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19 Jahre und 20 Male E3: 1995 vs. 2014

Die ganz große Show vs. ... nun... heute halt.

Seit fast 20 Jahren nun hält sich die Messe der Messen der Spielebranche, die E3 (oder damals Electronic Entertainment Expo). Und sie ist gewachsen, hatte schlechte Zeiten, gute Zeiten, ihre Keynotes sind legendär: manchmal legendär gut, manchmal legendär peinlich, manchmal auch einfach nur legendär langweilig. Nicht ohne Grund, denn gleich bei der ersten Show entschied sich das Schicksal der damaligen Next-Gen. Werfen wir doch mal einen Blick zurück zum 19. Geburtstag (bevor es nächstes Jahr dann alle anderen machen...) und zum 20. Jubiläum. Schließlich zählt bei Dingen auch die Stunde null dazu und fand dieses Jahr die 20. E3 statt:


Der große Moment 1995: 299 Dollar

Man muss nicht lange suchen: Es was die große Pleite für SEGA und der klare Sieg für Sony. SEGA hatte die Sache eigentlich schon im Sack. Überraschend kündigten sie an, dass zum Zeitpunkt, als die Rede gehalten wurde, bereits 30.000 Saturn-Konsolen ausgeliefert wurden. Damals war ein solcher Überraschungs-Release noch eine große Sache, heute mit ab Minute eins verfügbaren iPhones hat das nachgelassen. Auch der Preis von 399 Dollar schien angemessen, alles war gut für das Sonic-Haus. Nur Stunden später kam Sony. Sie kündigten für die in Japan bereits ebenfalls erhältliche PlayStation nicht nur den Release-Termin in den USA an, damaliger SCEA Präsident Steve Race sagte auch die magische Zahl: 299 Dollar. Er kam auf die Bühne, hatte Notizen und alles dabei, wollte vielleicht auch eine Ansprache halten, aber stattdessen: Auftritt. 299! Abgang. Jubel. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.

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In Minute 4 kommt der große Moment und er ist auch ganz schnell wieder vorbei. Beachtet aber auch die generelle Bühnengestaltung. Hat sich über die Jahre etwas verändert.


Der große Moment 2014: Nada

Kommt noch? Wohl kaum. Die Shows jedenfalls hatten keine Dinge zu bieten, die das Spielen, wie wir es kennen, die nächsten 10 Jahre verändern würden. Nintendo tut, was Nintendo in normalen Jahren so tut - nette Kleinigkeiten und "bald kommt (altgeliebtes Franchise hier)" . Sony bot ein gutes Gesamtes, aber der große Game changer fehlte, und dass sich Microsoft daran erinnerte, dass sie eine Spielkonsole und kein Mediacenter verkaufen, ist preisungswürdig, aber schwerlich weltbewegend. Die Indies sind Indie, Ubi und EA tun, was sie tun, Oculus oculust. Es gab diese E3 keinen ganz großen Moment.


Das große Spiel 1995: Wipeout (oder was anderes in PlayStation-3D)

Alle Blicke waren sicher auf die PlayStation gerichtet und das Monsterprojekt eines ehemals kleinen Studios aus Liverpool, das sich Sony später dann auch ganz allein für sein Konsole sicherte: Wipeout von Psygnosis. 3D wie zuvor höchstens in der Spielhalle, stilistisch bis zum letzten Polygon durchdesignt, von Star-DJs geschaffener Soundtrack, nach Nieten wie Jaguar und 3DO war dies der Aufbruch in das echte 3D-Zeitalter. Die Konkurrenz schlief auch nicht und SEGA hatte nicht nur den größten Stand, sondern mit Virtua Cop auch ein Spiel, dessen Schlange die ganze Messe hindurch nie endete.

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EXTREME! RADICAL!! NEXTGEN!!!!


Das große Spiel 2014: Kommt drauf an

Hängt ein wenig davon ab, wen man fragt, aber ein Watch Dogs, bei dem jeder den Hut zog und über das jeder sprach zeichnet sich dieses Jahr nicht ab. Ich würde wohl zusammen mit einigen anderen No Man's Sky anführen, andere nehmen Zelda, ein paar die Rainbow-Six-Auferstehung. Aber der eine, dominierende Titel fehlt schlicht. Bombastische Trailer großer Sequels zählen nicht.


Der Riesen-Flop 1995: Virtuelle Blindheit

Nun, da gibt es gleich eine Reihe von ganz heißen Anwärtern: 3DOs nie erschienene, aber dort noch gepriesene Superkonsole M2 wäre so ein Fall. Dann sind da Ataris letzte Jaguar-Zuckungen mit dem Jaguar VR, das eine Virtual-Reality-Brille und das CD-ROM an die vom Pech verfolgte Konsole anknüpfen sollte und zum Glück nie herauskam. Aber trotz solch hochwertiger Kandidaten geht der Preis natürlich an die schlechteste, je erschiene Konsole - damit ausgerechnet an Nintendo -, die sogar so beeindruckende Konkurrenz wie das CD-i abhängt: Der Virtual Boy. An der Grenze der Unbenutzbarkeit. Mit dicken Warnungen, dass auch gesunde Leute nicht länger als unbedingt notwendig spielen sollten. Mit einer am Ende zum Glück winzigen Bibliothek wurde auf der E3 1995 das gezeigt, was später nur sehr verwirrte und gläubige Nintendojünger zu Hause verfluchten. Kein anderer dachte auch nur eine Sekunde daran, es zu kaufen.

