Gaming-PC für 1200 Euro - Test für Einsteiger in die Oberklasse
Umsteigen? Aufsteigen? Erst mal Durchsteigen!
Die gelegentliche schlechte Konsolenumsetzung mal ausgenommen und so anstrengend man das PC Master Race-Meme auch finden mag, darf man den PC aktuell mit Fug und Recht als den Heimathafen für Spieler mit hohen technischen Ansprüchen bezeichnen. Die Zeiten, in denen Konsolen wie PSone, Dreamcast oder die erste Xbox zu ihrem Erscheinen nur den absolut teuersten PCs nicht mit Leichtigkeit davonliefen, sind gezählt. Sony, Microsoft und - schon länger - Nintendo sehen es aus verständlichen Gründen nicht mehr ein, zum Marktstart ihrer Geräte auf jede verkaufte Einheit draufzuzahlen, weil die Herstellung allzu spezieller Komponenten so kostspielig ist.
Das - und eine für viele etwas zu langgezogene letzte Konsolengeneration - trieb die Spieler, die ihre virtuellen Abenteuer am oberen Ende des technisch Machbaren erleben wollen, in Richtung Heimcomputer. Die so verbreiterte Nutzerbasis sorgte für immer erschwinglichere Preise, mit dem Resultat, dass man heutzutage dank GPUs wie Nvidias GTX 970 für unterhalb von 400 Euro schon in der grafischen Spitzenklasse bei 1920x1080 Bildpunkten mitspielen darf. Das hat es bisher noch nicht gegeben. Für Spiele-Enthusiasten könnte der Zeitpunkt, umzusteigen oder ihre Armada an Konsolen um einen leistungsstarken PC zu ergänzen, nicht besser sein. Ein Beispielgerät haben wir uns mal rausgepickt und durch zahlreiche Benchmarks geschickt, um euch etwaige Gedankenspiele bei einer Kaufentscheidung zu erleichtern:
Einen Rundum-glücklich-Komplett-PC zum Spielen für um 1200 Euro, in diesem Fall beim PC-Hersteller MIFcom zusammengestellt und -gebaut. Das hier sind unsere Komponenten...
- CPU: Intel Core i5 4690, 4x3,5GHz
- Grafikkarte: Palit NVIDIA GeForce GTX 970 JetStream, 4GB
- Motherboard: MSI B85-G41 PC Mate, Intel B85
- RAM: 8GB Kingston DDR3-1600 CL11
- SSD: 120GB Samsung 850 EVO, SATA 3
- HDD: 1TB Toshiba, SATA 3
- Optisches Laufwerk: Samsung DVD-Brenner
- Netzteil: 500W BeQuiet
- Gehäuse: Coolermaster Silencio 550
- 3 Jahre Garantie mit Pick-Up und Return sowie lebenslanger Support
Wer schon länger seine eigenen PCs zusammenbaut, wird beim Lesen dieser Liste bereits im Geiste überschlagen haben, dass die Komponenten im Einzelkauf und Selbstzusammenbau günstiger zu haben sind, beziehungsweise, dass man auch selbst Hand anlegen könnte und für das gleiche Geld leistungsstärkere Einzelteile bekäme. Doch für diese Leute, die fast immer die aktuellen Preise auf den Zehner genau im Kopf haben und ihr System mit verbundenen Augen auseinander- und wieder zusammenbauen, ist der hier nicht gedacht. Aber nur der Vollständigkeit halber: Versierte PCler oder diejenigen Neulinge, die einen Hunderter mehr hinlegen wollen, besorgen sich natürlich den Prozessor lieber in der Variante mit dem angehängten "K" (circa 30 Euro mehr) und ein entsprechendes Mainboard, das dessen Übertakter-Ambitionen auch mitmacht. Auch wäre dann ein Netzteil von etwa 100 Watt mehr durchaus wünschenswert. Und natürlich zieht dieses PC-Beispiel Komponenten, die sich aus einem älteren Gerät noch herüberretten lassen, nicht in Betracht.
Obendrein wird auch andersherum aus diesem Argument vielleicht nicht unbedingt ein Schuh, aber immerhin ein attraktives Angebot. Die Einzelkomponenten schlagen bei gängigen Händlern im Netz von Alternate bis Mindfactory mit rund 1050 Euro zu Buche. Für 150 Euro mehr spart ihr euch folglich den verlängerten Nachmittag, den es dauert, so einen Kasten zusammenzusetzen, sowie den Angstschweiß, der entsteht, weil man befürchtet, beim Einbau die CPU oder etwaige Schnittstellen zu beschädigen. MIFcom schlägt dazu noch drei Jahre Garantie oben drauf und einen ebenso langen "Pick-up & Return Service", sollte mal irgendwas mit dem Gerät sein. Eine technische Hotline ist im Preis mit inbegriffen. Das ist deutlich mehr, als man aktuell von den Konsolenherstellern bekommt.
