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Mad Max - Test

Ödland. In mehr als nur einer Hinsicht.

Mad Max setzt seine Grundelemente gelungen um und bietet viel fürs Auge. Aber für die lange Spielzeit fiel ihm leider viel zu wenig ein.

Wisst ihr noch damals, das allererste Assassin's Creed? War das nicht aufregend? Für ein bis zwei Stunden? Und was für eine Aufregung das damals war, als Alex genau diesen Punkt mit einer nicht allzu hohen Wertung quittierte. Ich gebe zu, ich habe dieses Spiel damals sehr gern gespielt, aber es lässt sich nicht leugnen: Nach ein oder zwei Stunden hat man alles gesehen und gemacht. Danach wird es wiederholt und wiederholt. Das Problem haben eine ganze Reihe der Open-Worlder, die es nicht schaffen, zumindest ein paar legitime Sandbox-Elemente einzubauen und diese dann auch zumindest von Zeit zu Zeit zu nutzen. Was uns nahtlos in das Jahr 2015 und zu Mad Max bringt.

Wie damals Assassin's Creed macht Mad Max sehr viel richtig und eigentlich gar nicht mal so viel falsch. Zumindest was das Grundgerüst angeht, ist alles da, funktioniert, kann man spielen. Aber wenn dann nicht zumindest von Zeit zu Zeit die gestalterische Inspiration beim Entwickler funkt oder die Story mitreißt, dann reicht das einfach noch nicht. Jedenfalls nicht, um das Spiel motiviert länger als mal eine Stunde an dem einen oder anderen Tag zu zocken.

In der ersten Stunde hat man es alles gesehen, da lassen einen später selbst höhere Gegnerzahlen eher kalt.

Mad Max lässt sich gar nicht mal vereinfacht, sondern sehr real auf drei Grundelemente reduzieren: Fahrzeugkampf, Nahkampf und Aufrüsten. Jede Mission, die diesen Namen wert ist, und dazu zählen auch die Story-Missionen, läuft darauf hinaus, dass ihr mit eurem Auto zu irgendeiner Basis von bösen Leuten in den Wastelands heizt. Auf dem Weg macht ihr vielleicht ein oder zwei andere Fahrzeuge platt, dann reißt ihr die äußeren Verteidigungen dieser Basis mit den Fahrzeugwaffen ab. Schließlich steigt ihr aus, geht hinein, verprügelt alle, sprengt etwas und geht wieder. Zeit, das Auto und Max selbst zu steigern, dann geht es von vorn los. Für ungefähr 30 Stunden. Manche Missionen wie die Convoy-Überfälle reduzieren sich auf das Fahren, andere, wie reine Plündermissionen, beschränken sich auf das Prügel- und Sammelelement. Das ist es. Das ist Mad Max.

Solltet ihr die Hoffnung haben, dass da eine packende Story alles zusammenhält, könnt ihr sie knicken. Das hier ist Mad Max. Er hatte ein Auto, das haben sie ihm genommen, und nun will er es zurückhaben. Die Konzession daran, dass ein alle halbe Stunde herumgrantelnder Max vielleicht nicht reicht, ist Chumbucket, euer persönlicher Mechaniker und Hobbyanbeter, der immer wieder die gleichen Kommentare abgibt. Ähnlich wie die drei Grundelemente für die ersten paar Stunden noch frisch erscheinen, hat er auch in dieser Zeit noch einen Esprit, der sich dann leider in Wiederholung abnutzt. Den Rest der Figuren könnt ihr komplett vergessen. Es sind Platzhalter, die nur da sind, weil euch einer ja die Missionen geben muss.

Ungewöhnliche Ereignisse wie die Super-Stürme sind leider die Ausnahme.

Weit mehr Charme hat die Welt selbst, die auch phasenweise immer wieder absolut phantastisch aussieht. Einen Sonnenuntergang über der Wüste mit den Resten verrottender Schiffsriesen im Hintergrund hat seine ganz eigene Klasse, und es macht immer wieder Spaß, sich im Sessel zurückzulehnen, all das einfach nur zu genießen und dem Dröhnen des V8 zu lauschen. Auch gibt es erstaunlich viel Mystik in der kargen Landschaft. Euer Begleiter hält Max für einen Heiligen, das Auto für einen Engel und seine Religion ist das Auto. Wortwörtlich. Andere sitzen in einem riesigen Tanker und warten auf die Rückkehr des Wassers, als würden sie in einer Arche hocken. Immer wieder gibt es nette Einsprengsel in der Ödnis, die diese mit weit mehr Leben füllen, als man auf den ersten Blick meinen sollte.

