80's Overdrive - Test: Schön anzuschauen ist es ja ...
… aber spielerische Mängel bremsen es aus.
Die 80er und 90er sind lange vorbei. Ihr spielerisches Erbe hat indes Bestand, flammte vielmehr im letzten Jahrzehnt immer weiter auf. Spiele, die so aussehen, als hätten sie damals prima auf SNES und Co. gepasst, sind heute keine Seltenheit. Optisch sieht das natürlich hochauflösend ein wenig anders aus als früher und spielerisch gibt's ebenso einige moderne Elemente, die in solche Titel Einzug halten.
In die lange Liste dieser Titel reiht sich jetzt 80's Overdrive auf der Nintendo Switch ein. Wobei anzumerken ist, dass es sich hierbei nicht um ein brandneues Spiel handelt. 80's Overdrive erschien vor drei Jahren für den 3DS und feiert jetzt auf einem weiteren Nintendo-Gerät ein Comeback. Ob sich das lohnt?
Dabei orientiert sich das Rennspiel vor allem an Segas Out Run und ihr rast mit coolen Sportwagen durch ebenso coole Schauplätze, vorbei an Stränden, durch alte Tempelanlagen und durch Städte. Das alles auf einer Art fiktiven Insel, auf der ihr Rennen für Rennen weitere Strecken freischaltet. 35 Stück gibt's insgesamt und der Schwierigkeitsgrad steigt kontinuierlich an. Das wirkt sich zum Beispiel auf die Länge der Strecken, die Zahl der Fahrspuren, den Verkehr und die Polizei aus.
Für siegreiche Rennen beziehungsweise für die vorderen Plätze im Fahrerfeld erhaltet ihr Geld, das ihr in euren Wagen steckt. Zum einen ist es erforderlich, sich um ausreichend Treibstoff und Reparaturen zu kümmern. Zum anderen verbessert ihr die insgesamt sechs Fahrzeuge in Sachen Geschwindigkeit oder Strapazierfähigkeit. Als Vorbilder dienen Sportwagen der damaligen Ära, wenngleich es keine lizenzierten Wagen sind. Woran der De Loan wohl angelehnt ist?
In den Rennen geht es allein darum, so weit vorne wie möglich zu landen. Auf dem Weg dorthin weicht ihr dem Verkehr auf der Straße aus und - je nach Strecke - ebenso der Polizei, die euch zu stoppen versucht. Von Zeit zu Zeit erhaltet ihr noch Nebenmissionen, bei denen ihr Gegenstände unterwegs einsammelt oder euer Auftraggeber von euch verlangt, eine spezifische Position zu erreichen. Die bescheren euch einen ordentlichen Cash-Bonus, der zu Anfang bitter nötig ist, denn Balance und Fortschritt sind hier nicht optimal ausgearbeitet. Vor allem zu Anfang hilft es, ein wenig die ersten, einfachen Rennen zu wiederholen und Bares anzusammeln, um den auserwählten Wagen zu verbessern und sich eine Bargeldreserve anzulegen, wenn Reparaturen zwingend erforderlich sind und der Sprit zur Neige geht. Zudem lässt sich bis zur Mitte der Karriere genügend Geld für den stärksten Wagen sammeln, der vom Start weg mit allen Upgrades ausgestattet ist. Das macht den Rest ein wenig zu einfach. Wie gesagt, perfekt ist die Balance hier nicht.
Problematisch ist darüber hinaus das Handling. Vor allem wenn die Fahrzeuge noch langsamer sind, reagieren sie ebenso langsamer. Ein leichtes Antippen zum Richtungswechsel bewirkt nichts, es ist nötig, die Taste kurz gedrückt zu halten. Das fühlt sich nicht so präzise an, zumal der Lenkvorgang sofort gestoppt wird, wenn ihr kurz loslasst. Abhängig davon, wie viel Verkehr auf der Straße unterwegs ist und ob ihr auf eine Kurve zusteuert oder euch in einer befindet - im Extremfall eine Kurve mit anderen Verkehrsteilnehmern - , sorgt das eher aus den falschen Gründen für Nervenkitzel.
Ebenso nervig: fahrt ihr in ein anderes Auto oder in ein Objekt am Streckenrand rein - oder werdet abgedrängt -, verlangsamt ihr euch deutlich oder stoppt komplett. Es kommt vor, dass beim erneuten Anfahren dann weitere Autos in euch hinein rasen und ihr dann einfach nicht von der Stelle kommt, weil ihr bei jeder Kollision Geschwindigkeit verliert. Frustrierend, wenn ihr an erster Stelle lagt und dann aufgrund eines Fehlers alles verliert, weil das halbe Feld oder mehr an euch vorbeizieht. Bei schnelleren Wagen klappt das mit den Reaktionen ein wenig besser, zufriedenstellend fühlt es sich in Gänze aber trotz des eintretenden Gewöhnungseffekts nicht an.
Ist die Karriere durchgespielt, bleibt euch noch der Time-Trial-Modus. Hier geht's natürlich darum, Bestzeiten zu erzielen. Unterwegs passiert ihr Checkpoints, die euch mehr Zeit verschaffen. Weitere Bonussekunden erhaltet ihr, indem ihr so nah wie möglich am Straßenverkehr vorbeirast. Was dann im Zusammenspiel mit dem erwähnten Handling nicht immer einwandfrei funktioniert, zumal Autos von Zeit zu Zeit spontan die Fahrspur wechseln. In solchen Momenten ist es zu leicht, statt einer kleinen Richtungsänderung die Taste zu fest zu drücken und eine Kollision zu verursachen.
Inhaltlich gibt's Dinge zu meckern, technisch indes weniger. 80's Overdrive seht einfach schön retromäßig aus, die Umgebungen sind ansprechend gestaltet und sowohl auf dem Switch-Bildschirm als auch auf einem großen 4K-Fernseher entsteht ein wunderbares Retro-Feeling. Zu bemängeln wäre optisch höchstens das eher schwache Geschwindigkeitsgefühl. Die Stärke von hochgezüchteten Wagen im Vergleich zu den Wagen vom Beginn des Spiels bringt 80's Overdrive nicht ganz so gut rüber. Unterstützend erfüllt hier der fetzige Elektro-Soundtrack seinen Zweck, den sechs verschiedene Künstler beisteuerten. Und vor jedem Rennen wählt ihr den Track nach Belieben aus.
Letzten Endes ist 80's Overdrive kein Rennspiel, für das ihr alles andere stehen und liegen lasst. Audiovisuell macht es einiges her, in Sachen Handling und Balancing beim Fortschritt in der Karriere hätte mehr Feinschliff nicht geschadet. Hier wäre mehr drin gewesen, was vor allem dem Frustfaktor in einzelnen Situationen entgegengewirkt hätte. Im Gegenzug kostet das Spiel nicht mehr als einen Zehner. Möchtet ihr euren nostalgischen Gefühlen frönen, ohne Out Run oder einen anderen Klassiker hervorzukramen, ist 80's Overdrive ein vernünftiger Kandidat für ein paar schöne Stunden - erwartet nur keine Wunder.
Entwickler/Publisher: Insane Code - Erscheint für: Switch, 3DS - Preis: 9,99 Euro Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: Switch - Sprache: Englisch - Mikrotransaktionen: nein