Super Smash Bros. 3DS - Test
Auch auf dem kleinen Handheld ein gigantisches Spiel.
Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals so viel Zeit mit meinem 3DS verbracht zu haben. Wahrscheinlich hat meine steife Fingerhaltung schon feste Abdrücke auf der Rückseite des Gerätes hinterlassen. Während jeder freien Minute in den vergangenen zwei Wochen klappte ich den Handheld auf, um schnell eine oder meist sogar mehrere Runden Super Smash Bros. zu spielen.
"Nur kurz ein Match gegen den Computer, dann höre ich auf", redete ich mir ein. Doch meist verwandelten sich diese spontanen Zwischeneinlagen in zeitintensive Marathonsessions. Einmal hätte ich sogar fast die gesamte Küche abgefackelt, weil ich noch unbedingt eine zuvor freigeschaltete Arena ausprobieren musste. Zudem kann ich gar nicht mehr zählen, wie oft mir die Beine beim Spielen auf dem Klo eingeschlafen sind.
Super Smash Bros. raubt jede Sekunde Freizeit. Musste mein 3DS normalerweise stets alleine zu Hause auf mich warten, ist er mittlerweile ein festes Accessoire. Und ich kann es kaum erwarten, bis der Titel endlich offiziell in den deutschen Händlerregalen erscheint, damit ich auch unterwegs gegen menschliche Spieler antreten darf. Denn so wunderbar der Netzcode online funktioniert, man muss sich aktuell noch zu festen Zeiten mit anderen Redakteuren verabreden. Außer man ruckelt sich gerne durch Kämpfe mit arglistigen Japanern, die einem ordentlich den virtuellen Hintern versohlen.
Aber was genau macht Super Smash Bros. auf dem 3DS zu einer solchen Spaßgranate, die bei jedem Aufklappen des Handhelds im Gesicht explodiert und ein breites Dauergrinsen hinterlässt? Viel verändert hat sich im Gegensatz zu Brawl nicht. Und ehrlich gesagt ist meine Freude damit schnell begründet. Schon auf dem N64 besaß Super Smash Bros. die perfekte Wunderformel für freudige Kloppereien, die sich in den späteren Iterationen in leicht unterschiedliche Richtungen weiterentwickelten. War Melee flott und erbarmungslos, spielte sich Brawl wesentlich ruhiger, aber auch angenehmer für Neueinsteiger. Der vierte Teil der Serie liegt irgendwo dazwischen, orientiert sich jedoch stärker am Wii-Spiel.
Das Spielgefühl ist auch auf dem 3DS unschlagbar, wobei ich eindeutig die XL-Ausgabe empfehle. Es funktioniert auf dem kleineren Modell, doch selbst ab mittlerer Handgröße schmerzen die Griffel nach wenigen Minuten. Etwas Eingewöhnungszeit müsst ihr jedoch in beiden Fällen voraussetzen. Vor allem der Umgang mit dem leicht schwammigen Analogstick will gelernt sein. Zu Beginn kommt es öfter vor, dass ihr deswegen Rettungsattacken in einem ungewollten Winkel ausführt. Viel Training benötigt ihr allerdings nicht, um wie bei den Vorgängern jedes Manöver gezielt auszuführen. Lediglich den C-Stick des GameCube-Controllers vermisse ich, da sich Smash-Angriffe ohne nicht so flüssig in Kombos einarbeiten lassen.
An Super Smash Bros. schätze ich schon seit den frühen Tagen das Gefühl der perfekten Kontrolle über den Kämpfer. Nicht nur am Boden beherrscht man jede Bewegung. Auch in der Luft verliert man niemals den Kontakt zur Figur. Selbst das kleinste Fingerzucken geht direkt in die akrobatischen Manöver des Charakters über. Verdeutlicht wird das besonders anhand der Unterschiede vieler Figuren. Jemand wie Mega Man ist wesentlich besser auf den Kampf in der Luft ausgelegt und fühlt sich beim Spieler daher wie das krasse Gegenteil eines Ike an, dessen Gewicht sich in der Trägheit seiner überaus kräftigen Angriffe widerspiegelt.
"Selbst das kleinste Fingerzucken geht direkt in die akrobatischen Manöver des Charakters über."
Da die Entwickler Tempo und Animationen sämtlicher Veteranen wie Mario, Link oder Kirby noch einmal überarbeitet haben, entsteht beim ersten Start sofort die gewohnte Experimentierfreude. Jeder Recke will gründlich auf Herz und Nieren geprüft werden. Bei einem anfänglichen Katalog von 36 Kämpfern wechselt man freudig zwischen den Optionen, um seinen neuen Liebling zu finden. Sehr begeistert bin ich persönlich von Zero Suit Samus, deren dazugewonnene Schnelligkeit einen erheblichen Vorteil für aggressive Spieler darstellt. Ähnlich sieht es bei den Neuzugängen Shulk und Little Mac aus, die durch zusätzliche Mechaniken erhöhten Tiefgang aufweisen. Die wirklichen Überraschungen folgen aber erst, wenn ihr einige der geheimen Figuren ergattert, die ich natürlich nicht verraten will. Leider befinden sich unter den insgesamt zwölf zusätzlichen Teilnehmern zwei uninspirierte Auflagen bereits vorhandener Charaktere. Schade, wenn man die begrenzte Anzahl an Turnierplätzen für derart unnötige Kopien verschwendet.
