Motorsport Manager - Test
Aus dem Nichts auf die Pole Position.
Wie stressig das Managen eines Rennteams ist, kann man als normaler Zuschauer bestenfalls erahnen. Einen wirklich ausführlichen Blick hinter die Kulissen bekommt man im echten Leben kaum, aber früher gab es bereits einige Spiele, die versucht haben, genau das zu erreichen. Ascarons Pole Position habe ich leider nicht gespielt, doch vor vielen Jahren mit dem F1 Manager 96 von Software 2000 (Bundesliga Manager) einiges an Zeit verbracht. Die Erinnerungen daran kamen wieder hoch, als ich mir ein Video dazu auf YouTube anschaute und mich sofort wieder an einige der Menüsounds aus dem Spiel erinnern konnte. Oh ja, damals habe ich einige Zeit mit dem Verwalten meines Teams verbracht.
Aber das liegt weit zurück und seitdem hat sich nicht nur im realen Formel-1-Leben viel verändert. Spiele wie der F1 Manager sind schon lange nicht mehr so beliebt wie früher und fristen heute eher ein Nischendasein. Umso erfreulicher, dass sich Playsport Games und Sega an ein solches Unterfangen wagen und den Motorsport Manager von Mobile-Geräten auf den PC bringen. Zwar ohne Lizenz und ihr solltet euch nicht davon abschrecken lassen, dass der Titel von den mobilen Plattformen kommt, denn dahinter steckt einiges an Komplexität.
Dabei spielen nicht nur die Rennen selbst eine Rolle, viel wichtiger ist eigentlich die Vorbereitung. Ihr müsst hart daran arbeiten, das bestmögliche Auto mit den bestmöglichen Einstellungen und dem bestmöglichen Fahrer auf die Strecke zu schicken. Und bis ihr mal den Dreh raus habt, werdet ihr einige Rennen hinter euch gebracht haben. Zum Glück gibt es zu Beginn ein Tutorial, dass euch so ziemlich jedes Detail erklärt und mit den einzelnen Menüpunkten vertraut macht, von den Fahrern über euer Hauptquartier bis hin zum Rennen selbst.
Dass euch das Tutorial zuerst in ein Rennen wirft, ist allerdings nicht der optimale Start, denn wie schon gesagt ist im Prinzip die Vorbereitung wichtiger. Ihr absolviert das Training, um die Konfiguration eures Autos zu optimieren (Winkel der Flügel, Reifendruck, etc.), müsst schauen, welche Attribute bei der jeweiligen Strecke besonders wichtig sind, zum Beispiel eine hohe Endgeschwindigkeit, entwickelt neue Teile für das Fahrzeug, verbessert Leistung und Zuverlässigkeit, müsst euch um die Fahrer kümmern und schauen, dass sie glücklich sind und gut mit den Mechanikern zurechtkommen.
Hier gilt es auch, richtig abzuwägen, wann ihr was tut. Zu Beginn einer Saison kann es sich lohnen, erst mal die Zuverlässigkeit der Teile des neuen Wagens zu verbessern. Und gerade zum Ende einer Saison solltet ihr euer Geld nicht mehr unbedingt in neue Komponenten stecken, da ihr für das Jahr darauf sowieso wieder ein komplett neues Fahrzeug konstruieren müsst. Es sei denn, ihr könnt ein bedeutend besseres Teil herstellen. Denn andererseits dürft ihr es nicht vernachlässigen. Durch die Entwicklung neuer Teile könnt ihr anschließend bessere Komponenten herstellen, was aber zum Teil ebenso an den Ausbau eures Hauptquartiers gekoppelt ist. Der Bau einer Teststrecke der Stufe 1 ermöglicht euch etwa den Bau von Motoren der Qualität "großartig" (Stufe 3 von 5), ebenso verbessert sich dadurch die Kurventechnik und das Überholen der Fahrer. Der Simulator lässt euch bessere Heckflügel bauen sowie Konstanz und Anpassungsfähigkeit verbessern.
Ihr müsst durchaus langfristig denken und könnt nicht zwingend erwarten, von einer Saison zur nächsten von einem der hinteren Plätze ins Spitzenfeld zu springen. Es ist ein langfristiger Prozess, der Zeit erfordert. Aber wenn ihr es dann schafft, fühlt es sich am Ende umso befriedigender an. Gleichermaßen solltet ihr euch nicht entmutigen lassen und am Ball bleiben. Jeder Erfolg sollte gefeiert werden, gerade zu Beginn. Betrachtet einen dritten Platz je nach Team nicht als Enttäuschung, sondern als Fortschritt oder Bestätigung eurer harten Entwicklungsarbeit - oder als großen Erfolg, wenn eure Strategie genau richtig aufgegangen ist.
Weiterhin kümmert ihr euch um Dinge wie das Scouting nach neuen, guten Fahrern und Mechanikern, schließt Verträge mit Sponsoren ab und müsst bei all dem ebenso darauf achten, dass der Vorstand noch mit euch glücklich ist. Bei einem Spitzenteam, das keine guten Leistungen erbringt, könnte euer Managerstuhl schnell ins Wanken geraten.
Im Rennen selbst scheinen eure Optionen auf den ersten Blick begrenzt zu sein, aber sie sind nicht weniger wichtig. Ganz sinnvoll ist jedenfalls die Möglichkeit, die Zeit zu beschleunigen, denn in Echtzeit ziehen sich die Runden doch ganz schön in die Länge. Bei Fahrern könnt ihr ständig die Strategie ändern und bestimmen, ob sie in puncto Reifen und Motor nun Vollgas geben (und dementsprechend den Verbrauch erhöhen) oder ob sie eher schonend fahren, um im Vergleich zum restlichen Fahrerfeld etwas später an die Box fahren zu können. Ebenso habt ihr ständig das aktuelle Wetter und die Voraussage im Blick, seht also schon im Vorfeld, ob es noch Regen geben wird oder nicht und mit wie viel Nässe auf der Strecke zu rechnen ist.
