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Shadow Tactics: Blades of the Shogun - Test

Zurück von den Toten.

Eurogamer.de - Empfehlenswert Badge
Keine Hommage, sondern eine zeitgemäße und hervorragende Umsetzung der Commandos-Formel mit stimmungsvollem Japan-Setting.

Meine Tastatur ist benetzt von einer feinen Patina aus Staub und Schmutz, die hauptsächlich auf jenen Tasten liegt, die ich selten benutze. Wo ich häufiger hin tippe, sehen die Tasten sauberer aus, meine Finger wischen sie ja sozusagen regelmäßig ab. Jetzt hat meine Tastatur-Patina zwei Löcher mehr, nämlich auf der F5- und auf der F8-Taste. Wie bei vielen Spielen befinden sich auch bei Shadow Tactics: Blades of the Shogun dort nämlich die Quicksave- und Quickload-Funktion. In diesem Fall ist sie aber so zentral und wichtig, dass das Spiel es nicht versäumt, sie im Tutorial gleich ganz am Anfang zu präsentieren. Der Grund: Bei Shadow Tactics wird gestorben. Ganz schön viel.

Wenn ihr entdeckt werdet, könnt ihr die Situation in Shadow Tactics nur noch selten retten - wie hier, wo auch die zwei Kühe keine besonders gute Deckung bieten werden.

Shadow Tactics schickt sich an, ein Genre wiederzubeleben, dass durch ein Spiel namens Commandos überhaupt erst groß wurde: die Echtzeit-Taktik. Ihr steuert eine relativ geringe Anzahl von Einheiten über eine Karte. Jede Figur hat dabei spezielle Fähigkeiten, die aufeinander abgestimmt und gezielt eingesetzt werden müssen, um bestimmte Missionsziele zu erreichen. Meistens geht es dabei darum, gegnerische Soldaten auszuschalten. Während Commandos noch im zweiten Weltkrieg angesiedelt war, schickt euch Shadow Tactics aber ins Japan des 16. Jahrhunderts. Ihr bekommt es also mit einem fernöstlichen Szenario zu tun, das allerdings entgegen gängiger Klischees sowohl frei von Fantasy-Elementen ist und darüber hinaus auch ganz ohne dick aufgetragenen Pathos auskommt. Insgesamt fünf Figuren dürft ihr steuern, wobei nicht in jeder Mission auch alle zur Verfügung stehen.

So könnt ihr verschiedene Situationen zwar mit unterschiedlichen Kombinationen von Figuren angehen - manchmal müsst ihr euch aber auch einfach mit einer limitierten Mannschaft zufriedengeben. Eine Feindkonfrontation, die mit dem Scharfschützen Takuma einfach zu lösen gewesen wäre, ist bedeutend problematischer, wenn ihr nur die Fallenstellerin Yuki verwenden könnt. Letztere kann Gegner mit ihrer Flöte in Bärenfallen locken, ersterer Gegner aus großer Entfernung um die Ecke bringen. Der Ninja Hayato dagegen schleudert Shuriken-Sterne oder steigt auf Dächer und schaltet sie in bester Assassin's-Creed-Manier per Todessprung aus.

Per Knopfdruck könnt ihr euch in Shadow Tactics alle Gebiete anzeigen lassen, mit denen irgendeine Art der Interaktion möglich ist.

Und das macht Spaß? Gott, ja. Shadow Tactics versteht es auf höchstem Niveau, Limitationen einzusetzen, um den Spieler zu Höchstleistungen zu treiben. Schon in der ersten Mission wird es nötig, die Aktionen der Figuren zeitlich aufeinander abzustimmen, denn wenn Gegner euer Treiben bemerken, alarmieren sie die Wachen und ihr seid meistens so gut wie tot - weshalb bestimmte Gegner, die den Tod ihrer Kollegen bemerken könnten, immer gleichzeitig in die Nachwelt befördert werden sollten. Die Handlungsanweisungen lassen sich daher speichern und dann per Druck auf die Enter-Taste auslösen. Ihr sagt dem Ninja, er soll seinen Stern werfen und dem Scharfschützen, er soll einen bestimmten Gegner ausschalten. Dann drückt ihr Enter. Wenn nun drei oder mehr Figuren wie ein präzise funktionierendes Uhrwerk gleichzeitig Gegner an neuralgischen Punkten eines Levels um die Ecke bringen, fühlt sich das an wie bei Oceans Eleven. Oder wie beim A-Team. In der Magengegend macht sich dann nämlich ein wunderbar wohliges Gefühl von "Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert" breit. Unglaublich befriedigend.