Also machen wir uns an die Benchmarks. Erste Adresse ist 3D Mark 11 und PC Mark 8.
Der Test bescheinigt dem Testcomputer einen 3D-Mark-Score von 5177 Punkten, laut Statistik 63 Prozent schneller als alle anderen mit dem Tool getesteten Geräte und über 100 Punkte oberhalb der empfohlenen Oculus-Spezifikationen, die Futuremark mit einem i5 4590 und der gleichen GPU ausweist wie der hier getesteten. PC Mark bewertet den Rechner mit 4016 Punkten als 90 Prozent schneller als alle getesteten. Doch weil derartige Vergleichswerte über die Praxis wenig aussagen, müssen ein paar aktuelle Hits und Dauerbrenner für den Test herhalten. Und hier macht den Anfang natürlich CD Projekts einzigartiges The Witcher 3: Wild Hunt.
The Witcher 3
Ein ausuferndes Rollenspiel, das sich auf Konsolen ausgezeichnet schlägt, aber auch leistungsstarken PCs einiges an optionalen Verschönerungen entgegenwirft, die man mithilfe des Testrechners auch problemlos annimmt. 1080p sind der aktuelle Standard und in diesem Spiel auch die Auflösung, die man mit dieser Konfiguration fahren sollte. Machen wir es uns also einfach und setzen die gesamten Grafikeinstellungen des polnischen Vorzeigeprodukts auf Ultra. Nur die Nvidia-speziellen und die Hardware über die Gebühr beanspruchenden "HairWorks"-Effekte beschränken wir auf die Hauptfigur, Geralt. Während unseres zehnminütigen Ausritts durch die Pampa und die Siedlungen Velens und einiger Kämpfe zwischen Nachmittag bis zum Sonnenuntergang maß unser Benchmark-Tool eine durchschnittliche Bildrate von knapp 42 Bildern pro Sekunde. Während des stärksten Einbruchs sackte die Bildrate für einen kurzen Moment auf 25 ab.
In den Optionen lässt sich die Bildrate allerdings auch beschränken und wenn man sie auf 30FPS arretiert, machen sich auch die Stürze von 45FPS in niedere Bereiche nicht mehr so deutlich bemerkbar. So heruntergeregelt lässt sich eine annähernd unbeirrbare 30FPS-Darstellung - PlayStation-4-Performance im Grunde - in der bestmöglichen Grafik bewirken. Wer auf Nvidia Hairworks verzichtet, spielt sogar noch eine Idee stabiler und erlebt immer noch eines der schönsten Spiele aller Zeiten in einer Version, von der die Konsolen nur träumen können. Es kommt noch besser: Auch stabile 60 FPS sind kein Problem. Wer Hairworks abstellt, sich bei Schatten, Laubwerksichtweite, Bevölkerungsdichte und Ambient Occlusion auf die immer noch exzellente zweitbeste Einstellung beschränkt, wird Bereiche spürbar südlich der 60 FPS kaum zu sehen bekommen.
Bei nicht gelockter Bildrate schwankt die Ausgabe so zwischen 60 (draußen) und 90 (Innenbereiche) Bildern pro Sekunde. Und weil mehr Frames nur grundsätzlich gut sind, wenn sie sich auf einem stabilen Level bewegen, solltet ihr die offensichtlich vorhandenen Reserven dazu nutzen, V-Sync hinzuzuschalten oder den Bildratenbegrenzer auf 60 zu schalten. Das sorgt dann für ein ausgezeichnetes, flüssiges Erlebnis. Nur in größeren Städten wie Novigrad kann es schon mal passieren, dass man drei bis vier FPS verliert, was man ohne eingeblendete Bildrate aber nicht allzu sehr spürt. Alles in allem ein ausgezeichnetes Erlebnis.
Grand Theft Auto 5
Der vermutlich erfolgreichste PC-Titel aller Zeiten hat schon in den entsprechenden Digital-Foundry-Artikeln durch seine außerordentliche Skalierbarkeit und seine lobenswerten Anpassungen an Enthusiasten-PCs von sich reden gemacht. In der Zusammenkunft mit unserem Testsystem bestätigt sich das einmal mehr, gleiches gilt für den Eindruck, den der Witcher erweckte. Das System stemmt das Spiel in 1080p auf maximalen Einstellungen - abzüglich des hardwarehungrigen MSAA und der "weichsten" Schatten - in etwa in Konsolenperformance: Unsere Benchmarks ergaben zwischen 29 und 31 Bildern. Eine deutlich stabilere Performance in ungleich besserer Grafikqualität.