Technisch läuft Mad Max einfach. Hier und da gibt es auf den Konsolen mal ein paar Pop-ups oder kleine Ruckler, aber insgesamt läuft das Spiel hervorragend. Auch sind diesmal keine großartigen PC-Probleme bekannt. Was man so hört, lässt sich wohl mit einem Treiber-Update der Grafikkarte beheben. Hier im Test während einer etwas dreistündigen Session gab es jedenfalls nichts zu beklagen.

Inhaltlich wird hier und da mal was angedeutet, aber für die Story solltet ihr das hier trotzdem nicht spielen. Es gibt einfach nicht so viel davon.

Ich sagte bereits, dass Mad Max sehr viel richtig macht. Und das wäre, dass es zwar nicht so viel mit seinen Grundelementen anzufangen weiß, aber sie funktionieren für sich tadellos. Das Prügelsystem ist etwas zu primitiv, da helfen auch ein paar erlernbare Finisher und Specials nicht viel. Eine Taste zum Schlagen, eine zum Ausweichen und - fast am wichtigsten - eine zum Kontern. Von Zeit zu Zeit taucht mal ein neuer Gegnertypus auf, aber neue Strategien, die euch zum Umdenken zwingen, gibt es eigentlich durch das ganze Spiel hindurch kaum. Lediglich die Horden werden größer und es ist herausfordernder als Assassin's Creed zum Beispiel, insoweit als dass euch Gegner recht zügig hintereinander attackieren und Kontern nicht ganz so einfach vom Timing her ist. Es macht Spaß, es ist okay, aber Tiefe steckt nicht drin.

Das größere Problem ist, dass die Basen der Feinde und sie selbst wenig Profil haben. Der Aufbau ist immer anders, aber die paar Grundelemente aus sandigem Innenhof oder rostigen Gängen bieten da nicht viel fürs Auge. Aus der Ferne ist so eine alte Bohrstation cool anzusehen, von innen ist es halt nur rostiger Stahl und eher öde. Die Bosse sind nicht ernstzunehmen. Es sind einfach dickere Gegner mit primitiven Taktiken, die in irgendeiner Basis hocken, nicht in die Geschichte eingebunden sind und scheinbar gelangweilt auf ihr Ende warten. Was die Nemesis angeht, ist Mad Max eines der schwächsten Spiele überhaupt. Es hilft, dass es gegen Ende noch einmal in die Gänge kommt, ein klein wenig seine Routinen durchbricht und euch am Ende doch zufriedener entlässt. Aber eigentlich ist es nicht viel, und das sehr spät.

Schönheit in der Wüste. Immer wieder gibt es solche Augenblicke (eingefangen mit dem Spiel-eigenen Bilder-Tool).

Das Autofahren fiel dagegen weit besser aus. Erst einmal ist da das reine, wunderbar umgesetzte Fahren. Eure Untersätze halten extrem viel aus, sodass ihr keine Angst haben müsst, auch mal eine Klippe hinabzuschießen. Im Gegenteil, aus voller Fahrt heraus einen Sniper-Turm umzureißen, dessen Trümmer fliegen zu sehen und dann mit audiovisuell gutem Wumms zu landen, das kann man immer wieder mal machen. Es ist auch angenehm, dass ihr praktisch nirgendwo hängenbleibt. Kleine Steine, Autowracks, ihr könnt einfach drüber und manchmal auch durchrasen, ohne dass es die stabile Fahrphysik aus der Bahn wirft. Und Platz gibt es im wasserlosen Ödland ja nun mehr als genug.

Der Fahrzeugkampf selbst hat jedoch ein paar kleinere Balancing-Probleme. Eure wichtigste Waffe ist eine Harpune. Drückt ihr die Taste zum Zielen, wird die Zeit verlangsamt und ihr könnt aus voller Fahrt heraus sicher das Opfer herauspicken. Anfangs ist es am einfachsten, die Fahrer direkt aus den gegnerischen Fahrzeugen herauszuzerren. Rüstet ihr die Harpune auf, könnt ihr bei vielen Gegnern mit einem Schuss und äußerst einfach einen Reifen wegreißen und sie damit komplett aus dem Verkehr ziehen. Das funktioniert nach ein, zwei ordentlichen Remplern auch bei gepanzerten Feinden, was das Niederringen eines ganzen Convoys zu einer Sache von wenigen Minuten degradiert. Dann noch ein paar mehr Upgrades und nach ein paar Stunden seid ihr der unangefochtene König der Straße.

