Just Cause 3 - Test (PS4, Xbox One)
Bitte warten und nur nicht zu schnell bewegen.
Erst einmal, bei allem, was jetzt kommt: Ich hatte eine Menge Spaß mit Just Cause 3, auch mit den Konsolenversionen, und (fast) alles, was Benjamin in seinem Test zu Just Cause 3 schreibt, ist auch hier nicht groß anders. Dieses Spiel ist eine Chaosbombe voller Wahnsinn und Explosionen und in einer Spielewelt, die sich manchmal etwas zu ernst nimmt, ist es eine wundervolle, bunte Abwechslung.
Aber das hatten wir schon und nun zum unerfreulichen Teil: die PS4- und Xbox-One-Version. Wie Digital Foundry in seiner ersten Analyse schon feststellte, gibt es hier Probleme. Aber es ist nun, da die zig Gigabyte auf die Platten geschaufelt wurden - wer mit Gigabyte-Kontingenten leben muss, dürfte inzwischen anfangen, sein Hobby zu überdenken -, Zeit, das Ganze praktisch zu erfahren und ob es eine Rolle in der Praxis spielt.
Kurz gesagt, ja, das tut es. Leider. Fangen wir mit den Ladezeiten an. Auf PS4 und Xbox One sind es im Normalfall zwischen 30 und 60 Sekunden, nachdem ihr gestorben seid - was nicht so selten vorkommen dürfte -, bevor es weitergeht. Das wäre angesichts der Größe der Welt, der Zahl der Objekte darin, der Masse an Texturen und so weiter akzeptabel, wenn es einmal zum Start einer Mission geschieht. Aber nur um in ein Gebiet zurückgeworfen zu werden, aus dem ich gerade kam, in dem alles, was ich eben zerstörte, auch zerstört bleibt, in dem sich eigentlich nichts seit meinem Ableben geändert hat, ist das mit der eigenen Gamer-Psyche nicht vereinbar. Ich will einen Instant-Respawn vor dem Tor der Festung, in der es mich zerlegt. Das ist ein kleiner Sprung in der Position der Spielfigur, eine Strecke, die ihr ständig hier in Sekundenbruchteilen zurücklegt, und dafür muss ich bis zu einer Minute warten? Nein, sorry, das fühlt sich nicht gut an. Das Adrenalin pumpt, ich will sofort zurück in die Action. Auf dem PC wird auch geladen und auch hier gibt es keinen Instant-Respawn, aber sie paar Sekunden je nach Hardware-Aufwand sind so kurz, dass es vertretbar ist. Auf den Konsolen hätte man sich hier einen Trick einfallen lassen sollen, um dieses Problem zu umgehen.
Es ist auch so, dass die Ladezeiten im Laufe der Spielzeit nicht besser, sondern schlimmer werden (können). Ich kann (noch) nicht bestätigen, dass es bis zu fünf Minuten oder mehr werden, wenn ein paar Stunden Non-Stop-Gaming auf der Uhr stehen. Aber ja, es ist so, dass die 30 Sekunden der ersten Stunde danach nie wieder erreicht werden und es dann fast immer eine Minute oder länger dauert, bevor es weitergeht. Dies ist bei beiden Versionen zu beobachten und dürfte ein Bug sein, der hoffentlich zügig behoben wird.
Kommen wir zur Framerate und zum Thema Realismus. Die Geräte hier vor mir kosten weniger als meine Grafikkarte. Und das ist kein Spitzenmodell, sondern aktuelle obere Mittelklasse für 300 Euro. Der Rest des PCs bringt es auf 600 bis 700 Euro, das heißt, dass dieser im Schnitt ebenso Mittelklasse-PC dreimal so viel kostet wie die PS4. Natürlich schafft diese keine 1080p/60, auch nicht mit dem Detailgrad von Just Cause, der hier wohl etwa den mittleren PC-Einstellungen entspricht. Das muss man im Hinterkopf behalten, aber man muss eben auch sagen, dass das erreichte Tempo zu dem Spiel passen muss. Just Cause 3 ist in seinen besten Action-Momenten ein extrem schnelles Spiel, und das sind dann die Momente, in denen es nicht mehr um ein von dem einen mehr, dem anderen weniger wahrgenommenes Ruckeln bei 22 bis 25 Frames geht. Das sind die Momente, in denen Teile des Gameplays auseinanderfallen.
Eine meiner absoluten Lieblingsbeschäftigungen in jedem Just Cause ist es, mit einem Hubschrauber eine Basis, Stadt oder sonstige Anlage zu zerlegen, dabei die anrückenden gegnerischen Hubschrauber wegzublasten und jede Menge Spaß zu haben. Hier in Just Cause 3 leidet dieser Spaß gewaltig, weil ein paar Dinge einfach zusammenkommen. Ihr habt einen nicht abschaltbaren leichten Motion-Blur-Effekt, der wohl die niedrige Framerate etwas kaschieren soll. Dann ist es ein Spiel, das zwar schnell ist, aber von euch auch durchaus in schnellen Bewegungen Präzision abverlangt. Bei dem ihr auf die präzise Umsetzung eurer Reaktionen angewiesen seid.
