Alan Wake: The Signal
Wo ist denn jetzt der Ozean?
Die gute Nachricht zuerst: Remedy ergänzt mit seinem Double-Feature „Alan Wake: The Signal“ und „Alan Wake: The Writer“ das Hauptspiel nicht um eine Vorgeschichte, sondern setzt das Spiel nahtlos fort. Angesichts des halboffenen Endes ist es der Weg, den ich bevorzuge. Das Problem ist, dass es in den kurzen 75 Minuten von The Signal zwar weitergeht, am Ende der Episode aber noch nicht viel passiert ist. Es erinnerte mich ein wenig an die erste Zusatzepisode zu Half-Life 2. Diese sagte uns, dass es weitergeht, blieb allerdings ausgesprochen vage und letztlich mehr Teil des Weges als irgendeines Zieles.
Wer sich schon für The Signal große Erkenntnisse erhoffte, wird enttäuscht, aber das heißt nicht, dass das, was dann gezeigt wird, schlecht wäre. Ich versuche es zu erklären, ohne zu sehr zu spoilern. Alan findet sich zurück in Bright Falls und erlebt die ersten Minuten im Diner erneut. Nur mit dem Unterschied, dass alles leicht verwischt und wie ein Traum wirkt.
Der weitere Verlauf ist die Aneinanderreihung einer Reihe von bekannten Set-Stücken und auch ein paar neuen, die teilweise wirklich gut miteinander verquickt werden. Es macht Sinn, dass diese direkt und meist sehr seltsam ineinander übergehen. Von der Scheune in ein Apartment und dort über den Balkon in eine ganz andere, unerwartete Umgebung.
Diese (Alp-)Traumhafte Zusammenstellung der Welt und vor allem ein paar wirklich coole Abschnitte sind die echten Highlights des Spiels. Es macht Spaß zu erkunden, was als nächstes kommt und man wird nur selten enttäuscht. Was leider überhaupt nichtt auftaucht, ist ein neuer Gegner. Ok, es gibt eine andere Sorte von Vögeln, sie verhalten sich aber genau wie die normalen, insoweit zählt das nicht.
Der Rest besteht aus den gleichen Axt-Messer-Kettensägen-schwingenden Rednecks, die wir bereits kennen. Auch bei den Waffen fehlt jede Neuerung. Das ist schwach, denn ehrlich gesagt störte mich die magere Abwechslung in dieser Richtung nicht in Alan Wake, nur wäre es nach Kapitel 6 weitergegangen, hätte ich doch langsam frisches Material eingefordert. Nun, jetzt geht es weiter und wir kämpfen gegen die gleichen Typen mit den gleichen Waffen und auch wieder gegen besessene Autos, Kabeltonnen und Boote.
In dem ersten Drittel der kurzen Spielzeit scheint The Signal auch noch beweisen zu wollen, dass diese Kampfengine nicht dafür gedacht war, in engen Arealen zu funktionieren. Ich bin mir nicht sicher, ob man hier wirklich kämpfen soll, mit Wegrennen kam ich in The Signal oft genug erstaunlich gut durch und an einigen Stellen scheint es sogar erwartet zu sein. Nach diesem schwachen Einstig wird es deutlich besser und einige richtig gute Ideen, etwa ein Areal mit zufällig ein- und ausgehenden Laternen voller Feinde, machen wirklich Spaß. Dazu kommt eine erneut gelungene Fahrsequenz, aber all das erweckt den Eindruck, dass es ein wenig zu dicht gepackt wurde. Die Kämpfe folgen extrem schnell aufeinander, arten oft in Materialschlachten aus und schmerzhaft vermisst werden die atmosphärisch wertvollen Stellen, in denen man ein wenig Landschaft und Atmosphäre aufsog, ohne die Waffe ständig auf etwas richten zu müssen. Wenige Minuten mit einem Barry, der ein wenig „off“ scheint, werden ebenfalls geboten und sie sind gut. Nur halt zu kurz, um das schöne Gänsehautfeeling so richtig aufkommen zu lassen.
Die einzige neue spielerische Idee sind herumschwebende Worte, die das erste Mal im letzten Kapitel des Hauptspiels auftauchten. Dort war es eine rein stilistische und inhaltliche Geschichte, hier seht ihr ein schwebendes Wort wie „Ausrüstung“ und leuchtet es an. Es verschwindet und Munition oder Batterien materialisieren sich. An einigen Passagen wird dies in Form von Explosionen („Boom“) oder Flammenöfen in einem Keller („Entzünden“) oder einem ganzen Feld voller verschiedenster Wörter, manche gut, mache schlecht („Besessener“, „Gegner“) eingesetzt. Diese Idee macht in den guten Momenten Sinn und Spaß. Dass man allerdings jeden Ausrüstungsgegenstand erst erleuchten muss, hätte man sich vielleicht sparen können.
Der Wiederspielwert liegt nah am Original. Man kann das noch einmal durchzocken, weil es sich zum allergrößten Teil einfach gut spielt, aber davon abgesehen bleiben nur zehn leicht nervig tickende Wecker – statt der Thermoskannen – zum Suchen und Sammeln. Angesichts der Tatsache, dass dies eine der kurzen Episoden wurde, ist das besser als nichts. Zumindest gibt es einen neuen Endgegner, auch wenn er kaum befriedigender oder spielerisch anders als der des Hauptspiels ausfiel. Grafisch blieb alles beim Alten, dafür wurde die Musik netterweise nicht recycelt sondern durch atmosphärische, passende und etwas traumhaftere ersetzt. Und natürlich ist der Endsong wieder großartig.
Alan Wake: The Signal ist ok und es macht Spaß, mehr Alan Wake spielen zu können. An ein paar Stellen werden zwar die Schwächen der Spielengine erstaunlich mutig ausgelotet, aber das meiste macht nicht weniger Spaß als bisher. Was hier fehlt, ist der zweite Teil. The Signal beginnt damit, eine weitere Geschichte zu erzählen, kommt aber kaum zwei Schritte weit, bevor es nach gerade mal etwas mehr als einer Stunde vorbei ist. Die Abwesenheit neuer Gegner wird durch den teilweise kreativen Einsatz der Wörter ausgeglichen und ein paar der Ortswechsel funktionieren klasse. Das macht zuminest teilweise auch die ersten schwachen zwanzig Minuten wett.
Wer Alan Wake mochte und wissen will, wie es weitergehet, wird nicht gänzlich enttäuscht sein, zumal viele The Signal mit dem beim Original mitgelieferten Code sowieso schon ohne Extrakosten herunterladen können. Wer den nicht hat und nach dem Abschluss von Alan Wake erst einmal mit dem Ende zufrieden war, sollte warten, ob die nächste Episode The Writer die Geschichte so spannend weiterentwickelt – und dabei vor allem ein wenig weiter kommt, als The Signal es tut –, dass es sich lohnt, das ganze Doppelpack zu erleben.
Alan Wake: The Signal ist ab heute herunterladbar. Wer einen Code mit Alan Wake bekommen hat, kann sofort loslegen, ansonsten sind es 560 Punkte, also etwa 6,50 Euro.