu passenden Artdesign steht ein konservatives, geradliniges Spieldesign gegenüber. Eure Finger werden keine neue Erfahrung sammeln, jedenfalls keine, die es vorher noch nicht gab. Das Auge erfreut sich jedoch der detailverliebten Zelebration - und ja, in gewisser Weise ist es eine fast göttliche Erfahrung - eines aus ebenso konservativen Elementen neu gemischten Szenarios, das von der ersten bis zur letzten Stunde fasziniert. Es stimmt, dass zwischen diesen Stunden nicht so viele andere liegen, aber wiederum, dem gegenüber stehen ein Tempo und Timing, die exakt wissen, was sie tun. The Order 1886 ist eine spielbare Filmerfahrung, eine technisch atemberaubende Fortsetzung des Full-Motion-Video-Gedankens von vor so langer Zeit, nur mit dem Unterschied, dass der spielerische Anteil drumherum durchaus was kann. Insoweit ist es eben nicht das Rebel Assault unserer Tage. Es kann mehr, als nur besser auszusehen als alles andere. Man spielt es auch gerne und folgt seiner Geschichte mit Freude durch eine Welt, von der wir in Zukunft hoffentlich noch mehr zu sehen bekommen.

Wo ist die Wertung? Die gibt es nicht! Warum? Das könnt ihr hier nachlesen!

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

The Order: 1886

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