X-Arcade (von wegen…) NES Wireless Gamepad - Test
Eigentlich: '8Bitdo NES30 PRO - Test'
Als ich den 8Bitdo NES30 PRO bestellte, wusste ich noch nicht mal, dass der so heißt. Ich bekam eine Mail von X-Arcade, dass sie jetzt auch einen Retro-Controller im Angebot hätten. Wer X-Arcade ist? Nun, sie werben damit, dass ihr Aracde-Board so massiv sei, dass man mit einer handelsüblichen 38er-Pistole nicht durchschießen kann. Das ist ein Feature, das zum Glück vornehmlich in den USA zum Tragen kommen dürfte - und es wäre nett, diesen Satz zu diesem Land nicht immer wieder anmerken zu müssen -, wo denn X-Arcade auch sitzt. Sie bauen großartige Boards, die sogar recht preiswert sind, wenn die Versandkosten einen nicht umbringen würden, eine Marke, die man, hatte man einmal eines ihrer Boards, mit Qualität verbindet. Also bestellt. Was ankam, war nicht von X-Arcade.
Oh, sie hatten es verschickt und mein Geld genommen, aber das Pad in der Box war nicht von ihnen. Und ja, wenn ich auf der Website genau nachsehe, dann steht einmal außerhalb des Produktes, dass es um "handverlesene" Third-Party-Geräte geht, und einmal steht irgendwo zwischendurch, dass dieser Controller "von unseren Freunden bei 8Bitdo" gemacht wurde. Nun, 8Bitdo ist keine schlechte Marke, wenn man Retro-Hightech-Krams kaufen möchte. Nur dass ich das Zeug auch einfach über Amazon oder Dragonbox.de oder sonstwas ordern könnte. Was mir mal eben 20 Dollar Versand und 20 Euro Zoll gespart hätte. Also ja, X-Arcade hat keinen eigenen Controller, sie bauen keinen Controller, sie verkaufen nur die Controller anderer Leute. Zu früh gefreut.
Aber gut, wenn das Ding schon mal da ist, mein Geld krieg ich eh nur mit Mühen zurück, die 80 Euro sind weg - Dragonbox.de hat ihn im schickeren Famicom-Design für 50... -, gebe ich dem Gerät eine Chance. Es kann schließlich nichts für den halben Etikettenschwindel. Die Umverpackung ist wirklich nett und massiv, fast schon eine geschenktaugliche Box. Im Inneren findet ihr eine gedruckte Anleitung, was ja nicht mehr so alltäglich ist, einen etwas schrägen Schlüsselanhänger - warum nicht, bezahlt habe ich genug, ich nehme jedes Goodie -, ein kurzes Micro-USB-Flachbandkabel und einen sehr, sehr leichten Controller. Ehrlich, das Ding fühlt sich nach nichts an, ein Witz.
Um fair zu bleiben, das Gewicht strahlt jetzt kein Vertrauen aus, aber die Verarbeitung macht einen sehr soliden Eindruck. Nichts klappert, nichts wackelt, das Plastik ist zu massiv, als dass es sich biegen lassen würde. Damit ist das Gewicht wohl eher ein Feature, denn leicht heißt ja auch weniger schnelle Ermüdungen im Handgelenk. Nicht dass meine Xbox-Original-Controller-gestählten Gelenke das interessieren würde.
Ein Knackpunkt bei den ganzen Billig-Retro-Controllern sind das Steuerkreuz und der Druckpunkt der Tasten. Da dieses Gerät alles andere als billig ist - auch 50 Euro sind immer noch eine Menge Geld -, ist die Erwartungshaltung hoch und sie wird erstaunlicherweise nicht enttäuscht. Nicht so richtig jedenfalls. Die vier roten Face-Tasten liegen etwas nah zusammen, was an der mickrigen Größe des Pads liegt - sogar der Original-Super-Nintendo-Controller ist etwas größer als das, und der war kein Riese. Sonst aber haben sie einen fast idealen Widerstand und einen sehr präzisen Druckpunkt. Ich hatte nie auch nur ein Problem mit ihnen.
Das schwarze Steuerkreuz ist mit dem Original fast identisch und wenn man mal die rosa Brille abnimmt: Es ist fast genauso mies, wie dieses damals war. Okay, nicht ganz, die Ecken waren damals besser abgerundet, aber sonst ist es so klein wie ein NES-Kreuz, bewegt sich ebenfalls leicht schwammig - dass wir das NES-Kreuz damals liebten, lag auch nur daran, dass die Konkurrenz noch viel unfähiger war - und damit etwas weniger elegant als da SNES- oder gar Mega-Drive-/Saturn-Kreuz. Längeres Spielen schürft den Daumen nicht zu sehr ab, es ist präzise genug, was ein paar Runden Contra III bewiesen haben - immerhin Level-4-Boss auf Anhieb, und das solo, das Pad kann nicht so schlecht sein. Ich konnte mich damit anfreunden. Die L- und R-Tasten oben sind etwas eigen. Es gibt zwei davon, ein paar außen, ein paar innen in Richtung des USB-Ports. Beide Paare haben ebenfalls einen guten, festen Druckpunkt und welches ihr besser erreicht, liegt ganz bei euch, wenn ihr nicht alle vier braucht. Mit meinen großen Händen bevorzuge ich die weiter innen liegenden Tasten, da ich dann nicht die Finger gebogen halten muss. Sehr bequem. Start und Select funktionieren, mehr lässt sich nicht sagen, weder im Guten noch im Schlechten.