Neben normalen Gefechten, deren Regeln ihr wieder nach eigenen Wünschen festlegen dürft, erdrückt euch das neue Super Smash Bros. wenig überraschend mit unzähligen Spielmodi. Alte Klassiker wie der 100-Mann-Smash oder Sandsackschlagen sind selbstverständlich vertreten. Darüber hinaus verbesserte das Team rund um Schöpfer Masahiro Sakurai den Ablauf des Classic-Modus. Hier dürft ihr erspieltes Geld in höhere Schwierigkeitsgrade investieren, um den Gewinn zu maximieren. Neben Gold erhaltet ihr ebenfalls Trophäen und Ausrüstungsgegenstände.
Letztere verwendet ihr zum Bekleiden eurer Miis. Zwängt die drolligen Wesen in eine von drei unterschiedlichen Klassen und konfiguriert ihre Spezialattacken nach eigenen Vorlieben. Selbst ein paar knuffige Kostüme oder Hüte könnt ihr für die treuseligen Begleiter festliegen.
"Praktisch alles im Spiel könnt ihr kooperativ erledigen, falls sich andere Smasher in eurer Umgebung befinden."
Hinzu gekommen ist der Smash-Run. Hier bediente sich Sakurai an einer seiner alten Ideen. Wer die City Trials aus Kirbys Air Ride kennt, kann bereits ahnen, was ihn hier erwartet. Auf einer riesigen Karte müsst ihr in fünf Minuten so viele Monster wie möglich vernichten und dabei noch Schatztruhen und versteckte Portale zu Bonusräumen suchen. Jede dieser Aktionen bringt euch Statusverbesserungen: mehr Sprunghöhe, schnellerer Lauf, stärkere Abwehr. Wer am Ende des Zeitlimits die meisten Boni kassieren konnte, gewinnt im anschließenden Kampf erhebliche Vorteile. Dort trefft ihr meist unter verschiedenen Bedingungen auf eure Widersacher. Manchmal erwarten euch aber auch unterschiedliche Aufgaben wie ein Wettrennen. Hört sich zunächst dumm an, jedes Mal vorher die fünf Minuten auf derselben Karte zu verbringen, bevor der eigentliche Showdown startet. Doch Kenner der City Trials wissen genau, wie süchtig solch ein Modus machen kann. Erst recht mit Freunden.
Praktisch alles im Spiel könnt ihr kooperativ erledigen, falls sich andere Smasher in eurer Umgebung befinden. Lauft ihr mit aktiviertem Streetpass nur an ihnen vorbei, dürft ihr zumindest eine Runde StreetSmash starten. Dort steuert ihr einen Kreisel und müsst mit Angriffen, Blocks und Kontern eure Gegner von einer kleinen Plattform stoßen. Selbst diese überaus simple Dreingabe erweist sich als perfekter Zeitvertreib, der genau wie das Hauptspiel den nötigen Tiefgang besitzt, ohne irgendwie komplex zu wirken.
Wollt ihr eure Wohnung dagegen lieber nicht verlassen und gemütlich von der Couch aus die gesamte Welt bezwingen, dürft ihr diesem Traum in den überarbeiteten Online-Gefechten nachgehen. Dabei verteilen sich alle Modi auf zwei Lager. Spielt entweder auf den normalen Karten und mit aktivierten Items oder wählt stattdessen die Hardcore-Variante: keine Hilfsmittel und nur die Omega-Versionen - quasi eine Final-Destination-Variante - aller Arenen. So sehr ich diese Entscheidung auch begrüße, fehlen mir die Alternativen. Entweder oder. Hip oder Hop. Casual oder Hardcore. Warum darf ich nicht ohne Items auf den ganz normalen Karten spielen? Warum gibt es neben der Omega-Ausgabe nicht auch eine Battlefield-Umsetzung jeder Map? Warum kann ich nicht wie im lokalen Multiplayer-Modus sämtliche Einstellungen selbst vornehmen und eigene Lobbys eröffnen?
"Wollt ihr eure Wohnung dagegen lieber nicht verlassen und gemütlich von der Couch aus die gesamte Welt bezwingen, dürft ihr diesem Traum in den überarbeiteten Online-Gefechten nachgehen."
Online funktionierten die Kämpfe mit europäischen Spielern wunderbar, vergleichbar mit der Qualität von Mario Kart 8. Und trotzdem hinkt Nintendo auch hier wieder anderen Kampfspielen hinterher. Sicherlich ein Schritt in die korrekte Richtung, aber noch lange nicht der Sprung, den ich mittlerweile in 2014 erwarte.
Und das ist auch meine einzige Bitte an die Entwickler. Ich weiß, dass Sakurai wahrscheinlich niemals etwas daran ändern wird. Nicht bis zum nächsten Super Smash Bros. Aber hoffen darf man ja noch auf ein Update. Gebt mir online mehr Möglichkeiten. Gestaltetet den Ablauf freier und lasst mich sämtliche Einstellungen vornehmen, ohne zwischen zwei stark getrennten Lagern wählen zu müssen.
Ansonsten ist auch Super Smash Bros. auf dem 3DS ein unglaubliches Paket, vollgestopft bis zum Rand mit neuen Charakteren, Arenen und Modi, die euch die nächsten Wochen, ja sogar Monate unterhalten. Das Kampfsystem folgt wieder dem Mantra der cleveren Mischung aus einfacher Steuerung und genügend Tiefgang. Selbst wenn die Version für die Wii U nicht weit entfernt auf uns wartet, ist dies hier keine ärmere Fassung, sondern eines der besten Handheldspiele überhaupt.