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Alien: Romulus ist der beste der schlechten Alien-Filme

Gute Zitate, schlechte Zitate.

SPOILER gibt es erst in einem separat markierten Abschnitt. Ich versuche, es bis dorthin frei von Story-Details zu halten, damit ihr eine Ahnung davon bekommt, was ich an dem Film gut fand und was (viel) weniger.

Am Ende kam ich dann doch recht enttäuscht aus dem Kino. Alien: Romulus startet nämlich wirklich famos. Wie Evil-Dead-Regisseur Fede Alvarez dieses so vertraute Universum auf menschlicher Ebene unterfüttert, das hat für einen alten Science-Fiction-Nerd wie mich geradezu Lieblingsfilm-Kaliber.

Wir sehen aus erster Hand die Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung auf einem Weyland-Yutani-Minenplaneten, auf dem nie die Sonne zu sehen ist. Den Jungen sterben früh die Eltern weg, weil das Zeug, was sie da aus der Erde holen, irre krankmacht. Eher früher als später müssen auch noch halbe Kinder ran, um ihren Vertrag Tag um Tag abzuknechten – und als einigen von ihnen die Entlassung aus dem modernen Sklavendienst versagt wird, suchen sie nach einem Weg, diesem Höllenloch zu entfliehen.

Merkt euch den Namen David Jonsson!

Richtig stark ist, wie zu Beginn die Charaktere Rain und Andy fest im Zentrum des Geschehens stehen. Geschwister sind so oder so ein Thema, wenn es später auf zweigeteilte Raumstation geht, die aus Romulus und Remus besteht. Der Twist an dieser speziellen Beziehung jedoch: Andy ist ein nicht allzu gut funktionierender Androide, den Rains Vater vom Schrott gerettet hatte. Seine Direktive seit Rains Kindheitstagen: Tun, “was für Rain das Beste ist”.

David Jonsson ist als Andy das klare Highlight des Films, wenn er als welpengesichtiger, herzensguter Pinocchio mit Faible für Dad-Jokes beginnt und später neue Seiten an ihm freilegt. Eine unglaublich facettenreiche Performance, die selbst in den aus fehlerhafter Software resultierenden Manierismen eines humanoiden Stück Schrotts noch viel Menschlichkeit findet. Spaeny spielt zurückhaltender, aber ebenfalls nuanciert auf. Man mag die beiden direkt. Selbst die erweiterte Freundesriege bringt genug Ausstrahlung mit, um fehlende Charakterentwicklung zu kompensieren. Es ist eine Crew, der man alles Gute wünscht.

Alien: Romulus Bildergalerie

Geradezu imposant ist die technische und künstlerische Seite: Überwiegend praktische Effekte und fabelhafte Sets, die perfekt die Zeit zwischen den ersten beiden Alien-Filmen einfangen, unterstreichen, dass hier jemand mit viel Liebe am Werk war. Immer und immer wieder beweisen die Verantwortlichen ein gutes Auge für eindringliche Bilder und situativ gelungene Spannungsmomente. Das ist richtiggehend kunstvoll gemacht und bis zum Schluss schön anzuschauen. Selbst als ich mich der Film in Sachen Handlung schon längst verloren hatte, beeindruckte er mich noch mit vereinzelten Einstellungen. Dazu fand ich das Tempo, das der Film ging, überwiegend gelungen. Langsam, wo es nötig war, frenetisch, wo es sein musste.

Bitte bleib' Dein eigener Film!

Problematisch ist dagegen, wie sehr sich Alien: Romulus auf Zitate stützt. Einige davon gehen in Ordnung, viel mehr davon verärgerten mich aber richtig, gerade gegen Schluss gleich zweimal in kurzer Folge. Doch das sind Dinge, über die rollt man mit den Augen gerade noch hinweg. Was schlimmer ist: Alien: Romulus will ein Best-of-der Reihe sein, macht dabei aber den Fehler, die erzählerisch misslungenen Prometheus und Covenant mit in seine Geschichte aufzurollen, anstatt sie zu ignorieren, wie es sich gehört. Die Trailer sahen danach aus, als ginge es zurück zu den Wurzeln, aber ich denke, Ridley Scott, der als Produzent fungiert, hatte da ein Wörtchen mitzureden. Schade, denn die letzten beiden Filme haben das Lore dieses legendären Filmmonsters mit ihrer esoterischen Erklärwut ohne Not nachhaltig beschädigt – jetzt verhunzen sie auch die Filme danach noch mit.

