Alt+F40: Das Spielejahr 2021 spuckt Corona ins Gesicht - und Capcoms verlorene Schätze
KW 18/21: Es hätte schlimmer kommen können.
Sorry, dass es letzte Woche nichts wurde, mit der Kolumne, aber zwischen Returnal und Resident Evil Village blieb im Grunde wenig Leben übrig, aus dem ich euch hätte berichten können und Zeit, mir andere Games anzuschauen, hatte ich noch weniger. Es kommt (so schnell) nicht wieder vor. Haha. Ansonsten ist eigentlich alles gut - wenn man mal ausklammert, dass unsere zwei Kleinkinder gerade in einer Phase sind, in der sie die Ressourcenverteilung neu klären wollen und das im Grunde stündlich zu fliegenden Duplos (der Einjährige) und nur noch vage verbalisiertem Death-Metal-Gegrunze (der Zampano) führt. Trotzdem eine lustige Zeit gerade, denn eigentlich haben sie sich ja lieb.
Der Kleine fängt mit jetzt 13 Monaten nun auch wild zu plappern an, was zu veritablen Laberduellen zwischen Nummero eins und zwei ohne jedweden Inhalt führt. Wer auch immer gewinnt, wir verlieren. Nur Spaß, ist ja süß - und so langsam merkt man auch, dass unser Zweitgeborener immer mehr versteht, auch wenn er selbst außer "bui!" noch nichts sagen kann.
Inhalt
2021 - es hätte schlimmer sein können, oder?
Ich weiß nicht, wie es euch dieser Tage geht, aber mich hat ein gewisser Optimismus gepackt, was die aktuelle Lage angeht - ihr wisst schon welche. Sicher: Die Gesellschaft war über Corona und Impfungen selten so gespalten wie gerade, Desinformationskampagnen und Hetze gegen Politik (die sicher nicht alles richtig gemacht hat, lol!) und Wissenschaft sind in vollem Galopp. Aber habe nur ich den Eindruck oder kippt die Stimmung so langsam wieder auf die Gute Seite zurück? Nicht nur die Protestler werden lauter, sondern auch die Gegenrede informierter und entschiedener. Vielleicht bin das nur ich, in meiner privilegierten Home-Office/Offene-Kita-Bubble, aber mit den rückläufigen Infektionen und dem schnelleren Impftempo sieht alles gerade etwas rosiger aus.
Was uns in die bequeme Situation bringt, dass wir uns alle kopfmäßig wieder mehr den schönen Sachen widmen können. Games zum Beispiel und da kann ich mich über 2021 bisher nicht beklagen, wenn ich mal eine Art Zwischenbilanz ziehen darf. Dieses Jahr kann sich durchaus sehen lassen, auch wenn vieles in dieser Liste noch nicht ganz fertig, aber immerhin schon spielbar ist.
Cyber Shadow von Yacht Club Games deutete schon im Januar mit viel klassischer Ninja-Gaiden-Energie an, dass Indies 2021 ordentlich aufräumen. Hitman 3 hatte dann für "die Großen" aber auch noch ein Wörtchen mitzureden und legte gleich das vielleicht beste Spiel der Reihe nach, das sich auch aus dem Stand direkt als profitabel erwies. Everspace 2 macht schon im Early Access verdammt viel Weltraum-Spaß. Valheim ist und war eine abenteuerlustige Offenbarung und auch Loop Hero ist die Sorte verdienter viraler Hit, die zuverlässig einmal im Jahr auftaucht und die trotzdem niemand auf dem Zettel hatte.
Sachen wie Fantasian, Wonderbox und Cozy Grove stehlen nicht zu knapp stundenweise Spielzeit auf Apple Arcade. Fights in Tight Spaces verbindet Taktik, Sammelkarten und Prügeln auf eine Art, die es eigentlich nicht geben sollte. Mundaun ist eine kleine, aber extrem feine Horror-Heldentat aus der Schweiz, über die man lange reden kann und aufseiten der Aufbaustrategie explodierte zunächst Dyson Sphere Program in die Beliebtheitsstratosphäre, bevor Industries of Titan im Early Access immer unterhaltsamere Sim-City-im-Weltraum-Züge annahm. Outriders ist ein hässlicher, aber spielerisch sehr gelungener Sleeper-Hit und Narita Boy definierte mal eben neu, was im Rahmen handanimierter 2D-Pixelgrafik möglich ist.
Elite Dangerous streift mit seinem Odyssey-Update nach und nach endlich die Sicherheitsgurte des Cockpitsessels ab und erweitert damit seine ohnehin nicht zu kleine Vision maßgeblich und mit Humankind und Old World sind gleich zwei exzellente Civilization-Alternativen am Start, die sich auch schon ausgiebig beweisen konnten. Das gilt auch für Phantom Brigade, das XCOM und Into the Breach auf innovative und hübsche Art zu meinem Taktik-Most-Wanted mixt. It Takes Two ging unterdessen nicht wenigen Menschen arg an die emotionale Substanz.