Aber eben auch recht herausfordernd. Wie Commandos kann auch Shadow Tactics selbst auf leichtestem Schwierigkeitsgrad recht knifflig werden. Geduld ist hier die größtmögliche Tugend. Wer versucht, sich auf die Schnelle durch einen Level zu wursteln, wird gnadenlos scheitern. Ein einziger ausgelöster Alarm reicht und ein Druck auf die Quickload-Taste ist die beste Option. Das ist vermutlich der Grund, warum das Spiel die Quicksave-Funktion nicht nur, wie eingangs erwähnt, im Tutorial präsentiert, sondern den Spieler auch standardmäßig schon nach einer Minute daran erinnert, dass er jetzt mal schnellspeichern könnte. Dabei braucht das erstmalige Laden eines Levels zwar relativ lang - wenn der aber erst mal im Speicher ist, funktionieren auch Quicksave und Quickload recht schnell, sodass es auch nicht frustrierend ist, an einer Stelle mal ein bisschen häufiger zu sterben.

Nach jedem Level erfahrt ihr, welche Figur und welche Fähigkeit ihr wie oft benutzt habt.

Ein bisschen fühle ich mich bei Shadow Tactics wie ein Handwerker, dem nur ein sehr begrenztes Set an Werkzeugen zur Verfügung gestellt wird: Ich stehe vor einer Kaserne voller japanischer Schwertkämpfer und jetzt muss ich mit zwei bis fünf Leuten da irgendwie durch. Es ist, als stellte mir jemand eine Büroklammer, einen Filzstift und eine Batterie zur Verfügung, um eine Schraube in die Wand zu drehen. Es ist schwer, aber wenn es funktioniert, fühlt man sich am Ende wie MacGyver. Und irgendwann funktioniert es wirklich - unter anderem, weil das Spiel recht deutlich mit dem Menschen vor dem Bildschirm kommuniziert. Sichtkegel der Gegner, Schusswege, Geräusche, Entdeckungsradien werden sehr deutlich visualisiert und wären im Grunde auch ohne einführendes Tutorial für alle verständlich, die schon einmal ein Taktikspiel ausprobiert haben. Auf Wunsch lassen sich sämtliche Elemente, mit denen ihr interagieren könnt, auch noch einmal zusätzlich durch einen Rahmen und eine farbliche Markierung hervorheben.

Dabei fühlt sich Shadow Tactics eben gerade nicht an wie ein Puzzlespiel, bei dem es nur eine denkbare Lösung gibt. Meistens sind viele denkbar - entweder die beiden Wachen per synchronisiertem Scharfschützengewehrschuss und Shuriken umnieten oder aufs Dach Klettern und einen Stapel Bretter auf sie fallen lassen. Entweder drei Gegner einzeln ausschalten oder warten bis sie auf einem Fleck stehen und sie dann mit der Spezialfähigkeit von Samurai Mugem umbringen, der in der Lage ist, mehrere Gegner auf einen Schlag zu töten. Übrigens müssen Gegner nicht zwangsläufig umgebracht werden - ihr könnt sie auch bewusstlos schlagen. Das hat allerdings den Nachteil, dass sie dann irgendwann wieder aufstehen und bringt darüber hinaus keine spielerischen Vorteile. Ein recht nutzloses Feature also, wenn ihr nicht gerade Probleme mit eurem Gewissen habt.

Auch die (für das Gameplay irrelevante) Geschichte wird hauptsächlich in Spielgrafik erzählt.

Es gibt bei Shadow Tactics aber wirklich nur solche Kleinigkeiten zu bemeckern. Eigentlich nur diese einzige. Die Entwickler von Mimimi Productions haben für ein modernes Interface, nett anzusehende Grafik und eine stimmungsvolle Soundkulisse gesorgt, aber gleichzeitig den Anspruch des großen Vorbilds Commandos beibehalten: Schwierig zu sein, aber zu keiner Sekunde unfair, den Spieler herauszufordern, ihn aber niemals zu frustrieren, Hürden in den Weg zu stellen, ihre Überwindung aber unheimlich befriedigend zu machen. Die Entwickler entwickeln das Genre nicht fort - aber Shadow Tactics holt es zurück von den Toten.

Entwickler/Publisher: Mimimi Productions/Daedalic Entertainment - Erscheint für: PlayStation 4, Xbox One, PC, Mac, Linux - Erscheint: 6. Dezember 2016 PC und Mac, Konsole in 2017Gespielte Version: PC - Sprache: englisch und japanisch - Mikrotransaktionen: Nein

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Markus Grundmann Avatar
Markus Grundmann: Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Shadow Tactics: Blades of the Shogun

PS4, Xbox One, PC, Mac

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