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Total War: Warhammer - Test

Strategie, Taktik, Fantasy und Anspruch in einem Paket. Was will man mehr?

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Total War: Warhammer vereint Total War und Warhammers Fantasy-Vorlage zu einem rundum gelungenen und anspruchsvollen Strategiespiel.

Creative Assembly stellt der Ausflug ins Total-War-Universum vor neue Herausforderungen beziehungsweise Einschränkungen. Während man sich zuvor zwar an bestimmten Zeitperioden orientierte, ansonsten aber im Grunde alle Freiheiten hatte, muss man bei Warhammer schließlich auch die Bedürfnisse des Lizenzgebers beachten und sich verstärkt am Ausgangsmaterial orientieren. In dem Fall bedeutet dies, dass Warhammer von Natur aus asymmetrisch ist. Die spielbaren Rassen weisen zum Teil deutliche Unterschiede auf und spielen sich entsprechend anders beziehungsweise erfordern von euch eine Anpassung eurer Strategie.

Im Gegenzug lohnt es sich dadurch aber, alle vier Kampagnen auszuprobieren, die Total War: Warhammer im Angebot hat, eben weil sich jede etwas anders spielt, ihr es mit anderen Voraussetzungen, Zielen und Herausforderungen zu tun bekommt. Als Grundlage für das Spiel dient übrigens die 2010 veröffentlichte, achte Edition von Warhammer Fantasy Battles, mit End Times oder Age of Sigmar hat es also nichts zu tun.

Die Kampagne ist erneut das Herzstück des neuesten Total-War-Teils und bietet euch vier spielbare Fraktionen: Imperium, Zwerge, Orks und Vampirfürsten. Das Imperium ist wohl die ausgewogenste Partei dieses Aufgebots, quasi der Mittelweg zwischen den anderen drei Seiten und ein guter Allrounder. Oder anders gesagt: Von allem etwas, aber nichts davon so wirklich spitzenmäßig. Die Zwerge hingegen verfügen über besonders robuste Einheiten, eine starke Artillerie und ebenso gute Fähigkeiten in puncto Wirtschaft und Handel. Im Gegenzug haben sie keine Kavallerie, können keine Magie nutzen und die Rekrutierungs- und Unterhaltskosten der Kämpfer sind höher.

Wie in Total War üblich könnt ihr die Schlachten entweder selbst austragen oder das Ergebnis simulieren lassen.Auf YouTube ansehen

Eine weitere Besonderheit der Zwerge ist das Buch der Grolle. Grolle sind Missionen, bei denen ihr Verluste von Armeen oder Siedlungen rächen könnt und dafür wiederum mit Gold belohnt werdet. Aber: Je mehr Grolle sich ansammeln, desto schlechter ist die öffentliche Ordnung, was zur Aufständen beziehungsweise Rebellionen führen kann, was ihr möglichst vermeiden solltet.

Die Orks sind die am schwierigsten zu handhabende Fraktion in der Kampagne, da sie nur über eine begrenzte Wirtschaft und Technologiebäume verfügen, ebenso können sie keinen Handel treiben. Dafür können sie jedoch umfangreichere Einheitentrupps zusammenstellen und die Unterhaltskosten sind niedriger als bei allen anderen, was ihr mitunter selbst zu spüren bekommt, wenn ihr etwa die Zwerge spielt und euch mit den Orks herumschlagen müsst.

Fraktion Nummer 4 im Bunde sind die Vampirfürsten. Hier spielt die Magie eine wichtige Rolle, entsprechend stark sind ihre Fähigkeiten in dem Bereich, ebenso können sie einen Teil der gefallenen Krieger selbst bei Verlusten automatisch wiedererwecken, aber verfügen über keine Geschosseinheiten. Durch die Verbreitung ihrer vampirischen Korruption stören sie die öffentliche Ordnung, was zu Rebellionen und zur Bildung von Armeen führen kann, die für eure Seite kämpfen.

Von den Zwergen aus gesehen lauern im Norden hinter den Bergen die Untoten und Vampirfürsten.

