Halo Wars 2 - Test (Xbox One)
Neuer Entwickler, altes Gameplay.
Vor Kurzem erklärte ich, warum Halo Wars auch in der Definitive Edition noch zeigt, dass Echtzeitstrategie auf Konsolen funktioniert. Wäre ganz schön blöd gewesen, würde Halo Wars 2 jetzt nicht genau das wieder veranschaulichen. Angesichts des Entwicklerwechsels von den geschlossenen Ensemble Studios hin zu Creative Assembly konnte man sich im Vorfeld schon ein wenig Gedanken darüber machen, welche Änderungen das womöglich für die Fortsetzung nach sich zieht.
Am Ende kann ich aber sagen: eigentlich gar nicht mal so viele. Doch ist das jetzt gut oder schlecht? Die gute Nachricht ist, dass sich Halo Wars 2 auf der Xbox One genauso wunderbar steuern lässt wie der Vorgänger. Natürlich nur im Rahmen seiner Möglichkeiten, schließlich habt ihr keine Maus und keine Tastatur. Aber wenn ihr früher mal Halo Wars gespielt habt oder zuletzt die Definitive Edition anspielen konntet, werdet ihr kein Problem damit haben, euch zurechtzufinden. Tatsächlich funktioniert die Steuerung hier sogar noch besser, schneller und intuitiver. Und ansonsten hat Creative Assembly daraus kein Total War: Halo gemacht, was vielleicht sogar irgendwo interessant wäre, sondern bleibt dem Vorgänger weitestgehend treu.
Zum Spiel gehört eine zwölf Missionen umfassende Singleplayer-Kampagne, die ihr entweder alleine oder kooperativ spielen könnt. Darin geht es um das aus Teil eins bekannte UNSC-Kolonieschiff Spirit of Fire, dessen Crew wieder aus dem Kälteschlaf erwacht und auf eine Arche der Blutsväter stößt. Dort lauert wiederum eine große, neue Gefahr - was sonst? - in Form von Atriox und seinen Verbannten, die einst gegen die Allianz rebellierten und sich von ihr lossagten. Und dabei handelt es sich nicht nur um eine kleine Splittergruppe, sondern um eine ganze Armee. Jedenfalls besteht eure eure Aufgabe dann darin, die Verbannten zu verbannen - so könnte man es ausdrücken. Ach ja, eine Bedrohung für das Universum oder zumindest einen Teil davon existiert ebenfalls wieder, schließlich braucht ihr ja einen guten Grund zum Kämpfen.
Die actionreiche Story mag an sich keinen Oscar gewinnen, aber das tun die wenigsten Spielhandlungen. Nichtsdestotrotz ist sie gut und kurzweilig erzählt, die Missionen sind spannend und bieten Abwechslung. Der Basisbau funktioniert übrigens genau wie im Vorgänger nur an vorgegebenen Punkten mit einer begrenzten Zahl an Slots. Ebenso ist die Einheitenzahl eingeschränkt, was aber dafür sorgt, dass ihr euch mehr um eure Einheiten kümmert, statt etwa einfach nur Massen von Marines als Kanonenfutter zu verpulvern. Es hilft euch nicht immer, lediglich eine große Armee aufzubauen und den Gegner niederzuwalzen. Mitunter müsst ihr eure Trupps aufteilen, weil es beispielsweise mehrere gleichzeitig aktive Ziele gibt. In manchen Einsätzen baut ihr gar keine Basen und seid nur mit wenigen Einheiten unterwegs oder ihr müsst euch bis zu einem bestimmten Punkt vorkämpfen, um etwas bauen zu können.
Für eine angemessene Inszenierung sorgen die gewohnt hervorragenden CGI-Sequenzen von Blur. Leider nicht zwischen jeder der zwölf Missionen, aber ein paar ausufernde Zwischensequenzen sind auf jeden Fall dabei. Um die Kampagne allein durchzuspielen, habe ich übrigens knapp acht Stunden gebraucht. Wenn ihr wollt, könnt ihr die Missionen anschließend noch mal einzeln in Angriff nehmen, um euren Punktestand zu verbessern, was wie in Halo-Spielen üblich durch eine bessere Leistung oder durch aktivierte Schädel funktioniert.
