2014 - Die Rückkehr des Survival-Horrors?
Können zwei Titel den Markt wiederbeleben?
Für einige mag 2014 für immer als das Jahr der Verschiebungen in die Geschichtsbücher eingehen. Eine ziemlich pessimistische Ansicht, auch wenn ich sie voll und ganz nachvollziehen kann. Trotzdem habe ich 2014 als Videospieljahrgang noch nicht aufgegeben. Denn besonders der Oktober könnte rückwirkend betrachtet einen wichtigen Punkt für die Industrie markieren: die Rückkehr des wahren Survival-Horrors.
Was soll das heißen? Schließlich kriegen wir spätestens seit Penumbra und Amnesia: The Dark Descent jedes Jahr großartige Horrortitel serviert. Zählen diese Spiele etwa nicht, nur weil sie von Indie-Entwicklern stammen und keine riesigen Budgets vorweisen?
So einfach ist das Ganze nicht. Ja, Spiele wie Amnesia oder zuletzt Outlast haben mich begeistert und ein wenig meinen Hunger auf Survival-Horror gesättigt. Jedoch bleiben sie kleine Ausnahmetitel, die, obwohl sie eine Reihe mal mehr, mal weniger erfolgloser Nachahmer hinter sich herzogen, wenig Einfluss jenseits des Indie-Bereichs entfalteten. Am Ende des Tages blieben es nur Tropfen auf dem heißen Stein, die kurze Momente im Rampenlicht genossen, bevor der nächste Blockbuster sie überschattete.
In meinen Augen bedarf es daher eines größeren Spiels, das die Aufmerksamkeit der Branche auf sich zieht und ebenso die Begeisterung des Massenmarktes einfängt. Nur so empfangen die Publisher die Botschaft, dass es uns nach albtraumhaften Erlebnissen durstet. Allein der relative Erfolg von Horrorfilmen in den letzten Jahren beweist, wie gerne sich Leute weiterhin erschrecken lassen. Auch in der Spielebranche haben die Kunden das Genre nie wirklich gemieden. Sicherlich entstand über die Jahre eine gewisse Sättigung im Markt. Aber anstatt mit passenden Rückschritten darauf zu reagieren, schienen alle Publisher gemeinsam den Horror von jetzt auf gleich abzusetzen. Vor allem der Erfolg von Resident Evil 4, das Survival-Horror mit mehr Action kombinierte, war anscheinend Anlass genug, ein komplettes Genre zu vernachlässigen.
Genau deswegen kann ich die Veröffentlichung von sowohl The Evil Within als auch Alien: Isolation im Oktober kaum abwarten. Einerseits freue ich mich auf die Spiele an sich, andererseits warte ich in gleichem Maße gespannt auf die Verkaufszahlen. Immerhin braucht es manchmal nur ein erfolgreiches Spiel, um ein ganzes Genre wiederzubeleben. Man betrachte dazu den Erfolg von Street Fighter 4 und welchen Einfluss es auf die plötzliche Entwicklung zahlreicher Kampfspiele in den folgenden Jahren hatte. Wenn ich mir vorstelle, dass The Evil Within oder Alien: Isolation einen vergleichbaren Boom für Horrorspiele haben könnten, freue ich mich bereits auf zukünftige Projekte, die ansonsten niemals grünes Licht bekämen.
Für einen derartigen Glückstreffer bedarf es aber trotzdem eines würdigen Spiels, das durch seine Qualität dazu in der Lage ist, die Massen zum Kauf zu mobilisieren. Darüber hinaus muss es etwas Neuartiges oder zumindest Frisches bieten. Ein Merkmal, das sich alle Genre definierenden Spiele teilen. In dieser Hinsicht lege ich mehr Hoffnungen in Alien: Isolation. Versteht mich nicht falsch. Ganz neutral betrachtet freue ich mich persönlich dieses Jahr auf nichts mehr als The Evil Within. Allein die Erwähnung von Shinji Mikami als Director genügt mir vollkommen. Doch trotz guter Ansätze zeigten mir die ersten Spielszenen nicht viel mehr als das übliche Spielgefühl aus Resident Evil 4 mit einer wesentlich düsteren Fassade. Zwar besitzt der Titel im Gegensatz zu Alien: Isolation durch Bethesda die wesentlich größere Marketingkraft. Dennoch vermisse ich bisher den Eindruck einer frischen Spielerfahrung, die das neue Zugpferd des Genres meiner Meinung nach benötigt. Ausgeschlossen ist es allerdings nicht.
"Vor allem der Erfolg von Resident Evil 4, das Survival-Horror mit mehr Action kombinierte, war anscheinend Anlass genug, ein komplettes Genre zu vernachlässigen."
Wesentlich positiver stehe ich dagegen Creative Assemblys Umsetzung zur Alien-Lizenz gegenüber. Obwohl das fertige Produkt noch beweisen muss, wie gut es das Katz-und-Maus-Spiel mit einem einzigen Alien umsetzt, ist es das riesige Potenzial, das mich zuversichtlich macht. Auf einer wesentlich kleineren Ebene zeigten beispielsweise Amnesia oder Outlast, wie effektiv das Fehlen eines echten Kampfsystems für den Horror sein kann. Doch Alien: Isolation baut ein viel größeres Spiel um die ständige Flucht. Niemand kann an dieser Stelle sagen, wie gut die finale Umsetzung tatsächlich ist. Denn sollten sich die Versprechen der Entwickler als wahre Prophezeiungen erweisen und SEGA den Titel aufseiten der Vermarktung kräftig unterstützen, sehe ich eine gute Chance für die wohl größte Überraschung des Jahres.
Doch viel wichtiger als der kurzzeitige Erfolg des Studios sind die langzeitigen Auswirkungen, die Alien: Isolation und vielleicht auch The Evil Within auf die Industrie haben könnten. Sie würden ein für alle Mal beweisen, dass wir nicht nur Machtgefühle in unseren Spielen suchen, sondern uns ebenso gerne in die Rolle des wehrlosen oder zumindest unterlegenen Opfers versetzen lassen. Noch viel wichtiger wäre hingegen die daraus resultierende Schlussfolgerung, dass der Markt riskante Ideen oder in Vergessenheit geratene Genres aufnehmen kann, ohne sie krampfhaft an willkürlich festgelegte Normen zu binden, die fast immer in einer langweiligen Homogenisierung enden.