Ebenfalls entmutigend mit Blick auf die Eigenständigkeit dieses Streifens: Fast inflationär wird mehr schlecht als recht ein visueller Effekt genutzt, der zurecht das Publikum spalten wird und dessen Einsatz mir nach einschlägigen Präzedenzfällen in anderen Filmen komplett rätselhaft bleibt. Alvarez zeigt sich überall sonst so respektvoll dem Material gegenüber, dass es schlimm aus diesem Film heraussticht. Und zu guter Letzt sind da die Kills, die eher farblos bleiben, was ich von Fede Alvarez komplett anders erwartet hatte. Nachdem auf viele der letzten Momente der betreffenden Figuren stark hingearbeitet wird, geht das schon noch ok. Doch da wäre viel mehr drin gewesen.

Und das ist wohl auch das Ein-Satz-Fazit zu einem Film, der zu Beginn Großes andeutet und sich dann in der Rückschau auf die Serienhistorie Schritt um Schritt selbst verliert. Man bleibt der guten Darsteller wegen dabei, und weil Sound und Bild immer wieder berauschend gut sind. Aber ich für meinen Teil war im Finale dezent genervt und nahm dem Film zu viele Einzelmomente und Handlungsentscheidungen übel, um mit einem guten Gefühl aus dem Kino zu gehen. Ich bin mir bewusst, dass ich zu der Sorte Fan gehöre, die notorisch schwer zu befriedigen ist. Aber mich macht traurig, wie ein derart gut veranlagter Film talentierter Leute, wie Alien: Romulus, im Zweifelsfall fast immer die Fan-Fiction-Abfahrt nimmt.


Ab hier folgen SPOILER in schneller Folge

Ich will das hier gar nicht groß auswalzen, sondern nur flugs auflisten, was ich doof fand, und warum. Also, let’s go.

Wenn man ein wenig darüber nachdenkt, gibt es eine Menge Kleinigkeiten, die rückblickend den alten Filmen gegenüber nicht fair sind. Dass Weyland Yutani den Xenomorph aus dem ersten Teil birgt, untergräbt Ripleys Leistungen fast so schlimm wie der Tod von Newt und Hicks in Alien 3. Die Idee von Instant-Chestburstern, die einem nach fünf Minuten schon zwischen den Rippen durchgrinsen, ist hochgradig albern. Und Ian Holm auf demselben Computer zu deepfaken, der für Disney schon Admiral Tarkin verunstaltet hat, war weder ein feiner Zug noch eine gute Idee. Vielleicht hätte es funktioniert, wenn es täuschend echt gewirkt hätte, immerhin kommen diese Androiden von der Stange. Wir werden es nie herausfinden, denn es sah scheußlich aus.

Und so sehr ich eine gute Hommage liebe: Ohne Grund Andy den Bosskampf Ripley vs. Alien Queen zitieren zu lassen, und Rain am Schluss zum Echo von Ripleys letztem Logbuch-Eintrag zu degradieren, war komplett unnötig. Mir war schon bewusst, dass ich hier einen Alien-Film schaue, besten Dank!

Aber ich glaube, am schlimmsten fand ich einfach, dass wir nach zwei Filmen, die fast niemand mochte, schon wieder beim Black Goo und käsebleichen Engineer-Visagen landen. Das kann irgendwie nicht deren Ernst sein. Genauso wenig, wie die Tatsache, dass Alvarez nach Don’t Breathe schon wieder eine Schwangere als Ekel-Plot-Device hernehmen muss, was so vorhersehbar war, dass ich überrascht war, als es so kam. Und überhaupt: Haben wir aus dem “Baby” aus Alien Resurrection (den ich zwar als Alien-Film hasse, als schludrig-schrägen Monsterfilm aber viel zu sehr schätze) gar nichts gelernt? Der Xenomorph ist das vielleicht ikonischste Monster der Filmgeschichte. Es auf der Klimax der Geschichte gegen ein halbmenschliches Renderwesen einzutauschen, das nicht ansatzweise so bedrohlich wirkt, ist ein Downgrade und ein schlechter Scherz.

Auf dem Papier ist das ein gut funktionierender Film. Für Leute, die Prometheus und Covenant mochten, sogar ein guter. Alles kommt passend zusammen, hat strukturell Hand und Fuß. Mich verlor dieser allzu Vollständigkeits-beflissene Remix aber auf halbem Wege. Ich glaube, wir lassen das so langsam mal, mit Alien-Filmen.

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