Turtle Beach PX24 Headset - Test
Solider Allrounder in der 100-Euro-Klasse mit Mängeln im Detail.
Vor einem Dreivierteljahr hatte ich schon einmal einen Schwung Turtle-Beach-Headsets auf den Ohren, das massive Earforce Z60 für den PC und das drahtlose 500p Stealth für die PlayStation 4. Beide machten ihre Sache recht ordentlich. Prädikat: Kann man kaufen, ohne sich darüber zu ärgern, gerade weil die Ausstattung beider mehr als nur passabel war. Es gibt sowohl glühendere Komplimente als auch derbere Beleidigungen, trotzdem ging ich aus meinem Erstkontakt mit dieser Marke sehr wohl auf der guten Seite von indifferent hervor. Mit dem PX24 kommt nun ein analog per 3,5mm Klinke anschließbares und damit für PC, PS4 und Xbox One (dank der Controller-Revision vom Juni auch ohne Adapter) und Mobiles gleichermaßen taugliches Headset mit ordentlicher Ausstattung daher. Kostenpunkt: knapp 100 Euro.
Allein schon auf dem Papier ein für Multi-Plattform-Betreiber attraktives Angebot. Aus der Turtle Beach wie immer durchaus gelungenen Verpackung kommt ein mattschwarzer Kunststoff-Kopfhörer mit kunstlederner Bügeloberseite und per verstellbarem Gelenkarm fest angebrachten Mikrofon samt Schaumstoff-Popp-Schutz. Aus der linken Kopfhörermuschel sprießt unten ein nicht ganz einen Meter langes Klinkenkabel, das mit der mitgelieferten Kombination aus Verstärker und Kabelfernbedienung gesteckt wird. Die misst 10,5 cm mal 4,5 cm und verlegt wiederum einen gut 50 cm langen Draht zur Quelle verlegt. Das bedeutet in der Praxis, das an einem halben Meter Kabel, das in den PS4- oder Xbox-One-Controller wandert, erst einmal ein mit 55 Gramm nicht ganz schwereloser (weil wertig verarbeiteter) Kunststoffquader von den Abmessungen eines Nokia-Handys um das Jahr 2000 herum baumelt.
In der Praxis dauerte es etwas, bis ich diesen Umstand vergaß, während der Verstärker - der über einen eigenen, 30 Stunden reichenden Akku verfügt, den man über ein mitgeliefertes, leider sehr kurzes Kabel lädt - es sich in meinem Schritt gemütlich machte. Etwas mehr Gewicht hängt auch dran und kann in gewissen Spielelagen leichten Zug auf das Headset-Kabel ausüben. Schließt man den Kopfhörer an die Front-Audiobuchse eines PCs an, der unter einem Schreibtisch steht, kann die Verdrahtung mit Zwischenstück ebenfalls etwas unpraktisch wirken. Zudem sollte man sich vorher erkundigen, ob es sich beim Ausgang des Rechners über eine Mikro-Kopfhörer-Kombibuchse handelt, denn sonst funktioniert unter Umständen das Mikrofon nicht. Die meisten modernen Laptops verfügen aus Platzgründen über so eine. Viele stationäre Spielerechner trennen beide Anschlüsse jedoch noch, weshalb ihr die erforderliche analoge Weiche selbst nachkaufen müsst. Schade.
"Die Fernbedienung macht samt ihres offenkundig sehr wertigen Akkus einen guten Eindruck."
Der haptische Eindruck des Headsets ist okay. Vielleicht nicht ganz so wertig, wie man im 100-Euro-Bereich erwarten würde, dafür macht die Fernbedienung samt ihres offenkundig sehr wertigen Akkus einen umso besseren Eindruck. Es ist die Krux der an Features reichen Peripheriegeräte. All die Funktionen sind nicht ganz günstig und die Balance aus Materialqualität und Funktionsumfang zu finden ist nicht ganz einfach. Das soll auch gar nicht heißen, dass man meinte, man hätte hier Billigware auf dem Kopf. Der PX24 ist in Sachen Kopfgrößen sehr anpassungsfähig, umschließt die Ohren mit großzügigem, aber vertrauenswürdigem Sitz und macht sich auch nach längeren Sitzungen so gut wie gar nicht bemerkbar.
Das Design ist natürlich wie immer Geschmackssache, aber ich für meinen Teil bin kein Fan der nichtssagenden Gestaltung des PX24. Es beleidigt niemandes Augen, bedient aber weder die schrille Gamer-Ästhetik noch gediegenen Technik-Chic oder einen nüchternen Hi-Fi-Look. Es ist einfach ein Kopfhörer mit seltsam undefinierten Konturen und einem seltsamen Paar hellgrauer "Fliegenaugen" auf den Ohrmuscheln. Wie gesagt: Nicht hässlich, nur irgendwie charakterschwach und von gestern. Ich mache aber niemandem einen Vorwurf, der sich dem hier doch irgendwie zugetan fühlt und das Aussehen ist ja bei diesen Dingen ohnehin sekundär.
