20 Jahre PlayStation! - 2000: Die PlayStation 2
Bits und Emotionen! (inklusive Gewinnspiel - heute: DualShock 4)
20 Jahre PlayStation! Grund zum Feiern und Zurückgucken, was so in den letzten 20 Jahren los war. Wir haben uns aus jedem der 20 Jahre ein paar Themen und Spiele herausgepickt, machen uns ein paar Gedanken dazu und ihr seid herzlich eingeladen zu reminiszieren, lästern, schwelgen oder wundern, was man damals vielleicht verpasst hat.
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Ein Jahr weiter: 20 Jahre PlayStation! - 2001: Devil May Cry & FF X vs. FF IX
Ein Jahr zurück: 20 Jahre PlayStation! - 1999: Silent Hill, RR Type 4 und Generations-Abschiede
Die PlayStation 2
Herbst 2000 - "Y2K" war auf fast schon enttäuschende Weise ausgeblieben und nach sechs unverschämt erfolgreichen Jahren der PSX war der einstige Emporkömmling Sony auf einmal der Platzhirsch, vor dem alle Angst hatten. Nachdem ich der ersten PlayStation hoffnungslos verfallen war, war jedoch mittlerweile Segas vollauf den schrägen, unkonventionellen Ideen verschriebene Dreamcast die Konsole meiner Wahl. Es passte zu meiner "F**k-the-system"-Einstellung als Anfang-Zwanzigjähriger damals, dass die nahende PS2 für mich nur ein Störenfried war, vor dem ich mein kleines Weißes fast reflexartig mit der Muskelspannung einer Löwenmutter in Schutz nahm.
Ich hatte vielleicht schon damals geahnt, was der vielleicht hübschesten Konsole aller Zeiten nur ein halbes Jahr später widerfahren sollte - Einstellung nach nur etwa zweieinhalb Jahren und zehn Millionen verkauften Einheiten. Wie das so ist mit dem harten Fantum in diesem Medium: ohne neue Spiele kann man sein Hobby auch gleich an den Nagel hängen. Deshalb kam auch hier wieder die Löwenmutter durch, nur dass sie diesmal in all ihrer Wasserscheu zum Sprung von SEGAs sinkendem Schiffchen auf Sonys fabrikneuen Luxusdampfer ansetzte.
"Die Rechnung war eigentlich ganz einfach: Die PS2 war die erste Konsole mit DVD-Laufwerk in einer Zeit, in der man hierzulande für einen vergleichbar ausgestatteten DVD-Player nur geringfügig schmalere Preise berappte."
Der Luxusfaktor kam durch den viel kritisierten Preis von stattlichen 869 DM zustande. Das sind nur gut 440 Euro, ein Level, auf den sich heutige Generationen ebenfalls eingependelt haben. Weil das nächstbeste Konkurrenzprodukt damals, eben Segas Dreamcast, aber nur zwei Jahre zuvor für 499 DM an den Start ging und die PS2 in den USA nur 299 Dollar kostete, war man sich auf den ersten Blick nicht ganz sicher, ob Sony nicht der eigene Erfolg zu Kopf gestiegen war. Dabei war die Rechnung eigentlich ganz einfach: Die PS2 war die erste Konsole mit DVD-Laufwerk in einer Zeit, in der man hierzulande für einen vergleichbar ausgestatteten DVD-Player nur geringfügig schmalere Preise berappte. Zwar hatte man mit einem grünstichigen RGB-Kopierschutz zu kämpfen, aber dem kam man per YUV-, S-Video oder einiger nicht ganz legaler Bastelarbeit bei.
Einmal mehr war Sonys Timing perfekt, denn der Run auf DVDs war nach Jahrzehnten verrauschter Videokassetten und gefressener Bänder gigantisch. Die PS2 wurde zu dem Trojanischen Pferd der Spielebranche -für DVDs gekauft, für die Spiele behalten. Das nüchterne, an HiFi-Bausteine angelehnte Gehäuse spielte dem in die Karten, ebenso wie erste Bilder eines "Next-Gen"-Gran-Turismo, die bei frühen Vorstellungen der Konsole für offenstehende Münder sorgten. Plötzlich war die PlayStation 2 ein begehrenswerter Bestandteil vieler TV-Regale und weil nur ein Jahr später der Preis um satte 270 Euro herabgesetzt wurde, relativierte sich auch bald der Premiumcharakter deutlich.
"Wer den Mumm hat, seinen Prozessor "Emotion Engine" zu nennen, kann sich automatisch darauf verlassen, dass die Fans dem Produkt eine vergleichbare Leidenschaft entgegenbringen."
Jüngere und privilegiertere Semester hatten kein Problem mit dem Preis , weil Sony es einmal mehr hinbekam, Begriffen wie "128-Bit" eine gewisse Techno-Romantik zu verpassen, die ihr Produkt zu mehr machten als eine Ansammlung von Platinen, Kabeln und Lötzinn. Wer den Mumm hat, seinen Prozessor "Emotion Engine" zu nennen, kann sich automatisch darauf verlassen, dass die Fans dem Produkt eine vergleichbare Leidenschaft entgegenbringen. Egal ob sie nun begreifen, was das eigentlich bedeutet - abgesehen von der Tatsache natürlich, dass die PS2 im Stande war, Atomraketen zu steuern.
