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Apple iPad

Ein erster Blick auf Apples Jüngsten

Auch ästhetisch dürfte dies nicht helfen. Ein todschickes, in sich geschlossenes Brett, aus dem dann ein hässlicher 3cm-Knubbel ragt, wenn man mal ein paar Bilder von einer Kamera angucken möchte. Es ist genau eines dieser ärgerlichen Dinge, wegen derer man so manches Produkt einfach wirklich nicht liebhaben kann. Es ist ein Makel, der nie verschwindet.

Der eingebaute Speicher reicht für eine Menge, wer aber viele Videos mitnehmen möchte oder nicht ständig seine im App-Store gekauften Filme hin- und her synchronisieren will, kann da schnell in Platzprobleme geraten. Für den Durchschnitts-User reicht es wahrscheinlich, ein bitterer Nachgeschmack bleibt trotzdem. Selbst mein alter iPAQ hatte einen SD-Slot und das war in 2002.

Der 9,7 Zoll Screen entspricht mit einer Auflösung von 1024 * 768 den aktuellen Netbook-Standards und zeigt die normalen Apps entweder in ihrer normalen Größe oder skaliert sie auf das doppelte hoch. Erst spezielle iPad-Apps, von denen bisher leider noch nicht viel zu sehen war, nutzen dann die neue Größe richtig aus. Als E-Reader fungiert das Pad jetzt schon augenscheinlich sehr ordentlich, nur stellt sich hier für den Moment die etwas bange Frage nach der Auswahl an Büchern. Amazon liegt mit seinem Sortiment derzeit noch weit vorne, aber die Welt ist ja bekanntlich ein Ort, der sich schnell ändert. Mal gucken, was Apple sich da so ins Haus holt.

Eine erste offensichtliche Anwendung neben Web-Seiten und Filme angucken dürfte die Verwendung als handlicher Tageszeitungs-Ersatz sein. Die Verlage dieser Welt erhoffen sich viel vom Pad, einige nicht weniger als ihre schiere Existenz. Damit die Nachrichten auf das Pad kommen, muss es sich aber mit der Umwelt verbinden können und da rächt sich Geiz beim Käufer. Die Einsteiger-Ipads scheinen kein 3G zu unterstützen, das tun laut Feature-Listen nur die teureren Modelle. Und mit irgendwelchen veralteten Standards unterwegs ins Netz zu gehen ist kein Spaß, wie jeder weiß, der mal eine Bahn-Fahrkarte über GPRS online kaufen wollte. Sehr schwach, dass nicht jedes Modell mit diesem für die Zukunft essenziellen Feature aufwarten kann. Wenigstens hat man an Bluetooth (2.1) und WiFi (802.11n) gedacht.

Als E-Reader macht der Screen eine ordentliche Figur, aber ob er auch so augenfreundlich ist wie die E-Paper-Displays, darf bezweifelt werden.

In die gleiche Kategorie des Verzichts, nur noch härter, fällt die Entsagung einer eingebauten Kamera, sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite. Beinahe jedes Billig-Netbook beherrscht Video-Konferenzen, dieses deutlich teurere Gerät nicht. Nicht, dass ich es persönlich vermissen oder es mit einem anderen Gerät nutzen würde, aber trotzdem. Zumindest eine Schnappschusskamera auf der Rückseite es doch ruhig sein können. Mit seinen etwas unter 700 Gramm hätte man es bestimmt geschafft, das iPad kurz anzuheben und ein Bild zu schießen.

Fassen wir das alles zusammen, ergibt die gute Fassung des iPads, die mit ein wenig mehr Speicher und vor allem G3, das Bild eines iPhones in groß, das nicht telefonieren kann. Was sagt uns dieses Bild? Es verrät uns leider nicht, wer das Pad jetzt eigentlich braucht und kaufen soll. Die Apple-Fanatiker, die in Foren sogar die horrenden Preise des Konzerns für ein USB-Kabel tollwütig verteidigen, jetzt mal außen vorgelassen.

