American McGee's Grimm
Von einem Tester, der auszog, das Fürchten zu lernen
Ihr spielt ausnahmsweise den Bösewicht, der die kunterbunten Bonbon-Welten in Unrat und Müll ertränkt. Als grimmiger Zwerg namens Grimm gilt es, das Märchen umzudrehen, es zu verzerren und alles Gute, Wahre und Reine in einen brutalen Albtraum zu verwandeln.
Aus Besen und Eimer werden Axt und Richtblock. Aus zarten Blumen bedrohliche Skelettarme und die hübsche blaue Schaukel verwandelt sich in einen Galgen für Kinder. Das ist Provokation mit dem Brecheisen, eine laute Fanfare, in der ein paar Zwischentöne besser angebracht wären.
Das Ziel des Unholds ist meistens das „Einfärben“ der Umgebung, um einen bestimmten Verschmutzungsgrad zu erreichen. Ist ein bestimmter Level erreicht, kann er immer größere Gegenstände umpolen – Katamari Damacy lässt grüßen. Danach einfach per Arschbombe das Missionsziel vernichten und weiter geht's. Dem Grimm entgegen stehen aufrechte Bürger, die mit aller Gewalt versuchen, den Dreck zu entfernen.
Sie putzen, schrubben und schütteln so lange, bis aus dem Grabstein wieder ein Blumenbeet und aus der Axt ein Besen wird. Neben der Arschbombe, die das wilde Putzpersonal für eine kurze Zeit betäubt, könnt Ihr sie auch anpinkeln. Ja, Ihr habt richtig gehört, der kleine Bösewicht leidet unter Inkontinenz. Wenn er steht - oder ganz einfach auf Knopfdruck - erledigt er sich seines Urins und hält damit die Saubermänner von ihrer Arbeit ab. Außerdem kann er dorthin springen, wo der Strahl landet.
In den weiteren Episoden sollen noch Spezialattacken wie Zeit-Verlangsamung dazukommen, doch in der ersten Episode Von einem, der auszog, das Früchten zu lernen beschränkt sich Eure Interaktion auf das Verschmutzen und ein paar lachhafte Jump'n'Run-Einlagen.
In den späteren Leveln gilt es zwar auch Kinder zu verwandeln oder Kanonen auf Eure Seite zu ziehen, am eigentlichen Ablauf ändert sich aber nichts. Allein die süße Grafik im (wer hätte das gedacht?) Katamari-Stil und die bitterbösen Geschichte treiben den Spieler voran, auch wenn nach einer Stunde Spielzeit der Spaß zu Ende ist. Noch ein paar Highscore-Listen und eine nette Endsequenz, das wars.
Ich fürchte, dass American McGee auch bei seiner neusten Produktion über die Kritiker schimpfen wird. Der Titel ist zwar für eine Casual-Zielgruppe gedacht, doch mit dem simplen Gameplay hat es der gute Mann einfach zu gut gemeint. American McGee's Grimm ist flach, anspruchslos und auf Dauer langweilig. Es gibt nicht genug Spielelemente, um den Titel über die gesamte Stunde Gameplay zu transportieren.
Außerdem ist der Humor zu böse, das Gezeigte zu hart, um eine Empfehlung für Kinder zu geben. Es ist eine Sache, wenn die Grausamkeiten an Erwachsenen gezeigt und eine andere, wenn man selbst sieht, wie ein Kind erhängt oder auf eine Wippe genagelt wird. Ältere Spieler werden sich aber schnell nach etwas neuem umschauen, weil neue Ideen Mangelware sind.
Dabei ist die Geschichte hervorragend erzählt und die Grafik wirklich schrecklich-schön. Aber noch ein Dutzend weitere Episoden, mit genau dem gleichen Gameplay? Der Spielablauf der zweiten Folge „Little Red Riding Hood“ entsprach leider genau dem ersten Teil. American McGee hätte die Chance der episodischen Veröffentlichung nutzen und neue Ideen liefern sollen. Stattdessen das gleiche Spiel mit neuer Geschichte. Nicht gerade viel für 3 Euro. American McGee wird also weiter auf seinen nächsten Hit warten müssen. Drücken wir ihm alle die Daumen, dass es das nächste Mal klappt. Er meint es gut.
American McGee's Grimm erscheint exklusiv auf GameTap für den PC. Hier könnt Ihr die erste Folge herunterladen. http://www.gametap.com/play/gameDetails/131005050 Und denkt daran: Am Veröffentlichungstag sind die Episoden kostenlos.