Skip to main content

Gaming 25 Jahre später - Ihr wisst gar nicht, wie gut ihr es habt

(...einige von euch zumindest)

Ich höre es häufiger, ihr hört es häufiger, manchmal sagt ihr es sicher selbst: "Puh, 12 Euro wollen die für das Game, da warte ich lieber auf den Sale". "50 Euro für das neueste Triple-A-Game? Wer kauft das denn, das kommt doch in drei Monaten eh für ein Pfund." Und wisst ihr was? Das stimmt sogar. Ihr könnt diese Dinge dann wirklich für so wenig Geld kaufen. Und trotzdem wird geheult und geflennt, wie eine Firma es wagen kann, für etwas, mit dem ihr 20 Stunden und mehr zubringt, und das gern, solche Unsummen zu verlangen.

Ich heule seltener. Andere auch. Vor allem, weil sie ein paar Jahre zurückgucken können und wissen, wie es "früher" war. Lasst uns das konkretisieren. Meine eigenen Erinnerungen reichen etwas mehr als 30 Jahre zurück, aber lasst uns nicht ganz so weit gehen. 25 sind genug. 1992 vs. 2017. Wie hat sich die Welt für einen Gamer verändert, vor allem wenn es darum geht, sein Hobby mit Geld zu füttern. Was hat man damals wirklich für wie viel bekommen? Was zahlt ihr heute? Danach werdet ihr sehen, dass es sicher immer noch besser werden kann, aber auch, dass Gaming heute ein sehr preiswertes Hobby geworden ist und "früher" einiges anders und manches vielleicht frischer war, aber bei weitem nicht alles besser.

Für alle Umrechnungen der Preise und das Einkalkulieren der Inflation über 25 Jahre benutze ich diesen Inflationsrechner:

Inflationsrechner auf "Altersvorsorge & Inflation"

Nach dieser Seite war 1 Euro im Jahr 2017 damals 1,23 DM im Jahr 1992. Je nach Berechnungsgrundlage und Art des Online-Rechners kann der Betrag ein wenig schwanken, aber da sich alle Werte grundsätzlich in diesem Rahmen bewegen, nehme ich es hier erst mal als Arbeitsgrundlage.

Preise für Spiele: 1992 vs. 2017

Vertriebswege und Convenience

Erst mal ein Schwank aus der Jugend: Wie kaufte man überhaupt Spiele? Die Welt hat sich dabei fast grundlegend und so vollständig geändert, dass es selbst jemandem, der mit Media-Märkten aufwuchs, wie ein anderer Planet vorkommen muss. Ihr hattet 1992 schon eine Reihe von Spieleläden, die sich auch wirklich nur um Spiele kümmerten. Dies waren kleine Einzelhändler, manchmal auch schon eine Art Minikette, die sich ein Händler in seinem Gebiet aufgebaut hat, aber das ging kaum über eine Handvoll kleiner Läden hinaus. In Berlin hießen diese dann Power Soft oder Media Point, aber 1992 war da noch keine so große Verbreitung.

Konsolenspiele bekamt ihr in der Regel über Kaufhausketten und Spielzeugläden, wobei die Kaufhäuser wie Karstadt und Hertie - geschlossen seit 2009 - auch oft eine gute Auswahl an Spielen für die diversen Homecomputer-Systeme hatten. Eine wichtige Rolle hatten die Versandhändler. Da das Internet noch nicht ganz das war, was es heute ist - vorsichtig gesagt -, schalteten diese Händler manchmal winzige, manchmal sogar mehrseitige Anzeigen, die wenig mehr waren als lange Listen der Spieletitel und die dazugehörigen Preise. Um den besten Preis zu finden, musste man manchmal 20 oder mehr solcher Anzeigen durchforsten und manchmal auch anrufen - E-Mail war noch nicht sonderlich verbreitet - und fragen. In der eigenen Stadt, wenn diese denn mehr als ein oder zwei Orte hatte, wo es Spiele gab, hielt man am besten eine Liste mit Telefonnummern parat, wollte man nicht eine lange Odyssee starten und direkt vor Ort alle Preise vergleichen.