Das goldene Ziel 1080p60 lässt sich aber wie schon bei CD Projekts Open-World-Rollenspiel ebenfalls erreichen. Wer auf V-Sync verzichten kann, bewegt sich mit Leichtigkeit oberhalb der 60 Bilder. Mit V-Sync ist das allerdings schon schwieriger. Doch auch hier findet sich schnell eine befriedigende Lösung: Schraubt man die Bevölkerungsdichte und -vielfalt vier Klicks herunter, stellt die Schatten auf "Hoch" anstatt auf "Sehr hoch" und reduziert dann die Einstellung der erweiterten Sichtweite noch auf etwa die Hälfte. Wer dann noch die Ambient Occlusion auf "Normal" stellt, freut sich über perfekte 60 in einer Optik, die immer noch zu Zungenschnalzern anregt.
Project CARS
Es gab mal eine Zeit, in der Rennsimulationen das Aushängeschild neuer Hardware waren. Und wenn man sich Project CARS so anschaut, weiß man auch, warum: Von den frisch gewienerten, metallenen Kraftmaschinen geht schon eine gewisse Anziehungskraft aus. Tatsächlich gibt sich Slighty Mads Renner angesichts seines blendenden Looks jedoch erstaunlich genügsam. Hohe Einstellungen sind in 1080p60 auch auf Strecken mit aufwendiger Randbebauung mit V-Sync und bestem FXAA kein Problem. In Sachen Texturauflösung, Wagendetails und Partikelqualität darf man sich sogar ans Maximum herantrauen. Wer mit FPS-Werten leben kann, die eher leicht nordwärts der 50 Bilder wohnen, dreht noch deutlich mehr Werte auf die höchste Einstellung. Möchtet ihr auf V-Sync verzichten, bewegt sich die Performance auf den maximalen Einstellungen zwischen etwa 40 und 110 Bildern.
Da bei der dermaßen schnellen Bewegungen aber etwas weniger brillante Randdetails durchaus zu verschmerzen sind, sollten sich Gearheads über feste, von Tearing freie 60 Bilder in hoher Qualität freuen, die nur hier und da mal um ein Bild abrutschen. Eine Tatsache, die ich im Spielbetrieb nicht bemerkte. Hier huscht die Nordschleife so schön vorbei wie eigentlich nirgends sonst. Das Einzige, was das Spiel jetzt noch spürbar hübscher machen könnte, wären noch ausgefeiltere Kantenglättungsroutinen. Die sind in Project CARS zwar vorhanden, kosten aber etwas mehr Leistung, als selbst unsere übertaktete GTX 970 bei 1080p60 zu leisten imstande ist - auch wenn das Spiel sogar mit MSAA noch etwas überraschend häufig genug deutlich über 50 Bildern pro Sekunde bleibt.
Und sonst so: Tomb Raider und Wolfenstein: The Old Blood
Tomb Raider (2013) war seinerzeit ein echter Hardware-Killer, besonders wenn man als Nvidia-User die auf AMD-Karten zugeschnittenen TressFX-Haareffekte zuschaltete. Die 970er nimmt dem zugegebenermaßen nicht mehr ganz frischen Titel jetzt viel von seinem Schrecken und produzierte in allen Testphasen eine unbeirrbare 1080p60-Ausgabe in den maximal machbaren Einstellungen und mit den wild umherwehenden Haaren. Ein ordentlicher Sprung von der letzten Generation: Meine "alte" GTX 770 hatte mit dieser Facette des Spiels noch zu kämpfen. Wolfenstein: The Old Blood macht sich auf höchsten Einstellungen ein wenig rar, denn das bis zu 32-fache Anti-Aliasing frisst ganz schön Ressourcen. Regelt man es auf die "2X"-Variante herunter, ist man nah, also mit nur wenigen und dann überschaubaren Einbrüchen an den magischen 60FPS inklusive V-Sync.
Unser Fazit
Da wären wir also: Ein kompletter Spitzenrechner zum Preis eines oberen Mittelklassesystems. Prozessor und Grafikkarte spielen auf Augenhöhe und liefern High-End-Erlebnisse mit nur wenigen Abstrichen im Vergleich zum ungleich teureren oberen Ende der Leistungsskala. Bastler und Komponenten-Weiterverwender kommen selbstverständlich günstiger an Gleichwertiges oder zum gleichen Preis an Leistungsstärkeres. Umsteiger ohne den Nerv oder die Kenntnisse für den Eigenbau freuen sich über gesparte Zeit und einen gönnerhaften Garantieumfang.
Im Grunde belegt unser Test nur einmal mehr, wie wunderbar flexibel der PC als Plattform gerade ist. Für jeden Geldbeutel findet sich eine passende Lösung, auch wenn Nvidias 970er durch ihr weiterhin verblüffendes Preis-Leistungs-Verhältnis aktuell die meisten Begehrlichkeiten wecken dürfte - solange es 1080p und 60 Bilder die Sekunde sein sollen.