Alt+F40: Bohnsson von Bremenborgs Abenteuer in Valheim und wird Nintendo so bequem wie ich?
Logbuch, erster Eintrag, KW07/2021
"Jetzt macht der auch noch 'ne wöchentliche Kolumne!?" Was soll ich sagen, mit den Jahren kommen nicht nur Status-Abzüge - zwölfmonatlich -2 Prozent auf Ausdauer und Abenteuerlust, +5 Punkte auf Besserwisserei - sowie die schleichende sozialistische Umverteilung des Haarwuchses (von oben nach unten, wie sich das gehört!) auf einen zu. Es gibt auch ein paar Privilegien. Unter anderem, dass einem die Leute zuhören müssen, wenn man was sagt. Bilde ich mir jedenfalls ein und ich denke, unsere "Neuen" Ana, Judith und Melanie können im Chor ein Lied davon singen.
Damit ihr nicht leer ausgeht, also jetzt diese Rubrik, in der ich mir so regelmäßig, wie es geht, so viel Bühne nehme, wie ich will. Denkt dran, die Zeit fliegt, nehmt mich, so lange es mich noch gibt. Knappes Gut ist teuer. Sonst noch was? Nunja, so ganz sicher bin ich nicht, ob ich mir mit dem Namen dieser Kolumne nicht ein Eigentor eingeschenkt habe. Aber hey, auch Gelassenheit gehört zu den Boni des Älterwerdens. Sagte man mir jedenfalls. Mal sehen, wann die einsetzt, meine beiden Jungs (zusammen viereinhalb Jahre alt), versuchen glaub ich gerade, sie mir anzutrainieren.
Also, wollen wir?
Inhalt
Junge, junge, Valheim!
Ich kann es niemandem verübeln, der hörbar mit den Augen rollt, wenn er die Rekordmeldungen über Valheim liest. Es sieht einfach zu stark nach Hype über den x-ten Survival-Crafting-Trittbrettfahrer aus. Das kann ermüden. Sollte aber nicht den Blick dafür trüben, was diesem Spiel alles gelingt. In erster Linie ist es das Kunststück, dass das Spielen von Valheim an die Tollereien unserer Kindheit erinnert, wie ich diese Woche bereits schrieb.
Aber wie ich mehr und mehr entdecke, ist es auch systemisch schon jetzt ein wahnsinnig ausgefuchstes Spiel, das wieder und wieder überrascht. Eine Sandbox im besten Sinne, in der eine Regel schon mal laut polternd mit einer anderen kollidiert. Eine Exkursion in die Tiefen des Dunkelwaldes endete damit, dass ich mir eine Art Jagdhütte baute, um dort zu nächtigen, meine stumpf gewordenen Waffen an einer Werkbank zu polieren und vielleicht in einer Kiste ein paar Dinge zwischenzulagern, die ich jetzt noch nicht, wohl aber später brauchen würde. Erze und dergleichen, Sachen, an denen ich für den Moment unnütz schwer zu schleppen hatte.
Für ein Bett braucht man allerdings auch ein Feuer, sonst schläft es sich in Valheims Wäldern nicht besonders. Erst da merkte ich, dass Rauch durchaus zum gesundheitlichen Problem werden kann, wenn man nicht für Durchzug sorgt, was ich in meiner ersten Behausung wegen der Lust auf zwei, drei Fenster von selbst gemacht hatte. Diesmal ließ ich ein Loch im Dach, nicht einmal direkt darüber, weil ich mir dachte: "Regen und so", nicht wahr? Und was passierte? Der Wind frischte auf, kam plötzlich aus Süden und drückte den Niederschlag in eine solche Schieflage, dass er durch die versetzte Öffnung an der Decke direkt aufs Feuer einprasselte und es löschte.
An anderer Stelle buddelte ich mir, beim Anlegen eines Wassergrabens vom Meer zu meinem Haus - mitsamt Fallgrube für Angreifer -, nach und nach selbst ein feuchtes Grab. Der Wind frischte auf und peitschte eine meterhohe Welle übers Meer, die auch durch den Graben fegte mich die Bodenhaftung verlieren ließ. Ich landete in meinem eigenen Loch. Nach ein paar erfolglosen Versuchen, mich am Rand rauszu"skyrimmen", musste ich merken, dass die einzige Stelle, an der ich hätte herausklettern können, mittlerweile von gleich zwei Wildschweinen bewacht wurde. Sinnten wohl nach Rache für die Dutzenden Artgenossen, die seit Spielstart auf meinem Spieß gelandet waren. Und sie sollten ihre Vergeltung bekommen: Durchnässt, frierend, ohne Ausdauer und schon gut gebeutelt vom Beinahe-Ertrinken machten die teuflischen Borstentiere kurzen Prozess mit mir. Armselig wie Robert Baratheon, nur eben ohne Reichtum und Krone.