Vergleicht das mit heute: Ihr findet innerhalb kürzester Zeit den günstigsten Preis für ein neues Spiel oder zumindest einen, der nicht weit darüberliegt. Ein Blick über ein paar Webseiten der üblichen Verdächtigen und ihr seid gut Bilde, wo ihr ein neues Spiel für einen Zehner weniger bekommt. Wenn ihr es nicht gleich in digitaler Form kauft, dauert es von der Bestellung bis zum Klingeln an der Haustür selten mehr als 48 Stunden, wenn überhaupt. Eine PS4 Pro mit Horizon und Lösungsbuch plus drei Tüten Erdnussflips könnte ich hier in Berlin innerhalb einer Stunde frei Haus geliefert bekommen. Damals? Zwei Tage waren normal, meist war es eher deutlich mehr, vier bis fünf Tage keine Seltenheit. Dazu kommt, dass es heute ganz neue direkte Vertriebswege gibt, sei es Steam oder andere Online-Shops der Plattformeigner.

Sonderangebote und Preisstabilität

Damit kommen wir zu einem ganz eigenen Thema: Sonderangebote. Heute gibt es sie immer. Jeden Tag. Überall. Sei es ein normaler Steam-/Amazon-Tag, an dem jeder Geldbeutel bis runter in den niedrigen einstelligen Bereich fündig wird, oder der Steam-Sale, zu dem man sich, ein wenig Taktik vorausgesetzt, für 50 bis 100 Euro mehr Spiele holen kann, als man in einem Jahr überhaupt zu spielen schafft. Oder manchmal auch nur anzuspielen. 1992 sah die Lage etwas anders aus. Im Konsolenbereich gab es praktisch keine kollektiven Sonderangebote. Es kam lediglich vor, dass einzelne Läden und sogar einzelne Filialen manche Titel, von denen sie einfach zu viele geordert hatten, günstiger raushauten. In der Regel waren das natürlich nicht die großen Klassiker, die sich gut verkauften, mehr Dinge wie Greendog für das Mega Drive. Das allerdings nicht im selben Jahr, sondern erst ein oder zwei Jahre später. Dann auch nicht für ein Zehntel des Preises, sondern eher für die Hälfte oder mehr.

Im PC- und vor allem Homecomputer-Bereich sah es etwas besser aus, da praktisch jeder große Publisher und Entwickler eine Art Budget-Label unterhielt oder ihre alten Titel an einen Dritt-Publisher lizenzierten, der die Sachen dann teilweise sehr günstig an den Mann brachte - für manchmal ein Zehntel -, mitunter aber eher ein Drittel des Ursprungspreises. Das passierte nicht im Jahr des ursprünglichen Releases, sondern eher drei bis fünf Jahre später. Selbst Compilations, die zumindest einen aktuelleren Titel - ein bis zwei Jahre alt - enthielten, waren eher unüblich. Meist wurde deutlich ältere Spiele gebundlet.

Insgesamt hielten Spiele ihren Verkaufswert einfach viel länger, da auch die Verwertungskette kürzer war. 1992 kam ein Spiel in den Laden und da blieb es dann. Es ging nicht in schneller Folge - manchmal nur Wochen - durch zahlreiche saisonale Etappen eines Online-Handels. Es kostete, was es kostete, und das für ein paar Jahre. Eigene Erfahrungen hier wären Spiele von Microprose, Sierra, Lucas Arts und andere. Maniac Mansion kaufte ich deutlich nach Zak McKracken und es kostete 1990 immer noch fast den Preis, zu dem es drei Jahre zuvor erschien. King's Quest IV kaufte ich 1991 für praktisch den Preis, den es seit 1988 stabil hielt. Heute im Jahr 2017 gibt es de facto kein Spiel, das seinen Preis ohne Debatte für drei Jahre stabil hält. Die Ausnahme der Regel: Spiele von Nintendo selbst. Zwar auch nicht jedes, aber ein Zelda oder Mario stemmt sich immer und tapfer gegen diesen Trend.

Ganz konkret: Preise

Vergleichen wir ein paar Preise und schauen wir uns an, wie sich diese inflationsbereinigt entwickelt haben. Ich habe jeweils eine Handvoll Titel verschiedener Plattformen herausgesucht, die entweder heute oder 1992 zum Triple-A-Mainstream-Segment gehörten, mehr oder weniger - alles aus den Anzeigen einer Power Play vom November 92, wobei man beachten muss, dass sich damals Versand- und Handelspreise deutlich, bis zu 30 Prozent, unterschieden. Dazu jeweils ein Portable- und Importspiel. Wie ihr seht, muss ich gar nicht nach Erscheinungsjahr sortieren, sondern nur nach dem Preis der Titel, um alle 1992er auf die linke Seite zu bekommen und alle neueren auf die rechte, wobei der Preis von links nach rechts abfällt:

Quelle der Preise 1992: Power Play 1992 November-Ausgabe

Konsolenspiele waren damals deutlich teurer als heute, PC-Spiele auch, lediglich die Homecomputer - siehe hier Amberstar - kamen zumindest in die Nähe heutiger Toptitel. Selbst ein Game-Boy-Spiel - hier Mario Land 2 - lag auf dem Niveau, für das man heute ein Zelda: Breath of the Wild oder Horizon bekommt. 3DS-Spiele, das eigentliche Äquivalent, kosten dann wieder deutlich weniger.

