300: March to Glory
Blut und Leere
Ich gebe es ja zu. Als ich noch klein war, habe ich die Thermopylen immer für ein besonders nobles Kurbad gehalten. Heute, nach mehreren Jahren Geschichts- und Griechischunterricht (ich wusste doch, dass eine altsprachliche Ausbildung zu was nütze ist) ähm… weiß ich auch nicht viel mehr. Oder habe es zumindest vergessen. Doch da gibt es ja Frank Miller und seinen Comic 300, der es inzwischen sogar zur Verfilmung gebracht hat. Und plötzlich kann auch ich mit Spartanerkönig Leonidas und seinen 300… äh 299 Kriegern, die die Perser 480 vor Christus verkloppt haben, etwas anfangen. Wie, »verkloppt« ist nicht der angemessene Ausdruck? Zumindest im Spiel 300: March to Glory passt er aber wie die Faust aufs Auge.
Nix Film
Die größte Enttäuschung zuerst: Wer sich wie ich auf eine Filmumsetzung mit reichlich Szenen aus dem Kinostreifen gefreut hat, wird früh und rigoros enttäuscht. Mit der grandiosen Optik des wuchtigen Films hat das Spiel überhaupt nichts zu tun. Statt Filmszenen gibt es in Intro- und Zwischensequenzen lediglich animierte Standbilder, die ein wenig Millers Comics nachempfunden sind, und englischen Ton. Deutsch wird nur als lieblos und teilweise schlecht übersetzte Texte mitgeliefert. Derart ernüchtert geht es wenig opulent weiter. Die eigentliche Spielgrafik besteht aus dem ordentlich animierten Helden Leonidas, der auf Kreuz-, Viereck- und Kreistastendruck artig in Szene gesetzte Schläge austeilt. Die kassieren immer gleich aussehende Gegner, die dafür gern mal den Kopf verlieren oder zumindest reichlich blutig zermatschen. Kein Wunder, dass 300: March to Glory keine USK-Freigabe bekommen hat.
Der Rest der Grafik wirkt reichlich durchwachsen. Mal gibt es schöne, aber leere Strände mit animierten Wasserfontänen, dann wieder klotzig-hässliche (ebenso leere) Dörfer, in deren schmumpfig-braunen Schatten manche Gegner kaum erkennbar sind. Doch das ist noch nicht das Schlimmste: Die automatisch nachgeführte Kamera wählt immer wieder gern mal sehr ungünstige Blickwinkel. Manche Gegner verschwinden dadurch ganz aus dem Bild, greifen aber trotzdem weiter an. Über diese Schludrigkeit habe ich mich besonders in Schleichlevels »gefreut«. Ein Schritt zuviel und ich stand plötzlich in einem Haufen Feinde, die ich vorher nicht sehen konnte Zum Glück sind die meist nicht sonderlich schwer zu besiegen. Und wenn die Feindeszahl zu groß wird (also so bei rund fünf oder sechs), läuft das Spiel gelegentlich auch auf halber Geschwindigkeit. Zudem setzt der eigentlich schöne Orchestersound immer wieder mal aus.
Wer mit all diesen Mankos leben kann, schnetzelt sich durch neun Kapitel im Kampf gegen die Perser. Standardgegner weichen der Standardattacke mit Speer oder Schwert. Gegen Feinde mit Rüstung hat sich der Schlag mit dem eigenen Schild sehr bewährt. Viel mehr muss man sich nicht merken. Ich frage mich nur, warum man durch besiegte Perser eigentlich Ehrenpunkte sammelt. Denn die dafür freischaltbaren Spezialschläge dienen zu so überhaupt nichts. Ich habe lediglich in die bessere Bewaffnung und eine stärkere Rüstung investiert, der Rest war komplett überflüssig. Beim ersten Zwischengegner wurde mir dann auch klar, wozu man eigentlich die ansonsten eher unnütze Wutattacke braucht. Dieser Extraangriff hält nämlich gerade mal drei Sekunden an - im normalen Spiel viel zu kurz, um was davon zu haben. Aber die Zwischen- und Obermotze nehmen ohne Wutattacke leider gar keinen Schaden. Das Dumme dabei: Diese Wutattacke ist erst aktivierbar, wenn durch genügend Treffer ein Energiebalken aufgeladen wurde. Nach den drei Sekunden muss man den aber wieder neu aufladen, was minutenlange öde Gefechte gegen 08/15-Hanseln bedeutet, bevor man dem Obermotz erneut eins auf die Omme geben darf. Dadurch dauern diese Kämpfe ewig.
Ebenso dämlich: Die Speicherpunkte sind alles andere als optimal gesetzt. Mal wird alle 30 Meter gesichert, dann wieder muss ich eine Ewigkeit laufen und zahllose Feinde erledigen, nur um einen bestimmten Zwischengegner erneut eins überzubraten.
Dumbo und das Herrenballett
Generell ist Abwechslung Mangelware. Aber sehr selten gibt es doch ein wenig was anderes zu tun. Zum Beispiel fleißiges Knöpfchendrücken an subtil mit einem Leuchtsymbol markierten Stellen, um eine Mauer umzukippen. Oder das Phalanxlaufen: Wie das Bolschoiballett laufen mehrere Krieger in einer Reihe, die ich per Analogstick möglichst schnell nach vorne bewege. Denn gleichzeitig sinkt der Lebensenergiebalken kontinuierlich. Um ihn wieder aufzufüllen, muss ich ein paar Perser erledigen. Ganz am Schluss wartet nach solchen Szenen ein besonders dicker Gegner, wie beispielsweise der doofe Kampfelefant, den ich einfach mal Dumbo genannt habe. Ich weiß, das ist wenig originell: Aber der Name passte so gut, weil der Dämlack immer schön vorhersehbar angreift. Ich drücke derweil so lange die Blockierentaste. Ist er fertig, lässt er sich ganz brav von mir ein paar Hiebe überziehen, bevor er zum nächsten Angriff ansetze.
Während man sich durch die Geschichte schnetzelt, findet man immer wieder Symbole, durch die man diverse Boni freischaltet. Allerdings ist das größtenteils Ramsch, der wahrscheinlich dem Pressekit zum Kinofilm entnommen ist. Zwei US-Filmtrailer (die auch im Internet zu haben sind), ein langweiliges, nicht mal untertiteltes Interview mit Frank Miller und eine ganze Reihe Fotos und Konzeptzeichnungen. Reichlich affig: Sogar die Credits zum Spiel gehören zu den Boni.
300: March to Glory ist eine lieblose Filmumsetzung, die man ein, zwei Stündchen dennoch spielen kann, bevor man die Lust verliert. Denn bis dahin hat man so ziemlich alles gesehen, etwas Neues passiert nicht mehr. Die sterile Gegend wirkt wie eine leere Filmkulisse. Einzig die in vielen Zwischensequenzen in In-Game-Grafik und Standbildern erzählte Geschichte hat mich trotzdem weiterspielen lassen. Zudem wäre technisch und optisch deutlich mehr drin gewesen. Spielerisch sowieso. Auch wenn die Dynasty Warriors-Konkurrenz mittlerweile selbst unter Ideenarmut leidet, würde ich mich dennoch lieber in die Gefechte um China stürzen, als Leonidas noch mal zu den Thermopylen zu folgen.
Leonidas & Co. metzeln schon über die Osterfeiertage fröhlich um die Thermopylen.