Mario Tennis: Ultra Smash - Test
War das schon alles?
Als Splatoon Ende Mai mit nur fünf Karten und zwei Spielmodi erschien, war ich zwar ziemlich enttäuscht, konnte die Entscheidung aber nachvollziehen. Immerhin war es eine frische Idee und der erste Multiplayer-Shooter für Nintendo. Außerdem gab es zum Start noch einen exzellenten Einzelspieler und wie sich gezeigt hat, erhielten wir innerhalb der letzten Monate zahlreiche kostenlose Updates mit neuen Inhalten.
Bei Mario Tennis: Ultra Smash fehlt mir allerdings jegliches Verständnis. Anfangs dachte ich sogar, aus Versehen nur eine Demo-Version erhalten zu haben. „Ist das alles?", grübelte ich während meines ersten Blicks auf das Hauptmenü. „Sicherlich wird es noch weitere Kategorien und Einstellungsmöglichkeiten geben", redete ich mir ein. Doch was ich in diesem Moment sah, war bereits die gesamte Erfahrung.
Keine Kampagne, keine Turniere, bloß der direkte Weg zu vier verschiedenen Spielmodi. Entweder schlagt ihr den gelben Filzball in traditionellen Gefechten über den Platz oder ihr versucht euch an kleinen Modifikationen, die kaum etwas am Spiel ändern. In einem Modus werfen Toads zwischendurch Giga-Pilze auf den Platz, durch deren Hilfe eure Figur zum Riesen anwächst. Gut, stärkt die Schlagkraft, aber ehrlich gesagt macht es keinen Unterschied, sobald beide Spieler an Größe gewonnen haben. Und so oft, wie die Pilze auf dem Feld landen, ist es sehr schwer, nicht ständig als Giga-Mario oder Mega-Bowser zu spielen. Die andere Variation ist auch nicht besser. Dort ist der Ball plötzlich riesig und ihr müsst die Kugel so oft es geht über das Netz schlagen, wobei das Teil ständig kleiner und somit schneller wird. Ich verstehe den Sinn dahinter nicht. Es erfordert kein Können, einfach nur alle drei Sekunden auf die Schlagtaste zu drücken. Beide Modi erinnern mehr an die in früheren Teilen zahlreich vertretenen Minispiele, nur ohne den Spaß.
Ansonsten? Der letzte Spielmodus ist lediglich ein endloser Marathon gegen immer klüger agierende Gegner. Wozu das Ganze? Naja, ihr könnt insgesamt 25 Herausforderungen bestehen, um Figuren oder neue Tennisplätze freizuschalten. Oder ihr kauft stattdessen mit den in allen Modi schnell erspielten Münzen diese zusätzlichen Inhalte. Ziemlich sinnlos. Beispielsweise muss ich 15 Kämpfe im Endlos-Marathon gewinnen, um das stärkere Stern-Modell für diese Figur zu bekommen. Oder ich spiele schnell zwei, drei kurze Runden im Klassik-Modus und kaufe mir den Skin für 3.000 Münzen. Bis auf wenige Ausnahmen stehen die niedrigen Preise in keiner Relation zu den Herausforderungen, weshalb sich diese komplett überflüssig anfühlen.
Das war es auch schon. Na gut, ihr dürft noch eure Amiibo trainieren und online gegen andere Spieler antreten, jedoch könnt ihr euch nicht mit Freunden in einer Lobby treffen. Wer also mit einer festen Gruppe spielen will, braucht Glück beim Suchen oder versammelt sich gemeinsam vor einem Fernseher. Es ist 2015 und selbst Nintendo hat in anderen Multiplayer-Titeln bewiesen, dass sie es besser können. Das hier wirkt einfach nur schnell zusammengekleistert, um es für den Weihnachtsmarkt in die Läden stellen zu können.
Was unheimlich schade ist, da die grundlegenden Spielmechaniken erneut fantastisch funktionieren. Deshalb habe ich 90 Prozent meiner Spielzeit alleine oder gemeinsam mit Freunden im Classic-Modus verbracht. Auf das reine Gameplay reduziert, ist Ultra Smash leicht ansteckend und bietet alle Manöver, die man sich von einem kompetenten Tennisspiel wünscht. Topspins, Backspins oder Lobs gehen über verschiedene Tastenkombinationen locker von der Hand und dürfen im Vorfeld sogar für kräftigere Schläge aufgeladen werden. Das Besondere an Mario Tennis sind dabei die auf markierten Feldern ausgeführten Spezialschläge. Seht ihr beispielsweise ein blaues Feld, könnt ihr einen verstärkten Backspin ausführen, um euren Gegner besser zu überraschen. Erwidert der Kontrahent euren Angriff mit einer schwachen Rückhand, ergibt sich die Möglichkeit für einen Ultra Smash. Bei diesem hämmert ihr den Ball so stark auf den Platz, dass der feindliche Spieler selbst bei einer erfolgreichen Annahme zurückgestoßen wird.
Wie bei jeder anderen Umsetzung des Sports geht es also auch in Mario Tennis: Ultra Smash darum, die feindlichen Bewegungen rechtzeitig zu erkennen und den Gegner zu führen. So schafft ihr gute Situationen und haut ihm mehrere Ultra-Smash-Angriffe um die Ohren. Falls ihr auf diese übertriebenen Superattacken keine Lust habt, könnt ihr sie auch einfach ausstellen.
Aber die besten Mechaniken nützen nichts, wenn das restliche Spiel um sie herum fehlt. Vor allem, da bereits Mario Power Tennis auf dem GameCube wesentlich mehr Vielfalt bot und Ultra Smash keine Neuerungen aufweist, die ich im alten Partykracher vermissen würde. Eigentlich sollte der Online-Multiplayer für endlosen Spaß sorgen, doch ohne ein richtiges Lobby-System oder die Möglichkeit, mich mit Freunden in festen Gruppen zu treffen, verliere ich schnell die Lust. Außerdem fehlt wie in der Offline-Erfahrung ein Turniermodus. Wie kann man so etwas überhaupt vergessen?
Grundsätzlich ist Mario Tennis: Ultra Smash kein schlechtes Spiel. Im Kern ist es sogar eine herausragende, arcadige Tennis-Umsetzung. Nur fühlt es sich wie eine Demo-Version an. Bis auf den klassischen Modus wirkt jede neue Variation wie ein langweiliges Minispiel und bis auf die sinnlosen Herausforderungen existiert keine Langzeitmotivation. Selbst der Online-Multiplayer verliert durch fehlende Features schnell seinen Reiz.
Daher kann ich den Titel nur Leuten empfehlen, die regelmäßig Freunde zu Besuch haben und neben Super Smash Bros. oder Mario Kart mal etwas anderes spielen möchten. Außer ihr habt noch einen GameCube oder eine Wii daheim stehen. Dann könnt ihr auch direkt zu Mario Power Tennis greifen. Ich hoffe wirklich, dass Nintendo wie bei Splatoon und Super Mario Maker kostenlose Updates herausbringt und den Titel somit irgendwann im nächsten Jahr zu der Größe verhilft, die er verdient.