Die Sonderangebote, die es vor allem im Versandhandel auch 1992 schon gab, wenn auch weniger günstig und deutlich älter, als es bei heutigen Schnäppchen oft der Fall ist, wollen wir nicht unter den Tisch fallen lassen. Auch hier ein paar Beispiele aus dem Jahr 1992 im Vergleich zu ein paar aktuellen Steam- und Amazon-Titeln.

Der Grund, warum ich hier nur PC und Homecomputer-Games vergleiche, ist einfach: Es gab 1992 keine nennenswerten Angebote für Konsolen. Selbst fünf Jahre alte NES-Spiele kosteten noch 60 bis 70 Mark, Super Nintendo und Mega Drive waren viel zu neu und die Spielepreise selbst für nicht so gefragte Titel blieben lange genug stabil, um zumindest nicht unter 80 DM zu fallen. Lediglich Atari-2600-Sachen wurden abverkauft, aber das reicht etwas zu weit zurück, um vergleichbar zu ein. Vielleicht mit den Preisen des gog.com-Sale.

Auf den ersten Blick hat sich nicht viel getan. 1992 gab es Spiele für umgerechnet 40 Euro, heute gibt es Spiele für 40 Euro. Der Unterschied ist, dass selbst ein etwas teureres Schnäppchen wie Lemmings zu dem Zeitpunkt fast schon zwei Jahre alt war, das Rollenspiel Curse of the Azure Bonds sogar drei Jahre. Die teureren 2017er-Schnäppchen sind drei bis acht Monate alt. So etwas gab es 1992 nicht. Lässt man die Spiele etwas älter werden, drei bis sechs Jahre, geht es auf ein Preisniveau nach unten, das 1992 völlig unbekannt war. Witcher 2 Enhanced ist ein heute immer noch sehr ansehnliches Spiel und es kostet das Äquivalent von 4 DM. Dafür gab es 1992 nicht einmal eine Public-Domain-Diskette, die lag bei 5 DM. Man kann auch nicht sagen, dass Spiele heute länger verkauft werden - siehe Witcher 2. In der Anzeige von Ende 1992 findet sich auch ein Planetfall (1983, umgerechnet 25 Euro), ein Ultima 3 (1983, 32 Euro) und ein Starflight (1986, 28 Euro), um ein paar ältere Beispiele herauszupicken. Es gab nicht den extremen Preisverfall für Spiele innerhalb weniger Jahre oder sogar Monate.

Damals gab es aber Extras in der großen Box und DLCs gab es auch noch nicht!

Es ist richtig, dass vor allem Computerspiele und manchmal auch das eine oder andere Konsolenspiel mit einem ordentlichen Handbuch, einer etwas nutzlosen Münze, einer Stoff- und/oder Papierkarte und anderen Goodies gesegnet waren. Die Handbücher hatten manchmal 100 Seiten und ich werde nie wieder mehr über den aktuellen Stand der Militärtechnik wissen wie in der Zeit, als ich regelmäßig Microprose-Simulationen spielte. All das stimmt. Aber.

Für lange Jahre die Krönung des Packungsinhalts: Infocoms 'Feelies' zur Ergänzung der im Look 'nüchternen' Textadventures.

Heute dagegen habt ihr zu fast jedem Titel eine Collector's Edition, eine Limited Edition oder sonst eine Edition. Diese enthalten mal mehr, mal weniger aufwändig gestaltete Figuren, kleine Artbooks, Soundtracks und andere Goodies, die es mit denen der 92er-Ära aufnehmen können und diese oft genug überboten. Was hätten wir damals für Gaming-Figuren gegeben. Es gab einfach so gut wie keine, und wenn doch, waren sie exotisch und kosteten ein Vermögen.

