Age of Empires Online
Ungewöhnliches Free-to-play-Comeback
Strategiespiele erleben gerade überraschenderweise ihren zweiten Frühling. Das Blockbuster-Genre der späten Neunziger geriet in den letzten Jahren immer mehr in Vergessenheit. Wie Blei blieben die meisten Ableger in den Regalen liegen. Selbst Traditionsserien wie Command & Conquer wurden immer mehr verwässert und auch diese Institution dürfte mit dem vierten Teil endgültig das zeitlich gesegnet haben.
Die Wiederbelebung kommt also nicht von dem wiedererstarkten Interesse der Hardcore-Gamer, sondern durch eine neue Zielgruppe, die durch Social Games und Free-to-play-Titel erschlossen wird. Egal ob Facebook mit Mafia Wars, League of Legends, Cultures Online, Company of Heroes Online, Siedler Online oder nun Age of Empires Online. Mit einem klassischen Geschäftsmodell lassen sich scheinbar nur noch Blizzard-Titel verkaufen.
Doch das muss nicht immer ein Nachteil sein. League of Legends hat mit gezeigt, wie hervorragend ein solches System funktionieren kann. Nach dutzenden Stunden Online-Gameplay und satten 150 Siegen habe ich mir vor kurzem zum ersten Mal Riot Punkte gekauft, also reales Geld ausgegeben. Denn nachdem ich damit fast meine ganze Freizeit verbringe, möchte ich nicht mehr mit einem 08/15-Skin herumlaufen oder stundenlang auf den nächsten Helden warten. Also schlage ich zu und Riot Games bekommt endlich auch von mir die verdiente Belohnung für ein Spiel, dass von Patch zu Patch immer besser wird.
Bei Age of Empires Online wurden das finale Bezahlungsmodelle noch nicht festgelegt. Die gerade gestartete Beta soll zeigen, für was die Spieler Geld ausgeben wollen und wie viel. Echte Spielverbesserungen wie bei Runes of Magic soll es aber nicht geben, sondern wie bei LoL Erfahrungspunkte-Boosts, Skins, Ausrüstungsgegenstände und vielleicht sogar Ressourcen. Producer Dave Luehmann betont, dass sich der Titel bis zu seinem Release im nächsten Jahr noch stark verändern kann. Das Feedback der Spieler ist ihnen enorm wichtig.
Doch wie spielt sich Age of Empires Online? Zu allererst gründet ihr eine Stadt. In dieser errichtet ihr Gebäude, baut Ressourcen ab und rüstet eure Einheiten auf. Außerdem bekommt ihr dort Aufträge, die ihr dann auf anderen Karten ausführt. Dem Ganzen liegt ein Rollenspiel-System zugrunde. Eure Stadt beziehungsweise ihr selbst gewinnt durch gewonnene Missionen Erfahrungspunkte und schaltet so Einheiten frei.
Die einzelnen Aufträge werden dabei in Aufbau und den eigentlichen Kampf unterteilt. Manchmal beginnt ihr nur mit ein paar Arbeitern, ein anderes Mal besitzt ihr eine vollständige Armee. Der Kampf selbst folgt dem bewährten Stein-Schere-Papier-Prinzip. Da der Titel komplett im Altertum spielt, setzt ihr Speerkämpfer, Reiter und Bogenschützen ein. Klassische Formationen gibt es aktuell noch nicht. Das ehemalige Ensemble-Team spielt noch mit diesen Elementen. Immerhin formieren sich eure Truppen bis zu einem gewissen Punkt automatisch. Nahkämpfer an der Front, Bogenschützen im Hintergrund. Gleichzeitig könnt ihr eure Armee vor der Mission mit speziellen Ausrüstungsgegenständen aufbessern, die ihr sogar auf dem Schlachtfeld seht. Diese erhaltet ihr sowohl durch das Abschließen der Missionen als auch über ein Crafting-System, das mit euren Ressourcen funktioniert. Ähnlich wie bei World of WarCraft gibt es sogar seltene und epische Gegenstände.
Die Entwickler bauen Dutzende handgefertigte Einzelspieler-Missionen und Zufallsaufträge ein. So könnt ihr viele, viele Stunden mit dem Spiel verbringen, ohne einen Gegner zu sehen. Alternativ könnt ihr jeden Level auch im Koop bestreiten oder euch in einer speziellen Arena die Köpfe einhauen. Auch hier fungiert eure Stadt als Hub. Sie ist Dreh- und Angelpunkt, entwickelt sich die ganze Zeit weiter und wird in eurer Abwesenheit von Verwaltern gemanagt. Auch diese erhaltet ihr sowohl über den Tausch mit anderen als auch über Missionen und wahrscheinlich über das Micro-Payment.
Für die heftigsten Diskussionen wird aber der neue Grafikstil sorgen. Wie bei Civilization Revolution und dem neusten Siedler setzen die Amerikaner auf Comic-Grafik. Alles ist süß und familienfreundlich, die Einheiten, die Einwohner und auch die Gebäude. Darauf angesprochen betont Dave: „Der Vorteil dieses Grafik-Stils: Die Grafik wird nicht so schnell alt. Das Spiel soll viele Jahre online sein, auf diese Weise wird man nicht mit aktuelleren Echtzeit-Titeln verglichen." Und ja, unterm Strich ist der Stil gelungen, trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob wirklich alle Age-of-Empires-Fans damit glücklich werden.
Ach ja: Age of Empires Online ist außerdem ein Teil der neuen Games-for-Windows-Live-Initiative. Ihr könnt euch das Spiel im PC-Marktplatz kostenlos herunterladen und dort auch eure Items erstehen. Hoffen wir mal, dass Microsoft diesmal einen längeren Atem besitzt. Aktuell ist der Service eine lebende Leiche.
Ok, Age of Empires Online hat auf den ersten Blick wenig mit dem Original zu tun. Das Rollenspiel-System, die Comic-Grafik und der Free-to-play-Ansatz wird gerade Hardcore-Fans abschrecken. League of Legends hat mir aber bewiesen, dass ein solcher Ansatz funktionieren kann und sich überraschend gut spielt. Da auch die Spieltiefe von Age of Empires Online überzeugt, freu ich mich auf die bald anstehende Beta. Natürlich wünsche ich mir für die Zukunft weiterhin Vollpreis-Strategie-Titel, doch wenn alle Free-to-play-Versionen so hervorragend wie League of Legends, Company of Heroes Online und Age of Empires Online ausfallen, kann ich damit leben. Lang lebe das Echtzeitstrategie-Genre.
Age of Empires Online erscheint 2011 für den PC.