Alle Ehre dem Fat Chocobo: Das Final Fantasy XIV Fan Festival
Frankfurt im Zeichen gelber Laufvögel
Zwei erwachsene Männer sitzen am Schreibtisch und betrachten mit ernstem, kritischem Blick das Display des PC-Monitors. „Die Beine sind definitiv zu dünn", sagt der eine, bevor der andere mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den zweiten Monitor deutet. „Aber hier sind sie eher zu dick". Grübelnd sitzen die beiden da, die Augen fixiert auf den Bildschirm. Welche Oberschenkelgröße ist die richtige? Minute um Minute vergeht, letztlich fast ein halber Tag, bevor die Entscheidung schließlich wie so oft auf die goldene Mitte fällt. „Wie wir dasaßen und den PC anstarrten, das muss ein merkwürdiger Anblick gewesen sein. Kaum zu glauben, wie viel Zeit wir damit verbracht haben", erzählt Naoki Yoshida und merkt amüsiert an: „Und nein, ich werde euch nicht verraten, welche Beine mir persönlich besser gefallen haben. Meinen Fetisch behalte ich lieber für mich."
Bei der Diskussion zwischen Yoshida und Yusuke Mogi ging es um dieses Artwork von Patch 3.2 für Final Fantasy XIV und die Story ist deshalb relevant, weil sie ziemlich gut auf den Punkt bringt, wie Stimmung und Atmosphäre auf dem Final Fantasy XIV Fan Festival in Frankfurt waren: Sympathisch, freundlich, gemütlich, gemeinschaftlich - in jedem Fall aber wahnsinnig locker. Das galt nicht nur für „The Art of Eorzea", wie die Talkrunde getauft worden war, sondern auch für den Rest des Programms auf der Hauptbühne in der Festhalle und generell eigentlich für alles, was an diesem Wochenende seitens Square Enix und der Entwickler für die Fans organisiert wurde. Handshakes mit dem Game Director, kurze Gespräche mit Nobou Uematsu, Selfies mit dem Square-Enix-CEO höchstpersönlich: Das erlebt man nicht alle Tage, schon gar nicht von einem urjapanischen Konzern wie diesem. Und es wird nur umso bemerkenswerter, wenn man einmal darüber nachdenkt, wo Final Fantasy XIV vor sechs Jahren stand: nämlich irgendwo am Abgrund nach einem hoffnungslos verkorksten Launch. Hätte jemand damals auch nur über ein Fan Festival nachgedacht, wäre er wohl direkt suspendiert worden.
Die Zeiten des Wundenleckens sind aber dankbarerweise vorbei: Heute steht Final Fantasy XIV irgendwo mit an der Spitze des MMO-Genres und sonnt sich neben World of Warcraft und The Elder Scrolls Online. Die zweite große Erweiterung „Stormblood" steht vor der Tür - im Juni ist es soweit - und die Spieler- und Abonnentenzahlen sind offenbar auch Grund zur Freude, denn alles auf diesem Event verbreitete gute Laune (bis auf die hallentypisch miesen Lichtverhältnisse, mit denen meine Kamera und ich definitiv keine Freunde mehr werden; ein paar brauchbare Bilder sind aber trotzdem dabei).
Über zwei Tage war das Bühnenprogramm gespickt mit kleinen und großen Talkrunden - Uematsu höchst selbst erzählte zum Beispiel, wie das so ist, Musik für ein Online-Rollenspiel zu komponieren -, mit lustigen Workshops - wie zeichnet man eigentlich einen Chocobo? - und natürlich durften auch ein Cosplay-Contest und das obligatorische PVP-Turnier nicht fehlen, bei dem sich das Team „Boyband" im Finale mit beeindruckender und unheimlich effizienter Taktik durchsetzen konnte - „10 Stacks" hatten keine Chance, konnten als Zweiter aber trotzdem mit erhobenem Haupt nach Hause gehen.
Apropos Cosplay: Game Director Naoki Yoshida hätte in seinem großartigen Samurai-Outfit an sich auch direkt selbst beim Contest mitmachen können, ist aber vermutlich als Square-Enix-Mitarbeiter nicht zur Teilnahme qualifiziert. Auch hätte gegen den unheimlich flauschigen Fat Chocobo in Menschengröße sowieso verloren. Generell waren die Werke der 30 Finalisten wieder einmal höchst eindrucksvoll, persönlich haben mir vor allem auch die zwei Prinzen sehr gefallen. Die monatelangen Mühen merkt man den Kostümen und Auftritten auf jeden Fall an. Wenn jemand von euch das hier lesen sollte: Das war von allen ganz fantastische Arbeit - ihr seid alle Gewinner!
Den insgesamt knapp dreieinhalbtausend Fans, die aus aller Welt extra nach Frankfurt angereist sind, wurde also wirklich viel geboten, zumal es bei solchen Events ja in erster Linie auch darum geht, sich untereinander zu treffen und gemeinsam über das Spiel, die kommende Erweiterung und die Welt von Eorzea zu quatschen - und da gab es freilich mehr als genug Gesprächsbedarf. Immerhin hatte Naoki Yoshida die ganze Veranstaltung mit einer großen Keynote feierlich eingeleitet und dabei etliche Infos zu Stormblood und Version 4.0 verraten: Zwei neue große Städte, ein neuer Job (der erwähnte Samurai), ein Raid, zwei Primals, diverse Story-Details, neue und bekannte Charaktere, ein erweitertes Inventar und vieles mehr - die Liste ist lang und in einer Übersicht auf der offiziellen Website nachzulesen. Den Opening Cinematic Trailer findet ihr seit Kurzem auf Youtube.
Aber auch sonst war zwischen den Shows auf der Hauptbühne für reichlich Beschäftigung gesorgt. Ob man sich nun an den vielen Anspielstationen mit seinem eigenen Charakter einloggte und kurze Missionen oder PVP-Matches absolvierte, in der „Kirmes-Zone" Hau-den-Lukas oder Dosenwerfen spielte, im Catering-Bereich genüsslich trank und schnabulierte oder einfach nur durch die Hallen schlenderte und dem regen Treiben zusah: Langweilig wurde es nicht. Nach all der Anstrengung und Hektik des langen Samstags tat es dann abends richtig gut, sich an seinem Platz zurückzulehnen und der leisen Piano-Musik von Benyamin Nuss zu lauschen, der gemeinsam mit Sängerin Susan Calloway die Titeltracks „Answers" und „Dragonsong" performte - ein toller Abschluss mit Gänsehaut-Effekt.
Und das war es also, das Final Fantasy XIV Fan Festival in Frankfurt: eine schöne, unterhaltsame, durchgehend gelungene Veranstaltung für Fans, die zwar nicht unbedingt aus der Portokasse bezahlt wird (149,99€ kostete ein Ticket für beide Tage), aber dafür spannende Einblicke hinter die Kulissen gewährte und die „Warriors of Light" aus aller Welt so nah an die Erschaffer von Eorzea brachte wie es sonst nur engen Freunden und Mitarbeitern von Square Enix möglich ist. Alleine dafür und für das Piano-Konzert hat sich die Reise allemal gelohnt. Drücken wir die Daumen, dass der Launch von Stormblood reibungslos abläuft - denn Interesse an weiteren Festivals hat das Team schon bekundet.
Zum Abschluss dieses kleinen Event-Berichts habe ich euch noch ein paar Bilder und Impressionen aus der Festhalle in Frankfurt zusammengestellt - inklusive der sechs Gewinner des Cosplay-Contests.