Hier also, was einige der aktuellen Collector's Editions im Jahr 1992 gekostet hätten:

Die teureren Sonderausgaben der aktuellen 2017er-Spiele bewegen sich ziemlich in dem Rahmen, den Spiele 1992 generell kosteten. Wer also heute das Gefühl haben will, mehr als nur eine Disc zu bekommen, kann dieses auch haben und liegt dabei in den meisten Fällen nicht teurer und oft genug sogar immer noch günstiger als mit einem regulären Spiel damals. Und lasst euch sagen: Ja, einige wenige Goodies waren '92 nett, einige Handbücher auch wirklich unterhaltsam und ein wertvoller Teil der Erfahrung. Aber oft genug war es einfach auch nur ein doofes Handbuch, das man kein zweites Mal anfasste.

Was die DLCs angeht: Spiele waren damals nicht umfangreicher und oft genug auch nicht komplexer. Alle Sierra-Adventure lassen sich genauso schnell durchspielen wie heutige Adventures, wenn man denn des Rätsels Lösung kennt. Civilization ist heute deutlich komplexer. Action-Adventures waren damals Jump-and-Runs mit mehr Checkpoints und einem winzigen Item-System. Heute gibt es nur Shooter, damals gab es nur Shoot-'em-ups. Was ich vielleicht vermisse, ist die Vielzahl an RPGs, aber inzwischen gleichen die Indies das sehr gut aus.

Feelies gibt es immer noch und teilweise schicker als je zuvor - und der Preis ist auch nicht anders.

Was es nicht gab, waren eben DLCs. Aber so nervig diese in einigen - zum Glück noch recht wenigen - Fällen sein können, sind sie mit noch weniger Ausnahmen nie essenziell, um nicht auch so 15 bis 40 Stunden oder mehr Spaß mit einem Spiel haben zu können, wie es aus der Box kommt. Im Idealfall sind sie sogar willkommen, wenn ich mich noch nicht von dem Spiel lösen möchte und neue Inhalte will. Dann bekomme ich die in der Regel für mal mehr, mal weniger faires Geld. Zwei Dinge lassen sich anführen: Erst einmal ist es eigentlich ein Vorteil dieser Zeit, denn wenn ich ein wenig warte, bekomme ich eine Game-of-the-Year-Ausgabe oder etwas in der Richtung und alle zusätzlichen Inhalte gleich noch für einen kleineren Preis dazu. So etwas gab es auch damals, zum Beispiel Populous, das gerade mal zwei oder drei Jahre später mit seinem einen Add-on zum Vollpreis verkauft wurde. Zum anderen, ist ein Spiel mit allem Drum und Dran dann wirklich teurer?

Ja, auf jeden Fall. Vor allem je nachdem. Ein Witcher 3 landete am Ende bei 80 Euro, ein Train Simulator bei legendären 5.113,25 Euro, da konnte selbst der nicht preiswerte Flight Simulator niemals mithalten. Und irgendjemand wird die bezahlt haben. Die meisten Spiele sind aber weit näher am Witcher dran und auch, wenn ihre zusätzlichen Inhalte nicht so brillant sind wie seine, ihr bekommt schon was für euer Geld. Insoweit sind es größere Spiele, in die ihr mehr Zeit steckt, die also auch mehr Geld kosten. 1992 gab es einfach nicht die Möglichkeit dazu, sonst hätten wir auch mehr gesehen als ein paar Add-ons für ein paar Spiele. Ein Add-on kostete 1992 bis zu 40 DM, also etwas über 30 Euro. Das ist nicht weit von einem Season-Pass entfernt, der aber in den allermeisten Fällen deutlich mehr Inhalte bietet, in der Regel mehrere größere Erweiterungen und ein paar Kleinigkeiten. Heute sehen wir es als selbstverständlich an, dass ein Spiel so erweitert wird. 1992 war es ein seltenes - und auch keineswegs kostenloses - Glück und solange sich das nicht auf die Grundspielzeit oder den Spaß an dem Ausgangsspiel auswirkt, habe ich damit kein 2017er-Problem.

Witcher 3: Blood & Wine - DLC, bei dem sich keiner beschwert.

