Abzu - Test
Findet Emo.
Man braucht nicht lange, um zu sehen, dass Ehemalige von thatgamecompany hinter Abzu stecken. Es ist genau die Sorte spaziergängerische Meditation, die man von Flower und Journey gewohnt ist. Ein Spiel als Farbenrausch, als einzige fließende Bewegung. Erleben geht ihm über Spieltrieb, Entdecken über Gewinnen. Nach dem Fliegen und dem Laufen widmet sich das neu gegründete Team um den ehemaligen Art-Director von thatgamecompany, Matt Nava, nun dem Schwimmen als zentraler Fortbewegungsmethode. Ansonsten hat sich nicht so viel geändert.
Es sieht immer noch wunderbar aus, wenn dieser kreative Geist mit wenigen, aber kontrastreichen Farben und sparsamer Polygonausstattung aus bekannten und mystischen Elementen eine wie verzauberte Welt aus dem Boden stampft oder sie, in diesem Fall, unter dem Meeresspiegel versenkt. Passend dazu Austin Wintorys Musik (Journey, The Banner Saga), die mal ätherisch und zärtlich, mal aufwühlend wie meterhohe Wellen über den verlorenen kleinen Taucher dieser Unterwassererkundung hinwegspült.
Was man macht? Nun, eigentlich ist das nicht so schwer: Den einen Weg nach vorne gehen, um am Ende ein bisschen mehr über die Natur dieser Welt herauszufinden. Ihr schwimmt mit Fischen, räumt mithilfe kleiner Taucherdrohnen andernfalls undurchdringliche Hindernisse aus dem Weg und stellt an bestimmten Punkten durch ein wundersames Zirpen einen Teil der Meeresfauna wieder her, wenn ihr aus einem Loch im Boden Hammerhaie und dergleichen beschwört. Ab und an reißt euch ein Strom mit, nicht unähnlich den Sandsurfing-Sequenzen Journeys, wenngleich nicht ganz so zauberhaft. Dann durchquert ihr Fischschwärme, die sich euch anschließen, und schießt für einen Delfinsprung schon mal aus den Wogen hervor.
- Entwickler/Publisher:
Giant Squid/505 Games - Erscheint für:
PC, PS4 - Preis:
19,99 Euro - Erscheint am:
erhältlich - Getestete Version:
PC - Sprache:
Englisch, Deutsch - Mikrotransaktionen:
nein
Nichts bremst euch so wirklich in Absu, höchstens die eine oder andere frühe Begegnung, in der man sich kurz nicht mehr besonders sicher fühlt, oder Gelegenheiten, bei denen man einen scheinbar magischen Ort aufsucht, regen kurz zum Verweilen oder Nachdenken an, was man hier gerade eigentlich erlebt. Es ist alles sehr beschaulich, vor allem, wenn man auf dem Kopf eines erodierten Haitotems Platz nimmt, "meditiert" und dabei seinen Geist wie in einem interaktiven Aquarium von Mantarochen über Delfine bis hin zu Putzerfischen schweifen lässt. Ein paar mehr Optionen, nah an die Tiere heranzufahren, wären nett gewesen, aber ansonsten eine schöne, beruhigende Art, den Spieler in der Welt zu halten. Nichts allerdings schlägt die Szenen, in denen man sich frei an einen Orca oder einen größeren Meeresbewohner hängt und sich für ein Weilchen mit der Kraft eines lebendig gewordenen Speedbootes durch das Nass schraubt.
Auch darüber hinaus gibt es ein, zwei echt und ehrlich auf besondere Weise inszenierte Tauchgänge mit Walen und anderen Kreaturen sowie eine unwahrscheinliche und durchaus rührende Allianz später im Spiel - ebenso wie ein paar kurze Fisch-aus-dem Wasser-Momente, in denen der bisweilen betörende Fluss des Ganzen wieder kläglich verloren geht. In seinen besten Augenblicken gelingt Abzu kurz, was sonst nur thatgamecompany beherrscht, dieses perfekte Einswerden mit dem Erlebnis. Allein, sie halten nie lange genug an.
Der Grund: Irgendwie fehlt er halt, Journeys leuchtender Berg am Horizont, der einem schon in der ersten Einstellung des Spiels vermittelt, mit was für einer Metapher man es hier zu tun hat, was der Weg, der Sinn und der Zweck dieser Reise sein wird. Etwas, das einen vorwärts zieht, das Gefühl von Bestimmung. Eben etwas, das verführt, immer über die nächste Dünenkuppe zu schauen. Klar, mag man da einwenden, Abzu ist eben mehr ein Treibenlassen. Das passt zu einem Spiel über das Meer und dem, was darunter liegt, schließlich perfekt. Aber es ändert auch nichts daran, dass Giant Squids hübsches erstes Spiel fast seine kompletten zwei Stunden lang ein bisschen zu unaufgeregt - und unaufregend - vor sich hinplätschert.
Und so wird einem zwischen seinen einfachen Aufgaben und einem emotionalen Einsatz, den das Spiel immer nur sachte andeutet, schon lange vor dem Ende klar, dass manches stille Wasser eben doch nur eine Pfütze ist.