Die Unterschiede findet ihr nicht nur auf dem Papier, in der Praxis wirkt sich das alles mehr oder weniger stark aus. Jede Fraktion kann nur bestimmte Regionen beziehungsweise Städte erobern, das Imperium etwa nur die Siedlungen von Menschen oder Vampirfürsten, die Zwerge lassen sich nur in Orksiedlungen oder Städten von anderen Zwergenfraktionen nieder. Das hat wiederum Einfluss auf eure strategische Planung, denn ihr könnt nicht einfach marschieren und zum Beispiel mit den Zwergen bei einem Vorstoß Richtung Norden Stadt um Stadt unter eure Kontrolle bringen. Verstärkungen sind dann nämlich gegebenenfalls sehr weit entfernt.

Strategische Planung und eine wohlüberlegte Taktik sind der Schlüssel zum Sieg in der Kampagne. Das merkte ich selbst, als ich mich nach längerer Total-War-Abstinenz direkt in den Feldzug des Imperiums stürzte, die Mechaniken noch nicht so recht verinnerlicht hatte und irgendwann, als das Chaos von Norden einfiel (was immer passiert), schlichtweg überrannt wurde, weil ich mich zu lange mit Nebenscharmützeln beschäftigte und keine schlagkräftige Armee oder eine Wirtschaft, die das unterstützt, in der Hinterhand hatte. In der zweiten Kampagne mit den Zwergen lief es für mich dann schon wesentlich besser. Man kann sagen, dass ihr erst mal einen gewissen Punkt überschreiten müsst, damit sich das Blatt spürbar zu euren Gunsten wendet, ihr tausende Goldstücke pro Runde einnehmt - durch Handel, Wirtschaft und Bündnisse -, und entsprechend große Armeen über die in 3D gestaltete, detaillierte Karte schicken könnt. Ihr plagt euch anfangs mit Orks, Vampirfürsten und Untoten herum, aber all das rückt in den Hintergrund, wenn das Chaos aus dem Norden hereinbricht. Ihr dürft eure "normalen" Feinde nicht ignorieren, aber solltet eben auch nicht vergessen, dass ihr es irgendwann mit den Chaoskriegern zu tun bekommen werdet. Es gilt, die richtige Balance zwischen Expansion und Vorbereitung darauf zu finden.

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Parteien erstrecken sich auch bis in andere Bereiche hinein, etwa die Siegbedingungen. Hier gibt es unterschiedliche Voraussetzungen für lange oder kurze Kampagnen. Damit die Vampirfürsten in einer kurzen Kampagne erfolgreich sind, müssen sie zwölf beliebige Provinzen halten - direkt, über Vasallen oder militärische Bündnisse -, das Imperium zerstören, die Chaoskrieger in die Chaoswüste zurückdrängen und Archaon den ewig Auserwählten verwunden. Für den Sieg der langen Kampagne erweitert sich das zusätzlich auf 20 Provinzen und die Zerstörung von Imperium, Zwergen und Bretonia.

Taktisches Geschick ist gefragt, wenn ihr euren Gegner bezwingen wollt. Platziert eure Einheiten gut und achtet darauf, dass euch niemand in den Rücken fällt.Auf YouTube ansehen

Kurz gesagt: Ihr müsst pro Seite bestimmte Regionen erobern - mal beliebige, mal spezifische -, ausgewählte andere Fraktionen vernichten sowie stets das Chaos zurückdrängen und Archaon verwunden. Die Zwerge gelten dabei als am leichtesten spielbare Fraktion, Imperium und Vampirfürsten bewegen sich irgendwo in der Mitte und die Orks sind am schwierigsten zu kontrollieren. Abseits dessen könnt ihr aber ebenso den allgemeinen Schwierigkeitsgrad von leicht bis legendär anpassen, wobei auf der legendären Stufe kein manuelles Speichern mehr möglich ist. Hier müsst ihr eure Aktionen und etwaige Konsequenzen dann vorher sehr gut überdenken.