Was es nicht mehr gibt, ist dass ich mir wie 1992 eine Box ins Regal stelle und sagen kann: Hab ich! Selbst wenn ich die DLCs bei einem Spiel wie Destiny ignoriere, sobald eines Tages die Server weg sind, war es das. Das liegt in der Natur der angehenden bis vollwertigen MMOs. Etwas, das es damals nur in sehr übersichtlichem Rahmen gab - und ausgerechnet die laufen heute noch in irgendwelchen Shards. Es ist aber in der Regel eher eine psychologische Frage. Retro-Fans beklagen diesen Punkt oft und sprechen über Game-Conservation. Durchaus ein valider Punkt, denn während ich immer mein Axelay spielen kann, wird das mit Destiny nicht möglich sein. Aber von der Warte des Spielers, der einfach die Games zockt: Was kümmert es mich wirklich. Ich spiele ein Spiel für ein paar Stunden, Tage oder Wochen, dann fasse ich es in aller realen Realität nie wieder an. Ausnahmen bestätigen hier die Regel und trotzdem, inzwischen denke ich, dass es vor allem eine Frage der Psyche ist. Es geht um das Gefühl, etwas komplett zu besitzen. Aber selbst hier kann euch im Indie-Segment geholfen werden. Ihr könnt nur nicht mehr jedes Spiel wirklich für die eigentlich bedeutungslose Ewigkeit abhaken.

Hardware 1992 vs. 2017 - PCs und Konsolen

Nicht nur die Spiele selbst, auch die Geräte, auf denen man sie spielte, haben sich nicht nur selbst weiterentwickelt. Auch wie man sie kauft und was man dafür bezahlt, hat sich wirklich grundlegend verändert.

1992 war es noch nicht wirklich üblich, sich einen PC aus Einzelteilen zusammenzubauen. Man kaufte eine Soundkarte dazu oder eine neue Festplatte, aber das Grundgerät wurde in der Regel eher alle paar Jahre ausgetauscht und dann mit solchen Extras zart erweitert. Dass PCs selbst aufzurüsten so normal wurde, dass man problemlos Teile wie auch das Motherboard oder die CPU in diversen Läden kaufen konnte, begann erst '93 oder '94. Dann aber schnell und immer mehr, als kleine Filialketten wie JE Computer aufkamen und auch Komplettsystemanbieter wie Vobis und Escom begannen, verstärkt Einzelteile statt nur fertiger Rechner anzubieten.

Best of the Best '92 - Der 486-50 in einem Tower mit einem guten 14'-Monitor. Der Gaming-Traum schlechthin, den sich (fast) keiner leisten konnte (Bild von: http://www.apicalnetworks.com/vintage)

Die Welt in Berlin oder anderen großen Städten sah da 1992 natürlich ganz anders aus, als es in Kleinstädten oder gar gänzlich auf dem Lande der Fall war. Hier - nach wie vor, das Internet war '92 kein Thema - holte man sich Fachzeitschriften wie Chip oder CT und suchte sich bei diversen Versandanbietern aus endlosen Listen die Teile heraus, die man brauchte, telefonierte sie ab, wenn man etwas nicht fand, und konnte schon mal einen Tag damit zubringen, die richtige Festplatte für einen vernünftigen Preis zu finden. Das plus die 20 oder 30 DM für die Magazine, die man nur aus diesem Grund kaufte, denn vor allem CT beschäftigte sich nicht mit Dingen, die eher Entertainment-orientierte Computer-Nutzer interessierten. Zumindest nicht, wenn man nicht nebenbei Compiler lernen oder die beste Lagerbestands-Software finden wollte.

Quelle PC-Preise 1992: Vobis Katalogpreise August 1992

Ein solider Gaming-PC zu dieser Zeit kostete ganz grob 2.500 bis 3.000 DM. Dafür bekam man dann einen 386er mit 33 MHz, 4MB RAM, 100- bis 240-MB-Festplatte und einen 14-Zoll-Farbmonitor. Eine Soundkarte schlug noch mal mit 200 bis 300 DM zu Buche, sodass man recht simpel mit den 3.000 DM rechnen kann. Ein High-End-PC war ein 486er mit 50MHz und sonst gleicher Ausstattung, der etwa 5.000 bis 5.500 DM kostete. Rechnet man das um, kommt man auf etwa 2.400 Euro für die Mittelklasse und 4.000 Euro für die Oberliga.

Sicher, es ist heutzutage kein Problem, diese Summen ganz beliebig für einen High-End-PC auszugeben. Genug große SSD-Platten rein und man ist da, kein Problem. Aber nimmt man einfach mal das Äquivalent, einen guten i5, eine 1060-GTX-Karte, 8GB RAM und was man sonst so braucht, landet man bei etwas über 1.000 Euro. Ein System, das nicht alles zeigt, was ein Spiel maximal bieten kann, aber mit dem man gut alles spielen kann, wenn die Einstellungen passen. Einen wassergekühlten großen i7 mit einer 1080 GTX und viel Drum und Dran bekommt ihr für etwas über 2.000 Euro. Für 4.000? Da reden wir nicht mehr darüber, was man braucht, sondern was man kann: Designer-Gehäuse, aufwändige Wasserkühlungen, Massen an schnellstem Speicher aller Art. Das Äquivalent dazu im Jahr 1992? Keine Ahnung, viel bessere Chips als den 486-50 gab es nicht, der erste Pentium kam erst 1993. Was stimmt: dass ihr heute sehr viel mehr ausgeben könnt, wenn ihr möchtet, es gibt Gaming-Systeme für 15.000 und mehr Euro. Aber was ihr ausgeben müsst, um gut bis sehr gut alles spielen zu können, ist sehr viel weniger, als es 1992 der Fall war.

