ArmA 2
Endstation Bug-Friedhof?
Die Kampagne führt Euch dabei durch weite Felder, dichte Wälder und verschlafene Dörfer der ehemaligen Sowjetrepublik. Jeder Auftrag setzt sich aus einer Hauptmission und verschiedenen Nebenaufgaben zusammen, die euch je nach eigener Position und dem Fortschritt der Kämpfe dynamisch zugeteilt werden. Lauft ihr zum Beispiel mit einem Scharfschützengewehr durch die Gegend, kann es sein, dass ihr auf einmal einen feindlichen Offizier ausschalten müsst. Seid ihr nicht schnell genug, erledigt den Job vielleicht ein anderer. Kein Zuckerschlecken für Anfänger, aber die harte Realität des Krieges.
Neben den Spezialaufträgen muss sich Team Razer auch als Teil einer Offensive beweisen, wichtige Schlüsselpositionen erobern oder eigene Stellungen verteidigen. Begleitet von schwerem Material, kämpfen sich die Spezialisten durch zum Teil übermächtige Feinde, stoßen tief hinter die feindlichen Linien vor und treffen wichtige Entscheidungen, die den Kriegsverlauf beeinflussen.
Befehle werden wie beim Vorgänger über die Leertaste erteilt und das Aktionsmenü versteckt sich noch immer hinter der mittleren Maustaste. Damit könnt ihr zum Beispiel Verstärkung herbeirufen, in Fahrzeugen die Plätze tauschen oder eure Kameraden verarzten. Wirklich intuitiv ist die Steuerung nicht. Neueinsteiger brauchen Stunden, um die komplexen Zusammenhänge aus dem Effeff zu beherrschen.
Dafür überzeugen schon die ersten Missionen mit einer dichten Atmosphäre. Wenn man mit Nachtsichtgerät durch das Unterholz sprintet, der Hauptcharakter nur noch stoßweise atmet und seine Kollegen die ersten Feinde melden, hält man selbst als Zuschauer den Atem an. Egal ob ihr auf euch allein gestellt in einer Kommando-Mission Offiziere ausschaltet oder in einer großangelegten Offensive samt Panzer und Hubschrauber-Unterstützung eine Stadt erobert, in diesem Sektor gibt es wenig vergleichbares.
Doch auch hier wird Potential verschenkt: Das Meldesystem wurde umgestellt. Während bei Armed Assault 1 eure Kollegen die Richtung noch per virtueller Uhrzeit angaben, heißt es diesmal zum Beispiel relativ kryptisch „Weit hinten links“. Ohne vernünftige Bezugspunkte ist es so nahezu unmöglich, die Position zu bestimmen. Stattdessen wird der Feind auf den unteren Schwierigkeitsgrad durch ein rotes Kreuz markiert. Leider auch durch Gebäude hindurch und hinter Bäumen.
Eure Mannen besitzen wie einige Feinde einen Röntgenblick. Im Wirrwarr der Sichtungen und Symbole geht Stimmung, Übersicht und Orientierung verloren. Ja, erfahrene Spieler werden sich nach einer Weile zurechtfinden, trotzdem wirkt das neue System wie ein Rückschritt. Gut gelöst wurde dagegen der Schwierigkeitsgrad. Je nach eigenem Talent könnt ihr Missions-Informationen anzeigen lassen, die automatischen Meldungen ein- und ausschalten, das Fadenkreuz aktivieren oder die KI anpassen. So könnt ihr selbst bestimmen, wie realistisch die ganze Sache werden soll.
Leider bereitet gerade dieses System immer wieder Probleme. Setzt ihr die KI der Gegner und eures eigenen Teams zu weit nach unten, reagieren sie falsch oder gar nicht. Jeder Missions-Marker wird so zu einer Herausforderung, weil euer Team gern mal in der Pampa herumsteht und nur auf direkte Befehle reagiert. Besonders hart trifft es aber Fahrzeugbesatzungen. Kaum hat die Künstliche Dummheit aus Versehen oder durch einen Bug seine Position verlassen, ist sie nur äußerst schwer wieder einzufangen. Von den fahrerischen Qualitäten der KI-Kollegen will ich gar nicht erst anfangen.
Immerhin gelingt es Bohemia Interactive, im Laufe der Geschichte den Zusammenhalt der eigenen Truppe und das Kriegsszenario trotz der recht trockenen Inszenierung auf den Punkt zu bringen. Es gibt kein einfaches Gut oder Böse. Wie im echten Leben ist die Situation in Chernarus hochkompliziert. Viel Blut und Gewalt machen es schwer, einen klaren Feind zu definieren. Ihr kämpft für unschuldige Zivilisten, doch welche Seite ist die richtige? Tretet ihr der Widerstandbewegung bei oder den Milizen? Opfer werden so schnell zu Tätern. Beeinflusst durch eure Entscheidungen, erlebt ihr nach 15-20 Stunden eines von sieben unterschiedlichen Enden. Leider nur in Textform.
Rein inhaltlich ist die Kampagne also recht gelungen, wenn einem die vielen kleinen Fehler nicht immer wieder die Stimmung vermiesen würden. Zum Glück funktionieren, wie eingangs erwähnt, die Szenarien deutlich besser. Hier bekommt ihr die Gelegenheit, auch mal die Gegenseite zu spielen. Zusammen mit einem russischen Panzerverband gilt es zum Beispiel, in einem T90-Panzer die tschernarussischen Linien zu durchbrechen. Ein spannender, asymetrischer Kampf gegen Fußsoldaten und panzerbrechende Raketen.
Ihr dürft sogar in die Rolle der Aufständischen schlüpfen und euch in Guerilla-Kriegsführung bewähren. Spannend bis zur letzten Minute. Natürlich habt ihr auch hier mit KI-Problemen zu kämpfen, verzweifelt an den Meldungen eurer Kameraden oder der viel zu komplizierten Steuerung. Trotzdem gelingt es Bohemia Interactive zumindest an dieser Stelle, die Erwartungen zu erfüllen.