Bei eurem Bestreben nach Macht und auf dem Weg zum Sieg spielt gleichermaßen die Diplomatie eine wichtige Rolle. Ihr könnt Nichtangriffspakte schließen, Handelsabkommen, Schutzbündnisse, Militärische Bündnisse, andere Fraktionen zu Vasallen machen oder sie dazu bringen, sich euch gänzlich anzuschließen. Wie verhandlungsbereit euer Gegenüber ist, hängt von Situation und Rasse ab. Zwerge gehen etwas lockerer miteinander um, während ihr es als Zwerg mit Menschen nicht so einfach habt. Steckt jemand in Schwierigkeiten und könnte eure Hilfe gebrauchen, wird es einfacher, die eigenen Forderungen durchzusetzen. Mit Orks lässt sich wiederum kaum verhandeln. Es sei denn, ihr drängt sie in die Ecke, dann wären sie doch bereit, Frieden zu schließen. Zumindest wenn ihr ihnen vertraut, was ich nicht tat und sie kurzerhand ausgelöscht habe. Machte strategisch einfach mehr Sinn, ich kann mir niemanden leisten, der mir womöglich doch wieder im ungeschützten Süden in den Rücken fällt, wenn ich mich im Norden mit anderen Feinden herumschlage.

Alleine auf der Kampagnenkarte gibt es also wieder einiges zu verwalten und zu berücksichtigen. Es ist die grobe strategische Planung eures Reichs und eurer nächsten Schritte, die dann schließlich irgendwann wieder in der nächsten Schlacht münden, die Total-War-typisch in Echtzeit ausgetragen werden. Jedenfalls wenn ihr sie selbst führen wollt, ihr könnt den Ausgang natürlich wieder simulieren lassen, wenn ihr denn wollt und zum Beispiel ein klarer Sieg absehbar ist.

Im Süden lauern die alles andere als friedlichen Orks auf euch.

In den Echtzeitkämpfen gibt es ein paar Neuerungen und Veränderungen, Lords und Helden sind etwa sehr viel stärker als die Generäle in früheren Spielen der Reihe und können alleine sehr viel Schaden einrichten beziehungsweise einiges einstecken. Sie spielen eine aktivere Rolle in den Auseinandersetzungen, gleichzeitig müsst ihr aber aufpassen, dass sie nicht außer Gefecht gesetzt werden, denn wenn die Führungskraft auf einen zu niedrigen Wert fällt, nehmen eure Soldaten schon mal die Beine in die Hand und fliehen.

Grundsätzlich gilt das Stein-Schere-Papier-Prinzip, weswegen bestimmte Einheiten anfälliger für bestimmte Gegnerarten sind, Fernkampfeinheiten haben etwa Probleme mit berittenen Gegnern. Ihr kennt das Spielchen. In eure taktischen Überlegungen sollte zudem das Schlachtfeld selbst mit einfließen. Sichtlinien spielen zum Beispiel eine Rolle. Versteckt Truppenteile in Wäldern, wo der Feind sie nicht sieht, und lockt ihn mit anderen Einheiten zu einem bestimmten Punkt, um ihm dann in den Rücken zu fallen. Ein befriedigendes Gefühl, wenn eure Reiter plötzlich aus dem Wald hinausstürmen und der feindlichen Armee von hinten einen empfindlichen Schlag versetzen.

Manchmal ist es wirklich nützlich, solche günstigen Einheiten als Lockvogel zu haben. Nicht umsonst bezeichnen die Entwickler das als "Feature, nicht als Bürde". Im Warhammer-Universum spielt darüber hinaus die Magie eine nicht zu verachtende Rolle. Habt ihr einen Zauberer oder Nekromanten in euren Reihen, könnt ihr mächtige Zaubersprüche einsetzen, die zum Beispiel Gegner schädigen oder Verbündete stärken. Noch stärker werden die Effekte, wenn in der jeweiligen Provinz die Winde der Magie besonders aktiv sind - ihr seht das entsprechend auf der Kampagnenkarte. Danach richten solltet ihr euch vor allem, wenn eure Armee auf magische Kräfte und Items aufbaut, nicht dass euch mittendrin die Magie ausgeht und ihr Probleme bekommt.

Helden und Lords spielen in Total War: Warhammer eine größere Rolle und können allein viel ausrichten.Auf YouTube ansehen

Im Laufe der Kampagnen warten übrigens noch spezielle Aufgabenschlachten auf euch, die euch an besondere Orte führen und euch unter anderem mit neuen, mächtigen Items für eure Helden belohnen. Auf Seiten der Zwerge kämpft ihr dann schon mal unter der Erde und müsst dort mit eurer Armee einen Hinterhalt der Orks überleben. Diese Aufgabenschlachten lassen sich darüber hinaus einzeln im Hauptmenü auswählen und bestreiten.