Ein Blick auf eine Karte oder der Schlachtplan für eine Beschäftigungs-Therapie? Die vielen, vielen gelben Punkte auf diesem kleinen Ausschnitt der Karte bringen euch kaum etwas außer ein paar wenige Ressourcen, aber es dürfte ewig dauern sie abzuklappern. Gut, dass das keiner ernsthaft verlangt.

Trotzdem ist das Upgraden wie fast immer ein echter Spaßfaktor, eben weil ihr das klare Gefühl von Machtzuwachs habt. Oft ist es Kleckerkram - zehn Prozent mehr Schaden hier, zehn Prozent irgendwas mal da -, aber immer wieder und nicht zu selten ist es ein echter Sprung, der auch sofort auf der Piste ausgetestet werden muss und dann nicht enttäuscht. Insoweit ist das eigene Auto, der Magnum Opus, sicher mehr der Star als der wortkarge Max. Schade nur, dass ihr dieses geliebte Fahrzeug immer wieder mal aufgeben müsst. Nicht selten habt ihr eine Mission, in der ihr Fahrzeuge vorgegeben bekommt. Dann sollt ihr ohne all die Extras Spaß haben, und es funktioniert einfach nicht. Ich sah immer nur zu, es schnell hinter mich zu bringen, um wieder im geliebten Magnum Opus zu sitzen, und das klappt auch ganz gut, denn der Schwierigkeitsgrad ist generell nicht so hoch. Jenseits von ein paar ungünstigen Situationen wie einem defekten Auto in einem der brutalen Sandstürme oder in einer schlechten Ecke im Nahkampf werdet ihr während der 30 Stunden nicht zu oft sterben.

30 Stunden sind übrigens konservativ gerechnet. Ein wenig schneller geht es schon, wenn man es drauf anlegt, vor allem geht es aber auch sehr viel länger. Das ist viel Spielzeit für die von der Fläche her recht kleine Spielwelt und kaum mehr als ein Dutzend Missionstypen. Erst scheint es auch so, als dauerte das Aufrüsten gar endlos, aber nach und nach beginnt durch befreite Basen ein reger Materialstrom zu fließen. Auch damit gibt es immer noch wahnsinnig viel zu tun, habt ihr wirklich die Ambition, alle freundlich gesinnten Festungen wie auch das Auto und Max selbst aufzurüsten. Dieses Spiel kann Komplettisten fast endlos beschäftigen. Was jedoch für andere dann wieder Teil des Problems ist, denn genau daher kommt ja die Routine.

Auf vier Rädern im Duell ist eine Stärke des Spiels, die man ihm nicht nehmen kann und die es immer wieder mal für eine Runde attraktiv macht.

Mad Max sieht gut aus, es spielt sich gut, seine Elemente passen zusammen. Dieses Spiel funktioniert und ist insgesamt betrachtet durchaus ordentlich. Was ist also das Problem? Man merkt sehr deutlich, welches Studio - Avalanche - hier dran war und was sie sonst gemacht haben. Just Cause ist Open-World in seiner primitivsten Form, aber es setzt keine Grenzen für eure sinnlose Zerstörungswut, die es feiert. Mad Max ist vom Grundaufbau nicht viel anders, aber es bleibt in jeder Hinsicht am Boden. Es nimmt sich viel ernster, hält euch mehr zurück, indem es eure Möglichkeiten limitiert, und dann reicht das Dutzend Missionsvarianten nicht mehr für so lange Zeit. Es spielt sich gut, aber das so gleichbleibend, dass nach zwei Stunden nichts mehr dazukommt und die Motivation spürbar mit jeder weiteren gleichartigen Basenbefreiung abstirbt. Die Handlung oder die Charaktere kann man eh vergessen, da muss man anders herangehen.

Erst einmal hat die Welt viel Charme und sieht auch immer wieder herausragend gut aus. Und dann solltet ihr euch das Spiel einteilen. Spielt ihr Mad Max eine Stunde am Tag, dann bleibt es sehr viel länger frisch, denn nach der ersten achtstündigen Marathonsitzung war ich weit ausgebrannter als nach praktisch jedem anderen Open-World-Spiel. Setzt euch hinters Lenkrad, haltet auf den Sonnenuntergang zu und bringt dort ein paar Mutanten um. Das ist ein guter Mad-Max-Tag. Man darf nur nicht ohne Pause den Nächsten starten.

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