Das Pad kann prinzipiell alles, für das man sonst drei Geräte bräuchte, nur nichts davon so gut, wie diese es dann täten. Der Screen macht einen wirklich guten, kontrastreichen Eindruck, dürfte in der Lesbarkeit und Augenfreundlichkeit reinen E-Readern doch unterlegen sein. Den aktuellen Mangel an Büchern mal ganz außen vor gelassen. Ein Netbook oder von mir aus auch ein MacBook macht keine Einschränkungen bei der Nutzbarkeit als Computer, kann gut mit Webseiten aller Art umgehen, lässt sich speichertechnisch praktisch beliebig erweitern, verfügt über ein bis x USB-Anschlüsse und kostet in den meisten Fällen sogar weniger. Nicht so schick, in vielen Fällen nicht mit einer Laufzeit von bis zu 10 Stunden - zumindest ist das die von Apple angegebene Akkuhaltbarkeit -, aber das sind trotzdem schwergewichtige Argumente.

Und hier mein persönlicher Apple-Tech-Fanboy-Nerd-Kommentar: HABEN WOLLEN! Der ist SOOOO schick!

Als Begleiter für unterwegs könnte sich das iPad trotz seiner schlanken Maße und des relativ geringen Gewichts als immer noch zu groß herausstellen. Ein iPhone- oder Pod passt in jede Tasche, für das Pad müsste ich erst dazu übergehen, extra eine mitzunehmen. Für den Geschäftsmann von Welt, der mit Aktentasche U-Bahn-Zeit zu überbrücken hat, stellt das natürlich ein kleineres Problem dar, aber er will wahrscheinlich auch kommunizieren können und man kann wohl vom Glück sagen, dass man mit dem Pad nicht telefonieren kann. Das würde tendenziell noch dämlicher aussehen als beim N-Gage.

Spieler können sich auf verbesserte Apps freuen, die dank des größeren Screens und einer Open-GL Schnittstelle sicher noch hübschere Strategie-Games, Adventures und nicht näher zuordenbare Kruditäten bieten werden. Auch die auf 1 GHz hochgeschraubte Power hilft dabei sicher, für aufwendige 3D-Games modernster Ausmaße wird es aber wohl auch hier nicht reichen. Aber seien wir ehrlich, das ist nun wirklich nicht die Zielgruppe.

Aber was ist sie dann? Ich mache drei Realistische aus. Erstens natürlich die Apple-Fans, die alles kaufen, was Steve Jobs mal in der Hand hatte. Zweitens Technik-Nerds, die Technik ihrer selbst willen haben wollen. Ich zum Beispiel. Und dabei nicht aufs Geld gucken müssen. Hm, wohl ich dann doch nicht. Drittens Leute, die zwar einen iPod oder ein iPhone haben, sonst aber sich der Welt der Computer verweigern. Sei es, weil sie es nicht wirklich brauchen, wollen oder verstehen. Sie könnten dann das machen, was sie kennen, nur in etwas größer. Selbst wenn man diese drei Gruppen zusammenzählt, fällt es schwer sich vorzustellen, dass sich mit dem iPad der Erfolg des iPhones wiederholen lässt. Für viele scheint es derzeit ein nicht unbedingt vermisstes Bindeglied zwischen MacBook und iPhone zu sein. Ein Zwitterwesen mit eingeschränktem Lebensraum.

Das finale Urteil lässt sich natürlich erst ein oder zwei Jahre nach dem offiziellen Launch fällen. Wenn man gesehen hat, ob es Apple gelang, die nicht unbedingt beeindruckende Hardware des Pads mit einer Software zu füllen, die sich dort eine Existenzberechtigung schafft, wo zuvor niemand eine Lücke vermutete. Die letzten Jahre haben deutlich gezeigt, dass man kein Apple-Produkt abscheiben sollte, bevor es wirklich floppte. Nach dem ersten Blick auf das neue Mode-Werk – denn irgendwie schick und stylisch ist es natürlich wieder mal – fällt es für den Moment jedoch deutlich schwerer sich eine goldene Zukunft für das iPad vorzustellen.

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