Super Mario Maker - Test
So einfach.
Es muss eine Nintendo-Sache sein, wenn sich ein Leveleditor und seine Bedienung in ein so spielnahes Umfeld einfügen, wie es nur möglich ist. Wer sich den Super Mario Maker vorrangig holt, um dem theoretisch unendlichen Nachschub online geteilter Level zu erliegen, wird bei einem kurzen Blick hinter die Kulissen feststellen: Das ist einfach. Unglaublich einfach. Damit nimmt euch Nintendo die größte Hürde schon vor dem ersten Start aus dem Weg und ermuntert dazu, selbst tätig zu werden, statt nur zu konsumieren.
Und wieso auch nicht? Mario-Level sind so selbsterklärend wie nichts anderes. Wer in den letzten zwei Jahrzehnten nur mal kurz an einem mausgrauen Gamepad schnupperte, weiß um ihren Aufbau, ohne sie vorher auf grundlegende Funktionalität abklopfen zu müssen. Es geht von links nach rechts, so einfach ist das. Vorteil Nummer 1 gegenüber anderen Editoren, etwa dem (mächtigeren, zugegeben...) von Little Big Planet, ist damit gegeben. Wo man für Sackboy-Experimente erst Tools erlernen und ihre Abhängigkeiten begreifen muss, erwartet der Mario Maker nur ein Wii-U-Touchpad. Ohne funktioniert es nicht, und das ist auch gut so.
Der Editor ist ein ganz eigenes Biest der Einfachheit. Vom Fleck weg erschlagen wird hier niemand, bis auf die Langeweile. Ihr startet mit den grundlegenden Bausteinen, darunter Steinquader, Fragezeichenblöcke, Münzen, Trampoline, Plattformen, Gumbas oder Koopas. Weitere Themen - etwa Unterwasserwelt - mitsamt der dazugehörigen Objekte werden im Tagesrhythmus freigeschaltet, solange man artig spielt und vor allem baut. Sehr sinnvoll bei einem zum „out of the box" Denken ermutigenden Editor. Bringt ja nicht viel, Kanonen und Stachelfallen zu haben, wenn man nichts damit anstellt. Auf diesem Fundament entstehen in drei, vier Minuten erste Gehversuche im Levelbau. Mit dem Stift in der Hand zieht man Sprungblöcke an die gewünschte Stelle, pflastert einen Bereich mit Steinen zu, kann genau bestimmen, wo der Power-up-Pilz aus einem Block schießt oder ein Gegner aus einer Kanone. Oder ein Hammerbruder aus dem Block. Ein Gumba aus einer Röhrenpflanze.
Der Vorgang ist dank Drag-and-Drop dermaßen einfach und vertraut, man muss nichts großartig erklären und jedes weitere Wort ist eigentlich zu viel. Es ist ein kleines Spiel im großen, ein schöpferisch unterschiedlich stark forderndes Puzzle - je nachdem, wie umwunden eure Vorstellungen sind - mit dem Ziel, am Ende ein absolvierbares Level vor sich zu haben. Was auch nötig ist, wollt ihr eure Kreationen online teilen. Mindestens einmal müsst ihr durchspielen, was ihr erschaffen habt, ehe ihr es in die weite Welt schickt. Ein netter Kniff, um die Community vor halbfertig hingerotzten Leveln zu bewahren, wie man sie etwa in Little Big Planet findet. Was auf den Servern liegt - bereits jetzt eine stattliche Auswahl -, lässt sich in jedem Fall beenden, egal wie wahnsinnig es zuweilen anmutet.
Es sind nicht nur kleine Details wie sich in die Hintergrundmusik einfügende Sound-Effekte, wann immer man ein Objekt platziert. Die Leichtfüßigkeit, wie Nintendo auf dem Touchpad einen mächtigen und mühelos abrufbaren Bausatz unterbringt, ist einfach phänomenal. Zieht einen grünen Koopa aus der Objektleiste ins Spielfeld, schüttelt ihn und verwandelt ihn so in einen roten. Verabreicht einem Gegner einen Pilz und macht ihn damit groß. Nehmt Mario und drückt ihn in eine Röhre, schon verknüpft das Spiel die derzeitige mit einer darunterliegenden Ebene. Derer lassen sich leider nur zwei erstellen. Wer etwa ein Röhrenlabyrinth basteln möchte, muss tricksen und die verschiedenen Bereiche in ein- und derselben Ebene räumlich voneinander abgrenzen. Außerdem schade, dass es weder Schrägen noch graduelles Power-up-Wachstum gibt (eine Feuerblume macht euch immer zum Flammen schießenden Klempner, egal ob ihr groß oder klein seid), ebenso wenig wie Checkpoints innerhalb der Level. Ein Arschlochlevel bleibt genau das und dergestalt weiterhin dem Trial-and-Error verpflichtet.