Der Kampf gegen einen gigantischen Troll ein Leben später eignete sich hingegen bestens, um ohne jede Axtschwingerei ein Stück Wald zu roden, so wild wie das blauhäutige Biest um sich schlug. Der Dominoeffekt brachte eine Tanne um die andere zu Fall, während sie so ineinander stürzten - und erschlugen dabei noch eine Horde Grauzwerge, die gerade drohte, mein Abforstungsprojekt per Troll-Kiting zu sabotieren. Kurz gesagt: Dieses Spiel steckt voller Systeme, von denen man nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt und die nach und nach zu entdecken aufgrund der außerordentlich großen Gastfreundschaft Valheims, eine echte und aufrechte Freude ist. Man darf sogar zu jedem erdenklichen Zeitpunkt speichern, sofern gerade keine Feinde in der Nähe sind, und findet sich beim Wiedereinstieg an Ort und Stelle wieder. Ein Spiel, das an Eltern denkt!
Nintendo steht der Wohlstandsspeck gut - aber er scheint ein wenig träge zu machen...
... nicht, dass ich mitreden könnte. Ähem. Die jüngste Nintendo Direct hatte auf dem Papier viel zu bieten: Ein Zelda und die Fortsetzung einer anderen beliebten Nintendo-Reihe lesen sich erstmal gut, aber Skyward Sword HD ist weder Breath of the Wild 2 noch ein Remake von ALTTP oder A Link Between Worlds. Und Splatoon 3 ist - bei aller wirklich vorhandener Liebe - nicht Metroid. Mario Golf wird sicher lustig, keine Widerworte von mir, und Miitopia ist nett, aber ich kann nicht behaupten, dass das jetzt auf meinem Wunschzettel war. Ich war ehrlich überrascht, als ich sah, dass ich offensichtlich den Test dazu geschrieben habe. Ok, August 2017 - da muss meine Stilldemenz durchgeschlagen haben.
Wo ist eigentlich Bayonetta 3? Nicht falsch verstehen, ich bin tatsächlich bereit, Skyward Sword, dem Zelda, das fast jeder am wenigsten mag, nochmal eine Chance zu geben. Realistisch betrachtet macht aber auch der HD-Zusatz die Wii-Herkunft nicht vergessen. Ich meine, haltet mal Wind Waker HD daneben, meine Güte! Wie schon bei Twilight Princess war die Zeit alles andere als gnädig hierzu - das ist etwas, was man nur selten über Nintendo-Spiele sagt oder sagen muss.
Die meiste Freude erzeugten die Indies wie Outer Wilds (aka mein absolutes und ungeschlagenes Lieblingsspiel aller Zeiten - eine Position die seit 1994 X-COM innehatte, aber auch eines, das man eigentlich nicht zweimal spielen muss) und Double-A-Beiträge wie Triangle Strategy. Bei ersterem bin ich jedoch nicht sicher, ob die Switch die beste Plattform dafür ist. Ich liebe meine Switch und habe ihr gerade als frischer Doppelpapa viel zu verdanken. Was ich weniger mag, sind die Dinge, die manche Entwickler meinen, ihren Spielen antun zu müssen, damit sie auf dem Handheld laufen. Siehe Bild unten für ein Horrorszenario. Was Triangle angeht, muss ich immer daran denken, dass mir der indirekte Vorgänger Octopath Traveller nur halb zu Ende gedacht vorkam. Vielleicht klappts diesmal mit der Story?
Die Switch ist in der Mitte ihres Lebenszyklus angekommen, der Reiz des Neuen ist verflogen und man kann spüren, wie Nintendo den Erfolg ein bisschen verwaltet, während es abwägt, wie es mit der Plattform weitergehen soll. Anders sind die vielen (verdienten) Neuauflagen beinahe ins Nichts veröffentlichter Wii-U-Werke nicht zu erklären. Aber es wird wohl nicht die letzte Direct in diesem Jahr gewesen sein. Ich bin bekanntlich ohnehin in einer schlechten Position irgendjemanden wegen Bequemlichkeit zu verurteilen. Ein wenig Gemütlichkeit hat sich auch Nintendo redlich verdient, nachdem man zuletzt die Verkaufszahlen einer Marke wie Animal Crossing von einem auf den nächsten Teil beinahe verdreifachte.
Aber mal im Ernst: Ein klitzekleines Bisschen Metroid hätte es schon sein dürfen...
Weitere Notizen - KW 07/2021
Blasphemous - auf Steam gerade für einen schlanken Zehner zu haben - ist das, was man in der Fachsprache wohl "kranker Scheiß" nennen würde. Gefällt mir auf Anhieb, warum habe ich mir das nicht schon früher gezogen?
Höhepunkt der Woche: Ich habe doch einen grünen Daumen: Die junge Dwarf Cavendish (Zwergbanane für Nicht-Botaniker) in meinem Büro hatte ich eigentlich schon abgeschrieben, jetzt hat sie aber doch Triebe bekommen und die neue Monstera ist nicht nach zwei Tagen tot umgefallen. Ich verbuche das als Erfolg. Achja, und Loop Hero, für das ihr auf Steam eine Demo herunterladen könnt, scheint genauso toll zu werden, wie es aussieht. Schön nostalgischer Mix aus Amiga-Grafik und -Musik und Kartendeck-getriebenem RPG. Probiert's aus, wenn das cool für euch klingt.
Tiefpunkt der Woche: Ich hab' mit Twitter angefangen. Nicht empfehlenswert. Bitte sucht dort nicht nach mir.