Beim Spielen der Kampagne zeigte sich übrigens das eine oder andere Problem. Zwei oder drei Mal hatte ich Schwierigkeiten beim Laden der Level. Der Ladevorgang lief endlos weiter und nach jeweils mehreren Minuten machte ich einen Neustart des Spiels, startete den Level noch mal und dann funktionierte auch das Laden. Das ist ein bisschen ärgerlich und wird hoffentlich noch behoben. Ein einziges Mal passierte es mir, dass das Spiel an einer bestimmten Stelle aus unerfindlichen Gründen unspielbar langsam wurde und nur alle paar Sekunden mal wieder ein Frame dargestellt wurde. Als ich das Menü aufrufen wollte, dauerte das zwar ebenfalls ein paar Sekunden, es ließ sich dann aber in normaler Geschwindigkeit bedienen und nach dem Laden des Kontrollpunkts machte die genannte Stelle kein Problem mehr.
Von einem Bug konnte ich sogar profitieren. In einer Mission sollte ich 30 Minuten lang eine Stellung verteidigen und ein Gebäude vor der Zerstörung bewahren. Drei Minuten vor dem Ende wurde ich jedoch überrannt, meine Einheiten und Basen sowie das Zielgebäude wurden zerstört. Man sollte meinen, dass die Mission als fehlgeschlagen gilt. Falsch gedacht. Während sich immer mehr Gegner um das vernichtete Zielgebäude versammelten, lief der Timer die restliche Zeit noch bis auf Null runter und die Mission wurde erfolgreich abgeschlossen. Sollte eigentlich nicht sein, aber beschwert habe ich mich darüber dann nicht. Trotz dieser kleinen Probleme und Kuriositäten lief das Spiel ansonsten einwandfrei.
Abseits der Kampagne erwartet euch der Multiplayer-Part des Spiels, der sich in zwei Bereiche aufteilt: klassischer Multiplayer und der neue Blitz-Modus. Fangen wir mit dem klassischen Online-Modus an. Hier könnt ihr in Partien bis zu 3-vs.-3 spielen und diese Gefechte auf acht verschiedenen Maps austragen. Einmal im bekannten Deathmatch-Modus. Der zweite Modus hört auf den Namen Festungen und lässt euch Festungen erobern. Ihr habt unbegrenzte Ressourcen und es gewinnt, wer am Ende eines Matches die meisten Festungen hält. In Dominanz kämpft ihr schließlich um Kontrolltürme und müsst so lange Punkte sammeln, bis jemand das Maximum erreicht hat. Spielen könnt ihr das alles entweder gegen menschliche Kontrahenten oder gegen die KI, also könnt ihr euch selbst dann mit dem Modus beschäftigen, wenn ihr nicht online gehen wollt. Klingt insgesamt zwar nicht nach allzu viel Auswahl, aber dadurch sorgt man dafür, dass sich die Community nicht zu sehr auf zu viele Varianten aufsplittet, sondern auf einige wenige konzentriert.
Wie auch in der Kampagne könnt ihr verschiedene Schädel nutzen, um unterschiedliche Effekte zu aktivieren. Manche von ihnen dienen lediglich der Unterhaltung, andere stellen euch vor neue Herausforderungen. Der Schädel „I mog di" sorgt etwa dafür, dass die Strahlenwaffen von Scarabs und Locusts nur noch Regenbögen verschießen, während „Krankheit" die Trefferpunkte aller Einheiten um 50 Prozent reduziert. „Albtraum" deaktiviert wiederum Kontrollpunkte und das manuelle Speichern in der Kampagne, stellt also eine ganz besondere Herausforderung dar - vor allem, wenn ihr dann noch den höchsten Schwierigkeitsgrad wählt.
Komplett neu ist der Blitz-Modus, der das mittlerweile in vielen Spielen vertretene Sammeln von Karten in Halo Wars 2 einführt. Indem ihr solche Karten zusammentragt, könnt ihr euch ein eigenes Deck zusammenstellen, etwa mit verschiedenen Einheiten, von denen manche wiederum über spezielle Vorteile oder Eigenschaften verfügen, oder Anführerfähigkeiten. Später gilt es dann, eure Karten in den jeweiligen Blitz-Matches auszuspielen. Ihr habt immer vier auf eurer Hand und könnt sie dann entweder ausspielen oder gegen eine andere Karte aus eurem Deck tauschen - beides kostet euch Energiekerne, die ihr auf den Maps einsammeln müsst.
