Alone in the Dark
Feuertaufe mit zwei Meinungen
Schnitt, Sound und Choreographie wirken aber seltsam aus dem Tritt und säbeln damit haarscharf am angepeilten Effekt vorbei. Schade, denn Technik und Vision stimmen voll und ganz. Hier wären noch Feinschliff und Abstimmung vonnöten gewesen, um eine Portion mehr Spannung aus dem Spiel herauszukitzeln. Die gute Nachricht: Schon ab der vierten Episode ist das Spiel weit weniger Skript-lastig, Zwischensequenzen gibt es selten oder beschränken sich auf einige hübsche Kamerafahrten. Doch ich greife vor. Was Edwards Suche nach seiner Erinnerung (schließlich löste er seinen letzten Fall Ende der zwanziger Jahre und findet sich nun - ohne gealtert zu sein - im neuen Jahrtausend wieder) zu etwas Besonderem macht, ist die Art und Weise, wie Alone in the Dark mit lange nicht allen, aber immerhin einigen Videospiel-Klischees bricht.
Ok, Sarah Flores, eine weitere Überlebende, die Edward fortan zur Seite steht, muss im Wechsel natürlich die übliche "Love interest" Schrägstrich "Damsel in Distress" geben. Und das übersichtliche Arsenal an hilfreichen Items liegt auch meistens genau dort herum, wo es gerade gebraucht wird. Andererseits ist es ist aber tatsächlich so, dass man jede Tür unter Zuhilfenahme von stumpfer Gewalt, Feuer oder Explosiva öffnen kann. Dazu nimmt man zum Beispiel einen schweren Gegenstand, wie etwa einen Feuerlöscher oder eine Axt. Diese Waffen lässt man mit dem rechten Stick analog zur Daumenbewegung langsam kreisen oder vollführt durch einen schnellen Schwenker einen Schlag in die gewählte Richtung.
Doch auch ein Stuhlbein, das Ihr mit dem Stick in eine brennende Gasleitung haltet und damit entzündet, verwandelt eine Eichentür im Handumdrehen zu Holzkohle. MacGyver-Fans öffnen unterdies ihre Lederjacke und schauen auf das schönste (wenn auch nicht unbedingt praktischste) Inventar seit Menschengedenken herab. Wer hier eine PET-Flasche voller brennbarer Flüssigkeit und sein Taschenmesser ausrüstet, kann anschließend mit dem rechten Trigger ein Loch in den Behälter stechen und diesen mit dem linken Trigger vor die Tür werfen. Die Flasche zieht durch das Leck eine entzündliche Spur hinter sich her, an die Ihr aus sicherer Entfernung nur noch Euer Feuerzeug halten müsst.
Selbst komplexere Kombinationen sind möglich: Stattet die Flasche zusätzlich mit doppelseitigem Klebeband aus und Ihr hab eine praktische fernzündbare Haftbombe, die an Gegnern wie Gegenständen gleichermaßen stecken bleibt. Man könnte dem Spiel nun zur Last legen, dass, wo immer man auch hingeht, sich alles darum dreht, Feuer an bestimmte Dinge und Feinde zu legen. Oder dass manche Kombinationen in der Hitze eines Kampfes nur äußerst fummelig zu bewerkstelligen sind.
Allerdings funktioniert das Spiel mit dem Feuer einfach auf so nachvollziehbare Weise, dass man gerne zündelt. Außerdem hat man jederzeit die Möglichkeit, seine Brandsätze schon vorher zu fertigen. Oder man weicht auf Alternativen wie etwa die brennbare Munition (Benzin + Kugeln) aus. Verzweifelte missbrauchen gar ihr letztes Heilspray plus Zippo als kurzlebigen, aber effizienten Flammenwerfer.
Mit Abstrichen in der Inszenierung mag das bis hierhin noch alles nach genau dem Spiel klingen, das Eden Games uns versprochen hat. Leider fällt gleich zum Auftakt relativ schmerzhaft auf, dass die Steuerung unter einer mutierten Variante des Shen Mue-Syndroms leidet: Edward ist es in der Schulter-Ansicht nicht möglich, sich nach links oder rechts zu drehen, ohne sich gleichzeitig in diese Richtung zu bewegen. Sachtes und vorsichtiges Manövrieren in einem von Flammen, Elektrizität oder Abgründen gesäumten Korridor wird zur reinsten Lotterie. Schlimmer noch: der rechte Stick, der in den meisten anderen Games die Übersicht rettet, schwenkt hier die Kamera nur ein wenig nach links, rechts, oben und unten, anstatt sie um den Protagonisten herum kreisen zu lassen.