Oil Rush - Test
Schwarzes Gold
Wenn die Welt untergeht, wird Geld vermutlich nicht mehr allzu viel Wert sein. Es kommt eher auf die Wertgegenstände an, die Ressourcen, die wirklich greifbaren, nützlichen Dinge. Eines solchen Szenarios bedient sich auch das Strategiespiel Oil Rush von Unigine. Große Teile der Welt sind überflutet und dennoch haben die Menschen nichts Besseres zu tun, als sich gegenseitig zu streiten - zugegeben, kein wirklich überraschendes Verhalten. In diesen Zeiten ist Öl ein wichtiger Rohstoff, dient er doch unter anderem dazu, Schiffe anzutreiben. Wer also das Öl kontrolliert, kontrolliert in diesem postapokalyptischen Szenario auch die Welt.
Dementsprechend handelt es sich bei Oil Rush auch um ein Strategiespiel, in dem ausschließlich zur See gekämpft wird. Gut, ein paar Fluggeräte sind auch noch dabei, aber die fliegen halt auch nur über dem Wasser. Dann wiederum ist Oil Rush auch nicht das typische Echtzeitstrategiespiel, zu denen ich persönlich jetzt mal Titel wie Command & Conquer oder StarCraft zählen würde. Ganz im Gegenteil sogar, denn in Oil Rush gibt es weder echten Basisbau noch könnt ihr Truppen hundertprozentig frei über die See scheuchen.
Wie schon gesagt, es ist kein klassisches Echtzeitstrategiespiel. Stattdessen erinnert der Aufbau meist eher an eine Art Conquest-Modus. Ihr startet mit einer oder mehreren Plattformen auf See und müsst dann nach und nach weitere erobern, während ihr bestimmte Ziele erfüllt. Dementsprechend könnt ihr eure Truppen auch nur von Plattform zu Plattform schicken, nicht irgendwo mitten ins Nichts, um sie dann dort auf den richtigen Augenblick warten zu lassen. Ob dadurch ein gewisses Maß an Taktik verloren geht? Das würde ich nicht unbedingt sagen, denn man wird oftmals dazu gezwungen, seine Angriffe genau zu planen, etwa wenn gerade weniger Gegner bei einer Plattform sind - im Notfall könnt ihr eure Jungs aber wieder zurückbeordern. Es fehlt eher an den Freiheiten in puncto Truppenbewegungen, aber damit kann man leben.
Es ist übrigens auch nicht möglich, einzelne Einheiten gezielt auszuwählen. Stattdessen habt ihr die Wahl, 100, 50 oder 25 Prozent des Truppenkontingents an einer Plattform auf die Reise zu schicken. Gleiches gilt auch für das Angreifen. Einzelne Gegner können nicht anvisiert werden, eure Schiffe und Flugzeuge nehmen sich selbstständig alle Feinde rund um die Zielplattform vor. Manchmal wünscht man sich zwar, seine Einheiten auf einen schon etwas angeschlagenen Gegner hetzen zu können, aber im Großen und Ganzen funktioniert das System gut. Nett gelöst: Schickt ihr mehrere verschiedene Einheitentypen zu einem Ziel, begeben sich diese erst mal in Formation und schippern dann im gleichen Tempo zu ihrem Bestimmungsort.
Um die Einheitenproduktion müsst ihr euch dabei keine großen Gedanken machen. Es gibt stets ein Einheitenlimit - für die Gesamtgröße der Armee und pro Truppentyp - und die Plattformen produzieren selbstständig frische Einheiten, bis ihr Limit erreicht ist. Ressourcen werden dabei keine verbraucht, weswegen ihr nie chancenlos dasteht, wenn einer eurer Vorstöße mal fehlschlägt und ihr kein Öl mehr habt. Selbiges dient hier zum einen der Nutzung von Spezialfähigkeiten, mit denen ihr beispielsweise kurzzeitig Gegner schwächt, eure Untergebenen permanent stärkt oder spezielle Einheiten aufs Schlachtfeld beordern könnt, etwa ein gut bewaffnetes U-Boot. Diese Fähigkeiten müsst ihr euch erst nach und nach freischalten, Punkte dafür bekommt ihr durch zerstörte Gegner oder unter Kontrolle gebrachte Plattformen.
