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BioShock 2

Von Brüdern und Schwestern

Eigentlich soll ja der Einstieg eines Spiels begeistern, mitreißen und den Spieler von Anfang an in seinen Bann ziehen. Einen kleinen Ausblick geben, was einen später erwartet und wo die Reise hingeht. Eine Regel, die 2K Marin bei BioShock 2 nur leidlich befolgt. Okay, der Beginn ist nicht ganz so dröge, wie es nach der Vorschau-Version den Anschein hatte. Eine lange, emotionale Videosequenz genügt, um zumindest ein neues Element erfolgreich einzuführen: Die Beziehung zu Eleanor Lamb, eurer Little Sister, die ihr als Big-Daddy-Prototyp Delta beschützen müsst.

Nachdem Eleanor von ihrer eigenen Mutter, der Diktatorin Sofia Lamb, aus euren Händen gerissen wurde, müsst ihr sie zehn Jahre nach dem katastrophalen Zusammenbruch des unterseeischen Utopias, namentlich Rapture, befreien und damit auch euch selbst retten. Denn ihr seid an sie gebunden, könnt ohne sie nicht weiterleben oder gar aus der Hölle fliehen. Es ist eine einmalige Verbindung, die im Laufe der Geschichte immer intensiver wird.

 

Doch leider hat sich eine Befürchtung aus der Vorschau bewahrheitet: Rein spielerisch lässt es 2K Marin diesmal extrem langsam angehen. Insbesondere Veteranen des ersten Teils werden sich über die vielen Wiederholungen ärgern. Per Elektrobolt Türen öffnen, via Telekinese Sperren lösen und mit Abfackeln Eisbarrieren entfernen. Ja, es ist nicht einfach, BioShock-Neulingen die fudamentalen Elemente des Spiels zu vermitteln, doch wer den ersten Teil gespielt hat, wird sich in den ersten Stunden ein wenig langweilen. Vor allem, weil ihr zwar einen Big Daddy mimt, sich dieser aber haargenau wie Jack, der Held des Vorgängers, anfühlt.

BioShock 2 - Gameplay-Trailer

Erst im dritten, vierten Level beginnt sich Bioshock 2 auf die eigenen Füße zu stemmen. Es findet seine eigene Geschwindigkeit, seine eigenen Ideen und Lösungen. Erst dann entwickelt sich ein komplexeres und doch eingängigeres Abenteuer, das allerdings bis zum Schluss ein gewisses Gefühl von Deja Vu nicht abwerfen kann. Über weite Strecken ist BioShock 2 damit eine sehr konservative Fortsetzung, die sich aber Mühe gibt, die Fesseln des Vorgängers abzulegen und vor allem im Multiplayer eine einmalige Erfahrung zu liefern versucht.

Während sich also BioShock-Veteranen durch den Einstieg kämpfen müssen, werden Einsteiger im wahrsten Sinne des Wortes ins kalte Wasser geworfen. Was Rapture ist, wieso es gebaut wurde und wie es zum Niedergang kam, erschließt sich zu Beginn nur Bezwingern des ersten Teils. Wer fleißig genug Audiorecorder sammelt und sich diese Informationsschnippsel auch wirklich anhört, wird dafür aber auch immer tiefer in diese aufregende Welt unter dem Meeresboden gezogen. Im Gegenzug präsentiert sich die Geschichte von BioShock 2 deutlich geradeliniger als beim brillanten Erstling. Ohne richtige Zwischensequenzen gilt es sich zwar das Gesamtbild zu erarbeiten, doch dafür bleibt am Ende das Stirnrunzeln aus. Wer sich jedoch Mühe gibt, wird jedes Detail der packenden Story verstehen und von den späteren Ereignissen in einem Sturm der Emotionen davongetragen. Auch wenn die Laufwege am Ende etwas in Arbeit ausarten.

Trotz einiger kritische Töne ist es also eine Freude, wieder nach Rapture zu kommen. Diese seltsame Unterwasserstadt, die von dem Industriellen Andrew Ryan als amoralische Wirkungsstätte von Wissenschaftlern, Künstlern und Sportlern gebaut wurde, fasziniert auch beim zweiten Durchgang. Nur das Gefühl des Neuen, Einmaligen hat sich inzwischen etwas abgenutzt. Schade: Die neuen Unterwassersequenzen außerhalb von Rapture wurden absolut öde umgesetzt. Statt hier etwas Gameplay zu liefern, einige Aha-Effekte einzubauen, stampft ihr lustlos durch die Flora und Fauna. Chance verpasst.