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1999, als Crash Bandicoot das Kart-Racing-Genre rettete.

Das neue Kart-Jahrtausend wäre ohne Crash Team Racing wohl ein anderes.

Der Test zum "neuen" Crash Team Racing kommt morgen im Laufe des Tages - ja, Wochenendarbeit steht an -, hier schon mal ein paar Gedanken zu den Ursprüngen. Und es sei soviel verraten: Wie damals bekommt ein gewisser Klempner echte Konkurrenz.

Heute sagt man immer ganz gern zu jedem neuen Kart-Spiel "Ist ja okay, aber ist halt kein Mario Kart." Nun, zum einen ist das nicht ganz fair, denn es gab fast immer eine Reihe ausgezeichneter Konkurrenten, die oft genug zumindest auf dem gleichen Level spielten, selbst wenn der Klempner an seinen besten Tagen immer noch vorneweg fuhr. In der letzten Konsolen-Generation war Sonic so ein Fall, der gleich zwei ausgezeichnete Kart-Racer hinlegte und vor wenigen Monaten noch einen aktuellen nachsetzte, selbst wenn er sich aktuell Mario auf der Höhe seiner Macht, Mario Kart 8 Deluxe für die Switch, geschlagen geben muss. Und zum anderen war Mario Kart nicht immer unfehlbar.

Eine Zeit, in der das zutraf, war 1999. Mario Kart 64 war bereits ein paar Jahre alt und galt eh nie als der Höhepunkt der Reihe. Diddy Kong Racing, ebenfalls zwei Jahre alt zu dem Zeitpunkt, war vielleicht sogar das bessere Spiel als Mario Kart 64, erschien aber nur für das N64, das deutlich weniger Leute besaßen als Sonys PlayStation. Und auf der herrschte brachiale Ebbe. Es gab praktisch kein einziges nennenswertes Kart-Racing-Spiel für die mit Abstand populärste Konsole zu der Zeit. Die gefühlte Wahrnehmung, dass die späten 90er die große Zeit der Kart-Racer waren, trügt.

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Auftritt Crash Team Racing oder kurz: CTR. Im Herbst 99 kam alles zusammen, was nur passen konnte. Naughty Dog war zu dem Zeitpunkt zwar noch nicht das absolute High-End-Studio, das sie heute sind, zu nah waren noch Dinge wie das 94er Way of the Warrior auf dem 3DO, eines der schlimmeren Digi-Fighting-Games der Ära. Aber man hatte von 96 bis 98 einen perfekten Run mit den drei zunehmend besseren Crash-Bandicoot-Titeln. Wer diese nicht kennt: Holt sie doch einfach nach, CTR ist nicht das einzige Spiel im Beuteldachsuniversum, das umfangreiche Remake-Liebe erfahren hat. Hier geht es zum Test der Crash Bandicoot N. Sane Trilogy.

Diese Trilogie war nicht nur qualitativ hochwertig, hat sich gut verkauft und hatte ein liebenswertes Maskottchen, vor allem hatte Sony selbst dieses Maskottchen zu seinem Mario, seinem Sonic auserkoren. Der Beuteldachs mit Attitude wurde in den Jahren zuvor das Aushängeschild für die PlayStation.

Und natürlich: Es gab kein gutes Kart-Spiel auf der PlayStation! Ridge Racer 4 - 99. Gran Turismo - 97. Wipeout 2097 - 96. Ist jetzt nicht so, dass die PlayStation bei Rennspielen an sich geschwächelt hätte. Nennenswertes Kart-Spiel? Keins. Und die zwei, drei, die es gab, machten alles nur noch schlimmer. Im Sommer 99 hatte Squaresoft die richtige Idee mit Chocobo-Racing. Die gelben Laufvögel aus Final Fantasy waren bekannt und beliebt, das 97er Final Fantasy 7 ein Riesenhit. Ein Vakuum war da, das bekannte Maskottchen auch, leider war das Spiel bestenfalls Mittelmaß und Lichtjahre von Mario-Kart entfernt. Das 96er Street Racer war die Umsetzung eines 16-Bit-Spiels und leider keines guten. Mario Kart auf dem Super Nintendo versenkte dieses Frühwerk. Und das war die ganze Konkurrenz die CTR im Jahr 1999 auf der PlayStation überholen musste. Selbst im Rückwärtsgang wäre das kein Problem gewesen.