Ansonsten könnt ihr die Kampagne als Multiplayer-Version mit einem zweiten Mitspieler absolvieren, der dann entweder mit euch konkurriert oder an eurer Seite kämpft. Hier sind alle vier Fraktionen wählbar und außerdem noch die Chaoskrieger, wenn ihr über den entsprechenden DLC verfügt. Weiterhin sind Gefechte mit bis zu acht Spielern auf haufenweise Schlachtfeldern möglich. Ihr habt dabei die Wahl zwischen unterschiedlichen Gefechtsszenarien, könnt etwa ganz gewöhnliche Landkämpfe (maximal 4vs4) absolvieren, die Schauplätze der Maps erstrecken sich über die gesamte Spielwelt. Außerdem sind Belagerungsgefechte (maximal 4vs4) möglich, in denen eine Seite eine Stadt verteidigt und die andere diese erobern muss. Auf vier Maps müsst ihr mit Hinterhalten (1vs1) zurechtkommen und sechs unterirdische Schlachten (maximal 2vs2) führen euch schließlich noch unter die Erde. Dort stehen euch ebenso die vier Kampagnenfraktionen zur Verfügung und zusätzlich noch Bretonia sowie die Chaoskrieger - auch hier nur, wenn ihr den DLC für Letztere habt. So schnell dürfte euch im Multiplayer-Modus also nicht langweilig werden.

Alles in allem zeigt sich Total War: Warhammer auf der technischen Seite recht kompetent, aus den Fehlern von Total War: Attila hat man scheinbar gelernt. Grobe und offensichtliche Bugs, die sich negativ auf den Spielspaß auswirken, sind mir beim Spielen nicht aufgefallen, die KI verhält sich ebenfalls weitestgehend nachvollziehbar, kann euch manchmal sogar richtig ärgern und hat selten irgendwelche Aussetzer. In meiner gesamten Spielzeit gab es vielleicht vier oder fünf Abstürze, was aber an der noch nicht ganz finalen Version liegen kann, in der hier und da zum Beispiel auch noch ein paar Textstellen fehlten. Insgesamt kann ich jedoch sagen, dass ich während des Tests ein sehr angenehmes und überwiegend fehlerfreies Spielerlebnis hatte.

Ein kleiner Rundflug über die Kampagnenkarte.Auf YouTube ansehen

Creative Assembly hat hier ein sehr ansehnliches Spiel mit liebevollen Details entwickelt, die sich von der Karte bis hinein in die Echtzeitschlachten erstrecken. Entsprechend hübsch sieht es auf den allerhöchsten Einstellungen aus, wobei ihr die Grafik in vielen Bereichen individuell anpassen könnt, damit Total War: Warhammer selbst auf etwas betagteren Rechnern noch läuft. Sieht dann vielleicht nicht mehr ganz so hübsch aus wie mit allen Reglern am Limit, aber das sind eben die Kompromisse, die man auf dem PC eingehen muss. Überhaupt gibt es hier recht wenig zu meckern. Wenn, dann würden mir noch am ehesten die zum Teil doch recht langen Ladezeiten vor und nach den Echtzeitkämpfen einfallen, die ihr gut und gerne mal für den Toilettengang oder dafür nutzen könnt, um euch mit Getränken zu versorgen.

Warhammer-Fans bekommen mit Total War: Warhammer also ein sehr umfangreiches Paket geboten und zugleich eines der besten Warhammer-Strategiespiele seit vielen Jahren. Creative Assembly ist es ziemlich gut gelungen, das Total-War-Spielprinzip auf die Fantasywelt zu übertragen, ohne dabei etwas von den anspruchsvollen taktischen und strategischen Feinheiten der Reihe einzubüßen. Die Fraktionen spielen sich schön unterschiedlich, erfordern verschiedene Herangehensweisen und stellen euch vor jeweils andere Herausforderungen. Je nachdem, auf welchem Schwierigkeitsgrad ihr spielt und ob ihr alle Schlachten selbst führt, wird euch das Strategiespiel erneut zahlreiche Stunden lang beschäftigen. Und aufgrund der diversen Unterschiede lohnt es sich auch, jede der vier Kampagnen zumindest mal auszuprobieren. Doch jetzt entschuldigt mich, ich muss noch ein paar Vampirfürsten einen Pflock ins Herz rammen.

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