Wie man auf den Bildern sieht, ist das aber nicht alles. Ihr habt unten noch zwei Tasten, die in erster Linie den Bluetooth-Funktionen gelten und das Pad an- und ausschalten - beide Tasten tun, was sie sollen, sind sonst aber Schrott. Vor allem jedoch habt ihr zwei Analogsticks. Das bedeutet, dass es keineswegs nur ein Retro-Pad ist. Es sind alle Sticks da, alle Tasten da, ich kann damit Call of Duty spielen. Was ich gleich tat. Und nie wieder tun werde. Die beiden Sticks sind eine Notlösung. Sie fühlen sich billig an, bewegen sich unpräzise mit unstetem Widerstand und sie nach innen zu drücken, das ist viel zu schwer, was alle Stick-Knopf-Belegungen zur Tortur werden lässt. Kein Vergleich zu irgendeinem der offiziellen Sticks, egal welcher Ära. Glänzen tun sie höchstens im Vergleich zu noch preiswerteren Bluetooth-Controllern diverser Art. Nun, nicht wirklich glänzen. Sich behaupten. Gerade so. Außerdem wird die Belegung der oberen Tasten doch schnell ein Krampf. Man kann sich daran gewöhnen, dass der Finger nicht von oben nach unten wandert, den häufiger benutzten Trigger auf die für einen selbst bequemere Position legen, aber man kann sich an vieles gewöhnen, wenn es sein muss. Muss es in diesem Falle nicht. Ich spiele Shooter lieber weiter mit richtigen Pads.
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Was den Hightech-Anteil des Pads angeht: Es ist ein Bluetooth-Gerät mit einem Akku, der für sein nicht vorhandenes Gewicht Erstaunliches leistet. Die angegebenen 20 Stunden sind fast nicht gelogen, ich kam am Ende des einen Durchgangs - länger habe ich nicht getestet - fast auf 18 Stunden kabellose Spielzeit. Die Kompatibilität war kein Problem. Egal ob mit Android, Linux oder PC - alles, was ein USB-Gerät akzeptiert, nimmt auch diesen Controller. Die Firmware lässt sich sogar updaten und es gibt ein paar ungewöhnliche Funktionen. So lässt sich eine Wii, PS3 oder Retron5-kompatible Version installieren, die ihr mit einer Tastenkombi beim Start des Controllers aktiviert. Ich konnte wunderbar Street Fighter IV auf der PS3 spielen, klappte ohne Probleme. Killzone damit zu spielen war ungefähr so spaßig wie zuvor CoD auf dem PC, aber das lag auch hier an den miesen Analogsticks und Trigger-Tasten. Für Android gibt es sogar einen Touch-Emulator-Modus für Spiele, die keine Stickunterstützung haben. Es ist denkbar, dass in Zukunft auch eine PS4 oder andere Kompatibilität dazukommt, denn der kleine ARM-Prozessor mit Flash-Firmware sollte zu einigem in der Lage sein. Sieht außen nicht danach aus, aber innen steckt erstaunlich viel sinnvolle Technik für ein Retro-Pad, die es sogar ein wenig zukunftstauglich macht.
Trotzdem, Zukunftstauglichkeit ist nett, aber Gegenwartsfreude ist auch nicht zu verachten, und da schwächelt das 8Bitdo NES30 Pro doch am Ende. Sicher, die Tasten sind okay, die Handhabung im 16-32-Bit-Retro-Betrieb durchaus akzeptabel. Die Sticks jedoch sind zu wenig wirklich zu gebrauchen und insgesamt ist das Pad extrem klein. Wer weiß, dass er kleine Hände hat, dem liegt das NES30 sicher etwas mehr, und ich will ehrlich sein: Dank des ordentlichen Steuerkreuzes habe ich damit mehr Spaß als mit dem drittklassigen Shield-Steuerkreuz. Dazu die hohe Akkulaufzeit. Es ist kein schlechtes Gerät. Würde ich es noch mal für 90 Euro kaufen? Niemals. Für 50? Meh... Nein, wahrscheinlich nicht, aber ich würde mich auch nicht ärgern, wenn denn. Ist ein Fall von "Kann man machen, muss man nicht", selbst für den Retro-Betrieb. Für den modernen Shooter-Betrieb gilt, was auch für die X-Arcade-Bewerbung des Pads gilt: Macht man nicht!