In Sachen Triple A löste Returnal streckenweise frenetische Begeisterung in mir aus und hat mich immer noch nicht losgelassen, während Resident Evil 8 mehr als ordentlich geworden ist. Was die Zukunft angeht, macht Biomutant den Eindruck eines sehr originellen und breit aufgestellten Action-RPGs, während Death's Door ebenso supergut und kreativ aussieht wie Kena Bridge of Spirits und - oh mein Gott - The Eternal Cylinder, das in diesem Jahr vermutlich das bessere Oddworld werden dürfte.
Was den Rest des Jahres angeht, wird's ein wenig unschärfer. Aber Gewissheit haben wir mehr oder weniger über ein neues Call of Duty. Deathloop von Arkane kann eigentlich nur gut werden und Back 4 Blood dürfte das Left 4 Dead 3 werden, das uns Valve einfach nicht geben will. Und dann wären da noch Halo Infinite, Life is Strange, Age of Empires 4, Battlefield 6, Annapurnas nächstes Zeitschleifenspiel 12 Minutes und Diablo 2 Resurrected als bestmögliche Ausrede, Teil vier doch erst nächstes Jahr zu bringen. Auch Everwild von Rare sieht so hübsch aus, dass man die Daumen drückt, dass erste 2021er Schätzungen der Wahrheit entsprechen. Und dann steht da vom System-Shock-Remake bis hin zu Ghostwire Tokyo noch einiges mehr auf der Liste, mal mehr, mal weniger konkret für '21.
Was ich sagen will: Was genau alles dieses Jahr noch kommt oder erst nächstes - 2022 dürfte Corona schwerer treffen als 2021 -, ist im Grunde fast egal. Bislang sehe ich keine Anzeichen dafür, dass mir dieses Jahr in Sachen Spiele langweilig wird - und die Qualität stimmt bisher auch, dafür darf sich selbst Elden Ring noch ein wenig Zeit lassen.
Wie seht ihr das Gaming-Jahr bisher - und was habe ich in meiner Liste vergessen?
Weitere Notizen - KW 18/21
Höhepunkt der Woche: Ich bin tatsächlich ordentlich im PSone-Fieber gerade, PS Vita sei Dank! Nachdem ich wider Erwarten in Persona 2: Eternal Punishment nicht ganz so reingekommen bin (was mehr an mir lag als am Spiel!), hat mich Breath of Fire 4 voll abgeholt. Und das, obwohl ich vor ein paar Wochen noch über frühe 3D-Grafik gezetert habe. Aber die hier ist wirklich hübsch, was vor allem daran liegen dürfte, dass das Wichtigste - die Charaktere - wundervoll handgepixelt sind. Das ist stilistisch schon ein kleiner Traum, der sich sehr gut gehalten hat. Weniger gut gehalten hat sich dagegen die Perspektive. Isometrische Draufsicht bedeutet, dass Umgebungsobjekte ständig irgendwas verdecken. Kamerasteuerung als zentrales Gameplay-Element gewissermaßen. Das nervt ab und an. Ansonsten ein wundervolles JRPG, das direkt zum Start mit interessanten Figuren fesselt.
Capcoms unterschätzte Rollenspiel-Reihe hat so manches Kleinod hervorgebracht - Teil zwei und fünf sind ebenfalls fantastisch - und ist heute zu Unrecht fast vergessen. Zu Hochzeiten setzte der Publisher beinahe eine halbe Million Einheiten davon ab (ausgerechnet vom schwachen dritten Teil), was vor der Jahrtausendwende auch nicht gerade wenig war. Von Capcom würde ich mir mittlerweile nichts sehnlicher Wünschen als eine Fortsetzung hiervon. Nachdem Square wieder auf dem Retro-JRPG-Zug sitzt, und der Kickstarter für einen Suikoden-Nachfolger Rekordsummen einfährt, was hält Capcom davon ab, ein kleines, talentiertes Team auf ein Breath of Fire 6 zu setzen? Den eigenen Katalog scheint man ja ohnehin gerade nicht zu knapp neu zu entdecken. Kommt schon, Capcom, traut euch was!
Mittelpunkt (?!) der Woche: Paul Cuisset traut sich also noch einmal an Flashback und will Fans des Früh-90er-Klassikers einen zweiten Teil schenken? Nachdem schon das Remake von 2013 ein spielerisch fürchterlicher und vor allem optisch unterirdisch generischer Flop war, klingt das fast schon wie eine Drohung. Mit Fade to black und dem Remake kennt die Reihe mittlerweile mehr schlechte als gute Spiele. Die Aussicht, dieses Bild mit einem würdigen Nachfolger zumindest geradezurücken ist verlockend. Viel Hoffnung habe ich aber nicht.
Tiefpunkt der Woche: Am Mittwoch haben wir versucht, unserem Einjährigen einen Coronatest durch die Nase abzunehmen, weil die Kita das für eine gute Idee hält. In der Theorie gehe ich d'accord. Die Praxis sieht anders aus. Der Dreijährige macht das vorbildlich mit, tapfer und freudig sogar, was auch an der Handvoll Weingummi liegen mag, die er für seine Kooperation bekommt. Bei dem Kleinen war es unmöglich und, obwohl wir extrem vorsichtig waren und direkt aufhörten, mit einer halbe Stunde Geschrei wie am Spieß verbunden. Immerhin nahm es die Kita-Leitung gelassen. Wir werden sehen, wie (und ob) wir das künftig handhaben.