Trotz des schwächelnden sonstigen Fahrerfelds hängte sich Naughty Dog mächtig rein. Im Gegensatz zu South Park, Looney Tunes und zig mehr Kart-Racern mit teilweise weit wertvolleren Lizenzen, wollten sie den frischen Ruhm von Crash nicht gefährden und mit der Größe und Komplexität von Diddy Kongs Strecken auf der nicht ganz so leistungsstarken PlayStation konkurrieren, ohne Einbußen bei der Performance des Spiel in Kauf zu nehmen. Das ging soweit, dass man sich für die immer 64 Reifen, die sich gleichzeitig auf der Strecke drehten, ein Kamera-basiertes 2D-Sprite-System ausdachte. Das und leider ein paar Kompromisse bei den Figuren. So sollten Polar und Pura eigentlich auf einem Kart fahren, aber das hätte dann eine Figur mehr im Speicher bedeutet.

Ansonsten war auf der CD aber massig Platz und statt eines simplen Turnier-Modus, hat auch CTR einen Abenteuer-Story-Modus für Einzelspieler, wie auch Diddy Kong Racing. Es gibt umfangreiche Kurse mit zahlreichen Tricks und Abkürzungen, die übliche Auswahl Extras und Varianten, um die anderen Fahrer zu ärgern, CTR erfand hier die Welt nicht neu.

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Was sie auch nicht erfanden, wo sie aber zu dem Zeitpunkt höchstens mit Mario Kart konkurrierten, das war das überlegene Handling der Karts. Man sollte meinen, dass dies das Herz und die Seele eines jeden Kart-Racers wären, aber wer sich die Masse des Genres anschaut, wird vom Gegenteil überrascht. Den meisten Titeln scheint dieser Punkt kaum egaler sein zu können. Egal ob Chobobos oder South-Park-Karts, oft lenkt es sich fast schmerzhaft durch zu enge Kurven. CTR dagegen übertrumpfte zumindest zu dem Zeitpunkt selbst das große Vorbild und lenkte seine Karts sehr direkt und flüssig über jeden Untergrund und erzeugte den Spaß und das Fahrgefühl, auf das normalerweise ein Mini Cooper gebucht ist.

Cool durch die Kurven zirkeln ist eine Sache, Naughty Dog reicherte das dann auch mit spielerischer Tiefe an: Beim Sliden wird ein Power-Meter für einen Boost aufgebaut. Ladet ihr den zu lange auf, gibt es eine Fehlzündung. Slidet ihr dann immer noch zu lange und zu eng, kann es zu deinem Dreher kommen. Feingefühl und Timing sind gefragt und gleichzeitig fühlt sich alles absolut natürlich an.

Das Herz eines Kart-Racers ist aber natürlich der Multiplayer. CTR unterstützte den PlayStation-Multitap für bei zu vier Spieler, die sich auf dem Split-Screen austoben. Jede der Pisten konnte mit Freunden befahren werden und zusätzlich gab es noch sieben Battle-Arenas, in der sich ebenfalls bis zu vier Spieler gegenseitig für Punkte wegholzen. Damit war CTR jetzt nicht grundlegend besser aufgestellt als die Konkurrenz, aber dank der fast perfekten Spielbarkeit und dem exzellenten Fahrgefühl war das auch alles, was es brauchte, um eine Gruppe von Freunden hellwach und bester Laune durch die Nächte zu bringen.

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1999 sah es für das Genre nicht gut aus. Die einzig nennenswerten Titel gab es auf dem N64 und hatten teilweise mehrere Jahre auf dem Buckel. Die Konkurrenz überzeugte meist durch Abwesenheit und wenn es mal was gab, dann war es ein schlechter Klon von Mario. CTR kann man Letzteres wohl auch bis zu einem gewissen Grad vorwerfen. Aber wenn man sonst alles richtig oder sogar besser macht, wenn man geschickt das heißeste Maskottchen dieser Zeit mit in den Mix wirft und ein Spiel schafft, das zu den Klassikern auf einer Plattform gilt, die davon so einige zu bieten hat, dann kann man wohl schon sagen: Ohne CTR wäre die Geschichte der Kart-Racer im neuen Jahrtausend anders verlaufen. Das und es hätte viel weniger schlechte Nachahmer gegeben, die ihren Teil vom Renn-Ruhm des erfolgreichen Beuteltiers abhaben wollten. Aber so ist das nun mal, wenn man so gut ist.

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Das Remake von Crash Team Racing - Crash Team Racing Nitro Refueled - ist ab sofort für Xbox One, PS4 und Nintendo Switch erhältlich.

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