Boxenstopps müssen ebenfalls genau geplant werden. Ihr wählt die passenden Reifen, zum Beispiel die weichere Variante für einen Zwischen- oder Endspurt oder die härtere Variante, wenn ihr einfach sicher zum Ende fahren wollt. Bei Bedarf wird auch nachgetankt und Teile müssen repariert werden, etwa beschädigte Frontflügel nach Kollisionen oder Komponenten mit niedriger Zuverlässigkeit. Ebenso legt ihr fest, mit wie viel Risiko die Boxencrew arbeitet, was aber eben die Gefahr von Fehlschlägen erhöht, wodurch ihr im Endeffekt unter Umständen doch mehr Zeit braucht.
Es ist eines von mehreren solcher Systeme, die ein Risiko bergen. Ein weiteres gibt es bei der Herstellung neuer Komponenten. Dort könnt ihr gewisse Teile einbauen, die das Risikolevel erhöhen und dafür sorgen, dass ihr bei der Abnahme eures Wagens durch den Motorsportverband nach einem Rennen auffliegt, Plätze verliert (ich wurde einmal von Platz 1 auf Platz 4 zurückversetzt), eine Strafe zahlen müsst und das entsprechende Teil verboten wird. Bei zwei gebauten Motoren, einmal Risikolevel 1 und einmal Risikolevel 2, wurde ich jeweils erwischt. Und da Motoren nicht unbedingt günstig sind, empfand ich das nicht als gute Investition.
Alles in allem gibt es viele Regeln zu beachten, bei denen ihr aber ein Wörtchen mitzureden habt. Im Verlaufe einer Saison gibt es verschiedene Abstimmungen, die die Regeln der darauffolgenden Saison betreffen. Das sind Entscheidungen im Hinblick auf die Aufnahme neuer Strecken in den Rennkalender, die Vereinheitlichung bestimmter Fahrzeugteile oder die Erhöhung der Durchschnittsdauer eines Rennens. Das kann unterschiedliche Auswirkungen haben und ihr seht, welche Teams von der Regeländerung profitieren würden und welche nicht. Es versteht sich von selbst, dass ihr bei negativen Auswirkungen auf euren Rennstall eher dagegen stimmen solltet.
Schlussendlich geht es darum, dass ihr euch ganz auf euer Team konzentriert. Ihr müsst Stärken und Schwächen erkennen, euch entsprechend um die Bereiche kümmern oder versuchen, eine bessere Balance zu erzielen. Dabei ist alles relativ übersichtlich gestaltet, das eigens für den PC neu entwickelte Interface leistet gute Dienste und ihr habt immer alles im Blick. Auch in den Rennen selbst solltet ihr es vermeiden, euch zu sehr an der Konkurrenz zu orientieren. Die Strategie eines anderen zu kopieren, kann bei eurem Team schon weniger Erfolg bringen.
Haltet einfach an eurem Plan fest und lasst euch nicht aus der Ruhe bringen. Ständige Aufmerksamkeit ist dabei nicht zwingend erforderlich, am wichtigsten sind im Rennverlauf die Boxenstopps und was eure Fahrer über den Funk mitteilen, solltet ihr ebenfalls nicht gänzlich ignorieren. Auf Wunsch könnt ihr das Rennen pausieren und in aller Ruhe Strategien ändern und Boxenstopps planen.
Schade ist nur, dass ihr euch nicht selbst verwirklichen und einen eigenen Rennstall gründen könnt. Die Anpassung von Name oder Logo ist leider nicht möglich (die Lackierung könnt ihr immerhin ändern, aber für 500.000 Euro), also bleiben euch nur die bereits vorhandenen Teams zur Auswahl.
Bis ihr im Motorsport Manager den richtig großen Erfolg erzielt, benötigt ihr Zeit. Erfolgsmomente resultieren aus harter Arbeit, Optimierung bis ins letzte Detail, der Verpflichtung der richtigen Mitarbeiter und Fahrer, der Weiterentwicklung eures Wagens und Hauptquartiers und euren taktischen Entscheidungen während des Rennens. Es sind viele kleine Zahnrädchen und wenn eines davon nicht rund läuft, kann sich das auf die anderen auswirken.
Leider gibt es gewisse Einschränkungen in puncto Taktik oder Strategie. Bei allen Teams läuft es nämlich meistens auf die gleichen Zahl an Boxenstopps hinaus. Ihr braucht gar nicht erst daran zu denken, eine Ein-Stopp-Strategie zu versuchen, schon alleine die Tankgröße macht das unmöglich. Aber selbst zwei Stopps sind sehr, sehr schwierig zu realisieren. Trotzdem vermittelt euch der Motorsport Manager ein gutes Gefühl dafür, dass ein Erfolg wirklich verdient ist. Gleichermaßen bekommt ihr immer zu spüren, wenn was falsch läuft und ihr wisst in den meisten Fällen, woran es genau lag.
Perfekt ist der Motorsport Manager sicher nicht, hier und da ließen sich noch Dinge verbessern, optimieren und erweitern. Ich drücke den Entwicklern die Daumen, dass sie die Chance dazu bekommen (nicht nur durch Patches), denn abgesehen davon ist das Spiel mit das Beste, was ihr in diesem Bereich derzeit bekommen könnt.
Entwickler/Publisher: Playsport Games/Sega - Erscheint für: PC, Mac - Preis: ca. 35 Euro - Erscheint am: Erhältlich - Getestete Version: PC - Sprache: Deutsch, Englisch und andere - Mikrotransaktionen: Nein