Je mehr Fabriken ihr erobert, desto mehr Einheiten werden produziert, daher sind die Anlagen natürlich sehr begehrt und sollten gut geschützt werden. Ein bisschen Basisbau gibt es hier dann doch noch. Rund um die Produktionsanlagen herum könnt ihr jeweils fünf Verteidigungstürme errichten (auch dafür braucht ihr das Öl), während Bohrplattformen und Öllager schutzlos bleiben. Je nach Spielfortschritt könnt ihr diese Maschinengewehre, Artilleriegeschütze und Anti-Luft-Geschosse mehrfach aufrüsten und eure Anlagen auch mal ohne Einheiten zurücklassen. Dabei kommt es auf die richtige Mischung an, denn die MG-Bunker sind eher gegen schwächere Einheiten effektiv (und nach Aufrüstung auch gegen Flugzeuge), die Artillerie macht mit schwer gepanzerten Angreifern kurzen Prozess, ist dafür aber aus der Luft anfällig.
Es ist gewissermaßen eine Prise Tower Defense, die die Entwickler hier beigemischt haben. Das merkt man auch an den zwei, drei Missionen, in denen ihr wirklich nach dem Tower-Defense-Prinzip spielt und eine Reihe von Gegnerwellen einzig und alleine durch den Bau von Geschütztürmen an einer vorbestimmten Route entlang abwehren müsst. Besonders spannend wird es, wenn ihr mit begrenzter Einheitenzahl auf der Flucht seid und euch Plattform für Plattform durch feindliches Gebiet vorarbeiten müsst, während euch ein großer Flottenverband des Gegners im Nacken sitzt. Solche Missionen bringen etwas Abwechslung in die insgesamt 16 Missionen lange und auf vier Kapitel aufgeteilte Kampagne, die euch in den kalten, verschneiten Norden, in asiatische Gefilde oder in industrielle Gebiete schickt. Die Story selbst wird meist über Gespräche zwischen den Protagonisten erzählt, ist aber insgesamt eher Standardkost. Sie wird ordentlich präsentiert und bietet den einen oder anderen Twist, reißt aber niemanden wirklich vom Hocker.
Einfach macht es euch das Spiel dabei nicht. Oil Rush ist fordernd und erfordert besonders auf den höheren Schwierigkeitsgraden genaues Taktieren. Manchmal hilft auch schon ein gut geplanter Rush zum Anfang, um ein wenig vorzustoßen, während der Gegner noch relativ schwach ist. Apropos Gegner: Manchmal etwas nervig ist die Tatsache, dass in gewissen Missionen - nicht in allen - immer wieder neue Feinde von außerhalb der Karte nachrücken, euch dadurch teilweise sogar in den Rücken fallen, eure volle Aufmerksamkeit erfordern und euch vom eigentlichen Ziel ablenken. Ob man das nun als "cheaten" bezeichnen möchte, bleibt jedem selbst überlassen. Hier und da hätten es aber gerne auch etwas weniger Verstärkungen sein können.
Nach Abschluss der Kampagne, die euch je nach Schwierigkeitsgrad rund zehn Stunden beschäftigt, warten noch ein Skirmish- und ein Multiplayer-Modus auf euch. Hier tretet ihr gegen die KI oder gegen menschliche Spieler an - bis zu vier Teilnehmer sind abhängig von der Karte möglich. Insgesamt stehen 15 Schlachtfelder zur Wahl.
Technisch basiert Oil Rush auf der hauseigenen Unigine-Engine, die unter anderem DirectX 11 unterstützt und hier ein wirklich schick aussehendes Spiel auf den Bildschirm zaubert. Besonders das Wasser kann sich sehen lassen. Die Texturen werden zumindest bei näherer Betrachtung etwas unschärfer, stören den Gesamteindruck aber nicht. Obendrein läuft das Spiel auch mit Linux und auf Macs, eine PS3-Version ist zumindest angedacht, scheint jedoch nicht hundertprozentig sicher.
Letzten Endes ist Oil Rush also keines der klassischen Echtzeitstrategiespiele, sondern geht seinen eigenen Weg. Und zwar einen sehr guten, denn wenn man sich erst mal an das Spielprinzip des Titels gewöhnt hat, kommt man wunderbar damit zurecht. Und es ist auch mal ganz angenehm, sich nicht ständig auf den Basisbau und die Produktion von Einheiten konzentrieren zu müssen. Mag sein, dass es dem Spiel im Vergleich mit einem Command & Conquer so an Freiheiten mangelt, aber dennoch ist Oil Rush ein taktisches und flottes Strategiespiel, das eure grauen Zellen anstrengt und die richtige Vorgehensweise erfordert. Oder kurz gesagt: Ein äußerst unterhaltsames und kurzweiliges Spiel, das diese vergleichsweise kleine Investition mehr als wert ist.
Oil Rush ist für 15,99 Euro auf Steam erhältlich, ebenso für 19,95 Dollar (knapp 15 Euro) auf der offiziellen Webseite. Hier bekommt ihr Steam- und Desura-Keys gleich mit dazu.