Wichtiger ist der Klang und der kann dank des Mini-Verstärkers diverse Geschmäcker bedienen, während die 50-mm-Treiber reichlich Kraft mitbringen. An der Fernbedienung wählt ihr neben Lautstärke noch "Virtual Surround", das ich persönlich zugunsten eines unverdünnten Stereosignals lieber ausgeschaltet lasse, ihr justiert die Lautstärke des lobenswerten und gut gemachten Mikrofon-Monitors (der es euch ermöglicht, euch auch im dicksten Gefecht noch selbst zu hören und so nächtliches Online-Geschrei unterbindet) und reguliert die Basskraft rauf und runter. Eine weitere Taste aktiviert eine Equalizer-Funktion namens Super-Human-Hearing, das Geräuschdetails besser hervorheben soll, aber für mich einfach nur nach unschön aufgeblasenen Höhen klingt. Ich ließ im Testbetrieb davon lieber die Finger, auch wenn der initiale Effekt direkt nach dem Umschalten durchaus kurz beeindruckt. Und natürlich darf auch ein gesonderter Button zum Stummschalten des Mikros nicht fehlen. Dass alle Tasten beleuchtet sind, ist ein schönes Detail.
Im Testbetrieb überzeugt das PX24 dann auch mit solider Klangleistung und guter Ortung in 3D-Spielen wie etwa Warhammer: End Times - Vermintide, dem mittelmäßigen, aber toll klingenden Renner - Need for Speed - oder dem endlosen Freizeittatort Grand Theft Auto 5, zumindest sofern man in nicht allzu hohe Lautstärkebereiche vordringt. Die recht großen Membranen geben ein schön räumliches Klangbild ab und spielen differenziert und auch von groben Bildschirmmassakern unbeeindruckt auf. Ich musste mich allerdings ein bisschen darüber wundern, dass gerade die Höhen noch deutlich vor dem wirklich unangenehmen Lautstärkebereich unschön ausfransen. Zugegebenermaßen ist das trotzdem ein Pegel, den ich so gut wie nie nutze und der für mich eher im Musikbetrieb interessant ist, aber dafür sollte man vermutlich lieber Geld in Hi-Fi-Kannen investieren als in einen Tausendsassa, der möglichst viel und am besten alles auf einmal können soll.
Dennoch musste sich natürlich auch der PX24 meinem gewohnten Musik-Testkarussel stellen. Das Klangbild ähnelt dem des ebenfalls mit 50-mm-Treibern ausgestatteten, für 20 Euro mehr aber drahtlosen PS4-Gerät 500p. Sehr wahrscheinlich wurden hier ganz ähnliche Komponenten verbaut. TV On The Radios "Halfway Home" erzeugt auf seinem dicken Synthie-Teppich mit treibendem Tom-Getrommel und Handclap-Applaus ordentlichen Druck. Erst in wirklich hohen Lautstärken geht dem PX24 die Puste aus. In Alvvays' Herzensbrecher "Party Police" klingen Molly Rankins Gesang, der Bass und die Keyboards etwas trockener, mehr nach Pappkarton als sonst, kein Beinbruch, tönt aber irgendwie verfälscht.
Und das ist komisch, weil normalerweise Deafheavens Post-Black-Metal-Hymne "Dream House" den Make-it-or-break-it-Moment darstellt. Das wiederum klingt selbst mit seinen flirrenden Gitarrenkaskaden und Blast Beats auf dem PX24 deutlich mehr zuhause und bleibt selbst im Vollgalopp noch bestens hörbar und transparent. Öfter mal was Neues. James Blakes "Limit to your Love" packt dann Dub-Step-Bässe und Piano mit zerbrechlich souligem Gesang in denselben Waschgang und auch hier kommt wieder etwas von der eben beschworenen Pappigkeit zum Tragen, wenngleich die Bässe hier dank der 50-mm-Power sehr eindrucksvoll wummern. Man merkt, es ist kein Musikheadset und besonders wenn es um Klarheit geht, rümpfen Hi-Fi-Puristen berechtigterweise die Nase. Wer's brettig-metallisch mag, ist jedoch vielleicht positiv überrascht.
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Die Aufnahmequalität mit Audacity ist im für diese Preisklasse üblichen Segment, allerdings gefiel mir die Tatsache gut, dass das Mic über einen Poppschutz verfügt, der vielen Konkurrenzgeräten fehlt. Im Mehrspielerbetrieb wurde ich stets gut verstanden und Aufnahmen mit Audacity erzeugten nach etwas Pegelspielerei ein klares und ausgewogenes Aufnahmebild. Mehr als ausreichend.
100 Euro hängen als Preisschild dran und das PX24 erfüllt die damit für mich verbundenen Auflagen durchaus zufriedenstellend, auch wenn die Kabellänge des Verstärkers ein kleines Ergonomieproblem darstellt, das Design weder Fisch noch Fleisch ist und in hohen Lautstärken wie für Spiele-Headsets fast schon üblich mal wieder die Pegelfestigkeit fehlt. Ein passables Rundumpaket liefert Turtle Beach trotz allem mal wieder, gegen das man wenig einwenden kann, wenn jemand nach einem soliden Headset in dieser Preisklasse fragt. Wenn das größte Problem ist, dass einem kein stechendes Argument einfällt, das allein für dieses Gerät und kein anderes spräche, hat der Hersteller nicht allzu viel falsch gemacht. Er beackert nur ein Feld, das bereits sehr dicht bestellt ist.