Was jedoch passiert ist, dass ich den Hubschrauber schnell drehe, meine Sicht durch den Motion-Blur schon etwas getrübt wird, und auch wenn ich sicher bin, dass die Rakete, wenn sie den anderen Hubschrauber schon nicht trifft, zumindest ziemlich genau in die Richtung gehen sollte. Tut sie leider nur noch sehr vage, da der aus der niedrigen Framerate resultierende Input-Lag dafür sorgt, dass das Kommando umgesetzt wird, wenn die Konsole gerade Zeit dafür hat. Es endet damit, dass ich nach einer Weile nicht mehr aus der Bewegung schoss, sondern mein Vehikel erst ausrichtete, was weniger Spaß machte und mich auch noch zu einer besseren Zielscheibe. Der Bodenkampf ist ähnlich. Auf dem PC sind die Gegner beim schnellen Überflug und Strafing gut zu sehen, die Bewegung ist gut beherrschbar. Hier sind es, wenn sie überhaupt erkennbar sind, vage Schemen im Motion-Blur. Man hält halt drauf, wird schon was getroffen werden. Wird es meist auch, aber es ist deutlich weniger unterhaltsam.
Im normalen Spielablauf - ein relativer Begriff, für mich und meine Spielweise ist das eben der normale Ablauf - ist die Framerate ein weit kleineres Problem. Es ist kein so präziser Shooter, dass ihr mit der niedrigen Rate nichts treffen würdet, im Gegenteil. Im Kampf mit langsamen Gefährten wie einem Panzer ist weder der Blur noch die Framerate ein spielerisches Thema, nur ein ästhetisches. Es sind in den allermeisten Momenten keine Gamebreaker, die das Spiel komplett ruinieren. So weit würde ich nicht mal in den extremsten Momenten gehen. Aber spätestens, wenn man es mal auf einem auch nur halbwegs sinnvoll konfigurierten PC gespielt hat, weiß man eben, dass manche Dinge sehr viel mehr Spaß machen können.
Also, um es noch mal ganz deutlich zu sagen: Auch auf den Konsolen hat mir Just Cause 3 immer noch viel Freude bereitet. Das Spiel ist einfach ein irres Knallbonbon und wenn um einen die Explosionen toben und Rico als Ragdoll über die Klippe geht, um sich dann mit dem Fallschirm doch noch koordiniert abzusetzen und mehr Feinde unter Beschuss zu nehmen, fragt man sich, warum nicht mehr Spiele ein wenig vom guten alten Wahnsinn bieten. Das große „Aber" ist jedoch, dass eben einiges davon auf der Konsole schlicht nicht funktioniert, weil ein so schnelles Spiel eben auch präzise handhabbar sein muss, und das ist nicht immer der Fall. Input-Lag wird plötzlich zu einem echten Problem, wenn man inmitten von Radartürmen gegen drei Hubschrauber kämpft. Dazu kommen die auf dem PC unvergleichbar kürzeren Ladezeiten, die einen auf der Konsole viel zu lang von der Action fernhalten. Andere Spiele haben es zuvor auch geschafft, dass Patches hier einiges richteten, es gibt also durchaus Hoffnung. Derzeit ist es jedoch eine persönliche, aber nicht generelle Empfehlung von mir, dass ihr, solltet ihr nicht auf dem PC spielen können, Just Cause 3 trotzdem eine Chance geben solltet. Es macht immer noch zu viel Laune, um es zu verdammen.
Ich fürchte jedoch, dass im nächsten Jahr die Schere zwischen PC- und Konsolenleistung so weit auseinandergeht, dass man bei manchen Spielen nicht mehr von einer (zumindest relativen) 1:1-Umsetzung sprechen kann. Die Konsolen werden Kompromisse machen müssen, schließlich sind RAM, Festspeichertempo, CPU- und GPU-Leistung schon jetzt in praktisch jedem ernsthaft als solchen zu bezeichnenden Spiele-PC weit vorn. Und das wird nicht weniger werden, denn mehr Chips zum Dazuschalten werden sie in den Konsolen wohl nicht finden und Optimierung ist ein langer, komplexer Prozess. Extrem gesprochen kann es sein, dass man an einem gewissen Punkt Vergleiche ziehen kann, wie es zuletzt in der 8- und 16-Bit-Ära der Fall war. Es gab viele Spiele sowohl für das NES als auch das Super Nintendo. Aber nie einen Zweifel, welche Version man gerade vor sich hat.