Und auch Ablösung für alles von Nintendo in Latzhosen Kommende ist der Super Mario Maker nicht. Erstellen könnt ihr „nur" einzelne Stages, vom Startpunkt bis zur Stage-clear-Flagge also, keine zusammenhängenden Spiele mit Oberweltbrettkarte oder ähnlichem. Trotzdem sind die Möglichkeiten, Objekte, Gegner und Items in Abhängigkeit zu setzen, enorm. Ein Münzen statt Stachis werfender Lakitu ist ebenso möglich wie Bowser unter Wasser. Oder schwimmende Gumbas, als wären die typischen Unterwasser-Stages nicht schon schwer genug.
Die verfügbaren Grafik- und Spielstile von Super Mario Bros., Super Mario Bros. 3, Super Mario World und New Super Mario Bros. U - im Editor übrigens jederzeit mitsamt der bisherigen Konstruktionen wechselbar - erlauben verschiedene Ansätze der Spielgestaltung. Während das erste Mario vergleichsweise „basic" ausfällt, weil es nun mal so war, lassen sich mit den Möglichkeiten des dritten Teils knifflige Tanooki-Passagen hinbiegen. Bei einigen von ihnen weiß ich bis heute nicht, wie sie zu knacken sein sollen. Der Wandsprung aus den New-Super-Mario-Teilen war für viele Anlass, ihre Kreationen um genau diese Mechanik herum auszurollen. Das Ergebnis ist ein nahezu unerschöpflicher Pool aus ständig Neuem, schon jetzt, eine Woche vor dem offiziellen Launch.
Ein Freund von mir baute einen Level, in dem man einen Pilz durch einen Parcours schleusen muss. Als kleiner Mario hopst man von der Unterseite gegen Steinblöcke und kann den Pilz so auf höhere Ebenen befördern, ohne ihn direkt zu berühren. Die meiste Zeit über verfolgt man ihn, stets darauf bedacht, schnell genug zu sein. Man braucht diesen Pilz! Ohne ihn lässt sich der Steinblock kurz vor dem Ziel nicht zerstören. Ungünstigerweise hat Nintendo keine Mechanik eingebaut, den Spieler auf seine Verfehlung aufmerksam zu machen. Heißt also: Es gibt keine Nachricht à la „Der Level ist nicht mehr zu schaffen. Neu starten?". Entweder lasst ihr die Uhr runterticken oder startet manuell von vorn.
Level wie „Don't touch that Controller" sind anspruchslos insofern, dass man nichts machen muss und Mario automatisch von federnden Plattformen ins Ziel gestoßen wird, über Schildkrötenköpfe hinweg mit einer nahezu berauschenden Wucht. Sie zeigen die verspielten Gedanken der Leute dahinter, ihre Freude, mit der sie einen Parcours auf die Beine stellten und hinter den Mario Maker blickten, seine Möglichkeiten sezierten und der Welt eine Minute Kurzweil verschafften.
Und solltet ihr trotz aller Einfachheit nicht die Typen sein, um etwas „selbst in die Hand zu nehmen", lieber spielen als erschaffen, könnt ihr genau das tun. Entweder geht es mit zehn Leben durch eine Reihe von Nintendo-seitig vorbereiteten Leveln - etwas mehr als 50 sollen es insgesamt sein - oder mit 100 Leben durch eine dynamische Aneinanderreihung von 16 Community-Werken. Drei Schwierigkeitsgrade stellen sicher, dass jeder seinen Meister findet, ganz egal auf welchem Niveau.
Und das wird noch eine Weile so sein, je nachdem, wann euch die Umstände in andere Gewässer treiben. Bis es so weit ist, bleibt der Mario Maker ein Spiel für jede Gelegenheit. Eines, das euch bauen und erleben lässt, verfeinern und ergänzen, springen und scheitern, so fingerfertig dargereicht, wie ein oft an die Sperrigkeit geketteter Editor nur sein kann. Nintendo presst einen mächtigen Bausatz auf den Touchscreen, die einzige Begrenzung euer schöpferischer und in Mechaniken denkender Horizont, natürlich immer im Rahmen der Mario-Welt. Little Big Planet mag mehr Möglichkeiten haben, aber so unkompliziert und spielerisch wie hier, das gibt es nur bei Nintendo.