Alien: Covenant - Filmkritik
Scott verrennt sich, Teil 2.
Regie: Ridley Scott
Buch: John Logan, Dante Harper
Darsteller: Katherine Waterstone, Michael Fassbender, Danny McBride, Carmen Ejogo, Billy Crudup
Wenn man Antworten bekommt, die man nie wollte...
Vorweg: Ich mochte Prometheus. Klar, die Geschichte war nicht die beste, vieles war entweder zu vage oder zu auf die Nase gebunden - dazwischen gab es wenig. Außer natürlich zweifelhafte Charaktermotivationen und eine Science, bei der man sich gedanklich schon ein bisschen strecken musste, damit beispielsweise der "Black Goo" irgendwie konsistent Sinn ergab. Aber es war ein fabelhaft aussehender, schockierender und an einigen wichtigen Stellen mysteriöser Science-Fiction-Film, dem der Sinn nach mehr stand als nach bloßem Horror. Dass nicht alles so rund zusammenkam, ein wenig fahrig wirkte und nicht jedes Motiv, das Scott faszinierend fand, auch interessanten Stoff in ausgerechnet diesem Streifen abgab, steckte ich weg.
Alien: Covenant geht diesen weg nun aber unbeirrt weiter, indem er die Geschichte mehr oder weniger nahtlos fortsetzt. Immer mehr verschiebt Scott den Fokus in Richtung des größenwahnsinnigen Androiden David (ein fantastischer Fassbender, in einer Doppelrolle auch als deutlich "netteres" Nachfolgemodell Walter zu sehen). Nur beißt sich das mit der Tatsache, dass uns Scott vordergründig weißzumachen versucht, es ginge um die Crew des titelspendenden Kolonieschiffes, das fernab der Erde die schlimmste aller Entdeckungen macht.
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Er mischt eine philosophische und oft schwülstig wirkende Abhandlung über künstliche Intelligenz und Schöpfertum mit einem effektiven, aber stumpfen Science-Fiction-Monsterfilm, der die Plausibilität der einstmals zentralen Alien-Nemesis doch sehr in Frage stellt.
Kurzum: Was ihr hier erfahrt über die Genesis dieser ikonischen Biester, wird euch dieses Universum erstaunlich klein und in sich zusammengeschrumpft vorkommen lassen - und euch gleichzeitig verwirren, weil es im scheinbaren Widerspruch zu vielem steht, was man vorher sah und zu wissen glaubte. Mehr geht ohne Spoiler nicht, also belassen wir es dabei. Sicher sagen kann ich allerdings, dass es mich einmal mehr wahnsinnig macht, wie zügig immer alles gehen muss. Das sind jetzt sicher schlimme Geek-Nörgeleien, aber wenn von Infektion beziehungsweise Befruchtung zum Schlüpfen der neuen und bekannten Kreaturen kaum mehr zehn Minuten vergehen dürfen, bevor ein vollkommen einsatzfähiger Killer (!) aus seinem Opfer bricht, geht nicht nur der Spannungsaufbau flöten, sondern auch ich an die Decke.
Ehrensache, dass einmal mehr Charaktere haarsträubend idiotische Entscheidungen treffen (und ich bin einer von denen, die das Schlangenstreicheln in Prometheus noch in Teilen verteidigten) und nicht nachvollziehbare Ansichten haben. Vieles ist einfach schreiend unplausibel: Mehr als einmal dachte ich, "niemand würde so handeln", "das wäre so niemals passiert", "Hierfür gibt es kein Sicherheitsprotokoll?!", "Wieso darf diese Figur das?", "Haben sie gerade wirklich die zentrale Frage aus Prometheus und der Eröffnung dieses Films in einem einmütigen Flashback abgefrühstückt?"
Dass gewisse Figuren gegen ihre eigenen, versteckten Interessen agieren, nur damit der Plot den Zuschauer später überraschen kann, ist nur die Spitze dessen, von dem dieser Film hofft, ihr nehmt es ihm ab. Ein aussichtsloses Unterfangen, denn in diesem speziellen Fall kündigt sich eine zentrale Wendung dermaßen von Weitem an, dass ein Blick in die Besetzungsliste genügt, um einen aussichtsreichen Tipp abzugeben.
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Ich kann trotzdem ehrlich sagen, dass ich grundsätzlich unterhalten und sehr angespannt gewesen war. Ich fand zwar den finalen Showdown eher schwach, fast schon lapidar und überhaupt konstruiert herbeigeführt. Gerade auch im Hinblick auf den Kenntnisstand am Ende des Filmes. Aber ich bin durchaus zufrieden damit, wo der Streifen am Ende landet. Nämlich am selben Ort, wo Prometheus vor fünf Jahren war: An einer Stelle, an der man glaubt, dass Scott das mit dem nächsten Film noch irgendwie geradebiegen kann, dass da noch etwas kommt, das alles erklärt. Bis dahin bekommen wir fantastisch aufgelegte Schauspieler, über deren Rollen man größtenteils zu wenig erfährt, die aber umso mehr Verzweiflung und blanken Terror in einige fantastische Panikszenen legen. Dazu faszinierend schlimmer Gore und einige nicht zu verachtende Schauwerte, wenngleich Prometheus ein deutlich hübscherer, weniger trostlos anzusehender Film war.
Als Horrorfilm ist das hier gelungen, allerdings muss sich Scott auch die Frage gefallen lassen, ob der Film als reiner Schocker ohne existenzialistische Seinsfragen und lange Dialoge nicht deutlich besser drangewesen wäre. Der erste Alien war so ein schlanker, gemeiner Film, ebenso aufs Wesentliche fokussiert, wie die Bestie, um die er sich drehte, dass Prometheus und nun Covenant oft bemüht und ziellos verkopft wirken, wo die Vorlage zielgenauer auf instinktive Angstzentren zielte.
Immerhin: Ridley Scott macht nicht den Eindruck, den Zuschauern nach dem Mund zu filmen. Unbeirrt erzählt er die Geschichte weiter, die mit Prometheus ihren Anfang nahm. Mit der Konsequenz dass diejenigen, die schon am letzten Teil abprallten, ihm auch diesen hier eher übelnehmen dürften. Das kann man störrisch finden oder kreativ konsequent. Angesichts der beachtlichen Tricks, die der Mann mit 79 Jahren immer noch auffährt, neige ich zu Letzterem. Das bedeutet nicht, dass mir Covenant und das, was er über die Mythologie des Alien sagt, gefallen muss. Zahllose Szenen und Momente in diesem Streifen signalisierten mir, dass ich hier eigentlich eine spitzenmäßige Zeit haben sollte. Das Werk als Sammlung an Erkenntnissen über dieses Universum jedoch fährt mir mit seiner eigenwilligen Erzählrichtung und -schlagzahl aber immer wieder derbe in die Parade. Schade.