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Fast wie Oculus Rift...


Der Riesen-Flop 2014: Zeitexklusivität und wo ist Last Guardian?

Flops wie Hits lassen sich oft erst im Nachhinein benennen, der Virtual Boy gehörte aber zu der raren Kategorie von Dingen, denen man sofort ansieht, dass das wohl nicht das große nächste Ding wird. Dieses Jahr - und auch die letzten - scheint der Pioniergeist, der solchen Müll hervorbrachte, ein wenig aufgebraucht. Die großen Hersteller konzentrieren sich auf ihre Flaggschiffe. Die Add-ons, von denen man weiß, dass sie sich verkaufen, haben sich in langweiligen Gattungen eingerichtet. Ist denn da nichts, was man bestenfalls skeptisch beäugt? Nun, zwei Dinge schon. Zum einen geht einem dieses "Erscheint zuerst für..." oder "Exklusive Inhalte für..." immer mehr auf den Keks, es greift immer mehr um sich und es kann gerne endlich verrecken und dann dahin zurückkriechen, wo es herkam. Oder umgekehrt, was auch immer. Das andere ist die Abwesenheit von etwas, das jeder gerne gesehen hätte: The Last Guardian. Zumindest dementierte Sony, dass es gecancelt wurde. Das lässt immer noch "eingefroren bis an das Ende aller Tage" und "noch" nicht gecancelt als Möglichkeiten im Raum stehen. Was für ein Flop.


Größte gesichtete Celebrity 1995: Michael Jackson

Ganz klar, Michael Jackson auf der Sony-Party. Das in einer Zeit, als es noch was hieß, Michael vor Ort zu haben, als die ganzen Skandale gerade frisch unter den Teppich gekehrt waren und der Ruhm unendlich schien. Michael 1995 zu überbieten? Unmöglich. Aber Nintendo gab sich Mühe und hatte immerhin Seal, der in dem Jahr auch gut in den Charts platziert war.

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Da damals auf den Partys noch nicht die Handyknipsen omnipräsent waren, hier eine kurze musikalische Unterbrechung.


Größte gesichtete Celebrity 2014: Aisha Tyler

Huhu. Ist das jemand? Irgendwer? Ok, ganz so schlimm ist es nicht, aber man hielt sich stark zurück und wer als Star was ist, lässt sich dieses Jahr wohl eher bei der WM blicken, um erhöhte Aufmerksamkeit zu genießen, schließlich konnte am Ende dann sogar J-Lo nicht widerstehen, obwohl sie sich alle Mühe gab. Immerhin hatte Ubisoft sich erneut die wie jedes Jahr hinreißende Aisha Tyler geholt. Die hielt nicht nur souverän das Programm der Franzosen zusammen, sondern besserte auch ein wenig das Verhältnis weiblicher Präsens vs. abgetrennte Köpfe auf.


Das Spiel, das man noch nennen sollte, 1995: Chrono Trigger

Chrono Trigger. Im ganzen 3D-Wahn, CD-ROM-Chaos und Next-Gen-Trubel ging diese Perle und vielleicht das Beste, was Squaresoft je schuf, ein ganz klein wenig unter. Nun, nicht nur die Geschichte würdigte das Super-Nintendo-Spätwerk, auch bei seinem Erscheinen schlug es deutlich größere Wellen als zu der E3.

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Weil Chrono Trigger gut bekannt ist, hier lieber noch ein SEGA-Clip, der einem etwas Angst machen kann...


Das Spiel, das man noch nennen sollte, 2014: Sid Meier's Civilization: Beyond Earth

Sid Meier's Civilization: Beyond Earth könnte das ganz große Ding werden, zumindest was sein Genre betrifft. Ob es in kommenden Jahren mit ähnlicher Ehrfurcht wie Civ IV oder Alpha Centauri, vielleicht mit beiden in einem Satz genannt wird, muss man abwarten, aber aus dem Blick verlieren sollte man das Ding trotz aller krachenden Rendertrailer auf keinen Fall.


And the Winner is... 1995!

Ganz klar 1995. Michael Jackson war da, etwas wie Chrono Trigger war im ganzen fiebrigen Wahn neuer Hardware eine Randnotiz, Sony war im Begriff, die Welt der Videospiele radikal zu verändern, und überhaupt war es viel quirliger, dümmer, aufregender, verrückter und... besser. Ja, es war besser. Nicht weil die Spiele oder die Hardware besser waren, sondern weil es nicht so klinisch, durchorganisiert und schlicht langweilig war. Es war immer noch ein kleines Abenteuer. "Party like it's 1995" mag nie wiederkommen. Man wird halt ruhiger im Alter. Aber trotzdem einen Herzlichen zum 19., liebe E3. Bis nächstes Jahr!

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