Spielt Dynasty Warriors! Wirklich! Kein Witz! Tut es!
Probieren geht über echauffieren.
Niemals hätte ich gedacht, irgendwann einmal über Dynasty Warriors zu schreiben. Schon gar nicht etwas Positives. Wie wahrscheinlich die meisten unter euch habe ich die Serie jahrelang nur aus dem Augenwinkel heraus beobachtet und zwischendurch arrogant mit dem Kopf geschüttelt.
Zugegeben, es ist ziemlich leicht, sich über Dynasty Warriors lustig zu machen. Eine langjährige Reihe, die seit drei Konsolengenerationen besteht und keinen ernsthaften Willen zeigt, sich zu ändern. Lauft durch die immer gleichen texturarmen Gebiete, hämmert euren Daumen dabei stundenlang auf dieselbe Taste und wiederholt ein ums andere Mal die gleichen Missionsziele. Nicht umsonst wirft man Liebhabern der Serie Blicke der Verwirrung zu. Wie zum Teufel kann man eines von dieser Sorte länger als eine Stunde ertragen, geschweige denn gar mehrere Ableger spielen wollen?
Genau dieser Frage wollte ich auf den Zahn fühlen. Ich wollte verstehen, wieso die Serie bei ihrer Zielgruppe so großen Anklang findet. Und nachdem ich in den vergangenen Wochen ziemlich viel Zeit in Dynasty Warriors 8 sowie diverse Spin-offs investierte, muss ich ein Geständnis ablegen: Ich habe ich mich verliebt. In Dynasty Warriors. Ja, ich liebe Dynasty Warriors.
Aber ich gehe noch einen Schritt weiter. Ich möchte nicht bloß mein persönliches Bekenntnis erläutern, sondern jeden unter euch dazu aufrufen, der Serie eine Chance zu geben. Und genau deswegen habe ich die besten Gründe dafür herausgesucht, mit denen ich euch zumindest davon überzeugen will, den Selbstversuch zu wagen.
1. Es ist dumm (und zwar auf die bestmöglichste Weise)
Stumpf ist Trumpf. Ich möchte gar nicht erst versuchen, das Spielprinzip von Dynasty Warriors als komplex oder gar vielschichtig zu bezeichnen. Es ist das komplette Gegenteil davon. Jeder Charakter besitzt ein paar gute Kombos, die ihr immer und immer wieder ausführt. Genauso verfolgt ihr auf den großen Karten ständig die gleichen Ziele. Das streitet gar keiner ab.
Doch es ist die Art und Weise, mit der sich Dynasty Warriors in der Einfachheit seines Gameplays suhlt und die eigene Dummheit offenkundig in den Vordergrund stellt. Es legt den Fokus ganz klar auf die Bemächtigung des Spielers. Nichts fühlt sich besser an, als durch ein paar simple Tastendrücke unmögliche Angriffe vom Stapel zu lassen, die Dutzende Gegner gleichzeitig beseitigen und euren Kombozähler in den vierstelligen Bereich peitschen. Natürlich ändert sich nicht viel. Aber gerade durch den monotonen Ablauf in Verbindung mit der simplen Spielweise erzielt Dynasty Warriors einen perfekten Zen-Zustand, bei dem ihr vollkommen abschalten und entspannen könnt. Außerdem könnt ihr auf dem Rücken eines Gegners durch die Feindeshorden surfen.
"Dynasty Warriors suhlt sich in der Einfachheit seines Gameplays und stellt die eigene Dummheit offenkundig in den Vordergrund."
2. Unglaubliche Auswahl unterschiedlicher Charaktere
In der Standardversion von Dynasty Warriors 8 gibt es mittlerweile 79 spielbare Offiziere, die alle unterschiedliche Waffen einsetzen, unterschiedliche Vorzüge bieten und sich unterschiedlich spielen. Anstatt den Fokus auf einen Protagonisten oder wenige Personen mit stark ausgearbeiteten Angriffsmanövern zu legen, begräbt euch der Titel unter der Charaktervielfalt. Die Figuren besitzen jeweils zwar nur wenige Angriffe, zeigen im Gegenzug allerdings verschiedene Manöver und Spieltempi. Da ihr in der Geschichte bei jeder Mission an bestimmte Charaktere gebunden seid, führt es automatisch dazu, dass ihr neue Spielstile kennenlernt. Es hält den monotonen Ablauf am Leben und gibt euch die Gelegenheit, in schnellen Schüben mehrere Stile auszuprobieren. Mittlerweile kann ich die hitzigen Diskussionen in den Foren gut nachvollziehen, wenn es um den persönlichen Liebling und die dazu beste Waffe geht. Jeder entdeckt hier einen anderen Favoriten.
