Alarm für Cobra 11: Undercover – Test
Die N.I.C.E.-Macher sind tief gesunken: Tristesse und nicht einmal Nähe zu der Serie
In schöner Regelmäßigkeit läuft Alarm für Cobra 11 nun bereits seit 1995 auf RTL. Früher - und das dürfte nun gut und gerne schon so 15 Jahre her sein - habe ich die Serie auch mal aktiv mitverfolgt. Umso beachtlicher, dass sie auch heute noch erfolgreich ist, was ja beileibe keine Selbstverständlichkeit ist. Seit dem Jahr 2000 gibt es auch die passenden Videospiele dazu, im Jahr 2006 übernahm schließlich Synetic (Have a N.I.C.E. Day!, World Racing) - ja, die gibt es noch - als Entwickler das Ruder. Beim Spielen des jüngst veröffentlichten Titels, namentlich Alarm für Cobra 11: Undercover, frage ich mich allerdings doch, inwiefern das nun wirklich mit der Serie zu tun hat. Und was bitte ist mit Synetic passiert?
Klar, es gibt (unter anderem) Autobahnen, Polizei und Gangster, auch die beiden aktuellen Hauptdarsteller der Serie sprechen die Zeilen ihrer virtuellen Ebenbilder, aber sonst? Selbst die bekannte Titelmelodie beziehungsweise das Intro, die hier nicht vorhanden sind, würden schon einen kleinen Beitrag dazu leisten, für ein wenig mehr Stimmung zu sorgen. Aber ganz ehrlich: Wenn man die beiden Hauptdarsteller im Spiel durch irgendeine zufällige Person ersetzen und den Namen "Alarm für Cobra 11" streichen würde, hätte man hier ein x-beliebiges Rennspiel vor sich.
Nutzbare Extras wie Nagelbänder, EMPs, Schutzschilde, Ölkanonen, Enterhaken oder dergleichen stören mich ja in Spielen wie Need for Speed nicht, aber hier wirken sie auf mich doch irgendwie fehl am Platz. Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, dass insbesondere die Polizeiautos in der Serie mit solch technischem Schnickschnack ausgestattet wären. Und davon abgesehen reicht es meist auch einfach aus, wenn man seine Widersacher schlicht rammt. Aber okay, ich kann damit leben, denn das ist nicht wirklich das Hauptproblem des Spiels.
Insgesamt fühlt sich das alles von Anfang an schlicht belanglos an. Die Geschichte - ihr erarbeitet euch undercover durch das Absolvieren von Aufträgen und Rennen einen gewissen Ruf und schaltet nach und nach die Gangster aus - ist recht lahm erzählt und kommt ausschließlich in Gesprächen zur Geltung. Zwischensequenzen oder Ähnliches? Fehlanzeige. In puncto Umfang hat man immerhin mehr als 50 Missionen zu bieten, langfristig gesehen wiederholen sich die Aufgabenstellungen aber recht schnell. Ihr zerschrottet Autos von Gangstern, haltet euch undercover die Polizei vom Leib, absolviert Rennen, etc. Letztere interessanterweise auch immer wieder auf abgeschotteten Rennstrecken - drei pro Gangster-"Kampagne".
Scheinbar haben all die bösen Jungs hier ein Faible dafür, denn so oft wie hier Rennen gefahren werden, könnte man fast meinen, in irgendeiner Rennliga zu fahren... aber okay, ich will jetzt bei diesem Spiel nicht mit Sinn und Logik anfangen. Nervig sind hierbei auch die sich ständig wiederholenden Kommentare, die euch dabei um die Ohren gehauen werden und wohl eigentlich dazu gedacht sind, euch zum Teil ein wenig anzuspornen. Schon nach kurzer Zeit oder speziell nach dem Kommentar, dass es ja doch fürchterlich langweilig ist, wenn man so lange in Führung liegt, denkt man sich aber einfach nur: Halt's Maul!
Ein weiterer Wermutstropfen ist die Tatsache, dass man hier zwar grundsätzlich eine recht offene und weitläufige Welt hat, die man wie in den Vorgängern befahren könnte, allerdings ist das nicht mehr möglich. Stattdessen arbeitet ihr einen Auftrag ab und springt dann sofort zum nächsten weiter. Größere Abweichungen sind dabei nicht vorgesehen, zumal ihr teilweise schon eiskalt wieder auf die Straße zurückversetzt werdet, wenn ihr nur ein paar Meter neben der Strecke landet. In anderen Kurven ist das wiederum nicht der Fall, obwohl ich da auch deutlich abkürzte. Wenigstens hat man die Wagen zumeist gut unter Kontrolle, kann mit ihnen schön um Kurven driften. Irgendeine Form von Geschwindigkeitsgefühl geht Alarm für Cobra 11 - eine kleine Ausnahme ist Motorhauben-Perspektive - währenddessen aber völlig ab.
Auch auf der technischen Seite sieht es nicht unbedingt besser aus - es bleibt bestenfalls beim Durchschnitt. Die Autos hinterlassen einen ordentlichen Eindruck und verfügen über ein Schadensmodell, der Rest hängt aber der versammelten Konkurrenz - man denke da nur mal an nun erscheinende Titel wie Need for Speed: Most Wanted oder Forza Horizon - leider meilenweit hinterher. Ab und zu gibt es mal Häuser, ein Hotel am See und ein paar andere Fahrzeuge kurven durch die Gegend - selbst die Autobahn ist nicht wirklich belebt -, aber ansonsten ist die Welt einfach unglaublich leer, langweilig und leblos Städte, Dörfer? Bis auf ein paar Ausnahmen weitestgehend nicht vorhanden. Hinzu kommen Explosionen und Bäume aus dem letzten Jahrtausend und weitestgehend schwachbrüstige Motorensounds.
Mit vier Spielern könnt ihr außerdem noch an der gleichen Konsole zocken, ein Multiplayer-Modus ist ebenfalls vorhanden (zumindest auf Xbox 360 und PS3). Fahrt einfach ganz gewöhnliche Rennen, klappert Checkpoints ab oder tretet im Deathmatch an, in dem stets der Letzte rausfliegt.
Wenn man nun nicht zu den ganz anspruchsvollen Spielern gehört, kommt hier und da durchaus ein wenig Spielspaß zur Geltung, da das Spiel immerhin funktioniert (Bugs sind mir keine aufgefallen) und man das Auto gut unter Kontrolle hat. Aber alles in allem ist Alarm für Cobra 11: Undercover bestenfalls Durchschnitt - in allen Belangen. Dabei ließe sich aus der Serie doch ein durchaus actionreiches und interessantes Rennspiel machen. Dazu müsste man aber noch eine halbwegs spannende und nicht-generische Geschichte erzählen, die Inszenierung kräftig ausbauen und überhaupt in allen Bereichen einen Gang höher schalten - besser noch zwei. Wenn hier nicht Alarm für Cobra 11 draufstehen und die beiden aktuellen Hauptdarsteller nicht in Sprechrollen mit dabei wären, gäbe es ansonsten kein Identifizierungsmerkmal zur Serie. Und Synetic kann es eigentlich auch besser, wie man in den früheren Jahren bewiesen hat. So wirkt das Spiel eher wie eines der üblichen 08/15-Lizenzprodukte von der Stange, um mit durchschnittlichem Spiel und bekanntem Namen ein wenig Geld zu verdienen.