Des Weiteren könnt ihr euch für einen Anführer entscheiden und für jeden bis zu drei verschiedene Decks anlegen. Die Anführer bieten jeweils unterschiedliche Vorteile. Zum Beispiel kann Professor Anders Wächter und Blutsväter-Technologien einsetzen, Captain Cutter bietet Schiffsunterstützung und spezialisierte UNSC-Einheiten und der Verbannte Decimus walzt Gegner nieder und zieht ihnen ständig Trefferpunkte ab.
Kartenpakete bekommt ihr kostenlos sowohl für das Erfüllen der Kampagnenmissionen als auch für Rangaufstiege eures Profils. Außerdem könnt ihr Kartenpakete im Shop kaufen, jedoch nur gegen Echtgeld. Die Preise reichen von 2,99 Euro für drei Pakete bis hin zu 99,99 Euro für 135 Pakete. Als problematisch könnte sich erweisen, dass ihr bereits vorhandene Karten mit Duplikaten, die ihr aus neuen Paketen erhaltet, automatisch aufwertet und effektiver macht. Wenn also jemand für 20 Euro Karten kauft, hat er am Ende wahrscheinlich effektivere Karten als jemand, der das nicht tut. Das nützt demjenigen ohne gute Taktik zwar vermutlich nicht viel, in den richtigen Händen ist das aber ein Vorteil.
Insofern steht hier zumindest ein Fragezeichen über dieser Idee. An sich gefällt mir der Modus gut, aber ob das Balancing auf Dauer stimmt, bleibt erst mal abzuwarten. Das wird sich sicher erst nach einer Weile im Live-Betrieb wirklich zeigen. Wie in Dominanz kämpft ihr um Kontrollpunkte und müsst Punkte sammeln, durch das Ausspielen der Karten kommt aber eine weitere taktische Komponente hinzu. Mitunter könnt ihr das Blatt wenden oder eben eine Partie verlieren, wenn ihr nur die richtigen Karten zum passenden Zeitpunkt ausspielt. Ausgelegt ist Blitz übrigens auf eher kurze Partien. Und im Feuergefecht könnt ihr Blitz entweder alleine oder mit einem Freund gegen Feindwellen spielen.
In seinen besten Momenten erinnert Halo Wars 2 an die goldene Ära der Echtzeitstrategie. Damals, als Spiele wie Command & Conquer oder Age of Empires noch große Namen in der Industrie waren. Im Gegensatz dazu unterliegt Halo Wars 2 zwar ein paar Einschränkungen, etwa beim Basisbau, und bringt das Genre jetzt nicht unbedingt weiter voran, aber das muss es nicht. Die Hauptsache ist doch, dass es Spaß macht, und das tut es allemal mit seiner gut inszenierten Kampagne und den Multiplayer-Modus. Über den Blitz-Modus und die Mikrotransaktionen kann man sich streiten, aber es wird ja niemand gezwungen, ihn zu spielen. Letzten Endes ist Halo Wars 2 ein sehr gutes Echtzeitstrategiespiel geworden, das trotz Entwicklerwechsel und langer Pause nahtlos an seinen Vorgänger anknüpft und auf der Xbox One super spielbar ist. Creative Assembly hat die Aufgabe gut gemeistert und ich würde mich wirklich freuen, wenn es bis Halo Wars 3 nicht ganz so lange dauert. Denn wie ich zuletzt schon beim ersten Teil sagte: Halo Wars 2 beweist, dass Echtzeitstrategie auf den Konsolen funktioniert.
Entwickler/Publisher: Creative Assembly / Microsoft - Erscheint für: Xbox One, Windows 10 - Preis: ca. 60 bis 70 Euro - Erscheint am: 21. Februar 2017 - Getestete Version: Xbox One - Sprache: Deutsch, Englisch und andere - Mikrotransaktionen: Ja