Meine innerliche Umklammerung eines eigentlich bereits in seiner Totenstarre begriffenen Dreamcast bis tief ins Jahr 2001 hinein bewahrte mich immerhin davor, der traditionell schwachen Spieleauswahl zum Start der PlayStation 2 alternativlos ausgeliefert zu sein. Okay, SSX war klasse. Aber die nächstbesten Spiele, Tekken Tag Tournament und Ridge Racer V, ließen zwar Potenzial erkennen, warfen jedoch nach Soul Calibur und MSR beziehungsweise Daytona USA 2001 die Frage auf, ob Sonys Neue tatsächlich so viel leistungsstärker war. Fantavision würde man heute für fünf Euro aus dem Netz herunterladen und bald wieder löschen. Und erinnert sich noch jemand an Orphen: Scion of Scorcery? Ganz genau! Ich auch nicht. 2001 ging dagegen direkt in die Vollen: Capcom bewies mit Onimusha, dass es ein Leben nach Resident Evil gab. Klonoa 2 hielt die Maskottchen-Hüpfspielfahne hoch und Red Faction setzte mit Umgebungszerstörung technische Impulse, die bis heute niemand wirklich zu Ende gedacht hat. Es war kaum Sommer, da wusste man bereits: Die PlayStation 2 macht in Sachen Spiele genau dort weiter, wo die PSone aufgehört hatte.
Gran Turismo 3 A-Spec wischte alle Zweifel über die Leistungsfähigkeit des Geräts hinweg, Grand Theft Auto 3 zeigte böse grinsend mit dem Finger auf die Ungläubigen und Metal Gear Solid 2: Sons of Liberty gab ihnen im November einen saftigen Tritt in den Hintern. Exotische Instant-Klassiker wie Ico komplettierten das Bild einer Konsole, die alles konnte. Es half den Wettbewerbern Nintendo und Microsoft nicht, dass beide in zwei von drei Kernmärkten der PS2 das zweite Weihnachtsgeschäft in Folge kampflos überließen. Die Unterstützung durch Dritthersteller war zu diesem Zeitpunkt aber ohnehin schon dermaßen flächendeckend, dass eigentlich schon in den Feiertagen 2001 klar war, die beiden Nachzügler würden lediglich die Plätze zwei und drei unter sich ausmachen.
So ging es im Grunde zyklisch weiter. Mehr hochkarätige Entwicklungen bedeuteten mehr Verkäufe bedeuteten weitere mit großem Aufwand produzierte Spiele. Nach der Positionierung der PS2 als Medientalent und der Zementierung des Rufes in der Spielerwelt ging Sony 2003 und 2004 das Projekt an, auch Leute ins Boot zu holen, die normalerweise keine Videospiele anfassten, und leistete damit einen erheblichen Beitrag, dass "Casual Gamer" heute eine dedizierte Zielgruppe sind. EyeToy animierte zu Armwedeleien drei Jahre bevor Nintendos Wii des Weges kam und ohne SingStar wäre die Erfolgskurve von Guitar Hero und Konsorten wohl deutlich anders verlaufen.
2004 erfolgte auch die erste und einzige maßgebliche - also auf den ersten Blick erkennbare - Hardware-Revision. Die "Slim" gefiel mir persönlich wegen ihres Toploader-Desings nicht mehr ganz so gut, machte das aber mit einem wahrhaft erstaunlich kleinen Formfaktor wieder gut, den man gesehen haben musste, um ihn zu glauben. Nicht, dass ein Umstieg notwendig gewesen wäre, meine PS2 funktioniert bis heute tadellos. Aber dennoch ein attraktives Gerät, das den Trend der Schlankheitskuren älterer Konsolensemester bestätigte und für kommende Generationen nicht nur von Sony hergestellter Heimkonsolen zementierte.
Zugegeben, über die Jahre wurde ziemlich deutlich, dass besonders in Microsofts Xbox mehr Pferdestärken steckten. Trotzdem kamen immer wieder Spiele wie God of War heraus, die mit vergleichsweise spartanischer (ho ho ho!) Technik Verblüffendes leisteten. Hier zahlten sich am Ende wohl doch all die "Emotions" aus, die man dem in Einsen und Nullen denkenden Hirn der PS2 beibrachte. Selbst, als 2008 die PlayStation 3 schon draußen war, kamen mit God of War 2, Rogue Galaxy und Tomb Raider: Anniversary noch Spiele heraus, denen nichts Altes oder Obsoletes anhaftete. Die PlayStation 2 verabschiedete sich mit wehenden Fahnen aus dem aktiven Werben um ihre einstige Kernzielgruppe.
Es dauerte trotzdem noch bis 2012, bis Sony die Herstellung der PlayStation 2 endgültig einstellte. Mit über 155 Millionen verkauften Geräten (Stand 2011) ist sie das erfolgreichste stationäre Videospielgerät aller Zeiten und das Produkt der letzten Generation, die Sony ohne maßgebliche Konkurrenz bestreiten konnte - zusammen verkauften beide Wettbewerber nicht einmal ein Drittel so viele Geräte. Bis heute ist die PS2 gern angelaufener Heimathafen für viele außerordentlich gute und gut gealterte japanische Rollenspiele, farbenfrohe Exoten aber auch wegweisender West-Entwicklungen. Und obwohl ich hier ein bisschen länger überlegen musste als bei der PSX, was wohl ihr Vermächtnis für die Zukunft ist - abgesehen davon, dass sie wie schon ihre Vorläuferin allem und jedem die Tür zur Welt der Videospiele offenhielt -, war der Tag, an dem wir die letzte komplett vom Internet autonome Konsole zu Grabe trugen, einer der wehmütigsten meiner Spielerlaufbahn. (Alexander Bohn-Elias)