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PES 2016 - Test

Eine starke Saison, online wie offline.

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Ausgereiftes, aufregendes und in seinen Animationen begeisterndes Fußballspiel, das online noch unter einem zu laxen Schiedsrichter leidet.

Das war alles andere als selbstverständlich. Letztes Jahr um diese Zeit war ich deutlich unglücklicher über den Stand der Dinge in Sachen PES. Tagelang hatte mir das eigentliche Fußballspielen auf Konamis virtuellem Grün wahnsinnig viel Spaß bereitet und das Drama, Dynamik und Langeweile des Sports authentisch wiedergegeben - und dann wollte es online vorne und hinten nicht passen. Ständige Verbindungsabbrüche, noch bevor Partien überhaupt zustande kamen, schlechte Lags, wenn es doch mal passierte, und eine gestrichene Online-Meisterliga vermiesten mir einen eigentlich durchweg empfehlenswerten Titel.

Nach einem durchbolzten Online-Wochenende voller enger Kisten, hochtrabender Siege und niederschmetternder Niederlagen ist die Online-Meisterliga zwar bedauernswerterweise immer noch Geschichte, aber das grundlegende Spiel funktioniert schlichtweg. Dabei darf man sich nicht daran stören, dass das Spiel individualisierte Online-Freundschaftsspiele und Teampartien immer noch über ein antiquiertes Lobbysystem vermittelt. Die Vermittlung schneller Einzelpartien ohne Auswirkungen auf euren Rang funktionierte aber ebenso solide und zuverlässig (wenngleich hier und da etwas langsam) wie der neue Online-Ligamodus, der im Grunde nichts weiter ist als eine neu verpackte Rangliste.

Bei den Spielermodellen gilt weiterhin: Stars sind exzellent und lebensnah getroffen. Weniger bekannte Spieler sehen wie Schaufensterpuppen aus.

Mit dabei sind ebenso wieder die recht cool aufgezogenen Turniere, die für meinen Geschmack ruhig schon früher am Tag als erst mittags beginnen dürften. Aber Schwamm drüber: Anders als im direkten Vorläufer fand ich durchweg zuverlässig Mitspieler. Besser noch: Spielt man erst einmal gegeneinander, stellte ich bisher kaum einen Lag fest, das Spiel läuft ebenso fließend, direkt und wundervoll feinfühlig, als spielte man gegen die CPU. Lediglich vereinzelte, kurze Ruckler deuteten an, dass hier noch nicht alles ganz rund läuft. Nichts, was einem die Lust auf die Online-Partien jedoch verhageln würde. Und damit bestätigt sich auch online eigentlich der durchweg gute Ersteindruck von PES 2016, den ihr damit ruhig als Begleittext zu diesem abschließenden Urteil begreifen dürft.

Wenn ich jetzt, eine halbe Woche nach Veröffentlichung, meckern müsste (der absolut miese deutsche Kommentar ist hier mittlerweile angestellt und wird keine Sekunde lang vermisst), so würde ich zweifellos als Verbesserungsvorschlag anbringen, dass die Schiedsrichter - die im Spiel gegen die KI sehr viel laufen lassen, lieber in einer Spielpause den Karton zücken und so für guten Spielfluss sorgten -, online in Zukunft bitte fester durchgreifen sollten. Diverse Partien, in denen ich früh in Führung ging, arteten in wildes Getrete seitens meines spürbar frustrierten Widersachers aus, das deutlich mehr rote Karten provozieren müsste, als es der Fall war. Was offline eine Stärke des Spiels ist, gerät gegen den falschen Gegner zu einer unschönen Schlammschlacht mit langen Behandlungspausen. Zum Glück ist es möglich, unliebsame Gegenspieler im Anschluss an die Partie zu blockieren, was sich in Zukunft auf deren "Höflichkeitswertung" auswirken sollte. Vielleicht reguliert sich das Problem auf diese Weise auch von selbst.

Gerade in den Zweikämpfen überzeugt das Spiel mit einer Körperlichkeit, die in vielen unvorhersehbaren Situationen resultiert.

"Dank seines fast schon arcadigen Respekts vor Reflexen, Übersicht und Hand-Augen-Koordination nimmt PES auch weniger geübte Spieler für voll."

Davon abgesehen gefällt mir vor allem die Meister-Liga besser als je zuvor. Zahlreiche neue Statistikbildschirme erleichtern die Schwachstellenanalyse sehr und fördern das Gefühl, wirklich Manager eines Fußballclubs zu sein. Spieler, die sich mit der Zeit neue Stile aneignen und sich wirklich entwickeln, erzeugen unterdessen einen noch stärkeren Suchteffekt nach neuen jugendlichen Scouting-Schätzen, die sonst keiner kennt und die nur darauf warten, dass ihnen jemand die Gelegenheit gibt, auf der großen Bühne zu glänzen. Seit langer Zeit wird mich dieser Modus wohl endlich mal wieder den gesamten Winter hindurch begleiten.

Es ist einfach eine Wohltat, wie fließend und unmittelbar sich dieses Spiel anfühlt. Ein schneller, bei Bedarf aber dank Spieltempo-Einstellung auf Wunsch auch langsamerer, immer jedoch spritziger Kick mit gerade so vielen oder so wenig Finessen, wie man selbst will. Leicht zu spielen, aber so voller versteckter Tiefen, dass man es niemals ganz meistern wird, wenn man noch andere Spiele neben PES erleben will. Manche wollen das nicht, und für sie funktioniert diese Simulation als Lebensart ebenso gut, wie sie anderen als legerer Zeitvertreib für zwischendurch außerordentliche Dienste leistet. Dank seines fast schon arcadigen Respekts vor Reflexen, Übersicht und Hand-Augen-Koordination nimmt PES auch weniger geübte Spieler für voll. Es ist kein Zufall, dass dieses Spiel auch nach Jahren des Aufs und Abs noch immer in allen Lagern geschätzt wird.

Die PC-Version basiert leider auf der Last-Gen-Variante des Spiels.

Was mit dem Umstieg auf die Fox-Engine in PES 2014 begann und in zwei vielversprechenden Spielen resultierte, die aus verschiedenen Gründen hinter ihrem Potenzial zurückblieben, kommt endlich zur vollen Entfaltung. Erstmals schütteln die PES Productions das "Aber" ab, das so häufig mitschwang, wenn man trotz einiger Begeisterung für das Gebotene noch eine gewisse Unfertigkeit diagnostizieren musste. Anno 2016 ist PES wieder nahe an der Spitze des im Rahmen dieses Sports Machbaren angekommen und behauptet sich dort mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte ihm FIFA nie den Rang abgelaufen. Das setzt ein Signal an alle, die sich von ihm abkehrten, auch wenn sicher nicht jeder wieder dorthin zurückkehren wird, wo seine Karriere im virtuellen Fußball einst begann.

Aber wichtiger noch: Wenn Konami morgen entschiede, auch Pro Evolution Soccer in Patchinko-Maschinen zu verwandeln und die 2016er Ausgabe das letzte Spiel der Reihe wäre - ich habe das Gefühl, mit dieser Version könnte ich bis auf Weiteres ganz gut leben.

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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PES 2016

PS4, Xbox One, PS3, Xbox 360, PC

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