Point & Click: Die Adventure-Kolumne
Der Tod steht ihm gut.
Der Tod steht ihm gut
Tod. So, jetzt ist es raus, das böse T-Wort. Tod, Tod, Tod. Kaum ein größerer Artikel über ein Adventure kam in den letzten Jahren ohne die Feststellung aus, dass das Genre ja eigentlich tot sei, und kaum ein Beitrag zum Thema blieb ohne mitleidige Kommentare der örtlichen Forentrolle. Und fragt man mal einen Arbeitskollegen, ob er weiß, was ein Adventure ist, erinnert er sich bestenfalls an Monkey Island, um sich dann in einem Moment nostalgischer Wallung zu fragen, warum es denn heute so etwas Schönes nicht mehr gebe.
Ich sage: Sie leben! Gut, sie haben vielleicht irgendwo zwischen The Longest Journey und Runaway ein kleines Nickerchen gehalten und zweifellos bleiben ihre Verkaufszahlen weit hinter denen von diversen MMORPGs, Sims-Addons und Haustier-Simulationen zurück, doch wenn man ein wenig genauer hinschaut, dann sind sie nicht mehr zu übersehen. Mit erfreulicher Regelmäßigkeit und in großer Vielfalt erscheinen Adventures auch heute noch auf dem Markt.
"Das perfekte Adventure gibt es nicht"
Das perfekte Adventure gibt es natürlich nicht, irgendetwas findet man immer, über das es sich zu meckern lohnt - egal ob es nun Mängel wegen geringer Budgets oder Designschnitzer der Entwickler sind. Dafür kann das Genre heute ein äußerst breites Spektrum an Geschmacksrichtungen bedienen. Dreamfall ist ein spannender interaktiver Film, der den Spieler nicht zu sehr mit Rätseln schikaniert, Fahrenheit ersetzt intellektuelle Aufgaben gleich ganz durch schnelles Knöpfchendrücken. Keepsake geht in die andere Richtung und spricht eher diejenigen an, die schon immer gerne Rätselhefte ausgefüllt haben, Ankh kleidet das klassische Comicadventure in ein modernes 3D-Gewand, In Memoriam vermischt Internetrecherche mit Minispielen und Geheimakte Tunguska begeistert seit langem wieder Spieletester an breiter Front. Bald kehren sogar Sam & Max auf die heimischen Monitore zurück!
Diese Vielfalt war im letzten Jahrtausend noch ungeahnt, als so gut wie jeder Genrevertreter brav nach Schema LucasArts oder Schema Sierra, später dann auch gerne mal nach Schema Myst aufgebaut war. Und deswegen kommt ab nächster Woche das böse T-Wort in dieser Kolumne nicht mehr vor, versprochen. Nächste Woche geht es ins Land der Lebenden!
Jan Schneider ist Webmaster von Adventure-Treff.de, der großen deutschen Website für Adventure-Spiele. Jeden Mittwoch macht er sich auf Eurogamer.de Gedanken über das Genre.