Urlaub auf dem iPad: Alba: A Wildlife Adventure - Test
Einfach nur am Strand stehen und den Wellen zuhören…
Alba: A Wildlife Adventure Test - Ich habe ja vor Beginn des jüngst verschärften Corona-Lockdowns schon davon geschwärmt, als was für eine Spiele-Schatztruhe sich Apple Arcade gerade erweist - und wie sich immer mehr herausstellt, hat die offenbar keinen Boden. Ständig werden exzellente Spiele nachgefüllt, die man findet, wie einen vergessenen 20-Euro-Schein in der Hostentasche einer Jeans, die man nur in Ausnahmefällen anzieht: Vorher nichts davon gewusst, stellt sich viel hiervon als kostbar heraus.
Jüngster Fund: Alba - A Wildlife Adventure von den Monument-Valley-Entwicklern bei ustwo, das Erinnerungen an die Strandurlaube meiner Kindheit weckt. Nun ja, es spielt jetzt nicht gerade in Bensersiel, wo ich meine Sommer so verbrachte, sondern auf einer wunderschönen, iberischen Mittelmeerinsel - was mich wiederum daran erinnerte, dass es dieses Jahr nichts damit wird, wie letztes Silvester auf Fuerteventura zu verbringen. Statt mich darüber aber in Wehmut zu versetzen, empfand ich Albas Meeresrauschen und Möwenkreischen als wundervoll relaxenden Instant-Urlaub.
Verliefe die Welt gerade in normalen Bahnen, Alba wäre trotz der stilisierten Optik ein ziemlich potenter Fernweh-Trigger: Wie die Sonne hier durch gut gelaunte Wolken die Welt in helle Sandtöne taucht, Wellenkämme in gleißende Diamanten verwandelt, und es bei aller Ruhe auf dem kleinen, handgestalteten Eiland niemals wirklich still ist, fühlt man sich perfekt in ein mediterranes Urlaubsparadies entführt. So komplett, dass man sich fast sicher ist, ustwo müsse irgendwo auf den Kanaren firmieren, anstatt nur einen Steinwurf von der Themse entfernt in der größten Stadt Europas.
Als wäre man wirklich dort - und wieder zehn Jahre alt
Wie der Wind so um Albas Ohren pfeift, am Strand eine Badedusche tröpfelt und auch sonst das Meer von fast überall zu hören ist, während die Vögel eure Ankunft an jedem neuen Ort besingen, könnte man meinen, hier wäre alles bestens. Dann aber hätten wir schließlich kein Spiel. Die etwa Zwölfjährige tut nichts lieber, als mit ihrem Smartphone die 60 Tiere dieser Insel zu katalogisieren, stets in der Hoffnung, irgendwann mal wieder dem mächtigen Pardellluchs zu begegnen, der ihr im Kleinkindalter so imponierte, dass er ihr ihre Leidenschaft für Tiere erst weckte.
Bei aller Schönheit scheint die Insel aber gerade ein wenig vor die Hunde zu gehen - und jetzt will der Bürgermeister auch noch ein Luxushotel auf dem Gelände des angeschlagenen Naturschutzgebiets hochziehen. Das will Alba zusammen mit ihrer Freundin Inés verhindern, also müsst ihr - neben reichlich Pokémon-Snap-artiger Tierfotografie - dieses einst so schöne Fleckchen Erde wieder auf Vordermann bringen.
Das ist im Grunde recht simpel gehalten. Werft herumliegenden Unrat in Mülltonnen, helft den Bürgern, ihre Wäsche abzuhängen, füllt Futterstellen wieder auf, verarztet durch Umweltgifte erkrankte Tiere oder sucht ein halbes Dutzend Erwachsene zusammen, um einen gestrandeten Delfin ins Meer zurückzuwuchten. Viel mehr als ein einfaches Antippen ist selten gefragt, und doch fühlt man sich, als würde man hier viel bewegen, was sicher auch daran liegt, dass Albas und Inés' Bemühungen regelmäßig in der Lokalzeitung gelobt werden.
Immer wieder werdet ihr von Vögeln oder anderem Kleingetier unterbrochen, das sich durch Laute bemerkbar macht und dann geht ihr ein bisschen auf Safari, um ihr Foto zu eurer Sammlung hinzuzufügen. Es gibt ausschließlich reale Tiere zu entdecken, die mitsamt ihres charakteristischen Lautes, ihrem deutschen und lateinischen Namen in eurem Notizbuch vermerkt werden und so gekonnt stilisiert wurden, dass mein ebenso wie Alba tiervernarrter Sohn sie problemlos wiedererkennen würde. Man lernt also noch etwas dabei, wenn man mit seinem Nachwuchs spielt.
Dieses Spiel ist purer Balsam auf die Lockdown-Seele. Zwei kleine Kritikpunkte muss ich auf iPad dennoch anbringen: Dass nur hochkant spielen möglich ist, scheint mir angesichts der Konsolen- und PC-Versionen seltsam (auch wenn es nicht störte) - und ein Bug registriert die Gyro-Sensoren zur Kamera verkehrt herum, weshalb ich Albas Bilder leider per Touchscreen steuern musste. Ich hoffe, diese Eigenheiten werden noch beseitigt. Aber am Ende überwiegt sowieso was anderes:
Alba: A Wildlife Adventure Test - Fazit
Jeder Ort hier ist mit wahnsinnig viel Liebe gestaltet und es weckt tatsächlich Erinnerungen an bei tollem Wetter weggespielte Nachmittage voller Entdeckungen, während die Gegend immer vertrauter wird. Und es ist so wahnsinnig charmant - die beste Idle-Animation seit Ewigkeiten: Wie sich dieses kleine Mädchen die Schnürsenkel zubindet - dass man einfach gerne hier ist. Auch wenn dieser Urlaub nur knapp vier Stunden geht, hallt dieses erholsame Erlebnis lange nach und bildet gerade den perfekten Gegenpol zu Night Citys abschätzigem Menschenbild oder den Open-World-Überfluss des (trotzdem exzellenten) Immortals Fenyx Rising.
Wie ich gerade sehe, gibt es Alba auch auf Steam, PS4 und Xbox One, für jeweils etwa 14 Euro, und für die Switch soll es im Frühling kommen. Das Geld ist es mehr als wert, was es umso schöner macht, in der Apple Arcade einfach so darüber zu stolpern.
- Entwickler / Publisher: ustwo Games
- Plattformen: Apple Arcade, PC, PS4, Xbox One; Switch ab 2021 (getestet auf iPad Pro)
- Release-Datum: erhältlich
- Sprache: Deutsch, Englisch und weitere
- Preis: inbegriffen in Apple Arcade, andernorts ca. 14 Euro, keine Mikrotransaktionen