Aion: Tower of Eternity
Flugbereit?
Man bekommt ja gar nichts mehr mit.
Also, hier die Frage: Wann genau ist Aion: The Tower of Eternity zum meisterwartetsten MMO des Jahres geworden? Letztes Jahr in Leipzig? Nein. Auf der E3? Falsch. Klar, man hatte es schon auf dem Zettel (vor allem wegen der Grafik – dank Crytek), aber irgendwie war es immer nur ein weiteres asiatisches Online-Rollenspiel, das irgendwann (nämlich Monate verzögert) bei uns erscheinen sollte. So, dachte ich, kann ich mich schön zurücklegen, auf den Launch warten und schon mal in Gedanken die wichtigsten Punkte für den Test durchkauen. „Noch ein asiatisches MMO, das seine Wurzeln nicht genug verstecken kann/ Zu wenig Story für unsere Breitengrade/ Warum muss ich auch beim Fliegen grinden?“
Aber falsch gedacht. Aion ist das Spiel der Stunde.
Und das obwohl schon fast alles bekannt ist. Obwohl seit Monaten kaum etwas Neues angekündigt wird. Keine neuen supercoolen Features, keine Spekulation über Klassen-Veränderungen in letzter Sekunde. Kein Versprechen, „beim Launch wird alles anders“. Denn mit ziemlicher Sicherheit wird es das auch nicht. Wie gesagt, Aion ist schon erschienen, vor vielen Monaten und es bricht in den MMO-Epizentren Korea (Launch Herbst 08) und China (April 09) munter Rekorde. Unbestätigte Quellen reden von 3,5 Millionen Spielern und 200.000 gleichzeitig eingeloggten Usern. Aion ist fertig und erfolgreich.
Deshalb ist Aion eben auch in einer Art Limbo gefangen. Alles was wir machen können, ist geduldig auf den Launch warten. Für PR und auch für Autoren von Vorschauen bietet das wenig Platz für Experimente, hat für NCSoft aber deutliche Vorteile. Zum einen müssten sie sich schon wirklich Mühe geben, um den Launch noch zu versauen. Technisch läuft die Beta einwandfrei, denn das echte Testen haben unsere asiatischen Freunde schon letztes Jahr in ihren üblichen Massen erledigt. Zum anderen profitieren aber auch die Spieler von der seltsamen Situation. Teilnehmer der geschlossenen Beta bekommen jetzt schon einen optimalen Eindruck vom finalen Produkt.
Und der geht so: ein asiatisches Fantasy-Setting, zersplittert in zwei Spielerfraktionen. Die verfeindeten Rassen Elyos und Asmodier liefern sich einen unerbittlichem Kampf in einer traumähnlichen, fast surrealen Welt. Dort besitzt der landläufige Held, sprich Spieler, nicht nur Waffen und Magie, sondern auch Flügel. Die Elyos weiße, die Asmodier schwarze, was wohl als Charakterbeschreibung der beiden Lager völlig ausreicht. Nach der visuell ausführlichen Charakter-Erschaffung entscheidet ihr euch für eine von vier Klassen: Späher, Krieger, Magier, Priester. Ab Level 10 teilen die sich dann weiter in Subklassen wie Assassine, Kleriker, Gladiator, etc. auf.
Das eigentliche Spiel beginnt zunächst mal mit Kopfschmerzen. Euer Held wacht in der unvermeidlichen Startzone auf und leidet unter akutem Gedächnisverlust. Bevor Zeit bleibt, seinen Körper nach schriftlichen Hinweisen abzusuchen oder sich in der Hoffnung auf Besserung mit einem Stein gegen den Kopf zu hauen, hat man auch schon die ersten Quests am Hals. Und verlorene Erinnerungen hin oder her, die Quests kommen einem auf jedem Fall bekannt vor. Töten, sammeln, zurückbringen. Der Veteran fühlt sich sofort heimisch und von ein paar unglücklichen Tastenbelegungen (Charakteranzeige auf der Taste P? Warum?) ist man innerhalb von wenigen Augenblicken mitten drin.
Und da bleibt man dann auch für einige Zeit, denn die ersten Stunden von Aion funktionieren wie ein gut geöltes Präzisionsuhrwerk. Interface und Landschaftsdesign sind vorbildlich und jederzeit ist klar, wohin man laufen muss, wer der nächste Ansprechpartner ist, wen es zu verkloppen gilt. Die Minimap ist übersichtlich und der Rhythmus der Quests angenehm. Mit erstaunlich wenig Grind arbeitet man sich tiefer und tiefer in die hoch atmosphärische Welt hinein. Von einer relativ normalen Wald- und Wiesenebene, bis in eine Landschaft voll riesiger Alice-im-Wunderland-Pilze. Immer wieder bleibt man dabei zwischendurch stehen und betrachtet die merkwürdigen Monster, die vermutlich nicht zufällig an die Studio-Ghibli-Filme erinnern. Trolle, Elfen und Zwerge vermisst man hier nicht wirklich.