Amid Evil VR: Ich habe gerade Planeten auf Monster geschmissen – was will man bitte mehr?
Kommt demnächst auch für PlayStation VR2.
Ich musste hier nicht lange überlegen: Knapp zehn Euro kostet Amid Evil VR gerade mal, wenn man das Hauptspiel schon besitzt. Wobei der reguläre Preis von 20 Euro ebenfalls nicht die Welt ist. Dabei ist Amid Evil VR kein halbherziger VR-Modus, in dem man vielleicht ein paar Arenen abklappert, sondern tatsächlich das gesamte Spiel – nur eben in echtem Drei-Deh.
Wobei ich das Indie-Studio Indefatigable ohnehin mal loben muss. Die unterstützen ihren Retro-Shooter nämlich seit inzwischen vier Jahren erfreulich zuverlässig. Immerhin stürmt die an Heretic erinnernde Hommage nicht nur mit 60 Sekundenbildern übers Steam Deck, man kann sie auch durch die Raytracing-Linse bestaunen, was die Konturen der steinernen Gänge noch mal eine ganze Ecke plastischer erscheinen lässt.
Und jetzt gibt es eben auch Amid Evil VR; zunächst für PC und Quest – eine Umsetzung für PlayStation VR2 soll folgen. Das habe ich mir von Publisher New Blood Interactive noch mal bestätigen lassen, da man dazu nur schwer eine definitive Aussage findet. Je nach bevorzugter Plattform könnt ihr euch also auf einen rasanten Shooter freuen oder schon jetzt einen spielen, der mit weitläufigen Levels, zweidimensionalen Munitionsbehältern sowie rasanter Action an jene Zeit erinnert, in der Polygone gerade volljährig, aber noch nicht ohne Sprites lebensfähig waren.
Wenn ihr mehr dazu wissen wollte, lege ich euch an dieser Stelle Alex‘ Artikel zum ursprünglichen Spiel ans Herz. Wobei auch dies hier kein ausführlicher Test sein soll. Ich habe ja selbst nur kurz mal reingeschaut, die erste Episode einschließlich Boss, aber nicht weiter gespielt.
Bis dahin findet man immerhin fast alle Waffen und gerade die hat Indefatigable sehr sorgfältig an die Besonderheiten der virtuellen Wirklichkeit angepasst. So schwingt man die Axt etwa nicht auf Knopfdruck, sondern eigenhändig, wodurch ihr zwar Gewicht abhandenkommt, sie dadurch aber auch deutlich effektiver wird. Außerdem wirft man die magischen Klingen des Schwerts, indem man die Waffe im beliebigen Winkel durch den Raum zieht, sodass die Klingen dem gezeichneten „Strich“ entsprechend fliegen – und zwar genau dorthin, wohin man gerade schaut.
Andere Fadenkreuze bewegt man ganz normal über die jeweilige Waffe, wobei man sämtliche Utensilien sowohl in der linken als auch der rechten Hand halten darf. Wählt man eine andere aus, geschieht das bei fast angehaltenem Spielablauf über ein Waffenrad.
Mein bisheriger Favorit ist dabei der Raket… Verzeihung: Planetenwerfer. Denn dieser sowieso schon amüsante Auswuchs seiner Art hat in VR die Besonderheit, dass man seine Projektile einfach mit der anderen Hand greifen und wie einen Volleyball werfen kann. Ich habe also magische Miniaturplaneten auf Gegner gelobt, geschmissen und gezirkelt, während ich deren Geschossen lässig ausgewichen bin. Und dabei so laut gekichert, dass man diese Art Shooter zu spielen wohl als Erfolg werten muss, auch wenn die Physik des Loslassens genau wie beim Abfeuern der magischen Schwertklingen nicht ganz nachvollziehbar ist.
In solchen Momenten hilft es, dass der Schwierigkeitsgrad der VR-Version deutlich niedriger ist als im ohnehin schon zu leichten Hauptspiel. Selbst auf „Evil“ kann man nämlich eine Menge Treffer einstecken, was meiner Motivation leider einen gehörigen Dämpfer versetzt. Eine knackige Herausforderung soll so ein Actionspiel bei allem Spaß an der Sache ja schon sein!
Nun habe ich gerade diese ersten Level schon mehrmals gespielt und kenne mich deshalb ziemlich gut dort aus. Das macht es natürlich leichter. Für mein Empfinden wird man zudem weniger stark in die Enge getrieben als im Bildschirm-Original – was auch daran liegt, dass man in VR in eine Richtung zielen kann, während man sich bereits nach weiteren Feinden umsieht. Und die vereinfachte Axt hatte ich ja schon erwähnt. Aber was auch immer der Grund dafür ist: Ein höherer Anspruch würde Amid Evil VR verdammt guttun.
Es gibt noch ein paar weitere Schwachstellen. So ist die in einige Wände geritzte Schrift schlecht lesbar, weil die englische Übersetzung der Runensprache nicht auftaucht, bevor man mit dem Riechkolben schon fast im Stein steckt. Abgesehen davon ist das Laden und Speichern etwas umständlich, weil manuell angelegte Spielstände „Auto Save“ heißen und man die Liste über das Ziehen eines kleinen Scrollbalkens bewegen muss.
Und zu guter Letzt sag ich’s mal so: Viele einst fürs flache Spiel geschaffenen Retro-Animationen sind nicht der Weisheit letzter Schluss, sobald man quasi buchstäblich davorsteht.
Im Gegenzug gibt es dafür die vertrauten Komfort-Optionen, unter anderem die Wahl, ob man sich ausschließlich durch das Bewegen des eigenen Kopfes beziehungsweise Körpers umsieht oder über den Analogstick – optional natürlich entweder analog oder in festen Schritten. Auch Teleportation bietet Ami Devil, hoppla: Amid Evil an. Gespielt wird dabei im Stehen oder im Sitzen, und zwar ausschließlich mit dedizierten VR-Controllern.
Alles in allem ist das also eine erfreulich gelungene Übersetzung der rasanten Action in die echte dritte Dimension. Amid Evil VR zehrt nicht nur davon, ohnehin schon ein guter Shooter zu sein, sondern auch davon, dass das Hantieren mit den Waffen Spaß macht, weil fast jede auf jeweils eigene Art an die Besonderheiten der Virtual Reality angepasst wurde. Hoffentlich dreht Entwickler Indefatigable nur die höheren Schwierigkeitsgrade noch nach oben! Das hoffe ich zumindest deshalb, da Retro-Charme und moderne Immersion hier grundsätzlich auf sehr gelungene Art zusammenkommen.