3. Die Geschichte - eine perfekte Mixtur aus Drama und B-Movie
Neben den zahlreichen Charakteren bietet überraschenderweise die Handlung einen großen Anreiz für viele Spieler. Immerhin basiert diese auf dem Roman "Die Geschichte der drei Reiche", eines der einflussreichsten literarischen Werke Chinas. Nur verpasst Dynasty Warriors der Erzählung seinen eigenen Twist. Obwohl es dem historischen Verlauf der drei Reiche folgt, fühlt sich die Erzählweise besonders durch teils übertriebene Charaktere wie eine Seifenoper an. Eben die perfekte Mixtur aus trockener Historie und japanischen Dramas. Garniert mit absolut unfassbaren Dialogen, die ständig auf der Grenze zwischen Genialität und Dummheit wandern. Einfach großartig!
4. Leveln und Looten
Wer Spaß daran hat, Dinge freizuschalten oder Charaktere aufzustufen, findet in Dynasty Warriors sein lang ersehntes Paradies. Erkämpft in den Schlachten neue Level für eure Offiziere, verbessert Beziehungen zu anderen Figuren, sammelt neue Waffen oder Reittiere und schaltet zusätzliche Fertigkeiten frei. Neben dem normalen Loot, das ihr bei feindlichen Offizieren kassiert, schaltet ihr die besten Waffen für jeden Charakter frei, wenn ihr die historischen Ereignisse des Romans genau nachspielt. Schnell stellt sich die gleiche Sucht ein, die euch beispielsweise bei einem Diablo packt. Bloß noch einen weiteren Level, nur noch eine neue Waffe ausprobieren oder schnell die nächste Stufe einer Fertigkeit erreichen.
"Die Handlung ist die perfekte Mixtur aus trockener Historie und japanischen Dramas."
5. Lokaler Koop
Vor zehn Jahren hätte dieser Punkt in keiner Liste eine Erwähnung verdient, war die Inklusion damals doch gängige Praxis. Nun ja, mittlerweile kann man die jährlichen Neuerscheinungen mit lokalem Multiplayer an einer Hand abzählen. Splitscreen scheint zu einem Fremdwort verkommen zu sein, von dem wir der jungen Spielergeneration wie alte Männer mit Tränen im Auge am Lagerfeuer berichten. Deswegen zähle ich den lokalen Koop von Dynasty Warriors zu seinen größten Stärken. Wenn ihr schon nicht alleine in den Kampf ziehen wollt, zu zweit verwandeln sich selbst die anspruchslosesten Auseinandersetzungen in epische Schlachten, bei denen ihr zusammen auf der Couch eure Feinde dominiert und darüber streitet, wer welchen Charakter spielen darf.
6. Für (fast) jeden etwas dabei
Wie oben bereits erwähnt, bietet euch Dynasty Warriors die Möglichkeit, den eigenen Vorlieben nach gezielte Spielweisen zu verfolgen. Wählt ihr lieber einen "normalen" Charakter mit simplen Waffen oder sehnt es euch nach verrückten Figuren, die Schwerter per Telekinese schwingen? Für jeden gibt es die passende Kombination. Doch selbst abseits der ursprünglichen Serie existieren mittlerweile weitere Ableger, die euch besser gefallen könnten, falls ihr chinesische Geschichte als Hintergrund nicht so interessant findet. Samurai Warriors ist praktisch die gleiche Erfahrung im feudalen Japan. Gundam Warriors schickt euch dagegen mit den bunten Robotern in den Weltraum. Bei Pirate Warriors spielen Fans von One Piece sogar ziemlich genau die Handlung des Animes nach. Und im September erwartet uns das neue Hyrule Warriors mit Zelda-Lizenz, das in den bisherigen Videos einen großartigen Eindruck macht.
Letztendlich kann ich zwar niemandem versprechen, dass er sich nach längerem Anspielen sofort in die Serie verliebt. Dennoch gibt es genügend Gründe, warum ihr mehr als nur einen eiligen Blick riskieren solltet. Werft etwaige Vorurteile ab, betrachtet es mit frischen Augen und stellt euch darauf ein, vielleicht überrascht zu werden. Dynasty Warriors mag sicherlich nicht den größten Tiefgang oder Anspruch bieten. Was es euch dafür gibt, ist kompromissloser Spaß, der gerade wegen seines brachialen Stumpfsinns gepaart mit einem Hauch Genialität so gut funktioniert.