Das ging damals nicht - fast beliebig Geld für das Gaming in einen einzelnen PC zu stecken (in diesem stecken aktuelle etwa 25.000 Euro)Auf YouTube ansehen

Bei den Spielkonsolen sieht es anders aus. Eine heutige Konsole kostet zwischen 230 Euro - Xbox One S - und 400 Euro - PS4 Pro, ein N3DS liegt bei 190 Euro, ein 2DS bei 100. Damals waren die ernsthaft angesagten Konsolen SEGA und Nintendo und da reichte die Bandbreite von 160 DM für einen Game Boy (mit Tetris) bis 330 für ein Super Nintendo oder Mega Drive (auch beide mit einem Spiel). Schauen wir uns hier die Kurve an:

Lasst den Extremfall Neo Geo mal außen vor: Konsolen sind heute teurer als 1992. Sicher, sie können zigmal mehr, nicht nur im Sinne von technischen aufwändigeren Spielen, es sind leistungsfähige Multimedia-Maschinen. Aber trotzdem, die frischen 16-Bit-Geräte kosteten weniger als eine PS4 Pro und erst mit teuren Add-ons wie dem Mega-CD wurden sie dann wieder zu Investitionen. Selbst die günstige Xbox One S ist kaum preiswerter, als es damals ein Mega Drive war. Im Handheld-Bereich kostet ein N3DS mehr als der Game Boy damals, da muss man schon zum 2DS greifen, um zu sparen. Damit sind die Konsolenpreise so ziemlich das Einzige, was sich seit 1992 im Preis nicht wirklich großartig geändert hat.

1992 vs. 2017 - Wir leben echt günstig in einer sehr viel breiter gefächerten Spielewelt

Die Erkenntnis ist, dass nicht nur gefühlt seit 2017 in der Gaming-Welt alles deutlich günstiger, verfügbarer und simpler wurde. Es lässt sich aus meiner Sicht nicht mal anführen, dass Spiele primitiver wurden. Das fühlt sich nur so an, weil keiner Prey kaufte und somit keiner weiß, dass es auch im Triple-A-Bereich Komplexität geben kann. Von all den Indies, Retros und Hardcore-Strategiespielen mal abgesehen. Aber ja, es lässt sich klar durchrechnen, dass ihr heute so wenig wie noch nie für Spiele und auch für PC-Hardware bezahlt. Sicher könnt ihr für Letzteres dank einer viel weiter ausgebauten Branche im High-End-Bereich auch so richtig in die Vollen gehen, das war damals nicht möglich. Wasserkühlungen waren noch Industrieanlagen vorbehalten. Aber der gemeine Gaming-PC kostet heute deutlich weniger als das, was '92 nötig war, um Wing Commander 2 solide laufen zu lassen.

Die Gründe, warum es billiger wurde, sind so vielzählig wie auch die, dass die Spiele in ihrer technischen Qualität zu solchen Preisen - egal ob Triple-A oder Indie - möglich sind. Und damit ein Thema für eine andere Nabelbeschau der Branche. Hier aber erst einmal die Feststellung: Ihr habt viel Auswahl, egal was sich noch im Portemonnaie befindet. Ihr könnt auf vielfältige und sehr viel einfachere Weise kaufen. Und es kostet euch weit weniger, von der Hälfte bis runter auf einen Bruchteil, für den ihr 1992 kaum eine Packung Disketten bekommen hättet, geschweige denn ein hochwertiges Spiel.

Und wenn euch das noch zu teuer ist, geht ihr auf Humble Bundle und nehmt für einen Dollar Gott weiß was alles mit. Jede zweite Woche oder so.

Was ich oft sage, ist zwar falsch, vor allem, weil die philosophische Intention des Zitates eine ganz andere ist, aber es klingt trotzdem richtig: Wir leben in der besten aller möglichen Spielewelten. Und sie wird immer besser.

Schon gelesen?

Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.